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Autoren:

  • Siv Biada
  • Henny-Catharina Grewe
  • Dr. Anita Kirmer
  • Sandra Mann

mit Unterstützung von Isabell Faroß

 

Deutschland verfügt über ca. 11,8 Mio. Hektar Ackerland. Davon sind etwa 1/3 erosionsgefährdet. Nach Angaben des Bundesinformationszentrums Landwirtschaft gehen dadurch jährlich zwischen 1,4 und 3,2 Tonnen Boden pro Hektar verloren. Regional sind sogar Verluste von bis zu 50 Tonnen pro Hektar und Jahr möglich, was etwa 5 mm abgetragenem Boden pro Jahr entspricht.

Auf Grund der Lage lassen sich einige Faktoren mit großem Einfluss nicht oder nur sehr geringfügig beeinflussen, andere hingegen bieten Ansatzpunkte, das Risiko zu minimieren. 

Nicht beeinflussbare Faktoren, denen jedoch durch Maßnahmen entgegengewirkt werden kann:

  • Klimatische Bedingungen/Witterung – Erosion kann bereits durch Niederschlagsereignisse von 10 mm/m² ausgelöst werden. Dabei sind es in den Wintermonaten vor allem die länger anhaltenden Regenperioden und im Sommer die kürzeren Starkregenereignisse, was somit ganzjährig zu Bodenerosion führen kann. Auf Grund sich ändernder klimatischer Bedingungen muss künftig mit einer Zunahme derartiger Ereignisse gerechnet werden.
  • Standort – Mit steigendem Gefälle ist die Erosionsanfälligkeit deutlich erhöht. Bereits ab einem Gefälle von 2 % kann es verstärkt zu Bodenero­sion kommen. 
  • Bodenart – Entscheidend ist die Korngrößenzusammensetzung des Bodens. Böden mit hohen Schluff-Anteilen sind besonders erosionsanfällig. Steinige und humushaltige Böden bieten einen verbesserten Schutz vor den auftreffenden Regentropfen.

Beeinflussbare Faktoren:

  • Hanglänge (Flurgestaltung, Geome­trie und Größe der Ackerfläche) – Der Einfluss der Hanglänge bemisst sich aus der Strecke, die ohne Barrieren und Hindernisse für den Abfluss des Wassers zur Verfügung steht. Je länger die Hanglänge ist, desto größer wird das Risiko. Bei starkem Gefälle haben auch geringe Fließstrecken ein hohes Risiko.
  • Kulturarten (Vielfalt und Abfolge der Kulturarten) – Die angebauten Kulturarten beeinflussen den Grad der Bodenbedeckung zu bestimmten Zeiten im Jahresverlauf. Besonders Hackfrüchte, wie Mais und Zuckerrüben, garantieren erst sehr spät nach der Aussaat eine Bodenbedeckung von mehr als 30 Prozent, die als Minimum für einen wirksamen Schutz des Bodens gilt. Darüber hinaus sorgt ein vielfältiger Anbau für unterschiedliche Durchwurzelungstiefen, Ernterückstände und ein aktiveres Bodenleben, was das Infiltrationsvermögen des Bodens positiv beeinflusst.
  • Bearbeitungsrichtung (Anordnung der Bearbeitungsrichtung zum Gefälle) – Die Bearbeitungsrichtung und Bestellung sollte idealerweise, soweit technisch möglich, hangparallel quer zum Gefälle erfolgen. Dies gilt besonders für die Fahrspuren auf einer Ackerfläche.
  • Bearbeitungssystem (Bestellweise und -intensität) – Einen großen Einfluss hat die Intensität der Bearbeitung. Eine vor der Aufprallenergie des Regens schützende Mulchauflage reduziert das Risiko deutlich. Vorteilhaft sind Minimalbodenbearbeitungssysteme mit ganzjähriger Bodendeckung und gutem Infiltrationsvermögen.
  • Begrünung von erosionsgefährdeten Abflussbahnen sowie die Verwendung von Untersaaten gewährleisten eine zuverlässige Bodenbedeckung.

Die detaillierten Entstehungswege und Einflussfaktoren für die Entstehung von Bodenerosion durch Wasser sind in Abbildung 1 dargestellt.

Multifunktionale Erosionsschutzstreifen sind neben Maßnahmen wie Hecken, Agroforstsystemen und Blühstreifen optimal geeignet, die Erosionsgefährdung auf Ackerschlägen deutlich zu verringern und eine wichtige Ergänzung des Ackerkonzeptes. Erosionsschutzstreifen sollten mehrjährig angelegt werden und können aktuell im Rahmen des Greenings auch länger als 5 Jahre bestehen bleiben, so dass ihr Ackerstatus erhalten bleibt. Hier müssen für die neue Förderperiode entsprechende Regelungen gefordert und abgewartet werden.

Rechtliche Grundlage
Konkrete Regelungen zum Erosionsschutz finden sich insbesondere im Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) (2) und in der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) (3).

Das Bodenschutzrecht verpflichtet zur Vorsorge (§ 7 BBodSchG) und Gefahrenabwehr (§ 4 BBodSchG), um schädliche Bodenveränderungen unter anderem durch Erosion zu vermeiden (2). Beachten müssen dies Grundstückseigentümer und Flächenbewirtschafter, insoweit durch ihre Nutzung auf dem Grundstück oder in dessen Einwirkungsbereich schädliche Bodenveränderungen hervorgerufen werden können.

Landwirt:innen erfüllen die Vorsorgepflichten in der Regel durch die Umsetzung der Grundsätze der guten fachlichen Praxis nach § 17 BBodSchG, womit Bodenabträge durch eine standortangepasste Nutzung möglichst vermieden werden.

Synergien zwischen  Erosionsminderung und Biodiversitätsstärkung nutzen

Multifunktionale, artenreiche Erosionsschutzstreifen sorgen für eine ganzjährige Bodenbedeckung, verbessern die Bodenstruktur, das Infiltrationsvermögen der Böden und verkürzen die Hanglänge, was zur Reduzierung der mechanischen Kraft des Wassers beiträgt. Sie können durch Ansaaten von Gras-Kraut-Mischungen oder reinen Kräutermischungen angelegt werden. Besonders geeignet sind Mischungen aus gebietseigenem Wildpflanzensaatgut, da diese nicht nur ingenieurbiologisch äußerst wirksam sind, sondern zusätzlich auch die regionale Artenvielfalt fördern. Durch die Verwendung arten- und kräuterreicher Mischungen entstehen dringend benötigte Nahrungshabitate, Brutplätze sowie Rückzugsräume für viele verschiedene Arten(-gruppen), welche ebenfalls als wichtige Biotop-Trittsteine im Landschaftsraum wirken.

Worauf ist bei der Anlage zu achten?

  • In Abhängigkeit von der Hanglänge sollten zum Beispiel entlang der Höhenlinien im Schlag ein bis mehrere Erosionsschutzstreifen angelegt werden. Auch am Hangfuß können bei geringeren Hanglängen (von bis zu 100 m) Streifen etabliert werden, durch die angrenzende Strukturen geschützt werden.
  • Die Zuwegung sollte ganzjährig gegeben sein, damit notwendige Pflegeschnitte durchgeführt werden können.

Für einen wirksamen Erosionsschutz sollte eine Mindestbreite von 10 m ermöglicht werden, wobei hier eine Anpassung an die betriebsindividuellen Arbeitsbreiten erfolgt. Je breiter die Streifen sind, desto wirksamer sind sie und um so höher sind auch die Synergien zum Biodiversitätsschutz

  • Größere Flächen haben eine höhere ökologische Wirksamkeit, z. B. als Habitat
  • Bei großen Flächen sind die Randeffekte geringer (z. B. erhöhter Pflegeaufwand durch das Einwachsen unerwünschter Arten/Gräser)
  • In breiten Strukturen lässt sich eine abschnittsweise Pflege für einen effektiven Erosions- und Biodiversitätsschutz gut umsetzen.

Welche Mischungen sind dauerhaft erfolgreich und worauf ist bei der Saatgut­mischung zu achten?

Um eine gute Vegetationsstruktur und Rauigkeit für den Erosionsschutz zu erreichen und gleichzeitig ein breites Nahrungsspektrum für verschiedene Tierarten zu etablieren, wird dringend die Verwendung zertifizierter, gebietseigener Saatgutmischungen aus mind. 20 Wildpflanzenarten (davon mind. 19 Wildkräuter und je nach Nutzung und Standort Ergänzung um 3 bis 7 Wildgräser mit geringen Mengenanteilen empfohlen:

  • Keine Nutzung der Biomasse → Verwendung reiner Wildkräutermischungen oder Mischungen mit einem hohem Kräuteranteil und niedrigem Gräseranteil (mind. 19 Wildkräuter, bis 3 Untergräser, so dass weniger Biomasse anfällt). Abschnittsweise erfolgt ein (hoher) Mulchschnitt; hohe Kräuteranteile wirken sich günstig auf die Entwicklung, die ingenieurbiologische Wirksamkeit und biodiversitätsfördernde Wirkung aus. 
  • Bei Schnittnutzung/Futtergewinnung/Beweidung → Mischungen aus mind. 19 Wildkräutern und bis zu 7 Ober- und Untergräsern.
  • Flächen, auf denen vor Anlage der Erosionsschutzstreifen bereits Grasbestände vorhanden waren und die nicht für die Mahdgutgewinnung genutzt werden sollen, sollten mit reinen Kräutermischungen eingesät werden, da die Gräser i. d. R. wieder durchwachsen werden.
     

Wie gelingt die Anlage?

  • Gründliche Bodenbearbeitung (Stoppelbearbeitung, Fräsen, Grubbern) zur Herstellung eines feinkrümeligen Saatbetts für Feinsämerei
  • Spätsommer-/Herbstaussaat (empfohlen) – von August bis Anfang Oktober in Regionen mit Vorsommer-/Frühjahrstrockenheit
  • Frühjahrsaussaat – sobald die Witterung eine Einsaat zulässt: ca. Februar bis spätestens Mitte/Ende April 
  • Saatgut nur oberflächig „aufrieseln“/ablegen (Wildpflanzen sind Lichtkeimer), hierbei Striegel und Säschare hochstellen!
  • Anwalzen für einen guten Bodenschluss 
  • Wichtig: Geduld! 
    Wildpflanzen brauchen 10-14 Tage durchgehende Feuchte zur Keimung und haben deutlich längere Entwicklungszeiten als Kulturarten, können dann jedoch viele Jahre stehen bleiben. 
  • Frühzeitige Planung: insbesondere in den Hauptanlagezeiten März/April und August/September ist ggf. mit längeren Lieferzeiten für Saatgut zu rechnen

Beispielarten, die sich erfolgreich etablieren lassen und für frische bis trockene Standorte geeignet sind:

Wissenschaftlicher NameDeutscher Name
Achillea millefoliumGewöhnliche Schafgarbe
Agrostis capillarisRotes Straußgras
Agrostis giganteaRiesen-Straußgras
Anthemis tinctoriaFärber-Hundskamille
Arrhenatherum elatiusGlatthafer
Centaurea jacea ssp. jaceaWiesen-Flockenblume
Cichorium intybusGewöhnliche Wegwarte
Crepis biennisWiesen-Pippau
Dactylis glomerataWiesen-Knäuelgras
Daucus carotaWilde Möhre
Festuca pratensisWiesen-Schwingel
Festuca rubraGewöhnlicher Rot-Schwingel
Festuca rupicolaFurchen-Schafschwingel
Galium albumWeißes Labkraut
Galium verumEchtes Labkraut
Hypericum perforatumEchtes Johanniskraut
Hypochaeris radicataGewöhnliches Ferkelkraut
Knautia arvensisWiesen-Witwenblume
Leucanthemum vulgareWiesen-Margerite
Leontodon hispidusSteifhaariger Löwenzahn
Linaria vulgarisGewöhnliches Leinkraut
Lotus corniculatusGewöhnlicher Hornklee
Malva moschataMoschus-Malve
Malva sylvestrisWilde Malde
Pastinaca sativaWilder Pastinak
Poa angustifoliaSchmalblättriges Rispengras
Prunella vulgarisKleine Braunelle
Salvia pratensisWiesen-Salbei
Scorzoneroides autumnalisHerbst-Schuppenlöwenzahn
Silene-ArtenLichtnelken, Leimkräuter
Trifolium pratenseRot-Klee
Verbascum-ArtenKönigskerzen

Wie erfolgt die optimale Pflege?

Entwicklungspflege  (i. d. R. 1. Standjahr)

  • Bei Aufkommen unerwünschter Pflanzenarten aus der Bodensamenbank, z. B. dichte Bestände von Kamille, Besenrauke, Melde und Amarant, wird ein hoher Mulch-/Schröpfschnitt (hohes Abschlegeln) in ca. 20 cm Höhe empfohlen. Der Schnitt erfolgt i.d.R. vor der Fruchtreife der Arten, wenn die Bestände ca. kniehoch sind.
  • Durch den hohen Schnitt werden die kleinen Jungpflanzen der Ansaatarten geschützt und die Konkurrenz unerwünschter Arten reduziert. Das Material kann auf der Fläche verbleiben, sollte aber nicht als Schwad abgelegt werden. Schröpfschnitte sind bei Neuanlagen mit starken Aufwuchs unerwünschter Arten zum Teil bereits im Mai/Juni empfehlenswert. Hier sind entsprechende Sperrzeiten zu beachten und ggf. Ausnahmen zu klären. Hinweis: KANN, kein MUSS.

Folgepflege (ab 2. Standjahr)

  • Möglichst hälftige Mahd oder hoher Mulch-/Schröpfschnitt, sodass immer Rückzugsbereiche für die Tierwelt und hinsichtlich des Erosionsschutzes wirksame Vegetationsbestände erhalten bleiben.
  • Mahd mit Nutzung (Mahdgutentnahme): Mahd der Teilflächen im Abstand von mind. 2 bis 3 Wochen, bis auf der zuerst gemähten Flächen wieder Ve­ge­tationsstrukturen entwickelt sind. Ggf. sind Sperrzeiten in Abhängigkeit vom gemeldeten Nutzungscode zu beachten.
  • Mulchen/ Schröpfen: Eine Hälfte nach Brut- und Setzzeit (ca. Anfang/Mitte Juli) und die andere Hälfte z. B. im Spätherbst.
  • Bei Möglichkeit zum Aussetzen der Mindesttätigkeit empfiehlt sich eine jährlich rotierende Pflege auf Teilbereichen.
  • Die jeweils geltenden Regelungen der Länder zur Sperrzeit (01.04.-30.06.) und möglichen Ausnahmen davon sind jeweils zu beachten und zu prüfen.

Die in einzelnen Bundesländern zum Teil vorhanden rechtlichen Vorgaben und/ oder Vorgaben spezifischer Förderprogramme für die Anlage von Erosionsschutzstreifen (z. B. die Erosionsschutzverordnung (ESchV 2016) in Bayern) sind entsprechend zu beachten.

Was bringt es und wem hilft es?

Von diesen Maßnahmen profitiert die Landwirtschaft, die ihre Produktionsgrundlage Boden schützt, genauso wie die Bevölkerung, deren Hab und Gut damit wirksam vor abschwemmendem Boden bewahrt werden kann. Darüber hinaus lassen sich auch wertvolle, blütenreiche Wildkräuterbestände wieder in der Agrarlandschaft etablieren. Diese regionalen Wildpflanzen haben eine hohe tierökologische Relevanz. Über Jahrhunderte der Evolution haben sich die hiesigen Tierarten an die Pflanzenarten angepasst und umgekehrt. Somit gibt es Tierarten, insbesondere unter den Insekten, die von ganz bestimmten Pflanzengattungen, manchmal sogar Pflanzenarten, abhängig für ihre Ernährung sind.

Je nach Pflanzenart profitieren bis zu über 50 verschiedene heimische Insektenarten von den Pflanzenarten der regionalen Wildpflanzen-Mischungen. Beispielsweise wird der Gewöhnlicher Hornklee (Lotus corniculatus) von 45 verschiedenen Insektenarten (36 Tagfaltern, 13 hochspezialisierten Wildbienenarten), die Wiesen-Witwenblume (Knautia arvensis) von 44 Tagfalterarten und 18 verschiedenen Wildbienenarten und die Gemeine Schafgabe (Achillea millefolium) von 51 Tagfaltern und über 20 Wildbienenarten als Nahrungsquelle genutzt.

Quellen

  • Bräunig, A., Schmidt, W. und Tenholtern, R. (2015): Begrünung von erosionsgefährdeten Abflussbahnen, Broschüre des Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG).
  • Brunotte, J. (2003): Handlungsempfehlungen zur guten fachlichen Praxis: Bodenerosion mindern, Bodenleben fördern. Landbauforschung Völkenrode Sonderheft 256, 79–86.
  • Duttmann, R. (2001): Bodenfeuchte als Steuergröße der Bodenerosion. In: Geographische Rundschau 53 (5), S. 24.
  • Kistler, M., Brandhuber, R. & Maier, H. (2013): Wirksamkeit von Erosionsschutzmaßnahmen. Schriftenreihe des Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL).
  • Pecoroni, D. & Peter, M. (2021): Bodenschutz in Hessen – Anlage von Erosionsschutzstreifen. Broschüre Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (HMUKLV).

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