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Raps: Von hinten überrollt

In den meisten Regionen Deutschlands waren die Voraussetzungen für die Rapsaussaat 2019 ordentlich. Manche schafften es, die Saat kurz vor einem mäßigen Landregen in den Boden zu bringen. Beste Voraussetzungen für einen erfolgreichen Feldaufgang.

Wie immer hatten nur wenige Tage Unterschied im Aussaatzeitpunkt oder auch die Sortenwahl große Auswirkungen auf die Entwicklung der Bestände. Wehe dem, der etwas später säte. Er verpasste Niederschlag und verlor wichtige Tage in der Entwicklung. Auch Sorten differenzierten stark in ihrer Vitalität und Wachstum. Der Schädlingsdruck jedoch war im Herbst 2019 je nach Standort weniger stark als so mancher erwartete.

Die Rapsbestände gingen somit teils gar am selben Standort sehr unterschiedlich in den Winter. Der eine Schlag entwickelte sich vorzüglich und präsentierte gesunde Rosetten und starke Wurzelhalsdurchmesser. Andere zeigten sich eher als Nachzügler mit nicht ganz so gleichmäßigem Feldaufgang und langsamer Entwicklung.

Doch der Winter zeigte sich gnädig. Bis in die ersten Monate im neuen Jahr war kaum Frost zu verzeichnen, und selbst dieser machte seinem Namen nicht viel Ehre. Die Temperaturen sanken selten unter -5 °C und selbst dann nicht für lange. Das kann Raps gut ab und so hatte er die Möglichkeit, sich sogar über den Winter weiter zu entwickeln. Dies kam vor allem den schwächeren Beständen zu Gute, die zwar weiterhin etwas hinterher waren, aber gesund und robust blieben.

Mit dem Februar dieses Jahres begannen die ersten andauernden Niederschläge. Die Ackerbauern freuten sich über die sich nun füllenden Bodenwasserspeicher, gab es so andauernde Niederschläge in den vergangenen Jahren doch nur selten. Doch wie immer gibt es auch ein Zuviel des Guten. Was der Boden anfangs noch gut wegsteckte, wurde auf manchen Standorten zum Problem: Wassergesättigter Boden verhinderte eine gute Durchlüftung mit negativen Auswirkungen auf die Wurzeln und somit Nährstoffaufnahme der Pflanzenbestände. Die fehlende Tragfähigkeit des Bodens ließ die Düngezeitpunkte nach hinten verschieben, und Landwirte mit organischer Düngung sahen die Zeitfenster ihrer Ausbringung sowie das Güllelagervolumen dahinschmelzen.

Anfang März wurden die Tage länger und die Temperaturen stiegen. Die Felder trockneten unter der hohen Einstrahlung und den oftmals windigen Verhältnissen schnell ab. Die Landwirte verbrachten die Tage mit der Düngung ihrer Schläge. Auf schweren Standorten bildeten sich durch die schnelle Austrocknung starke Verkrustungen, die so mancher – je nach Anbausystem – mit Hacken wieder aufbrach, um die Durchlüftung des Bodens zu ermöglichen.

Der Raps bedankte sich für Wasser, Licht und vor allem die hohen Temperaturen und streckte sich in die Höhe. So standen viele Landwirte hilflos vor ihren Beständen, während die Temperaturen an sonnigen Tagen auf knapp 20 °C kletterten, um nachts auf -8 °C zu fallen. Die prallgefüllten und kaum abgehärteten Rapsstängel hatten dem wenig entgegenzusetzen. Stängel platzten, knickten teils um oder bieten nun verschiedenen Krankheiten einfache Eingangspforten. Unabhängig davon werden die ersten Bestände in Kürze in die Blüte gehen.

Die noch vor wenigen Tagen vorherrschende gute Stimmung ob der gesunden und gut entwickelten Rapsbestände wich der jähen Erkenntnis, dass der Raps wieder einmal kaum Aussicht auf zufriedenstellende Erträge bietet. Ganz im Gegenteil, teilweise brechen Bestände zusammen und der Aufwand, angeschlagene Rapsbestände durch die Saison zu bringen, stieg mit diesen wenigen kritischen Tagen immens.

Doch der Blick auf die vormaligen Nachzügler auf dem Nachbarschlag zeigt noch ein anderes Bild. Ob auf Grund von Sorte oder Anbaumethode/-zeitpunkt, wurden die später entwickelten Bestände kaum von den Temperaturkapriolen betroffen. Durch die Verzögerung ihrer Entwicklung setzte die Streckung noch nicht ein. Die Rosette blieb am Boden, die Stängel kurz. Erst jetzt, nach den frostigen Tagen, erwachen sie so richtig zum Leben. Ob solche Bestände Hocherträge liefern, ist wohl ebenfalls nicht zu erwarten. Vitaler und einfacher im Bestandesmanagement gehen sie nun in die Saison, was schlussendlich nicht zu höchsten, aber stabilen Erträgen führen kann.

Was man als Landwirt in diesen Tagen – unter Vorbehalt der weiteren Entwicklungen in der Vegetation – lernen kann, lautet wohl wie folgt:

  • Die Düngung im Frühjahr wird unter den gegebenen Rahmenbedingungen – seien sie politisch oder natürlich – immer schwieriger.
  • Raps war, ist und wird in Zukunft weiter keine einfache Kultur sein.
  • Sein Anbau ist auf mannigfaltige Risiken abzustimmen. Das kann heißen, dass in allen Bereichen sogar ein einzelner Betrieb auf Diversität setzen muss: Diversität im Aussaattermin, in der Sorte als auch in seinem Anbausystem.