EuroTier 2024: Trends bei digitalen Lösungen für Herdenmanagement, Qualitätssicherung und Smart Farming

Prof. Dr. habil. Matthias Schick, Strickhof und AgroVet-Strickhof, Lindau (CH)

Digitale Systeme halten immer mehr Einzug in die Rinder-, Schweine- und Geflügelställe. Sie geben den Landwirten smarte Entscheidungshilfen an die Hand und tragen dazu bei, Arbeitsprozesse weiter zu optimieren, wirtschaftlicher zu produzieren, das Tierwohl zu fördern und die Arbeitsbelastung in den Betrieben zu verringern. Aktuelle Entwicklungen bei den digitalen Lösungen zeigen interessante Perspektiven für Tierhalter und bringen ihnen praktischen Nutzen in wichtigen Bereichen.

Zahlreiche Neuheiten

Die EuroTier 2024 zeichnet sich durch viele Neuheiten in den Bereichen Digitalisierung und Smart Farming aus. Erkennbare Trends gehen deutlich in Richtung Gesundheitsmonitoring, Unterstützung von mehr Tierwohl und des Einsatzes von KI (Künstliche Intelligenz) in der Tierhaltung. Neben den einzeltierbezogenen Sensorsystemen wird langsam ein Trend in Richtung kamerabasierter Systeme erkennbar.

Hohe Innovationskraft

Die Innovationskraft der Landtechnikindustrie und das Innovationsbedürfnis der Landwirtschaft im Bereich der Digitalisierung zeigt sich gut bei den Neuheitenanmeldungen zur diesjährigen EuroTier. Mehr als 40 Innovationen sind alleine bei den digitalen Lösungen angemeldet worden.

Sensorsysteme für Rinder und Schweine

Mehrere Sensorsysteme schließen die Lücke zum Kalb beim Gesundheitsmonitoring. Daten werden damit über das ganze Leben einer Kuh von der Geburt über die Aufzucht und die Produktionsphase bis zur Schlachtung erfasst. Sie dienen damit zur Früherkennung von Krankheiten, zur Zuchtauswahl geeigneter Jungtiere und zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation.

Mit verschiedenen Sensorsystemen für Rinder können mittlerweile neben dem Bewegungsverhalten auch Temperatur, Stehen und Liegen sowie Lahmheiten erkannt werden. Die Auswahl besteht bei den Sensoren zwischen Ohrmarkensensoren, Pansenboli und kamerabasierten Systemen. Die Vernetzung der Sensoren mit entsprechender Aktorik und bestehender Herdenmanagementsoftware ist aber immer noch ausbaufähig. Insellösungen dominieren weiterhin den Markt. In der Schweinehaltung stehen ebenfalls mittlerweile Ohrmarkensensoren zur Temperatur- und Bewegungsdatenerfassung zur Verfügung. In der Geflügelhaltung sind dagegen nahezu ausschließlich kamerabasierte Systeme im Einsatz.

Lahmheit bei Rind frühzeitig erkennen

Das große Problem der Lahmheitserkennung beim Rind ist insbesondere bei größeren Herden erkennbar und bislang nur mit hohem Zeitaufwand durch manuelle Beobachtung zu lösen. Mehrere neue Systeme, die auf der EuroTier 2024 ausgestellt werden, lösen dieses Problem kamerabasiert und mit zusätzlicher Thermografie. Damit können Lahmheiten im frühen Stadium und Mortellaro (Erdbeerkrankheit) in verschiedenen Stufen erkannt und entsprechende Handlungsempfehlungen abgeleitet werden.

Legehennen: In-ovo-Geschlechtsbestimmung vor siebtem Bruttag

Im Bereich der Legehennenhaltung ist die automatisierte Erkennung des Geschlechts (in ovo) neuerdings vor dem siebten Bruttag möglich. Dies erfolgt über eine KI-gestützte Spektroskopie. Bestehende Tierschutzvorschriften können damit sogar unterschritten und gleichzeitig die Legehennenhaltung wirtschaftlicher gestaltet werden. Das Töten männlicher Küken wird damit überflüssig.

Herstellerübergreifende Vernetzung

Neben der Tiergesundheit ist die optimale Nutzung der Energie ein Schwerpunkt bei den eingereichten Neuheiten. Ein deutscher Hersteller stellt einen smarten Ansatz zur herstellerübergreifenden Vernetzung von Technik und Energiesteuerung auf dem Landwirtschaftsbetrieb vor. Damit können Mistroboter und Fressgitter, aber auch Curtains und Photovoltaikmodule miteinander verknüpft werden. Ob damit ein gangbarer Weg zum viel diskutierten ISOBUS für die Innenwirtschaft aufgezeigt wird, bleibt offen, da erst wenige Hersteller ihre Schnittstellen für dieses System offenlegen.

Systemansatz entlang der Wertschöpfungskette

Notwendig scheint auf jeden Fall, einen Systemansatz entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu verfolgen. Dabei sind die Themenschwerpunkte Tierwohl, Arbeitsbelastung, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit besonders zu berücksichtigen. Neben der Datenerfassung über Sensoren wird zunehmend auch eine KI eingebunden. Damit können Optimierungsprozesse zeitnah eingeleitet werden, und der Landwirt hat mehrere Handlungsoptionen zur Auswahl.

Fazit

Die Vorstellung der diesjährigen Trends zur EuroTier verdeutlichen die immense Innovationskraft der nationalen und internationalen Firmen in der Tierhaltungsbranche. Aber auch die Forderungen nach verbesserter Wertschöpfung, geringerer Arbeitsbelastung und der Trend zu verbessertem Tierwohl wird aus den angemeldeten Neuheiten erkennbar. Ein Besuch der EuroTier lohnt sich auf jeden Fall.

Foto: DLG

Trendreport EuroTier 2024_Digitalisierung.pdf
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