Was beeinflusst die Kaufentscheidung positiv?

Conjoint-Analyse

aus: DLG-Lebensmittel 3/2021

Ist der Einsatz von multivariaten statistischen Verfahren zur Ermittlung von Kundenwünschen ein vielversprechendes Instrument zur Steigerung des Produkt- und somit Unternehmenserfolgs? Dies wurde im Rahmen eines Projektes zur Eignung der Conjoint-Analyse als multivariates statistisches Verfahren für die Produktneuentwicklung von veganen Nahrungsergänzungsmitteln in einem Start-Up analysiert.

Kaufentscheidung
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Projektziel

Das Ziel war es, herauszufinden, aus welchen Produktmerkmalen sich das für Verbraucher*innen optimale Produkt zusammensetzt. Zur Eingrenzung der Merkmale wurde ein Fragebogen bezüglich Verbraucherpräferenzen bei Nahrungsergänzungsmitteln erstellt und mittels Faktoranalyse ausgewertet. Die resultierenden Merkmale wurden in einer weiteren Umfrage erhoben und mittels Conjoint-Analyse ließen sich die wichtigsten Produktmerkmale identifizieren.

Conjoint-Analyse

Die Conjoint-Analyse ist eine im Marketing bzw. in der Markt- und Konsumentenforschung vielfach genutzte Methode zur Präferenzmessung, welche in ihrer Bedeutung seit ihrer Entwicklung 1964 in den letzten Jahren zunimmt. Sie dient dazu, Präferenzen und Einstellungen von Konsumierenden zu analysieren sowie Prognosen bezüglich ihrer Kaufabsichten abzuleiten. Dazu werden geeignete Produktmerkmale bzw. Teilnutzen ausgewählt, miteinander kombiniert und daraus verschiedene Produktalternativen (Stimuli) generiert. Unter einem Teilnutzen wird das Maß für den Beitrag einer Ausprägung am Gesamtnutzen verstanden. Mittels Bewertung der potenziellen Einzeleigenschaften durch Verbraucher kann anschließend ein Produkt entwickelt werden, welches ein optimales Güterbündel darstellt, den größten Kundennutzen bietet und im Rahmen einer Kaufentscheidung voraussichtlich ausgewählt wird.

Die Durchführung einer Conjoint-Analyse erfolgt laut Backhaus et. al (2018) nach den folgenden Schritten.

  1. Auswahl der Produktmerkmale / Attribute: Die Attribute müssen präferenzrelevant, beeinflussbar, realisierbar und anzahlmäßig begrenzt sein.
  2. Entwicklung des Erhebungsdesigns: Entscheidung zwischen Profil- oder Zwei-Faktor-Methode und vollständigem oder reduziertem Design.
  3. Bewertung der Stimuli: Präferenzordnung der Stimuli entsprechend der Nutzenvorstellungen der Befragten.
  4. Schätzung der Nutzenwerte: Ermittlung der Teilnutzenwerte, Ableitung der Gesamtnutzenwerte und relativen Wichtigkeiten der Attribute.
  5. Aggregation der Nutzenwerte: Normierung der Teilnutzenwerte und Ermittlung des Gesamtnutzenwertes aller Befragten.
Preis

Niedrigster Preis

Höchster Preis

Summe Rankings

23

13

Teilnutzenwert

1,25

-1,25

Mittelwert aus Rankings

5,75

3,25

Nutzenspannne

2,5

Summe Nutzenspannnen

7,5

Re. Wichtigkeit

33,3

Umweltaspekt

Bio

nicht Bio

Summe Rankings

25

11

Teilnutzenwert

1,75

-1,75

Mittelwert aus Rankings

6,25

2,75

Nutzenspannne

3,5

Summe Nutzenspannnen

7,5

Re. Wichtigkeit

46,67

Verpackung

Kunststoffdose

Papierbeutel

Summe Rankings

15

21

Teilnutzenwert

-1,75

 

Mittelwert aus Rankings

3,75

5,25

Nutzenspannne

1,5

Summe Nutzenspannnen

7,5

Re. Wichtigkeit

20

Berechnungen der Teilnutzenwerte und relativen Wichtigkeiten für Preis, Umweltaspekt und Verpackung

 

Es wurde als Erhebungsdesign die Profilmethode mit vollständigem Profil gewählt und die Befragung mittels soSciSurvey realisiert. An der Befragung nahmen 48 Personen (Nutzer) teil. Die Bewertung der Stimuli erfolgte mittels Rangvergabe durch die Teilnehmenden der Studie.

Die Berechnung der Teilnutzenwerte erfolgte auf Grundlage der vergebenen Ränge, wobei angenommen wurde, dass ein additives Nutzenmodell vorliegt, das besagt, dass die Summe der Teilnutzen den Gesamtnutzen bestimmen.

Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass dem Umweltaspekt mit rund 47 % die höchste relative Wichtigkeit zugeordnet wurde, gefolgt vom Preis mit 33 % und der Verpackung mit 20 %. Das optimale vegane Nahrungsergänzungsmittel würde sich demzufolge aus den Attributen niedriger Preis, Bio und Papierbeutel zusammensetzen.

Fazit – Eignung multivariater statistischer Verfahren für KMU

Die Conjoint-Analyse ist eine geeignete Methode zur Bewertung von Produktmerkmalen und Ermittlung von Verbraucherpräferenzen. Sie liefert nachvollziehbare und ausdrucksstarke Ergebnisse, welche für die zukünftige Produktentwicklung hilfreich sind und aus denen sich Ideen für Verbesserungen im Bereich der Produktneuentwicklung ableiten lassen. Allerdings muss die Einschränkung gemacht werden, dass diese Methode komplex ist und einen hohen Aufwand an Ressourcen bedeutet. Vor allem die Vorbereitung inklusive der Konzeptionierung einer Umfrage sowie die Akquise von geeigneten Teilnehmenden in einer ausreichend großen Anzahl sowie die Aufbereitung der Daten zur Auswertung sind sehr zeitintensiv.

Insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen bedeutet der Einsatz von Marktforschungsmethoden wie der Conjoint-Analyse einen erheblichen zusätzlichen Aufwand. Es besteht daher der Bedarf an standardisierten Beratungsdienstleistungen, welche die Implementierung multivariater statistischer Verfahren für Innovationsprozesse in diesen Unternehmen erleichtern.

Autoren:
Carina Wiche, Hochschule Anhalt, Dr. Martin Bertz, Vanatari International GmbH, Prof. Dr. Karsten Paditz, Berufsakademie Sachsen, Staatliche Studienakademie Dresden - Kontakt: Karsten.Paditz@ba-sachsen.de
Der vollständige Artikel mit Literaturangaben ist bei den Autoren zu beziehen.