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 Titelbild: © farmermobil

 

1. Einleitung

Die Aufzucht der Hähne der Legeherkünfte ist eine Möglichkeit, das gesetzliche Verbot des Tötens der Hahnen­küken am Schlupftag umzusetzen. Gesetzliche Vorgaben für die Haltung dieser Junghähne liegen bisher nur für die ökologische Aufzucht und für das Land Niedersachsen vor. KAT e.V. (Verein für kontrollierte alternative Tier­haltungsformen e.V.) hat für zertifizierte Betriebe eigene Vorgaben erstellt. Nachdem die Junghähne von ihrem Typus und ihrem Verhalten her weder mit Junghennen noch mit Masthühnern oder Zweinutzungshühnern gleichzusetzen sind, erfordern sie ein spezifisches, an sie angepasstes Haltungsmanagement. Das vorliegende Merkblatt fasst auf der Basis praktischer Erfahrungen und unter Berücksichtigung bereits existierender gesetzlicher Regelungen die Kenntnisse zur Haltung, Fütterung und Tiergesundheit für die Aufzucht der Junghähne zusammen. Zudem gibt es auch einen Überblick über die erzielbaren biologischen Leistungen und die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens. Diese Informationen sollen interessierten Tierhaltern einerseits den Einstieg in die Aufzucht der Hähne der Legeherkünfte ermöglichen und andererseits Betrieben, die bereits die Hahnenaufzucht praktizieren, weiter­gehendes Wissen vermitteln. Nachdem die bisher allgemein verwendeten Begriffe ‚Bruderhahn‘, ‚männlicher Legehybrid‘ oder ‚Hähne der Legehybriden‘ aus verschiedenen Gründen umstritten oder sperrig sind, wird im Folgenden die Bezeichnung ‚Junghahn‘ in Anlehnung an die EU-Vermarktungsnorm verwendet. 

2. Rechtliche Lage

Aufgrund des genetischen Antagonismus zwischen Wachstum und Reproduktionsleistung (Legeleistung) erfolgte Mitte des letzten Jahrhunderts die Aufspaltung der Wirtschaftshühnerzucht in Legelinien und in Mastlinien. Während bei den Mastlinien beide Geschlechter ökonomisch gemästet werden können, war dies für die Jung­hähne der Legelinien auf Grund ihres sehr geringen Wachstumsvermögens nicht möglich. Daher wurde begonnen, die Hahnenküken am Schlupftag zu töten und als Tierfutter für z. B. Haus- und Zootiere zu verwenden. 

Diese Praxis hat sich zunächst ohne bewusste Wahrnehmung der Öffentlichkeit in allen Brütereien etabliert. Erst seit etwa 20 Jahren ist dieses Verfahren in den Fokus des öffentlichen Interesses gerückt und wurde dann von der Politik mit dem Ziel aufgegriffen, dieses baldmöglichst zu beenden. Mit der Änderung des Tierschutzgesetzes § 4c (Bundesratszustimmung am 28. Mai 2021) ist das Töten der männlichen Küken am Schlupftag seit dem 01. 01. 2022 in Deutschland nicht mehr erlaubt. Die ursprüngliche Regelung sah ferner vor, das Töten von ­Embryonen im Brutei nach dem 6. Bruttag ab dem 01. 01. 2024 zu verbieten (TSchG § 4c und § 21). Nachdem inzwischen in einer wissenschaftlichen Studie belegt werden konnte, dass die Embryonen bis zum 12. Bruttag gesichert keinen Schmerz empfinden können, wurde der späteste Zeitpunkt für das Töten von Embryonen auf den 12. Bruttag festgelegt. 

Das derzeit am häufigsten angewendete in Ovo-Geschlechtsbestimmungs-Verfahren der Firma AAT (Agri Advanced Technologies GmbH – Cheggy; Geschlechtsbestimmung mittels Hyperspektralanalyse von Braunlegern) liefert die genauesten Ergebnisse am 13. Bruttag, kann aber auch schon mit ausreichender Sicherheit am 12. Bruttag eingesetzt werden. Andere praxisreife Verfahren, wie SELEGGT (Respeggt Group; Hormontest am 9. Bruttag), PLANTegg (PLANTegg GmbH; PCR-Gentest am 9. Bruttag) und Genus Focus (Orbem; Magnetresonanztomographie am 12. Bruttag) entsprechen bereits den gesetzlichen Vorgaben. Darüber hinaus werden weitere Verfahren, wie Absorptionsspektroskopie (Omegga GmbH; 6. Bruttag) und Ella (In Ovo B.V.; Massenspektrometrie, 9. Bruttag), bereits in der Praxis geprüft. Obwohl schon verschiedene Verfahren der in ovo-Geschlechtsbestimmung erfolgreich im Einsatz sind, arbeitet die Forschung an weiteren Ansätzen, die eine Geschlechtsbestimmung im ersten Drittel der Brut oder gar vor der Einlage der Bruteier ermöglichen sollen. 

Im Jahr 2022 wurden in Deutschland nach Angaben des Statistischen Bundesamts (Destatis 2023) 10,59 Mio. männliche Küken zur Aufzucht aussortiert. Dies waren 65 % der 16,3 Mio. geschlüpften weiblichen Küken. Bei den Übrigen ist von Geschlechtsbestimmung im Ei auszugehen.

Die seit Anfang 2022 gültige EU-Bio-Verordnung enthält erstmals eigene Vorschriften für Junghähne, die sich – so auch beim Platzbedarf – weitgehend an den Vorgaben für die Junghennen orientieren. Für die konventionelle Aufzucht der Hahnenküken existieren bisher noch keine rechtlich verbindlichen, allgemein gültigen Haltungsvorschriften in Deutschland. Vom Niedersächsischen Ministerium für Landwirtschaft wurden allerdings im November 2021 Mindestanforderungen an die Haltung männlicher Legehybride, sog. „Bruderhähne“ definiert (RdErl. d. ML v. 25. 11. 2021 – 204.1-42503/2-1111 (E)), die sich sehr stark an den Haltungsempfehlungen für Junghennen orientieren. Die Gleichsetzung der Hahnen- mit der Junghennenaufzucht muss aber hinterfragt werden, da doch ­deut­liche Unterschiede im Bedarf der Tiere bestehen. Die Zugrundelegung der niedersächsischen Regelungen ver­teuert die jetzt schon defizitäre Junghahnenaufzucht weiter. 

Es erscheint daher eher sinnvoll, einen Mittelweg zwischen der konventionellen und der ökologischen Junghah­nenmast anzustreben, die gleichwohl den Bedürfnissen der Tiere gerecht werden. So lange keine verbindlichen Rege­lungen vorliegen, sollten die Vorgaben bezüglich Tränke (10 Tiere/Nippel) und Fressfläche am Rundtrog (mit 0,66 cm/kg Lebendgewicht) aus der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung übernommen werden. Sitzstangen müssen ab dem ersten Lebenstag angeboten werden. Beschäftigungsmaterial und 100 cm² erhöhte Fläche/Tier sind geeignete Maßnahmen zur Anreicherung der Haltungsumwelt. 

Für die Vermarktung des Fleischs der Junghähne existieren bisher auch noch keine geeigneten Rechtsvorschriften. Laut EU-Vermarkungsnormen für Geflügelfleisch gilt die Angabe „Junger Hahn“ nur für im Alter von mindestens 90 Tagen geschlachteten Hähnen von Legerassen. Die Angabe „Stubenküken“ darf wiederum nur für Tiere zwischen 650 g und 750 g Schlachtgewicht und einem Schlachtalter von höchstens 28 Tagen verwendet werden. Die optimale Haltungsdauer der Junghähne liegt aber aus ökonomischer Sicht deutlich unter 90 Tagen.

3. Weitergehende Anforderungen des Handels und der Verbände

Der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) und die Discounter werben bereits seit 2021, teilweise regional, mit ­Konsumeiern „ohne Kükentöten“ bzw. mit “Bruderhahnaufzucht“ (z. B. Rewe Group Programm „Spitz &Bube“; Aldi Nord und Süd „Henne&Hahn“, „Huhn&Hahn“ von Die Eier-Höfe). Nachdem alle Lieferanten von Schaleneiern der Güteklasse A an den Lebensmitteleinzelhandel KAT-zertifiziert sein müssen, hat der KAT e.V. bereits Richt­linien zur Hahnenaufzucht herausgegeben, die anhand der Praxiserfahrungen kontinuierlich überarbeitet werden sollen. Diese stellen faktisch den aktuellen Standard dar. Vom Handel werden zudem teilweise noch darüber hinaus gehende Anforderungen definiert wie z. B. „deutsche Aufzucht“ (3xD, 5xD) und „gentechnikfreie Fütterung“ (VLOG).

Bei den deutschen Ökoverbänden geht man über die EU-Öko-Verordnung hinaus und verzichtet bereits jetzt zunehmend auf die Geschlechtserkennung im Brutei und zieht die Junghähne der Legehybriden auf. Dies ist ein beachtlicher Markt, nachdem der Öko-Schaleneieranteil 2022 bereits 13 % des Eierkonsums abdeckte und ca. 6 Mio. Legehenennen nach Öko-Richtlinien gehalten wurden. Es gibt eine Vielzahl von Bioinitiativen (z. B. Bruderhahn-Initiative (BID) von Demeter und Bioland; „Haehnlein“ vom Fürstenhof; oder „Bruderküken“ von Alnatura), die diese Eier über Alnatura, Bio-Supermärkte oder REWE, Real, Penny, Edeka oder Globus mit einem Preisaufschlag über die Eier co-finanzieren, da die Erlöse der Hähne bei lediglich 0 – 5 Cent/kg Lebendgewicht bei konventionellen bzw. 0 – 24 Cent/kg Lebendgewicht bei ökologisch aufgezogenen Junghähnen liegen.

Tabelle 1: KAT-Anforderungen für die Junghahnenaufzucht/-mast (Stand 08/2023)

Kriteriumkonventionellökologisch
Besatzdichte 35. – 49. LT≤ 30 Tiere/m² Gesamtnutzfläche;
in Haltungseinrichtungen mit mehreren Ebenen
≤ 60 Tiere/m² nutzbare Stallgrundfläche
Besatzdichte ab 50. LT
(gültig ab 01. 01. 2022)
≤ 20 Tiere/m² Gesamtnutzfläche; in Haltungseinrichtungen mit mehreren Ebenen ≤ 40 Tiere/m² nutzbare Stallgrundfläche15 Tiere/m² Gesamtnutzfläche; in Haltungseinrichtungen mit mehreren Ebenen ≤ 30 Tiere/m² nutzbare Stallgrundfläche
Besatzdichte ab 50. LT
(gültig ab 01. 07. 2024)
≤ 18 Tiere/m² Gesamtnutzfläche;
in Haltungseinrichtungen mit mehreren Ebenen
≤ 36 Tiere/m² nutzbare Stallgrundfläche
Mindestschlachtalter/-gewicht≥ 70 d und ≥ 1.300 g durchschnittlich
Anzahl zusätzliche Ebenenmax. 3max. 2
Gruppengröße/Herdentrennung nach EU Öko-VO; Herdentrennung in Stall, KSR und Auslauf
Kaltscharrraum (KSR)nicht verpflichtend; auf nutzbare Stallgrundfläche anrechenbar; h ≥ 2 m, Windschutznetz ≥ 70 % von h; während der gesamten Hellphase zur ­Ver­fügungempfohlen, nicht verpflichtend; auf nutzbare Stallgrundfläche anrechenbar; ≥ 1 m²/60 Tiere; nach Durchführungs-VO (EU 2020/464; Zugang spätestens ab 50. LT 24 h/Tag; ­Auslauföffnungen ≥ 2 m/100 m² Stallfläche, h ≥ 35 cm, b ≥ 40 cm
Scharrbereich≥ 25 % der nutzbaren Stallgrundfläche, ­Zugang spätestens ab 35. LT≥ 1/3 der anrechenbaren Stallgrundfläche, Öffnung ab 22. LT, Zugang spätestens ab 28. LT
Beschäftigungsmaterialab 1. LT manipulier- und veränderbares Material, Beschäftigungsmaterial zusätzlich zur Einstreu
Möglichkeit zum Staubbadenverpflichtend so früh wie möglich
Sitzstangenverpflichtend ab 1. LT, ≥ 1/3 erhöht; ab 50. LT ≥ 10 cm/Tier, davon 4 cm durch erhöhte Sitzebenen von ≥ 100 cm²/Tier realisierbar
FuttereinrichtungenLängstrog: ab 50. LT ≥ 4,5 cm/Tier; Rundtrog: ab 50. LT ≥ 3 cm/Tier
TränkeeinrichtungenNippel-/Bechertränken: ab 50. LT ≥ 1 Tränkestelle/15 Tiere;
Rundtränken: ab 50. LT ≥ 1 cm/Tier
natürliches TageslichtLichtöffnungen auf ≥ 3 % der nutzbaren StallgrundflächeLichtöffnungen auf ≥ 3 % der nutzbaren ­Stallgrundfläche, gleichmäßige Lichtverteilung
künstliche Beleuchtung, Lichtregimegleichmäßige Ausleuchtung des Aktivitätsbereichs; 
ab 15. LT Lichtphase ≥ 8 h/d, Dunkel­phase ≥ 8 h/d mit Dämmerungsphase
Auslaufnicht vorgegeben≥ 1 m²/Tier (nicht versiegelte Fläche); max. 350 m Entfernung zu Auslauföffnungen; ≥ 8 h/Tag und ≥ 1/3 der Lebenszeit Zugang zum Auslauf

LT = Lebenstag 

4. Haltung

Die Aufzucht der Junghähne erfolgt zwei- bis dreiphasig je nach Zielgewicht, vorzugsweise im all-in-all-out-Ver­fahren. Die Voraufzuchtphase umfasst in der Regel 5 – 6 Wochen. Eine gemeinsame Aufzucht mit den weiblichen Küken in einer Junghennen-Aufzuchtvoliere oder Bodenhaltung bildet eher die Ausnahme. Während bei der konventionellen Aufzucht eine Haltungsdauer von weniger als 12 Wochen angestrebt wird, ist bei manchen Ökoverbänden, wie z. B. Demeter, eine längere Haltung über 18 – 20 Wochen mit einem Zielgewicht von 2,0 kg Lebendgewicht üblich.

Die Aufzucht kann in massiven, Wärme gedämmten, voll eingestreuten Altgebäuden ähnlich der Hähnchenmast, durchgeführt werden. Gegebenenfalls eignen sich auch Aufzuchtställe für Pekingenten und Puten. In geringem Umfang werden auch Mobilställe für die Junghahnenaufzucht verwendet. Alle Ställe müssen mit Sitzstangen und/oder erhöhten Ebenen und eventuell bei den Tränken und dem Fressflächen-Angebot aus- bzw. nachgerüstet und mit Beschäftigungsmaterial ausgestattet werden. Neubauten sind ökonomisch kaum interessant (siehe Muster­kalkulationen) bzw. hängen stark von der Dauer der Aufzucht und damit der Anzahl der Durchgänge pro Jahr ab. Inwieweit die Junghahnenaufzucht in der konventionellen Landwirtschaft lediglich eine Übergangslösung darstellt oder absehbar von der In-Ovo-Sexing-Technik abgelöst wird, hängt von der weiteren Entwicklung der der technischen Verfahren ab.

Anfang Mai 2023 wurde seitens der Gesetzgebung aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse zum Schmerzempfinden von Hühnerembryonen der Weg für eine Tötung der Embryonen bis zum 13. Bruttag und damit auch für eine flächendeckende Umsetzung der Geschlechtsbestimmung im Ei in den Brütereien freigemacht. Hierdurch wurde der Zeitrahmen zur Entwicklung von Verfahren, die deutlich früher in der Brut die Bestimmung des Geschlechts im Ei ermöglichen, verlängert. Dennoch wird die Junghahnenaufzucht auch in Zukunft für kleinere Brütereien, für die Fehlsortierungen bei der in ovo-Geschlechtsbestimmung und für den Bio-Bereich benötigt. 

Die Besatzdichte sollte erst nach der Voraufzucht ab der 6. LW reglementiert und ein Bezug zum Zielgewicht eingebracht werden. Die Junghähne erreichen z. B. ein Lebendgewicht von 1.000 g erst im Alter von etwa 60 Tagen. Für die Schlachtung in konventionellen Hähnchen- oder Suppenhennen-Schlachtlinien ist allerdings ein Mindest-Lebendgewicht von 1.500 g erforderlich, welches erfahrungsgemäß von den Junghähnen erst um den 84. Lebenstag herum erreicht wird.

Dies steht im Widerspruch zu der aktuellen Mindest­gewichtsforderung von KAT von 1.300 g. Bei Schlachtgewichten < 1.500 g wären eigene Schlachtlinien für kleinere Schlachtkörper erforderlich. 

Laut KAT dürfen maximal 20 Tiere/m² gehalten werden, entsprechend max. 32 kg/m² nutzbarer Fläche bzw. max. 1.600 g Lebendgewicht/Tier. Rechtlich gesehen ist  derzeit noch unklar, ob die Vorgaben für die Junghennenaufzucht oder die Hähnchenmast auf die Junghähne angewendet werden sollen.

Generell richtet sich die Haltungsdauer nach der vorgesehenen Fleischnutzung. Wenn die Tiere in die Verarbeitung gehen, werden sie oft kürzer gemästet als bei einer Vermarktung ganzer Schlachtkörper oder von Teilstücken. Letzteres ist öfter bei Direktvermarktung anzutreffen.

In der EU-Öko-Verordnung werden die Junghähne den Junghennen gleichgestellt. Es dürfen maximal 21 kg Lebendgewicht/m² gehalten werden, je Tier sind min­destens 10 cm Sitzstangenlänge oder 100 cm² erhöhte Fläche erforderlich sowie 1 m² Grünauslauf. Im Gegensatz zu Masthühnern ist auch eine Haltung in Volieren möglich.

Tipps zur praktischen Aufzucht:

  • Ausstattung der abgehängten Tränkelinien mit Rollabweisern, damit die Junghähne dort nicht aufbaumen und ggf. die Linien abreißen

  • Ausschalten der Beleuchtung nach verkürzter Dämmerungs­phase, um ein (Er-)drücken der Tiere zu vermeiden

  • Anpassung des Lichttages bei Aufzuchten mit Grünauslauf dahingehend, dass der künstliche Lichttag nicht vor der Dunkelheit endet, da die Tiere sonst nicht in den Stall zu bekommen sind

  • Beim Ausstallen die Herde durch permanente ­Kontrollgänge in Bewegung halten, da die Tiere sich sonst in den Ecken und an Abteilwänden (er-)drücken. Ferner hat sich monochromatisches Blau- oder Grünlicht bei der Ausstallung bewährt.

5. Nährstoffbedarf und Fütterung

Bei der Fütterung der Junghähne im konventionellen Landbau geht es im Wesentlichen darum, die vorgegebenen Mindestziele – in Deutschland handelt es sich dabei vor allem um die Vorgaben des KAT von mind. 70 Tagen und mind. 1.300 g – möglichst kostengünstig zu erreichen. Aus diesem Grund wurden die Hähne der Legelinien anfänglich im Rahmen klassischer Junghennen-Aufzuchtprogramme mit aufgezogen und nach Ablauf der vorgegebenen Mastdauer und dem Erreichen des Zielgewichtes geschlachtet. 

Parallel dazu wurden Versuche unter Einsatz klassischer Broilermastfutter durchgeführt. Beide Strategien sind der guten und einfachen Futterbeschaffung geschuldet, aber aus verschiedenen Gründen nicht besonders zielführend. Die erste Strategie mit einer nährstoffrestriktiven Fütterung wird dem, wenn auch bescheidenen, Wachstumspotential der Hahnenküken nicht gerecht. Die zweite Strategie lässt das geringe, genetisch begrenzte Mastleistungsvermögen der Hahnenküken gegenüber dem hohen Wachstumspotential moderner Masthybriden außer Acht und bedingt somit eine unnötige Nährstoffüberversorgung der Tiere. Beide Varianten sind somit sowohl aus wirtschaftlichen, aber auch aus Gründen der Nachhaltigkeit sowie des Tier- und Umweltschutzes in Frage zu stellen.

Außerdem hat sich die Junghahnenmast mit pelletierten Futtermitteln nicht sonderlich bewährt. Pelletierte Futter reduzieren den Zeitaufwand für die tägliche Futteraufnahme und steigern so zusätzlich in den vergleichsweise agileren und teilweise schreckhafteren Junghahnenherden die Gefahr der Entwicklung unerwünschter Verhaltensabweichungen. Ihr Einsatz hat sich in größeren Beständen daher, insbesondere aus Gründen des vorbeugenden Tierschutzes (Pickverletzungen), wiederholt als kontraproduktiv erwiesen. 

Unter Berücksichtigung dieser Erfahrungen und nicht zuletzt aus Kostengründen kommen derzeit ausschließlich strukturierte Mehle, vergleichbar den Aufzuchtfuttern für Legehennen-Küken bzw. den klassischen Legemehlen, zum Einsatz. Üblicherweise wird auf den Einsatz von Kokzidiostatika verzichtet. 

Derzeit haben sich in Deutschland verschiedene Konzepte zur Fütterung von Junghähnen etabliert. Parallel dazu wird, in kleineren Einheiten, immer noch mit handelsüblichen Küken- und Junghennen-Aufzuchtfuttern gearbeitet. Tabelle 2 zeigt die Nährstoffgrenzen der drei wesentlichen „Bruderhahn“-Konzepte im Vergleich zu den klassischen Junghennen-Aufzuchtfutterprogrammen.

Tabelle 2: Inhaltsstoffe der Bruderhahnfutter (BHF)

Bezeichnung:StarterKükenstarterAufzucht-/ ­MastfutterI BHF IKükenaufzuchtAufzucht-/ ­MastfutterII BHF IIJunghennenaufzucht
   Empfehlung gem. Zuchtunternehmen*Nährstoff­grenzen Empfehlung gem. Zuchtunternehmen* Nährstoff­grenzenEmpfehlung gem. Zuchtunternehmen* 
   min.max. min.max. 
Inhaltsstoffe:      
Rohprotein20,519,0 – 20,019,119,517,5 – 18,516,719,014,5 – 15,5
DL-Methionin + MHA0,500,45 – 0,540,470,550,40 – 0,460,400,500,30 – 0,43
Lysin1,151,00 – 1,201,051,100,95 – 1,050,881,000,65 – 0,89
Calcium0,851,00 – 1,050,780,950,95 – 1,000,780,950,90 – 0,95
Phosphor0,550,70 – 0,800,450,550,65 – 0,750,450,550,55 – 0,65
Natrium0,160,14 – 0,180,150,190,14 – 0,180,150,190,14 – 0,18
MJ ME / kg12,212,0 – 12,711,712,211,4 – 11,711,512,311,4 – 11,7
Zusatzstoffe:      
Vitamin A 
I. E./kg
8.8008.000 – 10.0007.50010.0008.000 – 10.0007.50010.00010.000
Vitamin D3
I. E./kg
4.5002.000 – 3.0003.0004.5002.000 – 3.0003.0004.5002.000
Vitamin E mg/kg5020 – 30255020 – 30255020 – 30

Alle Futtermittel als strukturiertes Mehl und ohne Kokzidiostatikum
* Zusammenfassung aus den Empfehlungen der Zuchtunternehmen Lohmann Breeders (LSL, LB), Hendrix Genetics (Dekalb, Bovans, ISA
Brown), Hy-Lin 

Vor dem Hintergrund der Kostenminimierung gibt es Fütterungsstrategien mit und ohne Einsatz von Starterfutter. Bei den Konzepten mit Starterfutter wird dieses in der Regel mit einer Menge von ca. 250 g pro Tier eingesetzt. Anschließend kommt Bruderhahnfutter I (BHF I) mit rund 1.500 g zum Einsatz. Erfahrungsgemäß reicht die genannte Starterfuttermenge für die ersten zwei Wochen, das BHF I reicht dann nochmal bis zur ca. 7. Mastwoche. Ab dann kommt Bruderhahnfutter II (BHF II) bis zum vorgesehenen Schlachttermin mit einer Menge von 3.500 bis 4.000 g zum Einsatz.

Für ein Mindestgewicht von 1.500 g wird, je nach Genetik und Fütterungskonzept, eine Mastdauer von um die 84 Tage benötigt. Dies erfordert eine durchschnittliche tägliche Zunahme von etwa 17 g. Bezogen auf den Zuwachs (Lebendgewicht bei Ausstallung – Kükengewicht), einem Kükengewicht von 40 g und einer benötigten Futteraufwandmenge von rund 5.500 g pro Tier, errechnet sich hieraus eine Futterverwertung von rund 1 : 3,75.

Für die Aufzucht von Junghähnen im Ökolandbau liegen noch keine detaillierten Rationsvorschläge vor (Ausnahme: Öko-Aufzucht von Sandy-Hähnen in Österreich; Aigner et al., 2016). Generell ist natürlich der Nährstoffbedarf bei gleichen genetischen Herkünften unabhängig vom Verfahren derselbe (vgl. Tabelle 2). Anfangs können die üblichen Bio-Starter- und Kükenfutter genutzt werden. Verschiedene Praxisbetriebe verwenden danach Junghennenfutter, andere setzen Mastfutter ein, welches aus Kostengründen zunehmend mit ganzen Getreidekörnern gestreckt wird.

6. Gesundheitsprophylaxe

Bereits in der Brüterei werden die Hahnenküken gegen die Marek’sche Krankheit, kombiniert gegen Marek’sche und Gumboro-Krankheit sowie gegen Infektiöse Bronchitis (IB) geimpft, während Kokzidiose-Impfungen aus Kostengründen zwar nicht verbreitet, aber bei der langen Haltungsdauer eigentlich erforderlich sind. Im Aufzuchtbetrieb muss, gesetzlich vorgeschrieben, gegen Newcastle Disease (ND) geimpft werden. Außerdem sollte eine Zweitimpfung gegen Gumboro erfolgen und bei vorhandenem Infektionsdruck auch noch eine Wiederholungs­impfung gegen IB. Werden am gleichen Standort Junghennen aufgestallt, gilt es gegebenenfalls stark infektiöse Lebendimpfstoffe wie ILT im Prophylaxeplan zu berücksichtigen.

Im Verlauf der Aufzucht und Mast muss jede Hahnenherde täglich mindestens zweimal kontrolliert werden. Darüber hinaus sollten mindestens dreimal pro Durchgang die generelle Entwicklung und der Gesundheitszustand überprüft werden. Bei Bedarf ist hier ein Tierarzt hinzuzuziehen. 

Ansonsten sollte das Hygienemanagement einschließlich der Biosicherheitsmaßnahmen analog zur Junghennenaufzucht gestaltet werden.

7. Mast- und Schlachtleistungen

Bei der Aufzucht der Junghähne geht es im Wesentlichen um die folgenden Legehybriden (Beispiele):

 
  • Weißleger:
 

LSL classic (Lohmann Selected Leghorn)
LSL Europe light
Dekalb White
Novogen White

 
  • Braunleger:  
 
LB classic (Lohmann Brown)
LT (Lohmann Tradition)
Bovans Brown 
Tetra SL Hybriden
Novogen Brown
 
  • Cremefarben: 
 
 Sandy 

    
 

Diese Legehybriden wurden seit über 60 Jahren auf hohe Eiproduktion und Eimasse (> 20 kg/Legehennen und Jahr) bei guter Futterverwertung (2,1 – 2,3 kg Futter/kg Eimasse) selektiert. Sowohl bei Tieren des Ansatz- als auch des Umsatztyps besteht ein Antagonismus zwischen Reproduktionsleistung (Eizahl) und Fleischansatz, was zu einer Trennung der Zuchtlinien auf Fleischertrag (Masthybriden) bzw. Legeleistung (Legehybriden) geführt hat. Hohe Zunahmen und hohe Adultgewichte bei Legehennen erhöhen den Erhaltungsbedarf, verschlechtern die Futterverwertung und sind somit unerwünscht. Die Futterverwertung in der 18-wöchigen Aufzucht der weiblichen Legehybriden, die der Vorbereitung auf die über ein Jahr dauernde Legephase dient, liegt bei 4 – 5 kg Futteraufwand je kg Zuwachs. Die Tageszunahmen bewegen sich bei 10 g pro Tag (Weißleger) bis 12 g pro Tag (Braunleger). Auf der Hahnenseite muss bei Weißlegern eine ca. zwei Wochen längere Aufzucht eingeplant werden, um dasselbe Zielgewicht wie die Braunleger zu erreichen. 

Es gibt auch bei den Legehybriden einen hormonell bedingten Geschlechtsdimorphismus in der Gewichtsentwicklung zwischen Hahn 
und Henne, der je nach Zielgewicht und Alter variiert. Mittelwerte aus 17 Veröffent­lichungen über die Mast- und Schlachtleistung verschiedener Legehybrid-Hähne, Futterregimes und Aufzuchtsysteme (Hörning, 2019) haben ergeben, dass die durchschnittlichen Tageszunahmen über alle ­Studien (bei einer Spanne von Ziel­gewicht von 1,2 bis 2,2 kg, Lebens­alter von 63 bis 140 Tagen, FVW von 2,7 bis 4,1) bei einer Mastdauer von durchschnittlich 90 Tagen bei ca. 20 g und die Futterverwertung bei 3,44 kg Futter/kg Zuwachs bei konventioneller Aufzucht lagen. Die entsprechenden Werte für Ökoaufzuchten lagen in 108 Masttagen bei 17,3 g Tageszunahmen bei einer ­Futterverwertung von 1: 4,01, siehe Grafiken. 

Die durchschnittlichen Verluste aus 17 Versuchen hat Hörning (2019) mit 0,7 % für konventionelle Aufzuchten und mit 2,1 % bei Bioaufzuchten errechnet (Mastdauer 90 bzw. 108 Tage). 

8. Optimales Schlachtalter und -gewicht

Bei der Ermittlung des optimalen Schlachtzeitpunktes gilt es folgende Aspekte zu berücksichtigen:

  • Nährstoffeffizienz und Ressourcenschonung
  • Ökonomik Mast 
  • Automatisation Schlachtung 
  • Vermarktungswege und Ziel

Im Hinblick auf eine ressourcenschonende Lebensmittelerzeugung wäre es sinnvoll, möglichst wenige Legehybridhähne aufzuziehen bzw. diese möglichst früh zu schlachten. Eine Reduktion der schlüpfenden Hahnenküken kann durch eine längere Nutzung der Legehennen durch Zucht auf Persistenz, eine 2. Legeperiode durch Mauser bzw. durch die Geschlechtsbestimmung im Brutei nach den gesetzlichen Vorgaben realisiert werden.

In einer Studie der Frühnutzung der Legehybridhähne als Stubenküken an der Bayerischen LfL in Kitzingen (Koenig et al. 2012) wurden Hähne von zwei Braun­legerhybrid-Linien (LB und Hyline Brown) sowie zweier Linien von Weißlegern (LSL und Dekalb White) nach 7 Wochen Aufzucht geschlachtet. Die Lebendgewichte lagen zwischen 643 – 719 g, die Ausschlachtung betrug lediglich 61 – 62 %. Bei Masthähnchen kann von einer Ausschlachtung von 70 bis 72 % ausgegangen werden. Der Fleischanteil bewegte sich zwischen 166 – 174 g/ Schlachtkörper (siehe Abbildung 13). Die Produktionskosten betrugen 1,01 – 1,11 €/Tier. Allerdings müssen hier noch 1,25 €/Tier für die Handarbeit bei der Schlachtung aufgewendet werden, da die Voraussetzungen eines Broilerschlachthofes keinen akzeptablen Fleischgewinnungsprozess (Tierschutz und Hygiene) erlaubt (A. Stolle, Institut für Gesundheit und Lebens­mittel­sicherheit). Das Marktpotential für Stubenküken von männlichen Legehybriden wurde in dieser Studie 2010/2011 als sehr gering eingeschätzt.

In Österreich wird eine frühe Verwertung der männlichen Legehybriden als notwendig erachtet. Bei der ökologischen Lohnaufzucht und -mast von Sandy-Hähnen wird ein Zielgewicht von 1.000 g und eine Futterverwertung von 1 : 3,0 in neun Aufzuchtwochen angestrebt. Um die kleinen Schlachtkörper verwerten zu können, wurde in Österreich ein eigener Schlachthof gebaut. Beispielhafte ökonomische Daten für das österreichische Verfahren sind im Kapitel Modellkalkulationen zu finden.

Für die Bestimmung des ökonomisch optimalen Schlachtalters bzw. Gewichts, aus Sicht der Mäster, eignet sich der Europäische Produktionsindex: 

EPI = tägl. Zunahmen (g) x Überlebensrate (%) / FVW x 10

Er berücksichtigt die wirtschaftlich wichtigsten Mastkriterien, die Futterverwertung, die täglichen Zunahmen und die Verluste. Durch Interpolation der Daten aus den Metaanalysen wurde der EPI kalkuliert (siehe Tabelle 3).

Tabelle 3: Kalkulation des Europäischen Produktionsindex bei unterschiedlichem Alter von Junghähnen der Braunleger 

Merkmal56 Tage70 Tage84 Tage98 Tage140 Tage
Tägl. Zunahmen14 g22 g21 g20 g19 g
Futterverwertung2,32,63,23,54,0
Verluste1,0 %1,5 %2,0 %2,5 %4,0 %
EPI (Punkte)60,383,364,355,745,6

Für die Braunleger wurde der höchste EPI Wert (hier 83,3 Punkte) im Alter von 70 Tagen ermittelt. Der optimale Schlachtzeitpunkt wäre somit bei den Braunlegern im Alter von 10 Wochen erreicht. Für eine valide Analyse des optimalen Schlachtzeitpunktes für die Weißleger und der Herkunft Sandy fehlt aktuell noch die Datengrundlage. Nachdem das adulte Gewicht der leichten Legehybriden ca. 10 % niedriger liegt und die Futterverwertung in allen Studien schlechter als bei den Braunlegern war, dürfte das ökonomisch sinnvolle Ende der Aufzucht bei Weiß­legern und Legehybriden, die cremefarbene Eier legen, ca. eine Woche früher erreicht werden.

Neben der Ressourcenverwertung und Ökonomie spielen auch die Automatisationstechnik der Schlachtereien und das Vermarktungspotential eine Rolle bei der Ableitung des optimalen Gewichts der Schlachtkörper von männ­lichen Legehybriden. Eine vollständige Automatisation der Betäubung, Tötung, Eviszeration und evtl. Zer­legung erfordert in den vorhandenen Geflügelschlachthöfen für Althennen und Broiler Mindestgewichte von ca. 500 g. Bei niedrigeren Schlachtgewichten ist der Umbau oder Neubau eines Schlachthofes, mit Schlachtlinien, die auf kleine Schlachtkörper ausgelegt sind (siehe „Eiermacher GmbH“ in Österreich) erforderlich.

9. Modellkalkulationen

In der Tabelle 4 wurden verschiedene Varianten der Aufzucht von Hähnen von Legehybriden unter Neubaubedingungen bzw. Altgebäudenutzung kalkuliert. Die Kosten bei 1.500 g Zielgewicht liegen bei 3,14 € – 3,94 € je Tier, und damit im Bereich der von Lohmann Süd berechneten Kostenspannen für die Aufzucht der Junghähne von 3,20 – 4,50 € je Hahn bei konventioneller Aufzucht. Für die Ökoaufzucht wurden Kosten von 8,33 € (Altgebäudenutzung) bis 9,91 €/Tier bei der Nutzung von Neubauten berechnet. Der korrespondierende Wert von Lohmann Süd lag bei 6,50 € je Hahn. Die Unterschiede sind im Wesentlichen auf die Annahmen in der Futterverwertung, Futtermittelpreise, Zielgewichte und der Festkosten für die Unterbringung der Tiere in abgeschrieben Altgebäuden, gepachteten Ställen oder Neubau, zurückzuführen. Die Schlachtung zu einem späten Zeitpunkt (20. Lebenswoche) mit hohem Endgewicht erhöht die Aufzuchtkosten um 55 % bei Altgebäudenutzung und sogar um 66 % bei Neubauten im Vergleich zur Aufzucht mit dem Zielgewicht 1.500 g (siehe Tabelle 5).

Man kann davon ausgehen, dass der Schlachterlös gerade die Schlachtkosten abdeckt. Dies gilt vor allem, wenn der Schlachtprozess in Handarbeit erledigt werden muss. Eine Co-Finanzierung der Aufzuchtkosten der Junghähne ist daher notwendig. Nach der vorliegenden Kalkulation wären bei einer Leistung von 280 vermarktungsfähigen Eiern je Anfangshenne ein Aufpreis von 1,1 – 1,4 Cent/Ei im konventionellen Markt erforderlich. Der Eierpreis im ökologischen Landbau müsste um 3,2 – 3,8 Cent (260 1A Eier/Anfangshenne und Jahr unterstellt) steigen. Der Zuschlag auf den Eierpreis für den Legehennenhalter liegt nach Schätzungen der Brütereien und Vermehrerbetriebe etwas höher: +2,0 – 2,5 Cent/Ei im konventionellen Bereich und bei +4,0 Cent für OKT („ohne Küken töten“) Ökoeier. Die Abweichungen zwischen der Modellkalkulation und den Praxisdaten sind vorrangig durch Schwankungen in den variablen Kosten für Futter und Energie, aber auch durch die Annahmen für die Stallplatz-Festkosten, Abschreibung, Zinssatz und Unterhalt bedingt. Die Unterschiede beruhen auch darauf, dass die Bereitstellung der Küken frei Hof sowie die Ausstallung und der Transport nicht berücksichtigt sind. Der Erlös ist mit 4 Cent/kg Lebend­gewicht konventionell bis 24 Cent/kg Lebendgewicht ökologisch zu vernachlässigen.

Tabelle 4: Kennzahlen für die Modellkalkulationen 

KostenfaktorKonv. AufzuchtKonv. AufzuchtÖkolog. Aufzucht
 Zielgewicht 1.500 gZielgewicht 2.000 gZielgewicht 2.000 g
Aufzucht (Tage)80140140
Durchgänge/Jahr4,02,42,4
Besatzdichte (Tiere/m²)201510
Futterpreis (€/dt)353560
Investitionskosten Neubau (€/Platz)2533,350
Investition Umbau (€/m²)
Altgebäude Pacht (€/m²)
Pachtkosten (€/Tierplatz*Jahr)
Grünland 500 €/ha*Jahr
Zäunung 3.000 €/ha
alle 10 Jahre
5

5
5
5
5
0,35
 
Arbeit (min/100 Tierplätze * Durchgang)
15 €/AKh
3794140

Tabelle 5: Modellkalkulationen der Aufzucht und Mast männlicher Legehybriden 

KostenfaktorKonv. AufzuchtKonv. Aufzucht:Öko. Aufzucht
 Ziel: 1.500 g (€/Tier)Ziel 2.000 g (€/Tier)Ziel 2.000 g (€/Tier)
Futter (Basis 35 €/dt. konv. und 60 €/dt. öko.)1,582,805,04
Küken inkl. Verluste, Impfungen und Transport0,400,400,50
Tierarzt, Hygiene, R+D TSK Medikamente0,100,120,12
Heizung, Strom, Wasser, Einstreu0,130,150,15
Fremdlöhne, Transport, Sonstiges0,300,350,35
Festkosten (Neubau)0,831,111,66
Altbau Umrüstung/Pacht0,030,060,08
Öko – Auslauf 4 m²/Tier0,09
Arbeit0,601,002,00
∑ Kosten €/Tier Neubau3,945,939,91
∑ Kosten €/Tier Altbau3,144,888,33
Veränderung der Erzeugungskosten je Hahn bei ­
Futtermittelpreisschwankungen um +/-10 €/dt
+/- 0,45 €+/-0,80 €+/-0,84 €

Futter: 3-phasige BHF-Mischungen
Festkosten Kalkulation: 5 % AfA Stall; 10 % AfA Technik; 1 % Unterhalt, Wartung Reparaturen; Zinsansatz lineare Abschreibung: 1 % (2 % Zinsen/2)
Pachtkosten Kalkulation: 4 Durchgänge/Jahr; 500 €/ha * Jahr Pacht; 390 €/ha * Jahr Zäunung (10 % AfA, 2 % Zins, 1 % Unterhalt) 

Die Öko-Sandy-Hähne in Österreich werden in Lohnmastbetrieben aufgezogen. Küken und Futter werden zur Verfügung gestellt, sodass die landwirtschaftlichen Betriebe nur die Unterbringung der Tiere und ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen. Die sonstigen variablen Kosten liegen bei 18 Cent je aufgezogenes Tier, der Deckungs­beitrag bei 76 Cent je Tier. In einem Beispiel mit 4,5 Durchgängen bei 19.000 abgelieferten Tieren pro Durchgang errechnet sich bei Lohnmast ein Deckungsbeitrag von 64.980 €. Nach Abzug der Festkosten für die Unterbringung der Tiere bleibt ein Betriebseinkommen von 32.980 € je Stall und Jahr. 

Tabelle 6: Modellkalkulationen der Bio-Lohnmast männlicher Legehybriden in Österreich

Deckungsbeitragskalkulation Bio-Hahnenaufzucht   
DB netto, Herdengröße 19.200 Stück
DB/Tier
Hahnenaufzucht auf Lohnaufzuchtbasis9 Wochen4,5 Umtriebe
Rohertrag  19.000
Lohnaufzucht pro Tier bei 9 Wochen  € 0,83
Qualitätszuschläge  € 0,08
Düngerwert  € 0,03
Rohertrag gesamt  € 0,94
    
Variable Kosten   
Heizkosten, Strom (Vollaufzucht in einem Stall)  € 0,10
Einstreu  € 0,01
Wasser  € 0,01
Reinigung, Desinfektion  € 0,03
Versicherung  € 0,01
Sonstiges  € 0,02
Variable Kosten gesamt  € 0,18
Deckungsbeitrag /Tier  € 0,76
Umsatz je Jahr 4,5 Umtriebe  € 80.370,00
Deckungsbeitrag pro 19.000 abgelieferten Tieren  € 14.440,00
Deckungsbeitrag bei 4,5 Umtrieben  € 64.980,00
Vollkostenrechnung   
DB 1/Jahr netto MwSt. 0€ 64.980,00
Afa40.0008 %€ 32.000,00
   € 32.980,00

10. Vermarktung

Die vom Gesetzgeber und vom Handel geforderte Nutzung der Junghähne als Lebensmittel erfordert Kreativität bei der Zerlegung bzw. Weiterverarbeitung der Teilstücke und des ausgelösten Fleisches. Fleisch vom Bruderhahn ist wegen seines geringen Fettgehalts vergleichsweise schwieriger zu verarbeiten, jedoch gibt es eine ganze Palette an Verarbeitungsprodukten, die von ganzem Schlachtkörper, Teilstückvermarktung bis zur Weiterverarbeitung des ausgelösten Fleisches zu Wurstwaren und Fertiggerichten wie beispielsweise Hühnerfrikassee, Curry, Hühnersuppe oder Maultaschen reicht. Die Preise dieser regionalen Produkte bewegen sich bei Direktvermarktung im Bereich von 12 bis 36 €/kg Hahnenfleisch. Das Marktpotential im Direktabsatz ist jedoch begrenzt, obwohl 2022 14,5 % des Biogeflügels direkt beim Erzeuger oder auf dem Wochenmarkt sowie 8,3 % beim Metzger (AMI-Marktbilanz Ökolandbau 2023) gekauft wurde. Erwähnenswert ist, dass die Innereien der Junghähne als Haustierfutter guten Absatz finden.

Mit der Direktvermarktung von Bruderhahnprodukten liegen bereits einige Informationen aus dem Ökolandbau vor. Dabei wird die ganze Palette der Vermarktungswege genutzt, von Hofladen über Wochenmarkt, Verkaufswagen bis hin zum Online-Versand. Von der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft AMI wurden in einer Analyse des Bio-Geflügelmarkts (AMI 2018) Betriebe mit Bruderhahnhaltung befragt. Mehrheitlich wurden die Junghähne direkt an den Endkunden verkauft. Diese direktvermarktenden Betriebe hatten im Durchschnitt rund 280 Haltungsplätze für Bio-Junghähne, wobei die Spanne von 50 bis 500 Haltungsplätzen reichte. Die Preisspanne lag zwischen 8,80 und 13,40 EUR/kg Schlachtgewicht. Bei einigen Direktvermarktern sind Preise für verschiedene Bruderhahnprodukte im Internet zu finden, an denen man sich orientieren könnte. Bei der Kalkulation ist jedoch der Mehraufwand für Schlachtung, Zerlegung und ggf. Verarbeitung zu berücksichtigen, ferner der Arbeitszeitbedarf für die Vermarktung. In einigen Initiativen erfolgt eine zentrale Fleischverarbeitung, aus der die Landwirte dann Produkte für ihre Direktvermarktung zurückbekommen können. 

Generell existieren in der Direktvermarktung viele Insellösungen, in denen jeder Betrieb für sich seine Vermarktungsmöglichkeiten ausloten muss. Auch wenn hier ein großes Produktions- und Vermarktungspotential vorzu­liegen scheint, ist es eher unrealistisch, auf diesem Weg einen großen Teil der viele Millionen Junghähne im Jahr vermarkten zu können.

11. Fazit

Nach der Neuregelung des 12. Bruttags als spätestmöglichen Zeitpunkt für den Abbruch der Bebrütung bei in-ovo-Geschlechtsbestimmung, werden die erforderliche Haltungskapazität und die Vermarktung des Junghahnenfleisches überschaubar und vor allem ein Lösungskonzept für ökologisch wirtschaftende Betriebe sein. Solange die in-ovo-Geschlechtsbestimmung nicht flächendeckend umgesetzt ist oder werden kann, müssen die Junghähne nach KAT-Vorgaben aufgezogen werden, was eine Herausforderung für die gesamte Produktionskette von Brüterei, Aufzuchtbetrieb, Legehennenhalter, Schlachterei bis Verarbeitung, Handel und Vermarktung darstellt. Wirtschaftlich ist die Aufzucht der Junghähne nur schwierig darstellbar. Der Schlachterlös für den Aufzuchtbetrieb orientiert sich am Suppenhennenpreis und muss über den Eierpreis co-finanziert werden, da die Schlachterlöse nur die Schlachtkosten abdecken. Kreative Direktvermarkter haben hier sicherlich einen größeren Spielraum als Betriebe mit konventioneller Vermarktung. 

Die Junghahnenaufzucht hat sich zwar inzwischen in Deutschland, wenn auch auf niedrigem Niveau, etabliert, dennoch müssten noch Lösungen für verschiedene offene Fragen gefunden werden. 

  • Welche gesetzlichen Vorschriften für die Junghahnenaufzucht sind zu erwarten und inwieweit wirken sich diese auf die Wirtschaftlichkeit aus?
  •  Eine Optimierung der Fütterung der Junghähne ist erforderlich, um eine möglichst hohe Futtereffizienz zu erreichen
  •  Können kurzfristig zusätzliche Schlachtlinien für eine automatisierte Schlachtung der Junghähne in kurzer Zeit geschaffen werden? 
  •  Eine eigene Bezeichnung der Schlachtkörper der Junghähne zwischen den Bezeichnungen ‚Stubenküken‘ und ‚Junger Hahn‘ muss in den EU-Vermarktungsnormen definiert werden 
  •  Entwicklung eines Marktes für die Abnahme des Junghahnenfleisches und der Verarbeitungsprodukte 
  •  Sicherstellung der Co-Finanzierung der Junghahnenaufzucht über den Eierpreis.

5. Literatur

  • Aigner I., Bartenberger T., Kehrer J. (2017): Auch Brüder wollen leben. Landwirt, 12/2017
  • AMI (2018): Analyse des Bio-Geflügelmarkts. Schlussbericht, orgprints.org/id/eprint/33738/1/33738-15OE071-ami-schaack-2018-biogefluegelmarkt.pdf
  • AMI (2023): AMI-Marktbilanz Öko-Landbau 2023. Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI), Bonn, 163 S.
  • Damme K. (2021): Faustzahlen zur Betriebswirtschaft. Geflügeljahrbuch 2021 S.52 – 71 Eugen Ulmer Verlag Stuttgart
  • Damme K. (2017) www.bioland.de/fileadmin/dateien/HP/Dokumente/Fachtagungen/Reader/Bioland-Gefluegeltagung Damme2017.pdf  
  • Destatis (2023): Brütereien, eingelegte Bruteier, geschlüpfte Küken. Statistisches Bundesamt, Genesis Online, Tabelle 41321-0003
  • Diekmann J., Hermann D., Mußhoff O. (2017): Wie hoch ist der Preis auf Kükentötungen zu verzichten? Berichte über Landwirtschaft 95 (1)
  • Hörning B. (2019): Hahnenmast von männlichen Legehybriden. Endbericht KTBL-Arbeitsprogramm Kalkulationsunterlagen 2019
  • Hörning B., Gaio C. (2022): Wohin mit den Bruderhähnen? DGS Magazin 04/2022, 30 – 33 und 05/2022, 42 – 43
  • KAT (2022): KAT-Leitfaden Aufzucht. Version 2022.02, gültig ab 1. Oktober 2022. KAT – Verein für kontrollierte alternative Tierhaltungsformen e.V., Bonn
  • Kaufmann F., Andersson R. (2013): Suitability of egg-type cockerels for fattening purposes. EAAP-64th Annual Meeting Book of Abstracts,19,178;
  • Kaufmann F., Andersson R. (2021): Aufzucht von männlichen Legehybriden: Wohin mit dem Bruder? Vortrag NRW-Geflügeltagung 2021, PPT HS Osnabrück.
  • Koenig M., Hahn G., Damme K., Schmutz M (2012): Utilization of laying-type cockerels as „coquelets“: Influence of genotype and diet characteristics on growth performance and carcass composition. Arch.Geflügelk.76 (3) 197 – 202
  • Krieg, J., Niewind, P., Stegemann, J. (2022): Bruderhähne – wie werden sie richtig gefüttert? DGS Magazin 10/2022, 30 – 33
  • Nemitz, Y. (2023): Stillstand ist keine Option. DGS Magazin 8/2023, 10 – 13
  • Schütz K., Mergenthaler M., Wittmann M. (2018): Marktpotential für Geflügelprodukte aus Hahnenfleisch von Lege- und Zweinutzungshybride. Abschlussbericht, Forschungsberichte des Fachbereichs Agrarwirtschaft Soest, Nr. 45
  • TUM (Zentrum für Präklinische Forschung, Klinikum rechts der Isar, Medizinische Fakultät der Technischen Universität München) (2023): Abschlussbericht Schmerzempfinden bei Hühnerembryonen (HES 7 – 14)
  • Verordnung (EU) 2018/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates, EUR-Lex – 32018R0848 – EN – EUR-Lex (europa.eu)

Autoren:

  • Dr. Klaus Damme
  • Dr. Michael Grashorn
  • Prof. Dr. Bernhard Hörning, Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde, FG Ökologische Tierhaltung
  • Dr. Jürgen Hartmann, MEGA Tierernährung GmbH & Co. KG
  • Robert Pottgüter
  • Jutta van der Linde, Bundesverband mobile Geflügelhaltung e.V.


unter Mitarbeit des DLG-Ausschusses Geflügel

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