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1.300 Euro klingen verlockend

Alfred Hoffmann: "Eco Schemes dringend nachbessern"

Eine wirkliche Überraschung ist es nicht gewesen. Nach der ersten Auswertung der Agraranträge 2023 ist die Akzeptanz der neu eingeführten Öko-Regelungen in der Landwirtschaft ziemlich mau ausgefallen. Aufwand und Prämie stünden in keinem Verhältnis zueinander, lautet die Kritik. Mit Hochdruck arbeiten Bund und Länder daran, die Eco-Schemes attraktiver zu gestalten.

Wo es besonders bei der Akzeptanz der Betriebe hinsichtlich der Öko-Regelungen hakt und welche Änderungen geplant sind, darüber informierte Alfred Hoffmann, Abteilungsleiter im saarländischen Agrarministerium am DLG-Stand auf den Öko-Feldtagen vor Kurzem in Ditzingen. Dr. Klaus Erdle vom Amt für den ländlichen Raum Hochtaunuskreis/Hessen und ehemaliger DLG-Mitarbeiter war auch mit von der Partie.

Praxisnahe Vorgaben zur Fruchtfolge

Die Umsetzung der Öko-Regelungen wie Blühstreifen auf Ackerland, der Anbau vielfältiger Kulturen, Agroforst oder die Bewirtschaftung ohne Pflanzenschutz passe auf vielen konventionellen und ökologischen Betrieben nicht in den Ablauf, beschreibt Hoffmann die Situation. Das Bundesagrarministerium (BMEL) wolle lediglich an kleinen Schrauben drehen, um das Interesse an dem Prestigeprojekt zu steigern. Geplant ist, die Prämienhöhe zu optimieren, aber auch die Vorgaben zur Fruchtfolge sollen angepasst werden. Dazu hat das BMEL Ende Juni einen in Nuancen korrigierten Nationalen Strategieplan bei der EU-Kommission eingereicht. Gehen die Änderungen durch, sei ab 2024 mit hoffentlich praxisnäheren Eco-Schemes zu rechnen, hofft der Ministerialbeamte. Kurzweilig und praxisnah sprach Hoffmann am DLG-Stand über Vor- und Nachteile der sieben Öko-Regelungen.

Weitere Stilllegungen unwahrscheinlich 

Ausgesetzt war in diesem Jahr wegen des Ukrainekrieges die Öko-Regelung 1, „Flächen zur Verbesserung der Biodiversität“. Hier können weitere nicht-produktive Flächen auf Ackerland, die über die verpflichtende Brache von 4 Prozent (GLÖZ 8) hinausgehen, stillgelegt werden. Hoffmann hält diese Umweltleistung, die ab 2024 gilt, für durchaus attraktiv angesichts der hohen Prämie in Höhe von 1.300 €/ha für das erste Prozent Ackerland, das über die verpflichtenden vier Prozent Brache hinausgehe. Ob sich weitere Stilllegungen bei 500 €/ha für das zweite Prozent und 300 €/ha für das dritte und jedes weitere Prozent rechnen, hält der Experte allerdings für unwahrscheinlich.

Nullnummer Altgrasstreifen

Die weiteren Möglichkeiten in diesem Eco-Scheme - nämlich einer Anlage von Blühstreifen auf dem Acker oder von Altgrasstreifen auf Dauergrünland - bezeichnete Hoffmann als Nullnummer, so gering war das Interesse an dieser Maßnahme 2023. Daran werde deutlich, wie sehr die Maßnahmen am Schreibtisch entwickelt wurden und den Betrieben in der Umsetzung zu unbequem seien. Schließlich ist das alte überständige Gras kaum noch nutzbar, muss aber dennoch unter dem üblichen Aufwand gemäht und abgefahren werden. „Und das für wenig Geld“, so Hoffmann. Dann nehmen das die Betriebe auch nicht an.

Der Anbau von vielfältigen Kulturen mit fünf Fruchtarten unter Öko-Regelung 2 erzielte immerhin zusammen mit den Ländermaßnahmen aus der 2. Säule eine Akzeptanz von 65 Prozent auf Bundesebene. Hier bestünde, so Hoffmann, noch Optimierungsbedarf, was die Codierung der einzelnen Fruchtarten anbelange. Auch gebe es bei der Höhe der Prämie noch Luft nach oben.

Agroforst braucht Korrektur

Nachbesserungen müsse es auch für die Öko-Regelung 3, „Beibehaltung von Agroforst auf Ackerland und Dauergrünland“ geben. Da die Zahlung ausschließlich für den direkt mit Bäumen bepflanzten Streifen berechnet würde, müssten vergleichsweise große Flächen in Agroforstsysteme umgewandelt werden, um die verhältnismäßig kleine Prämie von 60 €/ha zu erhalten. Diese Maßnahmen hätten die Praktiker:innen nicht angenommen. Ein Anreiz wäre, die Förderung zu erhöhen.

Unkomplizierte Umstellung

Eine bundesweit mit 67 Prozent hohe Akzeptanz erzielte die Öko-Regelung 4: "Extensivierung des gesamten Dauergrünlands". Dauergrünland wird bereits in vielen Betrieben extensiv bewirtschaftet, denn die Umstellung ist vergleichsweise unkompliziert. Biobetriebe hätten jedoch das Nachsehen, da bei ihnen der Ackerfutterbau stark im Fokus steht, dieser aber nicht zur Kalkulation der Großvieheinheiten angerechnet wird.

Mit 180 Prozent total überzeichnet sei die Öko-Regelung 5 gewesen, "Extensive Dauergrünlandbewirtschaftung auch auf Einzelflächen mit vier regionalen Kennarten". Die Honorierung der Maßnahme beträgt in diesem Jahr 240 €/ha. Der Aufwand zur Kartierung sei für die vier Kennarten einmalig, so Hoffmann. Doch wegen des nassen Frühjahrs und damit starker Konkurrenz durch Gräser seien die Arten oft nicht deutlich für einen Nachweis in Erscheinung getreten. Wie der Nachweis in der Praxis funktioniere, dürfte sich nun im ersten Jahr zeigen.

Einjährige Testphase

Nicht gut angekommen ist mit 11 Prozent hingegen die Öko-Regelung 6, "Verzicht von Pflanzenschutzmitteln auf Ackerland und Dauerkulturen". Ein Anreiz, um in den Ökolandbau einzusteigen, wie sich das die Experten gewünscht hatten, sei das nicht gewesen. Die Idee war dabei, Betrieben die Möglichkeit zu geben, eine Bewirtschaftung ohne chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel auf ausgesuchten Flächen für ein Jahr zu „testen“. Auch hier erscheint die Prämienhöhe zu niedrig.

Die letzte Öko-Regelung 7, "Landbewirtschaftung in Natura 2000 Gebieten", bezeichnete Hoffmann als „Mitnahmeeffekt“. Die Teilnahme lag bei bundesweit 95 Prozent. Viel dazu beigetragen hätte die kurzfristige Prämienerhöhung von 30 auf 45 €/ha. Die Prämie mindere den höheren Aufwand bei der Bewirtschaftung.

Marke von 120 €/ha notwendig

Für reine Ackerbaubetriebe sei die Prämie von 45 €/ha zu wenig, um sich die Mühe zu machen, eine breite Fruchtfolge zu erarbeiten und diese im Betrieb einschließlich Technik und Anfangsschwierigkeiten zu etablieren, berichtete Fachbereichsleiter Erdle in der anschließenden Diskussion von seinen Erfahrungen. Anders gestalte sich die Überlegung bei Ökobetrieben. Derzeit diskutieren die Länder über eine Kombination dieser Öko-Regelung 7 mit Agrarumweltmaßnahmen der 2. Säule. 120 €/ha sei die Marke, die die Landwirtschaft für diese Maßnahmen benötige.

Der hessische Berater erwartet große Veränderungen in der Akzeptanz von Eco-Schemes nach dem ersten „Probejahr“ 2023, damit mehr Betriebe teilnehmen. Die Fördersätze müssen angehoben werden, wie bei den vielfältigen Ackerkulturen und Grünland. Bürokratische Hemmnisse sind abzubauen, lautet das Fazit der gut besuchten DLG-Veranstaltung.

Basisprämie aufgestockt

Und was passiert mit dem Geld, das nun nicht abgerufen wurde? Immerhin wurden für die Öko-Regelungen jährlich 1 Mrd. € eingestellt, wovon laut BMEL zunächst nur etwa 600 Mio. € beantragt wurden. Die 2023 nicht abgerufenen Gelder würden bis zu einem bestimmten Prozentsatz auf andere Öko-Regelungen umgelegt, und der Rest fließe in die Basisprämie 2023. Ziel des BMEL sei, einerseits die vereinbarten Umweltambitionen in den kommenden Jahren zu erreichen und andererseits das GAP-Budget aus Brüssel vollständig zu verausgaben. Ferner sollen die Erfahrungen in die Pläne zur Agrarreform ab 2027 zur Nachhaltigkeit einfließen.


Daphne Huber
Verantwortliche Redakteurin agrarticker.de
d.huber@dlg.org