Prof. Dr. Dr. h.c. Günter Kahnt gestorben
Die Gesellschaft für Pflanzenbauwissenschaften trauert um Prof. Dr. Dr. h.c. Günter Kahnt, der am 10.04.2025 im Alter von 96 Jahren verstorben ist. Mit seinem Tod verliert die wissenschaftliche Gemeinschaft einen visionären Forscher und Lehrer, dessen Einfluss weit über die Grenzen Deutschlands hinausreicht.
Günter Kahnt begann seinen beruflichen Werdegang mit einer landwirtschaftlichen Lehre (1945-1948) und war anschließend in verschiedenen Positionen tätig, unter anderem als Anbauberater, Saatenanerkenner und Versuchstechniker am Institut für Grünland der Universität Leipzig und am Institut für Saatgutuntersuchung der Deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften in Dresden-Pillnitz. Sein Studium der Landwirtschaft absolvierte er zunächst an der Universität Halle (Saale) und dann in Göttingen, wo er 1959 das Diplom erlangte.
1963 promovierte er an der Universität Göttingen zum Thema Veränderungen des Glucosids der o-Oxyzimtsäure in den Blättern des Weißen Steinklees während der Ontogenese der Pflanze. Seine Habilitation erfolgte 1969 an der Universität Hohenheim zum Thema Wachstumsbeeinflussende Wirkung stereoisomerer Zimtsäurederivate bei Keimpflanzen von Senf und drei Getreidearten.
Nach seiner Habilitation war Günter Kahnt als Privatdozent am Hohenheimer Institut für Pflanzenbau tätig, wo er bereits 1968 mit Feldversuchen zur Minimalbodenbearbeitung begonnen hatte. Von 1971 bis 1973 war er Dekan des Fachbereichs Agrarbiologie. 1975 wurde er auf den Lehrstuhl für Acker- und Pflanzenbau an der Universität Hohenheim berufen und lehrte/ forschte dort bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1998.
Prof. Kahnts wissenschaftliches Werk ist geprägt von einem tiefen Verständnis für die Wechselwirkungen zwischen Boden, Pflanze und Umwelt. Über drei Jahrzehnte hinweg prägte er die Forschung in den Bereichen Bodenbearbeitung, Fruchtfolgewirkungen, nachwachsende Rohstoffe sowie Unkrautbekämpfung und Stickstoff-Assimilation im ökologischen Landbau. Ein besonderes Anliegen war ihm die Förderung nachwachsender Rohstoffe. Er untersuchte unter anderem die Anbaueignung von Miscanthus, Saflor, Öllein und Topinambur in verschiedenen Regionen Baden-Württembergs. Besonders hervorzuheben ist seine Leitung des biologisch-dynamischen Versuchsbetriebs Ensmad auf der Schwäbischen Alb von 1973 bis 1995 sowie des ökologisch bewirtschafteten Flachshofs der StollVITA-Stiftung in Waldshut-Tiengen von 1997 bis 2005. Zu seinen wissenschaftlichen Hauptwerken gehören die Bücher Ackerbau ohne Pflug (1976), Gründüngung (1980), Biologischer Pflanzenbau (1986) und Minimal-Bodenbearbeitung (1995) sowie Leguminosen im konventionellen und ökologischen Landbau (2008). Seine Arbeiten zur Stickstoff-Assimilation und Unkrautbekämpfung im ökologischen Landbau haben wesentliche Beiträge zur Entwicklung umweltschonender Anbauverfahren geleistet.
Prof. Kahnt war nicht nur national, sondern auch international engagiert. Für seine Verdienste erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, darunter die Ehrenprofessur der Landwirtschaftlichen Akademie Xinjiang (1986), die Ehrenurkunde und goldene Medaille der Landwirtschaftlichen Universität Peking (1990), den Honorary Award of International Cooperation der Landwirtschaftlichen Universität Peking (1994), die Ehrendoktorwürde der Agraruniversität Timişoara (1995) und die Staatsmedaille in Gold des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württembergs (1995).
Neben seinen fachlichen Leistungen war Prof. Kahnt bekannt für seine Integrität, seine Bescheidenheit und sein unermüdliches Engagement für eine nachhaltige Landwirtschaft. Er war ein geschätzter Mentor, der seine Studierenden und Kolleginnen und Kollegen mit seiner Leidenschaft für den Pflanzenbau inspirierte. Günter Kahnt war ein herausragender Wissenschaftler, der mit seiner Herzlichkeit und seiner zugewandten Art einen bleibenden Eindruck hinterließ. Die Begegnungen und der offene Austausch mit seinen Mitmenschen – ob Studierende, Kolleginnen und Kollegen oder Landwirtinnen und Landwirte – lagen ihm stets besonders am Herzen. Mit offener Wertschätzung, echtem Interesse, stetem Respekt und einer außergewöhnlichen Fähigkeit zum Zuhören begegnete er jedem auf Augenhöhe. In Forschung und Lehre war er seiner Zeit oft weit voraus – mit einem klaren Blick für kommende Herausforderungen und einem feinen Gespür für zukunftsweisende Entwicklungen. Als Lehrender hat Prof. Kahnt sehr engagiert vermittelt wie man Systemverständnis erlangt und Wissen mit Erfahrungen aus der Praxis zur Entwicklung zukunftsorientierter Lösungen kombiniert. Seine für ihn so charakteristische Vorlesung „Wechselwirkungen“, seine starken Bilder wie „baumlos bis zum Horizont“ und seine Maxime „erst nachdenken, dann handeln“ prägten Generationen an Studierenden weit über das Fachliche hinaus. Viele seiner Studierenden tragen seine Gedanken und seine Haltung bis heute in sich weiter. Sein Engagement für eine nachhaltige Landwirtschaft und sein unermüdlicher Einsatz für den Wissenstransfer zwischen Forschung und Praxis bleiben unvergessen.
Die Gesellschaft für Pflanzenbauwissenschaften verliert mit Prof. Dr. Dr. h.c. Günter Kahnt einen herausragenden Wissenschaftler, Lehrer und Menschen. Sein Vermächtnis wird in der pflanzenbaulichen Forschung und Lehre weiterleben.
Im Namen der Gesellschaft für Pflanzenbauwissenschaften
Simone Graeff-Hönninger, Iris Lewandowski, Hans-Peter Piepho