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Kalk ist eine Investition in langfristig vitale Böden

Dr. Alexander Schmithausen erklärt, was hinter Düngekalk 2.0 steckt

DLG-Mitgliedernewsletter: Die Zukunftsvision der Düngekalk-Hauptgemeinschaft (DHG) sieht vor, bis 2035 in Deutschland alle Böden mit Kalk zu versorgen. Wie soll das klappen?

Alexander Schmithausen: Eine fachgerechte und regelmäßige Kalkung landwirtschaftlicher Flächen ist grundsätzlich nichts Neues und gute fachliche Praxis. Betriebe, die innovativ wirtschaften, sollten ihre Bodeneigenschaften und die Parameter, die sie beeinflussen können, wie zum Beispiel den pH-Wert, kennen. Regelmäßige Bodenanalysen können hier beispielsweise Aufschluss geben und sollten aus Eigeninteresse durchgeführt werden – nicht nur das, was von offizieller Seite gefordert wird! Vonseiten der Düngekalk-Hauptgemeinschaft und allen Interessierten versuchen wir, die Kalkung ganzheitlich zu betrachten, und werden es kommunizieren.

Gerade bei Pachtflächen stellt sich die Frage der Wirtschaftlichkeit einer Kalkdüngung. Wie lässt sich das Dilemma für die Betriebe lösen?

■ Manchmal wird die Kalkdüngung als „nice-to-have“ gesehen, oder sogar vielleicht gezielt vernachlässigt. Bewirtschafter landwirtschaftlicher Flächen sollten neben dem Ertrag auch Faktoren wie Bodenfruchtbarkeit und Bodenstruktur im Fokus behalten. Im Vergleich zu anderen Betriebsmitteln oder Behandlungsmaßnahmen fallen Kosten für eine Kalkung eher weniger ins Gewicht. Auch wenn eine Kalkungsmaßnahme beispielsweise nur alle drei Jahre durchgeführt wird, ist es auch auf Pachtflächen eine sinnvolle Investition für langfristig vitale Böden.

Die hohen Frachtkosten spürt auch der Kalkmarkt. Welche Alternativen gibt es gegenüber dem Lkw-Transport?

■ In Deutschland gibt es viele regionale Kalkwerke, wodurch der Einsatz von Düngekalk als regionales Naturprodukt gesehen werden kann und die Transportentfernungen via Lkw überschaubar sind. Sofern es das Schienennetz ermöglicht, lassen sich größere Mengen über die Schiene und anschließend lokal
per Achse direkt an den Feldrand transportieren.

40 Prozent aller landwirtschaftlichen Böden befinden sich nicht im optimalen pH-Bereich von 6 bis 6,5 Prozent. Wie wollen Sie das Ziel schaffen, alle Böden optimal mit Kalk zu versorgen?

■ Hierzulande sind wir im Vergleich zu anderen Regionen mit ausreichend Kalkvorkommen ausgestattet. Die Ausbringtechnik und Bezugsquellen sind ebenfalls etabliert. Für einen zukunftsorientierten Ackerbau gehören die oben genannten Parameter dazu. Für eine pHWert-Regulierung ist eine optimale Kalkversorgung unverzichtbar.

In Reaktion auf hohe Betriebsmittelpreise haben Betriebe an der Grunddüngung gespart. Wie lange können Kulturen eine Unterversorgung überstehen?

■ Die standort- und kulturspezifischen Voraussetzungen und Anforderungen sind regional zu berücksichtigen. Auch Kulturen wie Weizen und Kartoffeln sind anpassungsfähig. Ziel ist es allerdings, keine Mangelsymptome im pflanzenbaulichen Sinne zu erhalten, sondern zuvor bereits die Bodenparameter zu betrachten und somit optimale Startbedingungen  für die jeweilige Kultur bereitzustellen.

Mit welchen Aktionen wollen Sie Betriebe für die Kalkung begeistern?

■ Neben einer transparenten Kommunikation rund um den Kalk sind vor allem klare Handlungsempfehlungen von Bedeutung. Hierfür bedarf es eines guten Zusammenspiels von Praxisversuchen und wissenschaftlichen Erkenntnissen. Bei der Kalkung haben wir die Herausforderung, dass Versuche nicht immer kurzfristige Ergebnisse wie bei der Stickstoff-Düngung liefern, sondern langfristig angelegt werden müssen. Hier wollen wir in den kommenden Jahren etwas Greifbares erarbeiten.

Abbildung: Einflüsse von Kalkdüngung auf Boden, Pflanzen, Nahrung

Welchen Beitrag leistet Düngekalk zum Carbon Farming?

■ Neue wissenschaftliche Studien zeigen, dass der Düngekalkeinsatz eine fast ausgeglichene Treibhausgasbilanz aufweist und zudem auch die Kohlenstoffspeicherung unter geeigneten Bedingungen unterstützt. Eine Meta-Analyse auf globaler Ebene zeigt eine durchschnittliche Zunahme der organischen Kohlenstoff-Vorräte im Boden (soil organic carbon – SOC) um 4,5 Prozent pro Jahr nach Kalkung. Diese Erkenntnisse sollten auch in deutschen Untersuchungen überprüft werden.

Düngekalk 2.0 weckt Erwartungen. Ist eine teilflächenspezifische Düngung von Kalk möglich?

■ Derzeit gibt es etablierte Techniken für die teilflächenspezifische Ausbringung von Kalkdüngern, die auf großen Schlägen von Vorteil sind. Aktuelle Projekte beschäftigen sich mit Analysemethoden, um Informationen für eine ortsspezifische und fachgerechte Kalkung durchführen zu können.

Das Interview führte Daphne Huber, agrarticker.de

und wurde zuerst im GetreideMagazin # 4. Juli 2023, veröffentlicht.

Zur Person

Dr. Alexander Schmithausen (36, r.) ist seit Juli 2023 neuer Geschäftsleiter der Düngekalk-Hauptgemeinschaft (DHG) im Bundesverband der Deutschen Kalkindustrie e. V., Köln. Der promovierte Agrarwissenschaftler kommt von Corteva Agriscience und vertritt nun die Interessen der Düngekalk-produzierenden Kalkwerke in Deutschland gegenüber Politik, Administration und anderen Institutionen. Schmithausen löst Dr. Reinhard Müller (l.) ab, der nach zwölf Jahren DHG-Tätigkeit in den Ruhestand geht. (da)

Höhere Effizienz auf sauren Böden
Der positive Effekt der Kalkdüngung ist in der Erhöhung der Erträge zu sehen. Nach den Berechnungen einer Studie würde eine Kalkung aller bodensauren landwirtschaftlichen Böden weltweit eine Steigerung der landwirtschaftlichen Erträge ermöglichen. Wesentliche Grundlagen für ertragreiche Böden sind genügend  pflanzenverfügbares Wasser und Nährstoffe im Boden. Daneben ist ein für die Kulturpflanzen günstiger pH-Wert im Boden ein weiterer Faktor. Somit hat die Kalkdüngung auf versauerten Böden positive Einflüsse auf viele Parameter, die die Bodenfruchtbarkeit ausmachen (Abbildung). Studien zeigen, dass Kalk eine fast ausgeglichene Treibhausbilanz aufweist und die Kohlenstoffspeicherung unterstützt. (da)