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Die Düngersaison beginnt

Christian Bickert stellt fest: Die Lage wird kritisch

Es ist ein später Start in die Düngersaison in diesem Jahr. Normalerweise ist ein später Start mit frühzeitig sinkenden Preisen verbunden. Denn die Läger des Handels sowie die der Industrie sind voll und die ersten Verkäufer werden nervös. „Lieber die Preise senken, als auf Ware sitzen bleiben“ – so kennen wir das seit Jahren.

2022 ist das alles ganz anders. Die Läger sind leer, weil niemand auf einem noch unbekannt hohen Preisniveau Risiken auf sich nehmen will. Viele Landwirte haben noch nicht gekauft, weil sie bis zum Schluss auf etwas niedrigere Preise warten. Für die jetzt anstehende erste Gabe wird das nicht mehr funktionieren. Es gibt zweifelsohne genug Dünger, aber nicht immer an jedem Lager und in der richtigen Form. Und vor allem: Niemand weiß genau, wie sich der Krieg in der Ukraine auf die Preise auswirken wird. Reicht das Gas aus, um alle Fabriken am Laufen zu halten? Was kostet das Gas? Wer ersetzt auf dem Weltmarkt die Düngerlieferungen Russlands?

Auf jeden Fall wird der Start teuer, der Preisdruck durch niedrigere Harnstoffpreise auf dem Weltmarkt dürfte sich in sein Gegenteil verkehren. Die Aussicht, die dritte Gabe ab April günstiger kaufen zu können, löst sich gerade im Rauch der Raketeneinschläge auf. Unter diesen Umständen gibt es nur einen Rat, den ich bis zur Wochenmitte nicht gegeben hätte: Kaufen Sie Ihren noch ausstehenden Bedarf lieber heute als morgen. Es geht nicht darum, ob genug Dünger zur Verfügung stehen wird. Das dürfte gewährleistet sein. Aber zu welchem Preis und in welcher Form?

Es bleibt die große Frage, wieviel Prozent des Mineraldüngereinsatzes durch Wirtschaftsdünger ersetzt werden wird. Daraus ergibt sich möglicherweise genug Luft, um die Nachfrage zu decken. Aber gleich wie hoch dieser Ersatz aussehen mag: Den daraus erhofften Preisdruck zum Ende der Saison kann es kaum noch geben.

Und der Phosphor? Mangels eigener Produktion von DAP beziehungsweise TSP sind wir bei diesem Grundnährstoff völlig auf Importe angewiesen und damit vom Weltmarkt abhängig. Unser DAP kommt zu großen Teilen aus dem Baltikum, also aus Russland. Und auch ohne den Ukrainekonflikt zeigte der Markt schon keine Preisschwächen, was sowohl an den umfangreichen Käufen der Südamerikaner als auch an den fehlenden Exporten Chinas liegt. Es ist zu erwarten, dass P-Dünger bis zum Saisonende teuer bleiben. Noch mehr steht zu befürchten, dass die P-Versorgung unserer Böden leiden wird, weil die Einsparung bei der Düngung nicht sofort spürbar ist.

Auch beim Kali sind niedrigere Preise derzeit nicht in Sicht. Gerade erst vergangene Woche haben Inder und Chinesen neue Jahresverträge abgeschlossen – auf einem Rekordniveau. Vielleicht haben die Chinesen schon gewusst oder geahnt, dass etwas passieren wird. Jedenfalls haben sie einer Preiserhöhung um mehr als 100 Prozent zugestimmt. Mit dem Ausfall der Weißrussen (BPC hat force majeur erklärt, weil es sein Kali wegen der Sanktionen nicht mehr in Seehäfen transportieren kann) fehlen große Mengen auf dem Weltmarkt, was allein schon die Preise treibt. Jetzt dürfte auch russisches Kali in kleinerem Umfang zur Verfügung stehen. Im Westen gar nicht, in China und dem Vorderen Orient noch in Teilen.

Fazit: Wir müssen uns für das gesamte Frühjahr auf hohe Düngerpreise einstellen, vermutlich sogar auf weiter steigende Preise. Kali und Phosphor können frühestens im Mai den Rückwärtsgang einlegen. Bei diesen Nährstoffen zahlt es sich jetzt aus, wenn Sie in den Jahren mit niedrigen Preisen etwas in Ihren Acker investiert haben!