Absatzmengen in der Lebensmittelindustrie schwanken oft unerwartet. Das erzeugt Herausforderungen im Unternehmen, da Lebensmittel passend zur Nachfrage produziert, transportiert und bereitzustellen sind. Wird zu viel produziert, entsteht ein Lager- und Logistik-Problem, gegebenenfalls kommt es zu Ausschuss, was Kosten generiert. Wird hingegen zu wenig produziert, entgeht Umsatz und die Kundenzufriedenheit könnte Schaden nehmen. Ein Lebensmittelhersteller muss die zu erwartenden Absatzmengen deshalb gut abschätzen können. Nur so kann er Produktion, Einkauf, Personalplanung sowie seine Material-, Lager- und Logistikplanung für einen unterbrechungsfreien Warenfluss optimal ausrichten. Auch Planungen von Werbemaßnahmen und die Preisgestaltung können profitieren: Denn die Produkt-Waren-Verfügbarkeit steigt, Kosten sinken und Nachhaltigkeit sowie Qualität verbessern sich – und das bei steigender Händler- bzw. Kundenzufriedenheit.
Absatzvorhersagen
Predictive Analytics ist die technische Basis moderner KI-basierter Prognose-Systeme. Diese Technologie kann Absatzvorhersagen unter Berücksichtigung interner wie externer Datenquellen viel exakter erstellen als konventionelle Ansätze auf Basis von Business Intelligence (BI) oder statistischen Verfahren.
Predictive-Analytics-Systeme lernen
aus Daten der Vergangenheit. Sie erkennen darin auch komplizierte Muster, verbinden diese mit aktuellen Daten aus dem Geschäftsbetrieb, gegebenenfalls auch mit externen Datenquellen, die Einfluss auf den Absatz ausüben, wie beispielsweise Wetter oder Wochentag. Daraus leiten sich leistungsfähige Vorhersage-Modelle ab, die komplexe Daten-Muster aus der Realität in der Lebensmittelindustrie widerspiegeln. Künstliche neuronale Netze bilden hier die softwareseitige Basis, die nach den Prinzipien des menschlichen Gehirns funktionieren. Das heißt, sie lernen aus Daten und leiten daraus Datenverarbeitungs-Algorithmen ab. Konventionelle Verfahren liefern demgegenüber Algorithmen, die eher auf einem rein mathematischen Fundament basieren und damit weniger die gelebte Realität präsentieren.
Bedeutung MHD
Eine solche KI ist seit Jahren erprobt, tausendfach im Einsatz und stabil. In einzelnen Bereichen der Lebensmittelindustrie, etwa in der Getränkeindustrie, wird KI bereits lange und mit großem Erfolg für Absatzmengen-Prognosen eingesetzt. Gleichermaßen gut funktionieren Prognosesysteme auch für die Domänen von Fleisch, Fisch & Geflügel, Obst, Milch, Backwaren und alle anderen Produkte, bei denen das Mindesthaltbarkeits-Datum (MHD) eine vordringliche Rolle spielt.
Schritte eines Pilotprojekts für die Einführung eines KI-Prognosesystems
- Auswahl Projektpartner (externer KI-Experte)
- Das interne Team benennen und informieren
- Ausformulierung der Projekt-Ziele
- Erste Ad-hoc-Tests mit KI-Prognosesystem
- Förderungsmöglichkeiten prüfen
- Vorbereitung benötigter (interner) Daten
- Auswahl des KI-Tools und des KI-Anbieters
- Das Prognose-Modell erzeugen und implementieren
- Prognose-Ergebnisse und Nutzen der KI verifizieren
- Ggf. das Hauptprojekt initiieren
Musterbeispiel
Die Spicetech GmbH hat für einen Hersteller aus der Getränkeindustrie (100 Mio. € Umsatz, Absatz > 5 Mio. Hektoliter, > 100 Produkte) im Jahr 2019 ein Pilotprojekt durchgeführt. Danach wurden sukzessive immer weitere Produkte für die KI-Prognose einbezogen. Das KI-Prognosesystem PREDECY (Predictive Analytics) zur optimierten Vorhersage von Kauf-/ Bestellverhalten am Getränke-Markt kam zum Einsatz. Dabei lernte das KI-System anhand der eigenen historischen internen Absatzzahlen und Aktionsaktivitäten, unter ergänzender Einbeziehung externer Daten zu Wetter, Wochentag und Urlaubs- bzw. Jahreszeit.
Das Pilotprojekt für drei zu prognostizierende Produkte wurde unter Mitwirkung von internen Mitarbeitern aus IT und Fachbereich (Aufwand ca. 5 Personentage (PT)) und dem KI-Anbieter durchgeführt (der ca. 5 PT investierte). Die Sachkosten betrugen ca. 7.500 €, Investitionen waren keine zu tätigen.
Einsparungen
Die Umsetzung gelang einfach und schnell. Zentraler Erfolgsfaktor und Garant für die schnelle Realisierung war die Qualität interner Daten. Das Unternehmen konnte mittels des KI-Systems die Fehlerquote bei den Absatz-Vorhersagen von ca. 25 Prozent auf ca. 15 Prozent reduzieren und Einsparungen in Produktion und Logistik von ca. fünf Prozent realisieren, vor allem bei den variablen Kostenpositionen. Die Produktionsplanänderungen ließen sich um ca. 20 Prozent verbessern, die Reduzierungen benötigter Schichten um fünf Prozent und die Lieferfähigkeit um ca. zwei Prozent. Positive Auswirkungen der verbesserten Absatzprognosen waren in der gesamten Supply Chain spürbar. Diese positiven Ergebnisse führten dazu, dass KI zukünftig auch für weitere Aufgabenstellungen in diesem Unternehmen genutzt werden soll.
Kosten
KI-Prognosesysteme einzuführen, ist einfacher als man denkt, und mit weniger Kosten verbunden, als vermutet. Investitionen in Hard- und Software braucht es nicht, da Mietsoftware genutzt werden kann. Der Auftraggeber muss lediglich ‚Daten‘ zur Verfügung stellen, wie etwa zu den Absatzmengen der Vergangenheit, damit das KI-System auf Basis dieser Daten bzw. Erfahrungen lernen kann. Auch muss kaum neues Know-how aufgebaut werden, denn das bringt das KI-Partnerunternehmen mit. Dieses sollte viele der Arbeitsschritte übernehmen und idealerweise ein Rundum-sorglos-Paket für ein kleines Startprojekt (Pilot) anbieten, bestehend aus kleinem Konzept, KI-Experte, Blaupause, Probier- bzw. Testsystem, Datenquellen und eventuell auch Fördermitteln.
Datenschutz
Das Team des Auftraggebers muss aktiv mitwirken. Es hat Kontrolle über den Schutz der Daten, die auf Wunsch auch anonymisiert verwendet werden können. Bei der Auswahl des KI-Providers ist darauf zu achten, dass dieser beispielsweise nach ISO 9001:2015 zertifiziert ist und vertragliche Regelungen zum Datenschutz anbietet.
KI-Nutzen
Der Auftraggeber bringt in kurzer Zeit mittels seines Pilotprojekts realitätsnah in Erfahrung, ob ein modernes Prognosesystem tatsächlich Mehrwert für ihn erzeugt. Mittels des Pilotprojekts lässt sich bestimmen, welche Kosteneinsparungen und andere Nutzeffekte entstehen bzgl. Warenverfügbarkeit, Lieferengpässe oder etwa der Kundenzufriedenheit. Kosten für das Projekt, die Mietsoftware und der interne Aufwand sind bekannt bzw. vorher zu verhandeln. Es bietet sich vor dem Start des Pilotprojekts an, das gesamte Vorgehen unverbindlich durchzusprechen und das Thema ‚KI‘ inhaltlich weiter zu vertiefen.
Kontakt:
Dr. Carsten Nolte
Freiberuflicher Management-Berater und Experte für KI-basierte
Prognosesysteme, Düsseldorf
carsten.nolte@thinktory.com
www.thinktory.com/DLG