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Landwirt Burkhard Voß

„Die Süßlupine hat mir neue Vermarktungswege erschlossen“

Auf der Suche nach einem zweiten Standbein zur Sauenhaltung ist der westfälische Landwirt Burkhard Voß schließlich beim Anbau der Süßlupine gelandet. Seit vier Jahren und intensiver Beschäftigung mit der Vermarktung von pflanzenbasierten Produkten betreibt er mittlerweile das Lebensmittelunternehmen „Eickenbecks Hofgenuss“. Auf den DLG-Feldtagen 2024 steht Burkhard Voss seinen Berufskollegen und -kolleginnen im Rahmen der Praktiker-Sprechstunde zum Projekt „alternative Anbaukulturen“ an der DLG-Plaza zur Verfügung. Im Interview gibt er vorab Einblicke in seinen Erfahrungsschatz im Aufbau neuer Vermarktungswege und Betriebsstandbeine.

DLG: Welche alternativen Anbaukulturen bauen Sie auf Ihrem Betrieb an?

Wir haben eine alternative Kultur im Anbau, und das ist die Süßlupine. Die Lupine bauen wir auf einer Fläche von zwei bis vier Hektar an. Ansonsten haben wir Raps, Weizen, Gerste und Mais in der Fruchtfolge auf einer Anbaufläche von insgesamt 180 Hektar.

Wie ist der Entschluss entstanden, die Lupine mit in die Fruchtfolge aufzunehmen?

Das ist eine lange Geschichte. Wir halten auf unserem Betrieb 230 Sauen im geschlossenen System und waren auf der Suche nach einem alternativen Standbein zur Schweinehaltung. Dabei habe ich mich zunächst mit Aquakultur, also Fischen, und dann mit Insekten beschäftigt. Durch die Auseinandersetzung mit diesen Themen habe ich mehr und mehr Kontakte im Lebensmittelbereich geknüpft. Meine erste Idee war, auf den Trend Insektenburger zu setzen. So bin ich schließlich über den Umweg der alternativen Proteine zur Lupine gekommen.

Wie genau?

Ich habe mich über die Zusammensetzung der Patties von Insektenburgern und pflanzlich basierten Burgern befasst und dabei festgestellt, dass quasi in jedem fleischlosen Burgerpattie Soja enthalten ist. Und das wollte ich als westfälischer Bauer nicht hinnehmen und habe nach einer Alternative gesucht, die auch in meiner Region gut funktioniert. Ich habe dann Kontakt zur Fachhochschule für Ökotrophologie, also Ernährungswissenschaften, in Münster aufgenommen. Studierende dort haben die Süßlupine als gute und gesunde Alternative zur Sojabohne in der menschlichen Ernährung identifiziert. Mit dem Wissen habe ich mich schließlich für die Lupine entschieden, statt auf Insekten zu setzen. Im Frühjahr 2019 habe ich dann erstmalig Lupinen auf einer Fläche von drei Hektar angebaut und im August schließlich geerntet. Die Größenordnung im Anbau habe ich seitdem beibehalten.

Burkhard Voß bewirtschaftet einen Betrieb für Ackerbau und Sauenhaltung in Rinkerode im Kreis Warendorf in Nordrhein-Westfalen. Neben der Süßlupine hat er Raps, Weizen, Gerste und Mais auf einer Fläche von rund 180 ha im Anbau. Zudem betreibt er das Lebensmittelunternehmen „Eickenbecks Hofgenuss“ mit einem Online-Shop für diverse Lupinen basierte Produkte vom Lupinen-Kaffee über Brotaufstriche bis hin zu Bratwürsten. Ein Food-Trailer, der für Veranstaltungen gebucht werden kann, läuft ebenfalls unter der Marke Eickenbecks Hofgenuss.

Mehr Informationen: www.eickenbecks-hofgenuss.de

Was waren die größten Herausforderungen dabei, diese Kultur in der Fruchtfolge zu etablieren?

Ich sage immer: Wir Landwirte können im Prinzip alles anbauen. Die größte Herausforderung für uns ist mit Abstand die Vermarktung.

Wie haben Sie diese Herausforderung gemeistert?

Ich habe ein Förderprogramm für Innovationen durch kleinere mittelständische Unternehmen des Landes NRW in Anspruch genommen. Dadurch war es mir möglich, gemeinsam mit Studierenden eine Produktentwicklung durchzuführen. Dabei wurde zunächst analysiert, für welche Produkte ein Markt vorhanden ist: In meinem Beispiel waren das Burgerpatties, Falafel oder Brotaufstriche wie Hummus. Und dann ging es darum, sich Vermarktungswege zu erschließen.

Wie haben Sie das gemacht?

Ich habe Kontakt zu regionalen Verarbeitern gesucht, wie einer Fleischerei, die für mich inzwischen die Falafel und Lupinen-Patties produziert. Auch in die Gastronomie habe ich mich vernetzt. Im Dezember 2020 habe ich dann eine Lebensmittelfirma gegründet und bin mit ersten Produkten an den Start gegangen.

Wie schätzen Sie die weitere Vermarktungsperspektive ein?

Wir arbeiten intensiv daran, dass wir bekannter werden. Wir wollen stärker im Lebensmitteleinzelhandel, kurz LEH, gelistet werden. Momentan bestehen bereits erste Kontakte zum regionalen LEH, da sind wir auch gelistet.

Das ist dem Vernehmen nach schwierig, in den LEH reinzukommen, zu guten Konditionen…

Deshalb stehen wir in erster Linie mit vom großen LEH unabhängigen Händlern und den inhabergeführten Filialen in Kontakt, den regionalen Märkten unabhängiger Kaufleute. Das funktioniert nach meiner bisherigen Erfahrung recht gut.

Inwiefern ist der Lupinen-Anbau wirtschaftlich attraktiv?

Das ist ein kleiner Markt, und für uns tragfähig, weil wir noch die Sauenhaltung als weiteres, sicheres Standbein haben. Außerdem haben wir uns die Absatzwege in der Nische intensiv erarbeitet. Aber ich bin überzeugt davon, dass der Markt wächst. Und außerdem habe ich durch die Beschäftigung mit der Lupine auch neue Alternativen für die Vermarktung im Schweinebereich im Blick.

Inwiefern?

Ich habe gute Kontakte in die regionale Gastronomie hinein und zu kleineren Verarbeitern. Diese Vermarktungswege will ich verstärkt besetzen, als Alternative zu den großen Abnehmern im Fleischbereich. Im Übrigen betreiben wir seit April dieses Jahres einen Food-Trailer, einen Imbisswagen, und können dabei beides bedienen: Essen aus Schweinefleisch und unsere Lupinen-Burger, Lupinen-Falafel und Lupinen-Currywurst.

Sie machen mit bei den Praktiker-Sprechstunden auf den Demoparzellen für alternative Anbaukulturen an der DLG-Plaza bei den DLG-Feldtagen 2024 in Juni auf Gut Brockhof: Was wollen Sie Ihren Berufskollegen und Berufskolleginnen vermitteln?

Zunächst einmal will ich zeigen, dass es Spaß macht, sich mit neuen Kulturen und Vermarktungswegen zu beschäftigen. Aber darüber hinaus ist es mir auch wichtig, zu vermitteln, dass das sehr viel Arbeit bedeutet, vor allem, sich eine funktionierende Vermarktung aufzubauen. Den Entschluss, auf eine neue Kultur zu setzen, die ganz andere Vermarktungswege benötigt als der ackerbauliche Mainstream, sollte niemand leichtfertig fassen. Auch für mich war das viel Aufwand, ich konnte aber eine eigene Arbeitskraft für Vermarktung und Vertrieb einstellen. Und diese Arbeitskraft brauchen wir auch.  


Interview: Stefanie Pionke, "DLG-Newsroom"

Alternative Anbaukulturen auf den DLG-Feldtagen

Klimawandel, Wirkstoffwegfall, Anbaudiversifizierung, Einkommensalternativen – Dies sind nur einige Gründe für landwirtschaftliche Betriebe, Alternativen zu den bisherigen Kulturarten zu suchen. Die DLG stellt auf den Feldtagen mit ihrem Projekt „alternative Anbaukulturen“ acht bisher wenig verbreitete Kulturen in Demoparzellen auf den DLG-Feldtagen am DLG-Stand „DLG Plaza“ (Stand-Nr. VG 15) vor: Neben der Lupine sind dies Hanf, Linse, Hirse, Kichererbse, Leindotter, Mohn und Südkartoffel.
Die DLG-Feldtage 2024 finden von Dienstag, den 11. Juni, bis Donnerstag, den 13. Juni, auf Gut Brockhof bei Erwitte (Kreis Soest, Nordrhein-Westfalen) statt. Jeweils Dienstag, Mittwoch und Donnerstag von 13 bis 14 Uhr stehen Praktiker und Praktikerinnen wie Burkhard Voss ihren Berufskolleginnen und -kollegen im Rahmen einer Sprechstunde für Fragen zu alternativen Anbaukulturen zur Verfügung.