Alkoholfrei im Kommen

Wein und Sekt

aus: DLG-Lebensmittel 4/2024

Das Interesse an alkoholfreien Alternativen hat auch den Weinsektor erreicht. Nachdem sich entalkoholisierte Schaumweine schon gut etabliert haben, rücken nun die nicht prickelnden Sorten in den Fokus. Eine immer höhere sensorische Qualität trägt dazu bei, dass ent­alkoholisierte Weine und Sekte auch dauerhaft ankommen und keine Nische bleiben. Erreicht wird diese durch modernste Entalkoholisierungsmethoden, Know-how und Erfahrungswerte. Bei den Methoden haben sich die Vakuumdestillation und die Schleuderkegelkolonne durchgesetzt. 

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Die zum Einsatz kommende Vakuumrektifikation (Rektifika­tion = Trennung von Flüssigkeitsgemischen) ist eine optimierte Variante der klassischen Vakuumdestillation. © Trautwein
Zwei Spinning-Cone-Column-Anlagen (Schleuderkegel­kolonne) von Flavourtech, (Australien) mit einer Leistung von je 1.500 l/h. © Pabel

Vakuumrektifikation

Die zum Einsatz kommende Vakuumrektifikation (Rektifikation = Trennung von Flüssigkeitsgemischen) lässt sich als optimierte Variante der klassischen Vakuumdestillation beschreiben, bei der der Dampf im Gegenstrom mehrmals hintereinander mit der aufzutrennenden Flüssigkeit in Kontakt steht. 

Dabei verfügt die Weinkellerei gleich über zwei große, moderne und kontinuierlich arbeitende Anlagen mit einer Leistung von 2.500 l/h und 1.500 l/h. Bei einem Vakuum von 25 bis 125 mbar wird der Grundwein darin von oben in die zentrale Destillationskolonne geleitet und fließt über offene Zwischen- beziehungsweise Rektifikationsböden nach unten. Der Dampf daraus, der Brüden, steigt im Gegenstrom aufwärts und nimmt hierbei den flüchtigen Alkohol mit sich. Das angelegte Vakuum bewege sich zwischen 25 und 100 Millibar, erläutert Juniorchef Johannes Trautwein bei der Präsentation der Anlagen. Mit weniger als 0,5 Vol.% Alkohol kann der entstandene alkoholfreie Wein schließlich im unteren Kolonnenteil abgezogen werden. Bei einer entsprechenden Fahrweise der Anlage seien sogar noch geringere Alkoholgehalte möglich. Die kontinuierliche Destillation im Gegenstrom reduziert die Behandlungszeiten auf ein bis zwei Minuten. Kurze Zeit und geringe Temperatur – beides führt zu der gewünschten geringen thermischen Belastung des Weins. 
Das oben abgeleitete und über einen Kondensator verflüssigte Destillat erreicht seinerseits einen Alkoholgehalt zwischen 70 bis 80 Vol.% und kann weiterverwertet werden. Möglich macht dies die teilweise Kondensation der flüchtigen Komponenten an den Oberflächen der Sieb-, Ventil- oder Glockenböden im Inneren der Kolonne. Das Aromakondensat könnte man grundsätzlich zurückführen, ergänzt Trautwein. Man müsse aber beachten, dass dieses sogenannte Aromawasser ebenfalls Alkohol enthält und den Gehalt im Produkt wieder erhöhen würde.  

SCC: In drei Schritten zu alkoholfreiem Wein mit Charakter

Die Rotkäppchen-Mumm-Gruppe ist mit einem Umsatz von 36 Mio. Euro im Kalenderjahr 2023 in Deutschland auch im Segment Alkoholfrei Marktführer. 2009 kamen die ersten Produkte vom Eltviller Werk aus in den Handel. Seit 2015 sind nun zwei Spinning-Cone-Column-Anlagen (Schleuderkegelkolonne) von Flavourtech, Australien, mit einer Leistung von je 1.500 l/h im Dauereinsatz. 

Im Zentrum der SCC steht ein um die drei Meter hoher Rundbehälter aus Edelstahl. Darin verborgen: ein schnell rotierender senkrechter Schaft und eine Reihe vertikal übereinander gepackter Kegel, wobei sich jeder zweite mit dem Schaft mit dreht. Von oben zugeführter Wein rinnt zuerst in einem festen Kegel nach unten in den nächsten, rotierenden. Die Zentrifugalkraft bewirkt, dass die Flüssigkeit sich als circa 1 mm dünner Film auf der Oberfläche verteilt und aufwärtsschiebt, bis sie am Ende in den Kegel da­runter fließt. Das Ganze in mehrfacher Wiederholung. Die Prozessparameter hinsichtlich Temperatur und Vakuum gleichen denen einer Vakuumrektifikation. Doch machen die große, dünne Flüssigkeitsoberfläche und eine Verwirbelung durch hervorragende Rippen auf der Unterseite der beweglichen Kegel die Verdampfung deutlich effizienter – zugleich reduziert sich die Kontaktzeit in der Kolonne auf wenige Sekunden. 

Herstellungsleiter Thomas Krischke kennt sich mit den Details aus: In einem ersten Schritt werden bei einem Vakuum von ca. 40 mbar und einer Prozesstemperatur von unter 30 °C mit dem aufsteigenden Produktdampf dem Wein-Film die leicht flüchtigen Aromastoffe entzogen (unabhängig von der sensorischen Ausprägung) und aufgefangen. 

Für die eigentliche Entalkoholisierung durchläuft der zurückgeführte teilentaromatisierte Wein die Kolonne erneut – bei einem höheren Vakuumdruck und einer Temperatur von etwa 38 °C. Ethanol entweicht und wird konzentriert auskondensiert.

In einem finalen dritten Schritt findet die Harmonisierung statt. Das heißt, die abgefangenen Weinaromen werden als Bukett mit der entalkoholisierten Weinphase kombiniert. Durch eine Versanddosage lässt sich das Produkt gegebenenfalls weiter verbessern.

Die hohe Investition in eine SCC macht sich mehrfach bezahlt: zugehörige modernste Steuerungssysteme und Automatisierung, Schonung des Weins sowie Rückgewinnung einer erstaunlich ähnlichen Aromatik.