DLG-MERKBLATT 495

Futterhygiene bei der Grünlandnutzung in Futterbaubetrieben

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DLG-Merkblatt 495
1. Auflage, Stand: 09/2024

Literaturverzeichnis und Tabellen
DLG-Merkblatt 495*

 

Autoren:

  • Dr. Katrin Harms, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Poing/Grub
  • Dr. Heidi Jänicke, Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern, ­Dummerstorf
  • Dr. Christine Kalzendorf, Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Oldenburg
  • Dr. Detlef Kampf, Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft e.V., Frankfurt am Main
  • Dr. Janine Kowalczyk, Bundesinstitut für Risikobewertung, Berlin
  • Barbara Misthilger, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Poing/Grub
  • Dr. Susanne Ohl, Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein, Blekendorf/Futterkamp
  • PD Dr. Robert Pieper, Bundesinstitut für Risikobewertung, Berlin
  • Reinhard Resch, Höhere Bundeslehr- und Forschungsanstalt Raumberg-Gumpenstein, Irdning-Donnersbachtal
  • Dr. Mariana Schneider, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Poing/Grub
  • Prof. Dr. Hubert Spiekers, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Poing/Grub
     

*Eine Information des DLG-Ausschusses Futter- und Substratkonservierung 
und des DLG-Ausschusses Grünland und Futterbau.

Bild zu DLG-Merkblatt 495 Futterhygiene bei der Grünlandnutzung in Futterbaubetrieben
© Adobe Stock (Ludmila Smite)

1    Einleitung       
2    Rechtlicher Hintergrund   
3    Problemstellung und Orientierungsgrößen    
4    Einfluss der Grünlandbewirtschaftung    
4.1    Standortbedingungen und Futterhygiene    
4.2    Grünlandpflege    
4.3    Düngung     
4.3.1    Mineralische Düngung   
4.3.2    Organische Düngung    
4.4    Grünlandnutzung    
4.4.1    Nutzungsziele und -absichten   
4.4.2    Nutzungsintensität und Pflanzenbestand   
4.5    Bewirtschaftung unter Erschwernissen    
4.5.1    Schädigungen durch Wühlmaus/Feldmaus/Maulwurf   
4.5.2    Schädigungen durch Drahtwürmer/Engerlinge/weitere Insekten und Larven    
4.5.3    Schädigungen durch Wildschweine/weitere Wildtiere   
4.5.4    Schädigungen durch Kot von Gänsen und Hunden   
4.5.5    Schädigungen durch Giftpflanzen    
5    Einfluss der Nutzungsart, Futterwerbung und Konservierung  
5.1    Nutzungsarten des Grünlandes  
5.1.1    Wiese/Schnittnutzung  
5.1.2    Weide   
5.1.3    Mähweide   
5.2    Futterwerbung   
5.2.1    Erntebedingungen  
5.2.2    Erntetechnik   
5.3    Futterkonservierung   
5.3.1    Silagebereitung    
5.3.2    Heubereitung    
5.3.3    Weitere Verfahren (wie technische Trocknung)   
6    Einfluss von Futterlagerung und Futterentnahme    
6.1    Lagerung    
6.2    Futterentnahme    
6.2.1    Futterstock    
6.2.2    Futtertisch/Mischration    
7    Controllingmaßnahmen 

1. Einleitung

Grünland bildet die wesentliche Grobfutterbasis für Rinder haltende Betriebe und muss daher nicht nur bezüglich Nährstoffzusammensetzung und Energiekonzentration den Anforderungen des Tieres gerecht werden, sondern auch im Hinblick auf den hygienischen Status. Sowohl die Art und Weise der Grünlandnutzung als auch Ernte, Futterwerbung und Lagerung haben Einfluss auf die Futterhygiene. Sie stellt ein wesentliches Merkmal der Futterqualität dar und wirkt sich auf die Akzeptanz und die Verwertung des Futters aus. 

Dazu sind die richtigen Stellschrauben in der gesamten Prozesskette zu bedienen. Obwohl dies verhältnismäßig einfach klingt, erschweren Witterungsextreme, wie in den letzten Jahren, die Umsetzung. Das vielerorts neben regionalen Überschwemmungen und durch langanhaltende Dürrephasen ausgezehrte Grünland verändert sich in der Bestandeszusammensetzung der Fläche und zeigt häufig offene und lückige Grasnarben. Unerwünschte Pflanzen, teilweise auch Giftpflanzen, siedeln sich in den Fehlstellen an. Auch nehmen andere Schädlinge wie Mäuse, Tipula, Engerlinge, Drahtwürmer etc. zu, die die Grasbestände zusätzlich schädigen. 

Im Futterbau ist daher noch mehr Augenmerk auf futterhygienische Maßnahmen zu legen. Dabei muss die Nutzung des Grünlandes so ausgerichtet werden, insbesondere den Eintrag von Erdpartikeln und anderer Verunreinigungen so gering wie möglich zu halten. Das Merkblatt soll als Ratgeber für Praktiker und Berater aber auch Pferdehaltern und anderen Futterbaubetrieben dienen und alle Verfahren der Grasnutzung beleuchten, beginnend mit der Grünlandbewirtschaftung über Ernte und Konservierung bis hin zu Lagerung und Fütterung.

2. Rechtlicher Hintergrund

Zur Erfüllung der Anforderungen an die Futtermittelsicherheit ist für die Futterproduktion auf Grünland die Beachtung futterhygienischer Maßnahmen notwendig. In verschiedenen Rechtsvorschriften sind diese verankert. Futtermittelgesetz (2000), Basis-Verordnung (2002), Futtermittelverordnung (2005) und Futtermittel­hygiene­ver­ordnung (2005) schreiben fest, dass von der Primärfuttererzeugung bis zur Be- oder Verarbeitung von Lebensmitteln tierischer Herkunft keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen für Tier und Mensch entstehen dürfen (Petersen et al. 2006). Somit ist jeder Nutztierhalter mit seiner Futterproduktion von diesen gesetzlichen Bestimmungen betroffen und trägt als Futtermittelproduzent die Verantwortung für die Herstellung und den Einsatz seines wirtschaftseigenen Futters.

3. Problemstellung und Orientierungsgrößen

MERKE: 

Sichtbar verdorbene Futtermittel sind zu verwerfen und dürfen keinesfalls an Tiere verfüttert werden!

Futtermittel weisen einen natürlichen Besatz an Bakterien und Pilzen auf. Darunter befinden sich erwünschte Bakterien, die z. B. gezielt zur Konservierung genutzt werden, und unerwünschte Keime, die die Qualität des Futtermittels beeinträchtigen und bis zum vollständigen Verderb führen können. Unerwünschte Keime kommen häufig im Erdboden oder ausgebrachten Wirtschaftsdüngern vor, der Eintrag dieser Materialien in das Futter muss daher soweit wie möglich vermieden werden.

Die epiphytische Mikroflora variiert nach Pflanze (z. B. Art, Alter, Nährstoffe), Standortbedingungen (z. B. Bodenart, Witterungsbedingungen vor und zur Ernte) als auch Bewirtschaftungsfaktoren (z. B. Nutzungsart, Pflegemaßnahmen, Düngung oder Erntetechnik). Da sich während der Futtererzeugung die Lebensbedingungen für die vorhandenen Mikroorganismen ändern, verändert sich auch ihre Zusammensetzung (in Art und Menge) bis zum Futtertrog. Ziel ist daher die Vermeidung/Hemmung der Entwicklung unerwünschter und nach Möglichkeit die Förderung erwünschter Keime.

Zur Einschätzung der Qualität der erzeugten Graskonserven sind regelmäßige sensorische Kontrollen angebracht, die sich ohne großen Kosten- und Arbeitsaufwand in Routinetätigkeiten integrieren lassen, z. B. beim Siloaufdecken oder bei Verfütterung eines neuen Heuballens. Über Geruch, Farbe und Struktur lässt sich der Konservierungserfolg gut abschätzen, einfache Hilfsmittel wie Indikatorpapier, Stechthermometer oder Infrarotkamera für die Nutzung am Handy helfen, Problembereiche am Silo zu identifizieren. Weitere Unterstützung liefern die DLG Sinnenschlüssel (DLG 2004 und 2006) sowie Tabelle A1 zu Controllingmaßnahmen (siehe DLG-Webseite, Merkblatt 495).

Zur Einstufung des Ausmaßes an Erdeintrag werden bei der Futteranalyse die Parameter Rohasche-, Eisen- oder Sandgehalt (Salzsäure unlösliche Asche) herangezogen. Rohaschegehalte < 100 g/kg Trockenmasse (TM) liefern eine Orientierung zur Einstufung der Erdkontamination von Futtermitteln. Allerdings variieren diese zwischen Gräsern, Leguminosen und Kräutern (Tabelle 1). Bei jungem, blattreichem Futter wird eine erdige Verschmutzung des Futters bei etwa 110 – 120 g Rohasche/kg TM angezeigt, bei überständigem, stängelreichem Futter ist schon bei ca. 80 – 90 g Rohasche/kg TM von einer erdigen Verschmutzung auszugehen. Eisen- bzw. Sandgehalt zeigen den Verschmutzungsgrad besser an und sind besonders für Futter von mineralischen Böden geeignet. Auf humusreichen Böden (Nieder-, Hochmoor) sind die Indikatoren und Orientierungswerte weniger aussagekräftig, weil eine organische Verunreinigung des Futters bei Rohasche-, Eisen- und Sandgehalt weniger anschlägt (Resch et al. 2018). Durch die Silierung und die damit verbundene Absenkung des pH-Wertes steigt die Löslichkeit von Eisen an. Eisen ist ein Antagonist zu Zink, Mangan und Kupfer, daher sinkt bei höheren Eisengehalten (Tabelle 1) die Verfügbarkeit dieser Elemente für das Tier und führt zu sekundären Spurenelementmangelsymptomen (Hansen und Spears, 2009). Dazu ist Eisen ein starkes Oxidationsmittel, das zu Schäden im Verdauungstrakt infolge der Oxidation von Fettsäuren in der Schleimhaut führen kann.

Tabelle 1: Orientierungswerte für Futterverschmutzung mit Erde und Verschmutzungsgrade. Bei Rohasche sind teilweise nähere ­Spezi­fikationen für Grassilage und Heu notwendig (Resch et al. 2018)

 

Orientierungswerte

Verschmutzungsgrad

ParameterDLG1)ÖAG2)keineleichtmäßigstark
Rohasche, g/kg TM      
Grassilage und Heu allgemein< 100< 100< 100100-120120-150> 150
Grassilage Folgeaufwüchse < 110< 110110-130130-160> 160
Belüftungsheu 1. Aufwuchs < 90< 9090-110110-140> 140
Bodenheu 1. Aufwuchs < 85< 8585-105105-135> 135
Sand, g/kg TM< 20< 15< 1515-2020-30> 30
Eisen (Fe), mg/kg TM < 600< 600600-1.0001.000-2.000> 2.000

1) DLG (2011)   2) Resch et al. (2018)

 

Zur Beurteilung der mikrobiologisch, hygienischen Beschaffenheit von Grassilagen und Heu anhand von Labor­analysen sind bevorzugt die Orientierungswerte des VDLUFA (Tabelle 2, VDLUFA 2023) heranzuziehen. Diese zeigen an, wie viele koloniebildende Einheiten je Gramm (KBE/g) an produkttypischen und verderbanzeigenden Keimen für ein Futtermittel bei normaler Beschaffenheit und Unverdorbenheit noch vertretbar sind. Unterschreiten die Gehalte an vermehrungsfähigen, aeroben (unter Luftzufuhr), mesophilen Bakterien, Schimmelpilzen und Hefen den Orientierungswert, gilt das Futter als normal belastet (Keimzahlstufe (KZS) I). Überschreiten die Gehalte in den verschiedenen Keimgruppen den Orientierungswert bis zum 5fachen, ist die Qualität geringfügig reduziert (KZS II), beim Überschreiten der Werte bis zum 10fachen ist die Qualität deutlich herabgesetzt (KZS III). Werden die Werte um mehr als das 10fache überschritten, wird das Futter als verdorben eingestuft (KZS IV). Die Gesamtbeurteilung der Futterqualität erfolgt anhand der Keimgruppe mit der höchsten KZS. 

Für die Rinderfütterung sind Silagen ab einer KZS III als bedenklich einzustufen. Sensorisch ist der beginnende Verderb an einer Veränderung von Geruch, Temperatur und pH-Wert zu erkennen. Weitere Unterstützung liefert der DLG Sinnenschlüssel (DLG 2004) sowie Tabelle A1 zu Controllingmaßnahmen. 

Wegen der längeren Lebensdauer und der höheren Anfälligkeit für z. B. Lungenerkrankungen haben Pferde höhere Ansprüche an die hygienische Qualität der Graskonserven, hier sollten die Orientierungswerte, also die KZS I, nicht überschritten werden. In der Pferdefütterung sind Heulagen weit verbreitet, eine genaue Zuordnung bzw. Differenzierung zu Heu ist aber oft schwierig, zumindest aber nicht immer eindeutig. Als grobe Einteilung dient der TM-Gehalt: Anwelksilage < 500; Heulage (Gärheu) 500 – 750 (davon Silage für Pferde 500 – 600); Feuchtheu 750 – 860; Heu > 860 g/kg). Da bei höheren TM-Gehalten keine ausreichende Ansäuerung mehr stattfindet, ist im Einzelfall zu entscheiden, ob es sich um Silage oder um ein unter Einfluss von Kohlendioxid (CO2) konserviertes (Feucht-)Heu handelt. Zur Beurteilung, welche Orientierungswerte sinnvollerweise zur Bewertung herangezogen werden sollten, dienen Geruch, TM-Gehalt und pH-Wert als hilfreiche Indikatoren.

Zum Nachweis anderer Keime, z. B. Clostridien (z.T. pathogen) oder Listerien, sind gezielte Verfahren erforderlich. Das allgemeine mikrobiologische Screening „Gesamtkeimzahl“ reicht hier nicht aus. Bei Bedarf ist der zuständige Veterinär unterstützend hinzuzuziehen. 

Tabelle 2: Orientierungswerte nach VDLUFA für produkttypische und verderbanzeigende Mikroorganismen in Grassilage, Heulage und Heu, ­zusammengefasst zu Keimgruppen (KG) 1 bis 7 (VDLUFA 2023) 

Keimgruppen (KG)Wichtige IndikatorkeimeOrientierungswert
 GrassilageHeulageHeu
Mesophile aerobe Bakterien 

Mio. KBE/g

KG1produkttypischGelbkeime, Pseudomonas, Enterobacteriaceae0,21030
KG2verderbanzeigendBacillus, Micrococcus, Staphylococcus0,20,52
KG3verderbanzeigendStreptomyceten0,010,010,15
Schimmel- und Schwärzepilze 

Tsd. KBE/g

KG4produkttypischSchwärzepilze, Acremonium, Fusarium, Aureobasidium, Verticillium530200
KG5verderbanzeigendAspergillus, Penicillium, Scopulariopsis, Wallemia530100
KG6verderbanzeigendMucorales, Rhizopus555
Hefen 

Tsd. KBE/g

KG7verderbanzeigendAlle Gattungen200200150

Bedenkliche (z. B. stark nacherwärmte) oder sichtbar verdorbene, insbesondere verschimmelte Futterpartien dürfen nicht an Nutztiere verfüttert werden. Mögliche Folgen der Verfütterung sind sinkende tägliche TM-Aufnahmen, Leistungsminderung und Gefährdung der Tiergesundheit. Futterverderb bedeutet stets finanzielle Schäden, da in der Produktion Kosten anfallen und das Futtermittel nicht zum Einsatz kommt bzw. durch Zukauffutter ersetzt werden muss. Insofern lassen sich Wirtschaftlichkeit und Klimawirkung durch Verbesserungen des Ernte- und Silomanagements positiv beeinflussen. 

Fehlgärungen wie z. B. Buttersäuregärung und Nacherwärmung (siehe auch Kapitel 5.3.1 und 6.2) führen zu fühl- und messbaren Futterqualitätsverlusten. Anhand von Beispielen zeigt Tabelle 3, wie sich diese auf die TM- und Energieverluste auswirken und welche Einbußen in Kauf genommen werden müssen, weil das Futter gar nicht bzw. mit verminderter Qualität im Futtertrog ankommt. 

Für die Silierung im Fahrsilo unter Einhaltung einer guten fachlichen Praxis wird ein TM-Verlust von 8 % zu Grunde gelegt (Köhler et al. 2013). Während Szenario 1 jeweils den Idealfall darstellt, wird in den Szenarien 2 und 3 für Teilbereiche des Silos von höheren Verlusten ausgegangen. Davon ausgehend, können am Beispiel der Nach­erwärmung entweder 13.279 bzw. 27.473 kg energiekorrigierter Milch (ECM) nicht erzeugt oder das Energiedefizit muss, z. B. durch den Zukauf von Körnermais, ausgeglichen werden. 

Tabelle 3a: Beispielberechnung der Folgen von Nacherwärmung im Grassilo

Nacherwärmung

Szenario 1

Szenario 21)

Szenario 31) 

Silomanagement/Verdichtung

sehr gut

mittel

schlecht

Silobereiche

komplettes Silo (3/3)

Kernbereich (2/3)

Randbereich 
+ oben (1/3)

Kernbereich (2/3)

Randbereich 
+ oben (1/3)

Frischgras eingelagert2), t TM

220

147

73

147

73

TM-Verluste, %

8

8

12

8

20

TM-Verluste, t

18

21

26

Folgen für Milchviehbetrieb
Fläche umsonst angebaut, ha

5,3

6,2

8,0

verfügbare Silage, t TM

202

135

65

135

59

zusätzlicher Verlust an NEL durch ­Nacherwärmung3), %

 

 

6

 

9

NEL der Silage, MJ/kg TM

6,4

6,4

6,0

6,4

5,8

NEL im Silo, MJ 

1.295.360

1.251.806

1.205.248

NEL-Verlust durch Nacherwärmung, MJ

 

43.554

90.112

nicht erzeugbare Milch4), kg 

13.279

27.473

alternativ Zukauf Körnermais zum Ausgleich der Verluste
Zukauf Körnermais, t 

5,9

12,2

1) Für Szenario 2 und 3 wird für die typischen Problembereiche eines Silos von höheren TM-Verlusten und einer verminderten Qualität (Energiegehalt) ausgegangen.
2) 67 ha Fläche mit 3,3 t TM/ha und 35 % TM-Gehalt, insgesamt 220 t TM Gras eingelagert. 
3) Nacherwärmung über 6 Tage und Erhöhung um 10 °C bzw. 15 ° entspricht 6 % bzw. 9 % Verlust an NEL (Hein 1993). 
4) 3,28 MJ NEL werden zur Bildung von 1 kg Milch (ECM) benötigt (Kirchgeßner et al. 2014). 

Tabelle 3b: Beispielberechnung der Folgen von Fehlgärung im Grassilo

Fehlgärungen

Szenario 1

Szenario 21)

Szenario 31) 

Fehlgärungen, z.B. Buttersäure

ohne

mäßig

stark

Silobereiche

komplettes Silo (3/3)

1/3

2/3

komplettes Silo (3/3)

Frischgras eingelagert2), t TM

220

73

147

220

TM-Verluste, %

8

8

10

12

TM-Verluste, t

18

21

26

Folgen für Milchviehbetrieb
Fläche umsonst angebaut, ha

5,3

6,2

8,0

verfügbare Silage, t TM

202

67

132

194

zusätzlicher Verlust an NEL durch ­
Fehlgärung3), MJ/kg TM
 

 

0,1

0,2

NEL der Silage, MJ/kg TM

6,4

6,4

6,3

6,2

NEL im Silo, MJ 

1.295.360

1.263.387

1.200.320

NEL-Verlust durch Fehlgärung, MJ

 

31.973

95.040

nicht erzeugbare Milch4), kg

 

9.748

28.976

alternativ Zukauf Körnermais zum Ausgleich der Verluste
Zukauf Körnermais, t 

4,3

12,9

1) Für Szenario 2 und 3 wird von höheren TM-Verlusten durch Buttersäuregärung und einer verminderten Qualität (Energiegehalt) ausgegangen.
2) 67 ha Fläche mit 3,3 t TM/ha und 35 % TM-Gehalt, insgesamt 220 t TM Gras eingelagert. 
3) Verluste an NEL bei Abzug von 2 bzw. 5 Punkten aufgrund von Buttersäure in sensorischer Prüfung (DLG 2011).
4) 3,28 MJ NEL werden zur Bildung von 1 kg Milch (ECM) benötigt (Kirchgeßner et al. 2014)

4    Einfluss der Grünlandbewirtschaftung

4.1    Standortbedingungen und Futterhygiene

Die Standortbedingungen werden durch die geographische Lage sowie die Boden- und Klimaverhältnisse beeinflusst. Im Hinblick auf die Futterhygiene kommt dem Faktor Wasser eine besondere Bedeutung zu, denn sowohl Trockenheit als auch Wasserüberschuss beeinflussen den Zustand der Grünlandflächen negativ. Bodenarten und Bodentypen können hinsichtlich Wasserdurchlässigkeit bzw. -speichervermögen sehr unterschiedlich sein, daher spielen Bodenverhältnisse bei extremen Wetterverhältnissen eine bedeutende Rolle.

Bei hohen Grundwasserständen infolge eines Überangebots an Wasser können zeitweise derart nasse Bodenverhältnisse erreicht werden, dass die Nutzung eingeschränkt oder nicht mehr gegeben ist. Fahrspuren bzw. Trittschäden führen zu sichtbaren Verschmutzungen (siehe Abbildungen 1 bis 3), Narbenverletzungen und Lücken in den Beständen. Vergleichbare Schäden treten gleichfalls bei langen Trockenheitsphasen auf. 

In regelmäßig überfluteten Flussauen besteht neben dem Potential für Schmutzeinträge auf das Grünland durch Erdmaterial ein hohes Risiko des Eintrags weiterer unerwünschter und für die Tiergesundheit möglicherweise schädlicher Stoffe und Krankheitserreger. Andererseits werden bei Überschwemmungen, je nach Herkunft der Fluten, häufig Nährstoffe angeschwemmt. Hierfür, einschließlich der Folgen von extremen Niederschlägen, geben die Bundesländer i. d. R. entsprechende Beratungsempfehlungen und Informationsmaterialien heraus. 

Neben dem Wasserfaktor hat auch das Bodengefüge selbst Einfluss auf den hygienischen Zustand des Futters. So sind organische Böden im Vergleich zu Mineralböden eher durch einen lockeren Narbenzustand, mit weniger fest im Boden sitzendem Bewuchs, charakterisiert. Ihr Potential für den Schmutzeintrag in das Futter ist deshalb von Natur aus höher. 

In allen beschriebenen Fällen spezieller Standorteigenschaften sowie auf unebenem Grünland und bei Hanglagen muss ein besonderes Augenmerk auf die richtige Maschinen- und Geräteeinstellung der einzelnen Ernteprozesse gelegt werden, um den Schmutzeintrag so weit wie möglich zu minimieren (siehe Kapitel 5.2.2).

Abbildungen 1 bis 3: Überflutungen und Starkregen im Grünland erhöhen die Gefahr der Futterverschmutzung und der Narbenschädigung durch verstärkte Lückenbildung (© C. Kalzendorf)

4.2    Grünlandpflege 

Dichte Narben, dominiert von leistungsfähigen Futtergräsern, gelten als Basis zur Vermeidung von Futterverschmutzung. Besonders zu Nachsaaten sowie weiteren Pflegearbeiten gibt es von den Landeseinrichtungen Empfehlungen und Hinweise zur Durchführung, die i. d. R. auch regionale Besonderheiten einschließlich regional empfohlener Arten und Sorten bewerten. 

Wie Tabelle 4 zu entnehmen ist, stehen für die jeweiligen Pflegetätigkeiten spezielle Geräte zur Verfügung. Um damit gute Effekte zu erzielen, sind die Arbeitsgeschwindigkeiten von hoher Bedeutung. Ob eine Kombination verschiedener Pflegegeräte möglich ist, muss unter Berücksichtigung des Flächenzustandes einzelbetrieblich entschieden werden.  

MERKE: 

Dichte Narben stellen die Basis zur Vermeidung von Futterverschmutzung dar! 
 

Tabelle 4: Übersicht über wichtige Pflegearbeiten auf dem Grünland sowie erforderliche Pflegegeräte (Fübbeker 2020)

Pflegearbeit

Schleppe mit 

Striegel mit 

Glattwalze

Gliederwalze

Guss­dreiecken

Zinken

Schiene

Erdhaufen von Wühlmaus/Maulwurf verteilen

+++

+++

++

-

-

Grasnarbe belüften (Bestockung anregen)

+

+

+++

-

– bzw. +*

Anteil minderwertiger Gräser reduzieren

+

+

++

-

-

Pflanzen von Gülle/Kuhfladen befreien

+

+

++

-

-

Aufgefrorenen Boden rückverfestigen

-

-

-

+++

– bzw. +**

Arbeitsgeschwindigkeit

6 – 10 km/h

10 – 12 km/h 

5 km/h 

5 – 10 km/h 

+++ = sehr gut   ++ = gut   + = mittel   – = nicht möglich 
* glatte bzw. gezackte Walze    ** bei humosen und anmoorigen Standorten Aufschiebegefahr

4.3    Düngung 

Die Düngung wirkt auf TM-Ertrag und speziell die chemische Futterzusammensetzung (z. B. Protein, P), indem die Nährstoffaufnahme durch die Pflanzen und damit die Zusammensetzung des Pflanzenbestandes beeinflusst wird. Bei den Auswirkungen auf die Umwelt steht die Qualität des Grundwassers und der Oberflächengewässer im Fokus. 

Aus Sicht der Futterhygiene kommt es hinsichtlich der Förderung eines leistungsfähigen und qualitativ wertvollen Grünlandbestandes vor allem auf eine ausgewogene Nährstoffversorgung an. Dabei hat sich die Düngung in der Praxis prinzipiell an der aktuell geltenden Gesetzgebung (Düngeverordnung, Landesspezifische Rege­lungen) zu orientieren. Ebenso ratsam ist die Nutzung von Beratungsangeboten der zuständigen Länderdienst­stellen. 

Aus Sicht der Tierernährung ist neben dem Nährstoffaspekt zu berücksichtigen, dass die Wirkung der Düngung über die Futterqualität hinausgeht. Selbst Tiergesundheit und Leistung der Tiere sind z. B. indirekt von der Düngung abhängig. Das gilt sowohl für Frischfutter als auch Silagen und Heu, da Konservierung und Konservierungserfolg ebenfalls von der Düngung beeinflusst werden. Eine hohe N-Düngung kann zu erhöhten Rohprotein- und gerin­geren Zuckergehalten im Erntegut und damit zu einer ungünstigen Vergärbarkeit und verminderter Silagequalität führen. Andererseits ist ein gewisser Nitratgehalt im Futter (4 – 13 g NO3/kg TM in Abhängigkeit vom Mindest­trockensubstanzgehalt) erwünscht, da er die Vermehrung von Clostridien hemmt (Kaiser und Weiß 2007).


4.3.1    Mineralische Düngung

Die mineralische Düngung hat bei sachgerechter Handhabung kaum Einfluss auf die Futterhygiene. Indirekt werden die Zusammensetzung der Narbe und damit der Narbenschluss und die Vermeidung von Lücken beeinflusst, was futterhygienisch relevant ist und nicht unterschätzt werden sollte. Es bestehen Zusammenhänge zwischen einer ausgewogenen Pflanzenernährung und der Tiergesundheit, wie z. B. Weidetetanie (Magnesiummangel des Weidegrases) und Milchfieber (Störungen im Mineralstoffhaushalt) verdeutlichen. Jüngere Versuchs­ergebnisse zeigen, dass auch DCAB-Werte von Grasaufwüchsen in Verbindung mit der Düngung zu betrachten sind, da die verwendeten Düngemittel einen direkten Einfluss auf die für den DCAB-Wert relevanten Mineralstoffe ausüben (Greiner und Engelhard 2018; Greiner und Frey 2022). 


4.3.2    Organische Düngung

Mit der organischen Düngung werden nicht nur Nährstoffe, sondern auch Substrat und Keime ausgebracht. Dieses komplexe Thema wurde im DLG-Merkblatt 471 „Futterhygiene bei der Gülleausbringung im Grünland“ ausführlich behandelt (DLG 2022). Ergänzende Aspekte werden nachfolgend dargestellt. 

Organische Wirtschaftsdünger enthalten eine Vielzahl von Mikroorganismen. In gesunden Tierbeständen handelt es sich dabei i. d. R. um nicht pathogene Keime. Hinsichtlich der Futterhygiene sind diverse Bakterien von Interesse, kritisch sind Clostridien zu bewerten. 

Clostridien kommen natürlicherweise im Boden vor. Sie sind am Abbau organischer Substanz beteiligt. Durch mit Erde und/oder Wirtschaftsdünger verschmutztes Grünfutter gelangen sie in den Silofutterstock. Finden sie im Silo geeignete Vermehrungsbedingungen, nimmt ihre Zahl drastisch zu (siehe Kapitel 5.3.1) und begünstigt die unerwünschte Buttersäuregärung und den Silageverderb. 

Die mit dem Futter aufgenommenen Sporen passieren unbeschadet den Verdauungstrakt der Rinder und werden angereichert im Kot ausgeschieden. Die Gülleausbringung schließt den Kreislauf. In Abhängigkeit vom Sporengehalt der Gülle, dem Ausbringungszeitpunkt und den nachfolgenden Niederschlägen kann bereits Frischgras stark mit Clostridien kontaminiert sein. Es kommt daher darauf an, so früh und so gut wie möglich den Eintrag dieser Schadkeime zu unterbinden und den Sporenzyklus zu unterbrechen. In dem Zusammenhang ist es von Bedeutung, für eine geringere Keimbelastung der Gülle durch fehlgärungsfreie Silagen zu sorgen.
 

Abbildungen 4 und 5: Die Verschmutzung des Grases kann mit bodennaher Ausbringung und an den Bedarf des Bestandes angepassten Gülle- und Gärrestgaben gering gehalten werden, verdünnte Gülle trägt ebenso zur Verringerung der Verschmutzung und des Eintrags von Clostridien ins Futter bei. (© C. Kalzendorf (links); © R. Resch (rechts))

 

MERKE:

Bei der Gülleausbringung auf Grünland sind nachfolgende Punkte besonders zu beachten:

  • Gülle- und Gärreste so schnell wie möglich nach der Ernte bodennah ausbringen
  • dünnflüssige Gülle bzw. Gärrest verwenden (Verdünnung mindestens 1:0,5 mit Wasser oder Flüssigfraktion aus Gülleseparierung verwenden)
  • Gülle- und Gärrestgaben begrenzen (10 – 20 m³ zu jedem Aufwuchs, maximal 25 m³ bei dünnflüssiger Gülle bzw. Gärrest)

4.4    Grünlandnutzung

4.4.1    Nutzungsziele und -absichten

Unabhängig vom Intensitätsniveau der Grünlandbewirtschaftung stellt die Futterhygiene ein Merkmal der Futterqualität dar und beeinflusst wesentlich die Akzeptanz und die Verwertung des Futters. Beide Aspekte wirken sich auf die Größenordnung der Futterverluste und damit die Futterökonomie, den CO2-Footprint  sowie die Tiergesundheit aus. Aus Sicht der Futterhygiene muss die Nutzung des Grünlandes darauf ausgerichtet sein, den Eintrag von Verschmutzungen aus dem Erdreich oder aus Wirtschaftsdüngern so gering wie möglich zu halten, da sowohl bodenbürtige Clostri­dien als auch weitere im Erdreich vorkommende und für die Tiergesundheit potentiell schädlich geltende Keime eine Gefährdung darstellen. Zur Vermeidung dient in erster Linie eine dichte Grasnarbe.

Der Fokus des Merkblattes liegt auf landwirtschaftlich genutzten Grünlandflächen, die in erster Linie zur Futtererzeugung bewirtschaftet werden. Die verschiedenen Grünlandnutzungsarten und -intensitäten wurden von Elsäßer et al. (2022) charakterisiert. Im Kapitel 5 wird auf die Nutzungsarten und weitere nutzungsrelevante Aspekte eingegangen.

Neben produktionstechnischen Empfehlungen und Handlungsanleitungen der regional zuständigen Landeseinrichtungen sind die Hinweise der jeweiligen Landtechnikhersteller und -händler zu beachten. Der bestmöglichen Einstellung der eingesetzten Technik sollte mehr Aufmerksamkeit insbesondere beim Einsatz unter den konkreten praktischen Bedingungen auf der einzelnen Fläche geschenkt werden.
 

4.4.2    Nutzungsintensität und Pflanzenbestand

Eine an Standort, Witterung und Pflanzenbestand angepasste Düngung und Nutzung ist Voraussetzung für eine gute und dichte Grünlandnarbe. Neben der Nutzungsintensität (Über- und Unternutzung) wirkt sich die Pflege auf die artenmäßige Zusammensetzung aus und kann Narbenstress bzw. -schädigungen verursachen und damit direkt und indirekt den hygienischen Status der Grasprodukte beeinflussen. 

Zu hohe Nutzungsintensitäten fördern z. B. futterwirtschaftlich schwache bzw. unerwünschte Arten und damit auch eine zunehmende Lückigkeit. Mit zu späten Nutzungen werden gleichfalls wertvolle Grünlandpflanzen verdrängt, hier vor allem die Untergräser. In der Folge wird die Narbe lockerer. Das gilt analog für eine zu geringe Nutzungshäufigkeit. Darüber hinaus ist überständiges Futter ein ungünstig mit Keimen belastetes Material. Mit Blick auf die Tiergesundheit ist es zudem wichtig, die Ausbreitung von Giftpflanzen auf der Fläche zu vermeiden (siehe Kapitel 4.5.6).

Abbildungen 6 und 7: Sich durch Nutzungs- und Umwelteinflüsse verändernde Pflanzenbestände (links: Fahrspuren nach der Ernte, rechts Niederschläge und Trittschäden nach Beweidung) (© Kalzendorf)

Grünlandbestände können sich in Abhängigkeit von Witterung und Bewirtschaftung in der artenmäßigen Zusammensetzung sehr unterschiedlich entwickeln (Abbildungen 6 bis 13). Extremwetterereignisse und weitere, dem Klimawandel zuzuordnende Witterungsabläufe haben gerade in den letzten Jahren zusätzlich zu Veränderungen in der Zusammensetzung der Grünlandbestände beigetragen und voraussichtlich muss zukünftig häufiger mit diesen Phänomenen gerechnet werden. Lösungen zur Anpassung sind z. B. im DLG-Band 208 „Anpassungsstrategien an den Klimawandel im Grünland“ nachzulesen (DLG 2020).

Trotz einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung können unvermeidbare Veränderungen in den Grünlandbeständen auftreten. So werden z. B. Sommer- und Herbstaufwüchse häufiger von Rostpilzen befallen als früher zu nutzende Aufwüchse. Einzelfallabhängig ist ihre Verwertung als Futter in Abhängigkeit vom Ausmaß des Befalls zu überdenken. Über die schädigende Wirkung von rostbe­lasteten Aufwüchsen liegen derzeit keine Befunde vor, dennoch sind Einflüsse auf die Tiergesundheit nicht aus­zuschließen. Die zuständigen Landeseinrichtungen geben regelmäßig Informationen zur Rostanfälligkeit von Sorten heraus, die auf Basis regionaler Versuche in unabhängigen Prüfungen von Futtergräsern beobachtet wurden. Die Nutzung dieser Informationen ist gerade vor einem Saatguteinsatz hilfreich. 

Insgesamt wird es wesentlich wichtiger, dass der Grünlandwirt die Pflanzenbestände häufiger in direkten Augenschein nimmt und aufgrund seiner Beobachtungen gezielte Entscheidungen trifft.

Abbildung 8: Auswinterungsschäden nach Wechselfrostereignissen in Abhängigkeit des Ausgangsbestandes als Beleg der Effekte von Witterungseinflüssen auf die Pflanzenbestände (© Kalzendorf)
Abbildung 8: Auswinterungsschäden nach Wechselfrostereignissen in Abhängigkeit des Ausgangsbestandes als Beleg der Effekte von Witterungseinflüssen auf die Pflanzenbestände (© Kalzendorf)

Abbildungen 9 bis 11: Sowohl die Nutzungsintensität als auch der Standort beeinflussen die Artenzusammensetzung des Grünlandes 
(© C. Kalzendorf)

Abbildungen 12 und 13: Gelbrost an Wiesenrispe im Sortenvergleichsversuch und lückige Grasnarben in Kombination mit Gemeiner Rispe (Poa trivialis), die besonders problematisch für die Erdverschmutzung des Futters sind (© R. Resch)

4.5    Bewirtschaftung unter Erschwernissen

Schäden des Grünlandes können verschiedene Ursachen biotischer und abiotischer Art haben und nicht in jedem Fall kann der Landwirt darauf reagieren. Einerseits sind zugelassene Mittel zur Schädlingsbekämpfung stark reduziert bzw. gar nicht mehr vorhanden, andererseits sind Vertragsbedingungen oder Auflagen einzuhalten, die deren Einsatz nicht erlauben. Bei sehr starken Schädigungen des Grünlandes oder auch bei Einwandern unerwünschter Arten empfiehlt es sich, Ansprechpartner der zuständigen Pflanzenschutzdienstbehörde zu Rate zu ziehen.

Tabelle 5 gibt einen Überblick über die hier beschriebenen Schäden und Möglichkeiten diesen entgegenzuwirken. Nachfolgend werden die Bewirtschaftungserschwernisse mit Hinweisen zu vertiefender Literatur kurz beschrieben.
 

Tabelle 5: Überblick über Bewirtschaftungserschwernisse und mögliche Maßnahmen zur Abhilfe

Schadensbild/­Schädigung

 

 Problem


 

Maßnahmen
 

direkter Artindirekter Art

vorbeugender Art

MaulwurfErdhaufennicht erlaubtSchleppen, Schnitthöhe
 
 
WühlmausSchädigung Grasnarbe, Ernährung von Grünlandpflanzen und Wurzeln, Fraßschäden
 
nicht erlaubtSchnitthöhe anpassen, Nachsaaten

Reinigungsschnitte, Pflege von Graben- und Grabenrändern, Flächenrändern, indirekte Ver­treibungsmaßnahmen durch Unruhe, Sitzstangen für Greifvögel

 

FeldmausFraßschäden, Wühl­schäden bei hoher ­Populationsdichte
 
nur gezielt mit Legeflinte in die Löcher
 
 
Drahtwürmer

lückige und offene ­Grasnarbe

 

keine

 

Wiederherstellung 
der Grasnarbe durch Nachsaat/Neuansaat

 

 
Engerlinge
weitere Insekten/Larven
Wildschweine /WildtiereWühlschäden führen zu Lücken, Fremdbesatz, UnebenheitenBejagungEinebnen, Walzen, ­Nachsaat/Neuansaat Einzäunungen
GänseFraßschäden, KotkeineSchnitthöhe anpassen, Nachsaaten
 
Bewegungsdrachen aufstellen
HundeKotkeineSchleppen oder Striegeln, Schnitthöhe anpassenZugang auf Grünland­flächen verwehren durch Zäune oder auch Schilder mit entsprechendem ­Hinweis an Hundehalter

4.5.1    Schädigungen durch Wühlmaus/Feldmaus/Maulwurf

Durch Erdhaufen von Wühlmaus/Maulwurf besteht im Rahmen der Erntearbeiten eine große Verschmutzungsgefahr des Futters. Das Schleppen der Grünlandflächen im Frühjahr reduziert das Ausmaß der Erdhaufen oft nur kurzfristig.

MERKE: 
Der Maulwurf gilt als geschütztes Tier, dessen Bekämpfung nicht erlaubt ist! 
 

Die Wühlmaus ernährt sich von den auf dem Grünland wachsenden Pflanzen und Wurzeln, so dass in deren Erdhaufen meist Pflanzen-/Wurzelreste sichtbar sind. Ihre Wühltätigkeit ist in punkto Grasnarbenschädigung analog zu der des Maulwurfs zu bewerten.

Die durch Feldmäuse bedingten Fraß- aber auch Wühlschäden können gewaltige Ausmaße einnehmen, die selbst im Winter unter einer hohen Schneedecke nicht zum Stillstand kommen (Voigtländer und Jacob 1987). Da eine großflächige Bekämpfung bei diesen Tierarten nicht möglich ist, gilt umso mehr, Massenvermehrungen im Vorfeld mit flankierenden Maßnahmen einzudämmen.

Das Schleppen der Grünlandflächen im Frühjahr bleibt die wichtigste Pflegemaßnahme. Zusätzlich hat sich die Nutzung der Grünlandfläche durch Weidetiere bewährt, da so eine gewisse Unruhe auf der Fläche auftritt, die zur Vertreibung von Maus oder Maulwurf beitragen kann. Zudem sollten Sitzstangen für Greifvögel aufgestellt werden. Vertiefende Informationen können z. B. der ÖAG-Broschüre „Was Sie über tierische Schädlinge am Grünland wissen sollten“ entnommen werden (Pötsch et al. 1997).

Dort, wo Erdhaufen vermehrt vorkommen, sollte bei der Ernte mit einer entsprechend höheren Schnitthöhe reagiert werden. Zu überlegen ist auch, das Erntegut dieser Flächen z. B. separat als Heu zu ernten (z. B. in Rundballen), da sich die am Erdmaterial anhafteten Schadkeime durch die hohe TM kaum vermehren können. Mit der separaten Ernte und Lagerung kann auch das Verfüttern dieses Futters gezielter an robuste(re) Tiere erfolgen.
 

Abbildungen 14 und 15: Sehr hoher Mäusebesatz kann zum Totalausfall des Grünlandbestandes führen; Erdhaufen müssen im Frühjahr ­abgeschleppt werden, ansonsten gelangt die Erde unweigerlich in das Erntegut (© C. Kalzendorf (links); © R. Resch (rechts))

4.5.2    Schädigungen durch Drahtwürmer/Engerlinge/weitere Insekten und Larven

Ausgeprägte Schädigungen des Grünlandes in Form von offenen und lückigen Grasnarben verursachen auch Drahtwürmer oder Larven von Mai- und Junikäfern oder der Wiesenschnake (Tipula). Möglichkeiten zur gezielten Bekämpfung sind rechtlich kaum bzw. nicht vorhanden. Ausnahmeregelungen gelten hin und wieder, wenn die Betroffenheit der Schädigung regional sehr groß ist. In Zweifelsfällen ist in jedem Fall eine Beratung durch den zuständigen Pflanzenschutzdienst einzu­holen.  

Offene und lückige Grasnarben müssen durch Nachsaaten und notfalls Neuansaaten schnell geschlossen werden, um das Eindringen unerwünschter Arten zu minimieren und potentiellem Erdeintrag entgegenzuwirken. Im ungünstigsten Fall müssen die Maßnahmen, vor allem bei Nachsaaten, wiederholt werden, da sich der Erfolg nicht unmittelbar einstellt. Vertiefende Informationen gibt z. B. das ÖAG-Infoheft „Engerlinge im Grünland“ (Greisberger et al. 2021). 


4.5.3    Schädigungen durch Wildschweine/weitere Wildtiere

Wildschweine zerstören Grasflächen mit ihrem ausgeprägten Wühltrieb. Werden die Schäden nicht beseitigt, nehmen die Anteile an Lücken, an Fremdbesatz aber auch an Unebenheiten zu. In der Folge erhöhen sich die Risiken der Futterverschmutzung extrem. Der Reparaturbedarf dieser Schäden ist zum Teil erheblich. In einigen Fällen bedarf es sogar der Neuansaat von Teilflächen. Zuvor kommt dem Einebnen der Fläche sowie dem Einsatz der Wiesenwalze eine hohe Bedeutung zu, um eine maschinelle Bearbeitung der Flächen wieder zu ermöglichen.
 

Abbildung 16: Ameisenhügel sind häufig in extensiver genutzten Wiesen zu finden (© R. Resch)
Abbildung 16: Ameisenhügel sind häufig in extensiver genutzten Wiesen zu finden (© R. Resch)
Abbildung 17: Wildschweinrotten hinterlassen auf Grünlandflächen vermehrt Verwüstungen (© Thurgauer Zeitung (https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/frauenfeld-munchwilen/wildschweine-im-visier-ld.784276))
Abbildung 17: Wildschweinrotten hinterlassen auf Grünlandflächen vermehrt Verwüstungen (© Thurgauer Zeitung (https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/frauenfeld-munchwilen/wildschweine-im-visier-ld.784276))

4.5.4    Schädigungen durch Kot von Gänsen und Hunden

Der Verbleib der Zugvögel auf Grünlandflächen hat in den letzten Jahren, bedingt durch die veränderten Klimabedingungen, enorm zugenommen. Die Futterverschmutzung erfolgt sowohl durch Fehlstellen nach dem Fraß als auch durch Gänsekot, wenn die Schäden nicht mit entsprechenden Pflegemaßnahmen behoben werden. Von Kot geht das Risiko pathogener Belastung aus. Das gilt neben dem Kot von Gänsen auch für den von Hunden, wenn sie frei über die Flächen laufen können.

Weidetiere können über Hundekot den Krankheitserreger Neospora caninum aufnehmen. Es handelt sich dabei um einen einzelligen Parasiten (Protozoon), für den der Hund der einzig bekannte Endwirt ist. Die Parasiten-Eier wer­den von infizierten Hunden etwa drei Wochen lang über den Kot ausgeschieden. Zwischenwirte wie Rinder, Schafe, Ziegen, Pferde oder Füchse stecken sich damit an und erkranken zum Teil stark. Bei Rindern verursacht er z. B. Aborte.

Untersuchungen belegen, dass bis zu 90 % der infizierten Kühe gleichfalls infizierte Kälber zur Welt bringen, die wiederum Träger und Ausscheider von Neospora caninum sind. Da infizierte Rinder dies ihr Leben lang bleiben (Conraths und Schares 1999; Berndl 2021), ist Hunden der freie Zugang auf Grünlandflächen zu verwehren. 

An dieser Stelle soll ebenso das achtlose Wegwerfen oder Liegenlassen von Abfällen, auch als „Littering“ bekannt, angesprochen werden, das zu Schäden bei Tieren bis hin zum Tod führen kann, da Abfälle wie Alu-Dosen, Kunststoffflaschen oder Zigarettenstummel vor allem bei der Ernte mit in das Futter gelangen und so von den Tieren als Fremdkörper aufgenommen werden können.
 

Abbildungen 18 und 19: Gänse tragen zur Futterverschmutzung des Grünlandes sowohl durch ihren Kot als auch durch Fraßschäden bei (© C. Kalzendorf)

4.5.5    Schädigungen durch Giftpflanzen

Giftige Pflanzen in Grünfutter oder Futterkonserven können ein Gesundheitsrisiko für Pflanzenfresser darstellen (Briemle und Elsäßer 2010). 

In der Praxis kommen Giftpflanzen deutlich häufiger auf Extensivwiesen/-weiden vor, weil eine geringe Bewirtschaftungsintensität einen Vorteil zur Vermehrung für diverse Giftpflanzen bietet. Je nach Standortbedingungen können das unterschiedliche Pflanzen sein. Konserviertes Futter von Extensivflächen wird i. d. R. für Pferde, Jungrinder oder trockenstehende Kühe genutzt. Einige Giftstoffe werden ganz oder teilweise durch die Prozesse während der Futterkonservierung (Silierung, Heutrocknung) abgebaut, andere hingegen nicht (Tabelle A2, siehe DLG-Webseite, Merkblatt 495). Zuletzt bestehen teilweise große Unterschiede zwischen einzelnen Tierarten (z. B. aufgrund des Abbaus im Pansen oder im Leberstoffwechsel) hinsichtlich des tolerierbaren Giftpflanzenanteils im Erntegut. Es bedarf im Vorfeld der Futterernte eines Controllings (Feldbegehung), um die Art der Giftpflanzen bestimmen und danach die Futtereignung für die Nutztiere einstufen zu können. Dies hilft auch, im Schadensfall oder bei Auffälligkeiten im Tierbestand schnell und gezielt Maßnahmen (Futterumstellung usw.) vornehmen zu können. Vergiftungserscheinungen sind häufig zunächst unspezifisch und können bei Kenntnis der botanischen Zusammensetzung der Aufwüchse besser zugeordnet werden. 

Pflanzenfresser nehmen Giftpflanzen auf der Weide i. d. R. nicht oder nur ungern auf. Unter folgenden Bedingungen kann es jedoch zur Futteraufnahme von Giftpflanzen kommen: 

  • unerfahrene Jungtiere,
  • knappe Futterversorgung,
  • schlechte Selektionsmöglichkeit bei kurzgehäckselten Konserven wie Silage, Heulage und Heu,
  • fehlende speziesassoziierte Erfahrung mit neophytischen (exotischen) Giftpflanzen bei adulten Tieren. 

Eine Übersicht einiger wichtiger Giftpflanzen, die auf dem Grünland häufiger vorkommen können, gibt Tabelle A2. Alle dort aufgeführten Pflanzen lassen sich über geeignete Maßnahmen wie eine ent­sprechende Bewirtschaftungs­intensität und eine nicht zu späte Nutzung zurückdrängen. Im Zweifel sollte eine fachkundige Beratung z. B. durch zuständige Landeseinrichtungen (wie Pflanzenschutzämter) hinzugezogen werden. 
 

5    Einfluss der Nutzungsart, Futterwerbung und Konservierung

Die Art der Nutzung des Grünlands nimmt Einfluss auf die erforderlichen Maßnahmen entlang der Produktionskette zur Gewährleistung der Futterhygiene.
 

5.1    Nutzungsarten des Grünlandes

5.1.1    Wiese/Schnittnutzung

Das Erntegut wird entweder direkt frisch verfüttert (Eingrasen) oder in Form von Silage (siehe Kapitel 5.3.1) oder Heu konserviert (siehe Kapitel 5.3.2). 

Der Fokus liegt neben der Pflege/Optimierung des Grasbestandes (siehe Kapitel 4.2) auf der schlagkräftigen und verschmutzungsarmen Erntekette (siehe Kapitel 5.2.2). Eine intensive Nutzung, regelmäßiges Nachsäen und die Mahd im optimalen Schnittzeitfenster ist bereits ein Beitrag zur Verbesserung der Narbendichte. Eine einseitige Schnittnutzung führt dagegen zu offener und lockerer Grasnarbe, wodurch es während der Ernte zu einem vermehrten Eintrag von Schmutz und Schadkeimen kommen kann. Das Verschmutzungsrisiko steigt zudem bei späten Schnittaufwüchsen, sehr langer Aufwuchsdauer, unebenen Flächen und Spurschäden. 

Grün-/Frischfütterung
Grün-/Frischfütterung (Eingrasen) wird aktuell vor allem auf kleineren Betrieben, bei Futterknappheit aufgrund von Witterungsextremen oder auf Ökobetrieben ohne Weidezugang, die zu einer täglichen Grünfuttervorlage verpflichtet sind, betrieben. Grundvoraussetzung für ein gutes Management ist auch hier die gute Abstimmung von eingebrachtem Futter und Bedarf.

Die traditionelle tägliche Ernte des Grünfutters ist mit einem gesteigerten Arbeitsaufwand und einer hohen Witterungsabhängigkeit verbunden. Nach Niederschlägen kann es durch die schlechtere Befahrbarkeit der zu mähenden Flächen zu erhöhter Futterverschmutzung kommen. Nasses Erntegut birgt aufgrund der Dichtlagerung bzw. Verklumpung bei Ablage auf dem Futtertisch zudem ein erhöhtes Nacherwärmungsrisiko, was zu einem Rückgang der Futteraufnahme führen kann. Daher empfiehlt sich unter nassen Erntebedingungen eine zweimalige Futtervorlage pro Tag. 

Weiterhin sollte bei der Grünfütterung berücksichtigt werden, dass sich das Gras im ständigen Alterungsprozess befindet und seine Inhaltsstoffe ändert. Ein gutes Flächenmanagement ist daher notwendig, um möglichst gleichbleibende Qualitäten sicherzustellen.
 

5.1.2    Weide

Auch auf der Weide gelten die Vorgaben zum sauberen, nicht verschmutzten Weideaufwuchs über eine dichte, geschlossene Grasnarbe. Gute Weiden haben hohe Anteile typischer Weidepflanzen (z. B. Wiesenrispe), die durch Bildung von Stolonen bzw. Rhizomen zu einem guten Narbenschluss führen. Ein früher Weideaustrieb fördert dies. Sind Weidepflanzen und Narbenschluss nicht ausreichend vorhanden, ist eine Nachsaat erforderlich. Narbenschäden treten besonders im zeitigen Frühjahr und bei Herbstweide auf, wenn der Aufwuchs gering ist und Weideregeln nicht hinreichend beachtet werden. Dazu tragen eine geringe Trittfestigkeit der Grasnarbe, zu hohe Besatzdichte, zu schwere Tiere, Beweidung bei zu feuchten Bodenverhältnissen und eine zu knapp bemessene Portionsweide zur Ausdehnung des offenen Bodens mit Lücken und einer offenen Narbe bei, wodurch das Risiko von Erdverschmutzungen steigt und Weidetiere zwangsläufig höhere Erdmengen aufnehmen (Resch et al., 2018).

Im Gegensatz zur Stallfütterung bietet die Weide den Tieren bessere Möglichkeiten zur Selektion (auch von unerwünschten oder Giftpflanzen, siehe Kapitel 4.5.5), sofern genügend Futter vorhanden ist.

Plätze, an welchen sich Tiere konzentrieren (z. B. Tränken), sollten entsprechend befestigt werden. Gut geeignet ist das Aufbringen von lehmigen Kies, Quetschkies oder Ähnliches. Auch künstliche Ausführungen (z. B. Rasengitter) können hilfreich sein, sind aber aufwändiger zu errichten. Insgesamt müssen ausreichend Tränken mit hygienisch einwandfreiem Wasser, wie offene Tränken mit kontinuierlichem Zulauf an Frischwasser, vorhanden sein.
 

5.1.3    Mähweide

Der Wechsel bzw. die Kombination von Mahd und Beweidung wirkt sich gegenüber einer alleinigen Nutzungsform günstig auf die Narbenbeschaffenheit aus und dient dem Ziel, dichte Narben zu schaffen und zu erhalten. Daraus resultiert eine vielfältigere Zusammensetzung des Bestandes, die wahrscheinlich auch die Resilienz gegenüber Trockenheitsschäden erhöht. 

Auch hier ist das betriebliche Management der entscheidende Faktor, um Futteranfall (je nach Standort, Witterung und aktueller Ertragsbildung) und Futterverbrauch (je nach Besatzstärke und dem Futterbedarf insgesamt) gut aufeinander abzustimmen. 

Flächen mit Schnittnutzung werden im Herbst gern beweidet, wenn der Aufwuchs zwar als nicht schnittwürdig, aber als zu hoch für den bevorstehenden Winter angesehen wird. Hier ist besondere Aufmerksamkeit geboten, damit nicht während oder in Folge hoher Niederschläge verschmutztes Futter verzehrt oder die Narbe durch Trittschäden zerstört wird.

5.2    Futterwerbung

Ziel ist die Minimierung des Eintrags von beispielsweise pflanzenfremden Bestandteilen und schädlichen Mikro­orga­nismen, während der Futterernte zur Gewährleistung einer störungsfreien, verlustarmen Futterkonservierung. Kon­taminanten bergen das Risiko, die Futterqualität zu verschlechtern bzw. Futterverluste zu erhöhen. Durch Einflüsse wie z. B. von Wetter, Bodenart, Feuchtigkeit, Zusammensetzung und Nutzungszeitpunkt des Pflanzenbestandes oder des Einsatzes der Erntetechnik gelangen Kontaminanten wie unerwünschte Stoffe und Bakte­rien leichter oder schwerer ins Futter. Tabelle A1 zeigt wichtige Maßnahmen, die in Grünlandmanagement, Erntetechnik, Transport und Silobefüllung ergriffen werden können, um das Erntegut möglichst frei von unerwünschten Stoffen oder Pflanzenbestandteilen sowie schädlichen Mikroorganismen zu halten (nach Elsäßer et al. 2007; Resch et al. 2018).
 

5.2.1    Erntebedingungen

Das Erntegut wird von der Mahd bis zur Bergung im Silo durch Umwelt- und Standorteinflüsse sowie das Management positiv oder negativ beeinflusst, daher müssen optimale Bedingungen für die Silage- und Heukonservierung angestrebt werden (Tabelle A1).

Kurze Feldphasen halten die Verluste an leicht vergärbaren Zuckerverbindungen gering und erleichtern damit eine optimale Milchsäuregärung. Mit dem Mähaufbereiter geschnittenes Futter muss am gleichen Tag ins Silo, ansonsten vermehren sich aerobe Bakterien sehr stark, vermindern den Zuckergehalt und erhöhen das Risiko von Qualitätsverlusten bei Grassilagen.

Abbildungen 20 und 21: Verringertes Verschmutzungsrisiko durch eine bestandesangepasste Mindestschnitthöhe > 7 cm in Kombination mit korrekter Höheneinstellung am Zetter/Schwader; bei zu geringer Höheneinstellung ,kratzt̒ der Zetter Erde und Wurzelmasse in das Erntegut (© R. Resch)

5.2.2    Erntetechnik

Eine Kontamination des Ernteguts durch Bodenpartikel, die Clostridiensporen und andere Schadkeime enthalten können, ist während der Ernte nahezu unvermeidlich (Pahlow et al. 2003). Dennoch lässt sich mit für die Ernte­bedingungen passenden Erntegeräten, geringer Fahrgeschwindigkeit, richtiger Höheneinstellung von Mähwerk, Zetter und Schwader sowie durch Anwelkung und andere Maßnahmen der Erdeintrag ins Futter minimieren (Tabelle A1). 

5.3    Futterkonservierung

5.3.1    Silagebereitung

Mit der Silagebereitung soll der Futterwert des Grünlandauswuchses weitestgehend erhalten werden. Das Grundprinzip der Silierung besteht darin, dass homo- bzw. heterofermentative Milchsäurebakterien (MSBho/he) unter Luftabschluss (anaerob) Zucker in organische Säuren umwandeln. Durch die daraus resultierende pH-Wert-Absenkung werden konkurrierende Mikroorganismen und die meisten Enzyme inaktiviert. Notwendige Voraussetzungen sind ein ausreichender Feuchtegehalt des zu silierenden Materials, genügend vergärbarer Zucker, eine sauerstofffreie Atmosphäre und siliertaugliche MSB.

Die epiphytische Mikroflora des Pflanzenmaterials weist neben den erwünschten MSB auch Hefen und Schimmelpilze auf. Hinzu kommen Keime, die beispielsweise über erdige Verunreinigungen eingetragen werden (siehe Kapitel 3 und 4.3.2). So lange das Silo offen ist, steht Sauerstoff (O2) für aerobe Stoffwechselprozesse (Atmung) zur Verfügung. Sowohl die Pflanzenzellen als auch (fakultativ) aerobe Mikroben verbrauchen dabei Zucker. Je länger das Silo offen ist, desto höher ist der Zuckerverbrauch, der am Ende für die Milchsäuregärung fehlt, wodurch der Konkurrenzdruck durch unerwünschte Mikroorganismen steigt (siehe Abbildung 22). 
 

Abbildung 22: Schematische Darstellung anaerober Prozesse (unter Luftabschluss) während der Silierung (eine exakte Erläuterung des Schemas erfolgt in einem über den QR-Code oder über die Webseite der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein zugänglichen Video)
Abbildung 22: Schematische Darstellung anaerober Prozesse (unter Luftabschluss) während der Silierung (eine exakte Erläuterung des Schemas erfolgt in einem über den QR-Code oder über die Webseite der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein zugänglichen Video)

Nach dem gasdichten Verschließen findet noch Restatmung statt. Das dabei gebildete CO2 reichert sich an, das System wird anaerob und die Gärprozesse starten. Normalerweise setzen sich die MSB gegenüber den anderen Mikroorganismen durch. Der natürliche Besatz des Ernteguts mit siliertauglichen MSB variiert allerdings im Jahresverlauf und ist gerade im kalten Frühjahr häufig gering. Hier kann den MSB über den Einsatz von biologischen Siliermitteln ein Vorteil gegenüber unerwünschten Keimen verschafft werden.

Im Idealfall wird der pH-Wert durch die von den MSB gebildeten Gärsäuren zügig abgesenkt und der kritische pH-Wert der meisten Schadkeime unterschritten (Abbildung 22), wodurch diese gehemmt werden. Hefen sind allerdings auch noch bei sehr niedrigen pH-Werten aktiv. Als Hauptverursacher aeroben Verderbs (Abbildung 27) kommt ihrer Hemmung durch die von den MSBhe gebildete Essigsäure oder chemische Siliermittel eine große Bedeutung zu.
 

MERKE:

Eine zügige Absenkung des pH-Wertes durch die von den Milchsäurebakterien gebildeten Gär­säuren und die Unterschreitung der kritischen pH-Werte der meisten Schadkeime führen zu einer wirksamen Hemmung dieser Keime. 
 

Sinkt der pH-Wert nicht schnell oder tief genug, bleiben die Schadkeime aktiv, vermehren sich und es kommt zu Fehlgärungen. Dabei können Buttersäure (ranziger Geruch), Alkohole (fruchtiger Geruch; Ethanol, Propanol) oder Ester (Geruch nach Nagellackentferner) aber auch Ammoniak, biogene Amine oder Toxine entstehen. 

Mögliche Folgen von Fehlgärungen sind ein geringerer Futterwert der Silage sowie eine aufgrund der vorgenannten Gärprodukte verminderte Futteraufnahme, zudem bestehen Risiken für die Tiergesundheit. Insofern dienen alle Maßnahmen, die den Silierprozess in Richtung der erwünschten Milchsäuregärung steuern und die Aktivität/Vermehrung von Schadkeimen hemmen (Tabelle A1), sowohl der Futterhygiene und der Tiergesundheit als auch der Verlustvermeidung und Qualitätssicherung (Tabelle 1 und 2). Ein wirkungsvolles Hilfsmittel ist der gezielte Siliermitteleinsatz (https://siliermittel.dlg.org). 

Die bei Pferdehaltern beliebten Heulagen stellen einen Sonderfall dar, da die Intensität des Silierprozesses mit steigendem TM-Gehalt abnimmt. Gute Heulagequalitäten lassen sich deshalb nur im Ballenverfahren realisieren. Bei > 60 % TM beruht die Konservierung meist nur noch auf dem geringen Anteil verfügbaren Wassers (also dem hohen Welkgrad), dem im Silageballen angereicherten CO2 und der Ab­wesenheit von O2. Da geöffnete Ballen innerhalb weniger Tage zu verbrauchen sind, ist die Ballengröße dem Tierbestand anzupassen.

Da das Prinzip der Silierung nur unter anaeroben Bedingungen wirksam funktioniert, kommt der gasdichten ­Silo­abdeckung über die gesamte Lagerdauer ein sehr hoher Stellenwert zu. Bei der Folienwahl liegt die oberste Priorität auf der Qualität (z. B. DLG geprüft). Bei längeren Befüllpausen (z. B. über Nacht) ist eine Zwischenab­deckung zumindest mit Unterziehfolie unumgänglich, um eine Vermehrung aerober Schadkeime zu verhindern.­

Die klassische Siloabdeckung besteht aus einer Wandfolie, einer dünnen Unterziehfolie (Saugfolie), die sich Uneben­heiten der Silooberfläche gut anpassen kann, und einer dickeren Silofolie. Alternativ können mehrlagige Sauerstoffbarrierefolien verwendet werden, die sich durch eine extrem geringe Sauerstoffdurchlässigkeit auszeichnen. An allen Rändern werden die Folien mit sich dachziegelartig überlappenden Kiessäcken beschwert. Schutznetze aus Nicosil-Gewebe dienen der Vermeidung von Schäden durch Vögel (Krallen und Picken). Querbarrieren aus sich überlappenden Kiessäcken in Abständen von jeweils 5 m stellen eine hochwirksame Form der Beschwerung dar, die das Flattern der Folien vermeiden. Bei quer abgedeckten Silos sind die Überlappungsbereiche zweier Folienbahnen ausreichend zu bemessen (> 1 m), nach Möglichkeit zu verkleben und durchgängig zu beschweren. Die Ausbildung einer Gashaube ist ein Zeichen für eine gelungene, dichte Abdeckung. Nach ihrem Absinken ist ggf. ein Nachspannen der Folie oder Neupositionierung des Beschwerungsmaterials erforderlich. 

Rund- oder Quaderballen sind sofort nach dem Pressen oder spätestens nach 4 Stunden mit mindestens 6 Lagen hochwertiger Stretchfolie zu wickeln. Je trockener, kantiger und älter das Pflanzenmaterial ist, desto mehr Folienlagen sind erforderlich, bei Heulageerzeugung entspricht das z. B. mindestens 8 Lagen.  
 

5.3.2    Heubereitung

Durch Trocknung (Wasserentzug durch Verdunsten oder Verdampfen von Wasser aus dem Pflanzenmaterial) wird die Haltbarkeit von Futtermitteln erhöht. Dabei werden Feuchtegehalte < 14 % (entspricht etwa einer Wasserakti­vität aw von < 0,7) erreicht und pflanzliche Enzymaktivitäten und mikrobielle Abbauprozesse reduziert. Gebräuch­liche Verfahren sind Bodentrocknung, Belüftungstrocknung (Warm- bzw. Kaltluft) und Heißlufttrocknung. Die Trocknungsdauer auf dem Feld beträgt je nach Ausgangsmaterial, Wetter und Management ein bis fünf Tage. Der Eintrag von schädlichen oder pathogenen Keimen durch Erde, Wirtschaftsdünger, etc. muss auch bei Heu verhindert werden, um eine gesundheitliche Gefährdung der Nutztiere zu minimieren.

In getrocknetem Bodenheu liegt der Feuchtegehalt meist bei ca. 20 %. Die verfügbare Restfeuchte wird im Heu erst ca. drei bis vier Wochen nach Einlagerung durch die Vermehrung von Lagerpilzen und Bakterien vollständig verbraucht. Zusätzlich wird durch die Atmung der Pilze laufend Wasser produziert, sodass bei zu dichter Lagerung und mangelnder Belüftung der Feuchtigkeitsgehalt des Heus und damit die Gefahr der Lagerverpilzung noch zunehmen kann (Abbildung 23). In dieser Phase tritt Feuchtigkeit an der Heuoberfläche heraus, daher wird der Prozess auch als „Nachschwitzen“ bezeichnet. Der Umstand, dass sich im Bodenheu die Feuchtigkeit im Heustock über mehrere Wochen nach Einlagerung halten kann, begünstigt eine Temperaturerhöhung und die Lagerver­pilzung mit verderbanzeigenden Schimmelpilzen der VDLUFA-Keimgruppe 5 (z. B. Aspergillus glaucus, Wallemia sebi) und Keimgruppe 6 (Mucorales). Sporenbildende Pilze und Hefen treten häufig bei Erntegutfeuchtigkeiten von 20 bis 25 % und Temperaturen bis maximal 45 °C dominant in Erscheinung (siehe Abbildung 23). Steigt die Tem­peratur im Heulager über ca. 45 °C, vermehren sich thermophile Mikroorganismen und es kommt zur Bräunung (Maillard-Reaktion), wodurch ein Teil des Proteins unverdaulich wird. Hierbei geht auch viel β-Carotin verloren. Stark erhitzte Heupartien sind braun, riechen brandig und werden aufgrund der massiven Lagerverpilzung sehr staubig. Schimmelpilzsporen siedeln sich im Atmungs- und Verdauungstrakt an, wo sie Mykosen und Allergien bei Tier und Mensch (Farmerlunge) auslösen können. Bei Einlagerung zu feuchter Partien (< 75 bis 80 % TM) kann es ohne eine zusätzliche Belüftung zu unkontrollierten Temperaturerhöhungen mit anschließender Selbstentzündung kommen (siehe Abbildung 24). Bei kritischen Einlagerungsfeuchten ist daher ratsam, ein laufendes Temperatur­monitoring mittels Heustockthermometer durchzuführen und die Messdaten zu dokumentieren (siehe Abbildung 25).

Die effektive Heubelüftungstrocknung beschränkt die Qualitätsverluste bei der Heukonservierung durch Abfuhr der Restfeuchte aus dem Heulager binnen drei Tagen auf ein Minimum und gewährleistet eine einwandfreie Futter­hygiene (VDLUFA-KZS I). Je wärmer und trockener die zugeführte Luft ist, umso mehr Wasser kann diese aufnehmen und damit die Trocknungszeit unter Dach verkürzen. Das sogenannte Sättigungsdefizit der Luft wird umso wichtiger, je höher die Luftfeuchtigkeit bzw. je kühler die Außenluft wird, weil eine Belüftungstrocknung mit Kaltluft von außen bei Regen und kühlen Nächten fast keinen Trocknungseffekt erzielt. Optimale, energieeffiziente Heu­belüftungstrocknung für loses Heu oder Heupressballen erfordert eine gute Auslegung und Steuerung der Anlage sowie Erfahrung des Betreibers. Nähere Informationen liefert die ÖAG-Info 4/2014 „Empfehlungen für die Be­lüftungstrocknung von Heu“ (Wirleitner et al. 2014).
 

Abbildung 23: Effekt von Lagerungsdichte und Heubelüftungstrocknung auf die Häufigkeit von erhöhten Keimzahlen durch Lagerverpilzung mit verderbanzeigenden Schimmelpilzen (Daten aus LK-Heuprojekt 2018 und 2022)
Abbildung 23: Effekt von Lagerungsdichte und Heubelüftungstrocknung auf die Häufigkeit von erhöhten Keimzahlen durch Lagerverpilzung mit verderbanzeigenden Schimmelpilzen (Daten aus LK-Heuprojekt 2018 und 2022)
Abbildung 24: Schema zu Prozessen im Heulager nach der Feldtrocknung in Abhängigkeit von TM-Gehalt und unterschiedlichen Trocknungsverfahren, sowie daraus entstehende futterhygienische Folgen
Abbildung 24: Schema zu Prozessen im Heulager nach der Feldtrocknung in Abhängigkeit von TM-Gehalt und unterschiedlichen Trocknungsverfahren, sowie daraus entstehende futterhygienische Folgen

Abbildungen 25 und 26: Beispiel eines Online-Überwachungssystems für Heu zur permanenten Dokumentation der Temperatur und Warnung bei Überschreiten von kritischen Werten; Futterbräunung durch Erhitzung am Heuballenlager aufgrund von zu hohem Wassergehalt des Ernteguts (© S. Ohl (links); © LfL (rechts))

5.3.3    Weitere Verfahren (wie technische Trocknung) 

Die Heißlufttrocknung ist, abgesehen vom hohen Energieaufwand durch fossile bzw. nachwachsende Brennstoffe, das verlustärmste und witterungsunabhängigste Verfahren der Grünfutterkonservierung. Hierbei wird dem geschnittenen oder gehäckselten Erntegut durch kurzzeitige Berührung mit einem 200 bis 600 °C (max. 1.000 °C) heißen Rauchgas-Luftgemisch, meist in einem Trommeltrockner, das Wasser durch Verdampfung entzogen und auf ca. 90 % TM getrocknet. Im Trockner wird die Pflanzenatmung sowie der Kohlenhydrat- und Eiweißabbau im Grünlandfutter rasch gestoppt. Somit kann mit diesem Verfahren z. B. auch β-Carotin besonders gut vor oxidativem Abbau geschützt und der natürliche Gehalt weitestgehend bewahrt werden. Solange die erzeugten Produkte (Grünmehl, -cobs, -pellets und Ballenware) trocken gelagert werden, drohen keine futterhygienischen Probleme. Warme Pellets ziehen bei unzureichender Abkühlung Feuchte aus der Luft an. Bei feuchten Pellets kann ein biotischer Verderb durch Schimmelpilze sehr rasch einsetzen. 

6    Einfluss von Futterlagerung und Futterentnahme

6.1    Lagerung

Während der Lagerung der Futtermittel im Betrieb soll sich die hygienische Qualität möglichst wenig verändern. ­Voraussetzungen hierfür sind ein hoher Standard der Lager hinsichtlich Instandhaltung und Herrichtung, sach­gerechter Befüllung, Vermeidung von Wasserzutritt, Schadinsekten etc. sowie ein systematisches Controlling. Diese Grundsätze gelten für alle Futtermittel. Je nach Lagerform und Futtermittel sind einige spezielle Punkte zu beachten.

Es ist zwischen Heu, Cobs und Silage zu unterscheiden. Die niedrigen Gehalte an Wasser bei Heu und Cobs sind bei der Einlagerung als Grundvoraussetzung zu beachten. Während der Lagerzeit kann der Wassergehalt im Erntegut entsprechend der Luftfeuchte merklich schwanken. Bewährt hat sich eine Hinter- bzw. Unterlüftung. Heuballen sind daher nach Möglichkeit auf Paletten zu lagern. Bei Lagerung im Freien empfiehlt sich die Ab­deckung mit Vlies. Zu beobachten sind die Temperatur im Lager, Wassereintritt und sensorische Veränderungen in Farbe, Geruch und Konsistenz.

Das Auftreten von Lagerschädlingen wie Heumotten, Spinnmilben etc. kann neben direkten negativen Aus­wirkun­gen auch die Anfälligkeit des Heus für den mikrobiellen Verderb erhöhen. Spinnmilben verteilen mit ihrem Kot Schimmelpilzsporen über das Futter. Ihre Anwesenheit hat ein allergenes Potential und kann zu einer Ak­zeptanz­minderung führen. Außerdem aktivieren sie gewebeschädigende Zytokine und Matrix-Metalloproteinasen. Die Bekämpfung von Lagerschädlingen erfordert den Einsatz biologischer oder chemischer Wirkstoffe (Phero­monfallen, Pestizide etc.) sowie die Entstaubung des Heulagers inkl. Holzkonstruktion des Gebäudes. Die Bekämpfung ist sehr zeit- und kostenintensiv und muss konsequent durchgeführt werden, um einen Erfolg sicherzustellen.

Bei Silagen ist zwischen Hoch- und Flach- bzw. Fahrsilos sowie Silageballen zu unterscheiden. Bei Hoch- und Fahrsilos ist vor dem Befüllen die hygienische Unbedenklichkeit der Lagerfläche zu gewährleisten. Neben der Reinigung ist insbesondere in Fahrsilos eine Überprüfung des Schutzanstrichs und bei Bedarf eine Erneuerung notwendig. Während der Lagerung ist bei allen Formen der Silierung die Gewährleistung der anaeroben Bedin­gungen das Ziel, ebenso ist Wassereintritt unbedingt zu vermeiden.

Bei Silageballen hat sich die stirnseitige Lagerung bewährt. Diese kann auf gewachsenem Boden, idealerweise auf befestigten Flächen erfolgen. Beschädigungen der Folie durch Steine im Untergrund und Tiere (Nagetiere, Katzen, Vögel) sind zu vermeiden. Nach Möglichkeit sollten Ballen während der Lagerung nicht bewegt werden, um un­nötigen Lufteintritt, z. B. durch Beschädigung der Folie, zu vermeiden. Die Ballen sollen sich während der Lagerzeit möglichst nicht verformen, die Stapelhöhe ist neben der Stapelbarkeit der Ballen am Untergrund aus­zurichten.

Das regelmäßige Controlling der Silos umfasst die Sichtkontrolle bezüglich Sitz der Folien und des Abdeckmate­rials, die Kontrolle auf Folienverletzungen (Reparatur) sowie die Beobachtung von Flüssigkeitsein- und -austritt sowie den Geruch. In Entwicklung sind Sensoren, die ins Silo eingebracht z. B. kontinuierlich O2- und CO2-Konzentrationen messen und übermitteln können.   

Die betriebliche Futterlogistik ist auf kurze Wege und gute Übersichtlichkeit auszurichten. Mit einer frühzeitigen und gezielten Gesamtplanung sind damit auch das Lagercontrolling und die Rationszusammenstellung effektiver zu gestalten.

6.2    Futterentnahme

Während und nach der Entnahme aus dem Futterstock können insbesondere unerwünschte aerobe Prozesse ablaufen (siehe Abbildung 27). Eine ,gute fachliche Praxis̒ im Umgang mit dem Futter ist jederzeit zu gewähr­leisten. 

Mängel in der Futterhygiene führen zu erheblichen Verlusten und Qualitätseinbußen beim Futter. Der zugrunde­liegende Verderb führt zu gesundheitlichen Risiken, z. B. durch gebildete mikrobielle Abbauprodukte und Stoff­wechselmetabolite wie Mykotoxine, die sich in Verdauungsstörungen und einer Abnahme der Futteraufnahme zeigen können. Dies gilt für alle Futtermittel. Nachstehend werden konkrete Maßnahmen für Silagen beschrieben.

MERKE:
Sichtbar verdorbene Futtermittel sind zu verwerfen und dürfen keinesfalls an Tiere verfüttert werden!
 

Abbildung 27: Schematische Darstellung unerwünschter aerober Prozesse im Silo (eine exakte Erläuterung des Schemas erfolgt in einem über den QR-Code oder über die Webseite der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein zugänglichen Video)
Abbildung 27: Schematische Darstellung unerwünschter aerober Prozesse im Silo (eine exakte Erläuterung des Schemas erfolgt in einem über den QR-Code oder über die Webseite der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein zugänglichen Video)

6.2.1    Futterstock

Zur Entnahme des Futters aus dem Silostock ist zu prüfen, ob Randschichten verdorben oder anderweitig nicht zur Verfütterung geeignet sind. Hierzu ist in erster Linie die Sicht- und Sinnenprüfung anzuwenden. Daher empfiehlt sich ein konkretes Controlling am Silo, das auch die Temperaturmessung an den kritischen Stellen umfasst. Randschichten, die zwar noch keine sichtbaren Mängel aufzeigen, aber dennoch stark (nach)erwärmt sind, eignen sich ebenso wenig zur Verfütterung wie sichtbar verdorbene Partien. Auch sind lose Futterreste/Siloabraum im Silostock zu prüfen und bei Anzeichen von Nacherwärmung von der Verfütterung auszuschließen. 

Zur Vermeidung von Nacherwärmung bzw. futtermittelhygienischer Bedenken ist die Anschnittfläche sauber und glatt zu hinterlassen, lose Futtermittel sind zu entfernen. Damit wird ein möglichst geringer Luftzutritt in den Silostock erreicht. Dies gilt ebenfalls für den Bereich oberhalb der Anschnittfläche, der schmal gehalten werden muss, um den Eintritt von Regenwasser und Luft auch hier gering zu halten. Zur Vermeidung von Luftzutritt unter die Folie ist das Folienende auf dem Silo über die gesamte Silobreite mit einer Doppelreihe aus sich überlappenden Kiessäcken zu beschweren und damit abzudichten. Ein luftdichter Verschluss des Anschnitts nach jeder Entnahme zur Minimierung der stofflichen Umsetzungen im Siliergut wäre ideal, ist aber nur mit einem nicht vertretbaren Aufwand zu realisieren. Mit einem offenen Anschnitt im Fahrsilo wird dazu einem verstärkten Verderb bei herabhängender Folie entgegen­gewirkt. Der Zugang für Vögel und der Eintrag derer Exkremente ist soweit möglich einzudämmen. 

Die richtigen Entnahmewerkzeuge sorgen zusätzlich für einen geringen Luftzutritt, hinsichtlich des Risikos gilt folgende Faustregel: Entnahmezange > Entnahmefräse > Blockschneider. Darüber hinaus hat die richtige Dimen­sion des Silos (ausreichender Vorschub) maßgeblichen Anteil an der Sicherung einer hohen aeroben Stabilität der Silage nach der Siloöffnung.

Neben der Sinnenprüfung sind geeignete analytische Untersuchungsmethoden zu nutzen, um wertvolle Hinweise zur hygienischen Futterqualität zu erhalten. Hierzu zählen insbesondere Informationen zur Gär- und zur hygie­nischen Qualität. In Verdachtsfällen sollte eine mikrobiologische Untersuchung in Auftrag gegeben werden. 
Zu den wichtigsten zu erhebenden Parameter zählen TM, pH-Wert, die Gärsäuren Milch- und Essigsäure als Indikatoren für Siliererfolg bzw. Silagestabilität sowie Buttersäure, Ethanol und der Gehalt an Ammoniak-Stickstoff als Indikatoren für Fehlgärungen und mikrobiellen Proteinabbau.

Auch bei Heu ist eine mehrfache Sinnenprüfung sinnvoll, im Verdachtsfall empfiehlt sich eine Untersuchung auf Schimmelpilze und Hefen, auch wenn der Befall noch nicht sichtbar ist. 


6.2.2    Futtertisch/Mischration

Futterreste aus dem Trog bzw. vom Futtertisch dürfen nicht weiterverfüttert werden, da für die Tiere keine hin­reichende Futterhygiene mehr gegeben ist. Deshalb sind Futterreste auch insbesondere nicht über die Laufflächen zu entsorgen, da dort das Risiko besteht, dass die Tiere diese noch verzehren. Grundsätzlich sollte das Futter mehrmals täglich frisch aus dem Silostock entnommen, direkt gemischt und gefüttert und auf eine Zwischenlagerung im Stall verzichtet werden. 

Ist dies nicht möglich, darf Grassilage im Sommer nur wenige Stunden zwischengelagert werden. Die kürzere Lagerdauer im Sommer muss mit einem schnelleren Verbrauch, einer verkürzten Vorlegedauer bzw. einer häufigeren Futtervorlage einhergehen. Hierbei ist eine regelmäßige Prüfung auf Nacherwärmung, z. B. durch Griff-Prüfung im zwischengelagerten Futter bzw. der Trogration, unerlässlich. Unter winterlichen Wetterbedingungen können Silagen teils mehrere Tage zwischengelagert werden. Eine regelmäßige Prüfung ist dennoch zwingend.

In manchen Fällen kann eine zusätzliche Stabilisierung der Grassilage bzw. der daraus hergestellten Mischration sinnvoll sein und unter Einhaltung der Einsatzempfehlungen mit Propionsäure bzw. spezieller DLG-anerkannter TMR-Stabilisatoren erfolgen. Entgiftende Maßnahmen durch im Markt erhältliche Produkte bei hygienisch nicht einwandfreien Futtermitteln sind nicht grundsätzlich zu empfehlen und teils auch kritisch zu betrachten, da einerseits die Wirkungen oft nur unzureichend genau beschrieben sind und andererseits die Notwendigkeit zur mikrobiologischen Untersuchung besteht. Generell gilt beim Einsatz der vorgenannten Zusätze die Devise: Vorbeugende Maßnahmen sind sicherer als eine (teure) Behandlung.
 

7    Controllingmaßnahmen 

Die Qualität und die Hygiene von Futtermitteln wird bis zum Zeitpunkt der Verfütterung durch eine Vielzahl von Einflussfaktoren geprägt, vom Feld bis in den Trog. Aus Sicht der Futterhygiene lassen sich zur Verbesserung der Futterqualität entsprechende Hinweise ableiten. Routinemäßige Controllingmaßnahmen unterstützen die Problemfindung und helfen, Änderungen zur Optimierung der Hygiene von Heu, Silagen, Weide oder im Rahmen von Grünfütterung umzusetzen. Eine Übersicht zu den wichtigsten Prüfkriterien für die Ableitung von Optimierungs­potentialen der Futterhygiene entlang der Futterkette in der Grünlandwirtschaft liefern die nachfolgende Tabelle 6 sowie ausführlich Tabelle A1.
 

Prüfkriterien und -zielei. O.n. i. O.Weitere Hinweise*
 
Grünland – Management und Pflege: Anforderungen für einen optimalen Grasbestand
Hohe Narbendichte im GrasbestandKapitel 4.1, 4.2 und 4.5
Keine Giftpflanzen (Feldkontrolle)Kapitel 2 und 4.5.5
Frei von InsektenlarvenKapitel 4.5.2
Keine WühlschädenKapitel 4.5.1 und 4.5.3
Keine Reste von WirtschaftsdüngerKapitel 4.3 und Merkblatt 471 – Futterhygiene Gülleausbringung Grünland (DLG, 2022)
Weitere Verunreinigungen (z. B. Exkremente 
von Gänsen, Hunde)
Kapitel 4.5.4
Ernte – Anforderungen an Zeitpunkt und Technik der Feldarbeiten
Wildtiere vergrämenMäh-Knigge (LfL, 2020)
Optimale WitterungsbedingungenTabelle A1 
Trockenheit beachtenKapitel 4.1 und Anpassungsstrategien Klima­wandel Grünland (DLG, 2020)
Optimale SchnitthöheKapitel 5.2.1
Keine Fahrspuren, SchlupfKapitel 4.1 und 4.4.2
Optimale (geringe) FahrgeschwindigkeitKapitel 4.2 und 5.2.2
Einsatz von Zetter und SchwaderKapitel 5.2.1 und 5.2.2
Einsatz von Feldhäcksler, Ladewagen, Ballenpresse Praxishandbuch Futter- und Substratkonservierung (DLG, 2011)
Optimaler Bodenabstand der Erntegeräte Praxishandbuch Futter- und Substratkonservierung (DLG, 2011)
Geringe ÜberfahrtenPraxishandbuch Futter- und Substratkonservierung (DLG, 2011)
Richtige MähgutaufbereitungKapitel 5.2.1 und Praxishandbuch Futter- und Substratkonservierung (DLG, 2011)
Konservierung/Silierung   
Optimale Silierausgangsbedingungen/zielgerichteter SiliermitteleinsatzKapitel 5.3.1. und Entscheidungshilfe Siliermitteleinsatz
Optimale(r) Anwelkgrad/Feldliegezeit  Kapitel 5.3.1
Sauberkeit von Reifen/Zuwegung/SiloanlagePraxishandbuch Futter- und Substratkonservierung (DLG, 2011)
Optimale Silierkette/SiloeinlagerungPraxishandbuch Futter- und Substratkonservierung (DLG, 2011)
Optimale Verdichtungs-/AbdeckarbeitenKapitel 5.3.1, Abbildung 22
Sachgerechte LagerungKapitel 6.1, regelmäßige Sinnenprüfung nach DLG-Grobfutterschlüssel Teil A
Entnahme/Fütterung Silage   
Optimaler KonservierungserfolgKapitel 3 und Abbildung 22, regelmäßige Sinnen­prüfung nach DLG-Grobfutterschlüssel Teil A und B
Vermeidung von VerschmutzungKapitel 3
Vermeidung von FehlgärungKapitel 5.3.1, Abbildungen 22 und 27
Vermeidung von NacherwärmungKapitel 3, 6.2, Abbildung 27
Vermeidung von VerderbKapitel 3, Abbildung 27
Konservierung/Trocknung Heu   
Rasche Trocknung und optimale Trockenmasse 
(Bodentrocknung)
Kapitel 5.3.2
Rasche Trocknung und optimale Trockenmasse 
(Kalt- bzw. Warmbelüftung)
Kapitel 5.3.3
Optimale BefrachtungKapitel 5.3.2
Optimale HeustockhöheKapitel 5.3.2
Vermeidung von NachschwitzenKapitel 5.3.2, Abbildung 24
Stocktemperatur prüfenKapitel 5.3.2, Abbildung 24
LagerungKapitel 6.1, regelmäßige Sinnenprüfung nach DLG-Grobfutterschlüssel Teil A
Entnahme/FütterungKapitel 6.2, regelmäßige Sinnenprüfung nach DLG-Grobfutterschlüssel Teil A

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