EuroTier 2024: Schaufenster für innovative Futtermittel

EuroTier 2024: 12. bis 15. November 2024 in Hannover – Leitthema der diesjährigen EuroTier: „We innovate animal farming“ – Mithilfe effizienter Futterwirtschaft den Flächenbedarf für den Futteranbau senken – Bei alternativen Proteinquellen für die Tierernährung den aktuellen Erkenntnisstand und noch offene Fragen diskutieren – www.eurotier.com

Futtermittel spielen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, die Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung abzusichern. In Zukunft wird die Bedeutung von solchen Futtermitteln noch weiter zunehmen, die nicht in direkter Lebensmittelkonkurrenz zum Menschen stehen. Tierhalter können heute bereits einiges tun und mithilfe effizienter Futterwirtschaft den Flächenbedarf für den Futteranbau senken. Bei den vorstellbaren alternativen Proteinquellen für die Tierernährung als Ersatz für Raps, Soja & Co. sind hingegen noch Fragen offen. Darum geht es unter anderem auf der EuroTier 2024, die vom 12. bis 15. November 2024 in Hannover stattfindet.

Die weltweit verfügbare Ackerfläche je Mensch nimmt bedrohlich ab. Standen 1970 rund vier Milliarden Menschen gut 3.800 Quadratmeter pro Person zur Verfügung, waren es 2023 bei rund doppelt so vielen Erdbewohnern nur noch 1.800 Quadratmeter – Tendenz weiter sinkend. Verschärft wird die Situation durch die weiter wachsende Weltbevölkerung, aber auch infolge eines wachsenden Fleischkonsums im Zuge steigender Einkommen, der zu einer weiteren Erhöhung der Tierproduktion und damit auch des Flächenbedarfes für die Nutztierhaltung führt.

Nahrungskonkurrenz zum Menschen vermeiden

Um eine nachhaltige Ernährung der Menschen langfristig zu sichern, müssen die bestehenden Ressourcen effizient genutzt und Alternativen zur bestehenden Lebensmittelerzeugung gefunden werden. Dabei muss auch der Bereich Futtermittel betrachtet werden. Nutztiere verbrauchen zwar aktuell etwa ein Drittel der Weltgetreideernte und mehr als vier Fünftel der Weltsojaernte, dies muss allerdings im Gesamtkontext von Flächennutzungs- und Ressourceneffizienz sowie weiteren Einflussfaktoren betrachtet werden. Nichtsdestotrotz muss eine direkte Nahrungskonkurrenz zum Menschen so weit wie möglich verhindert oder zumindest reduziert werden.

Dieser Nahrungskonkurrenz kann auf verschiedenen Wegen begegnet werden:

  • Biomasse muss konsequent in der Reihenfolge Teller – Trog – (Trog) – Tank betrachtet und auf jeder einzelnen Stufe eine möglichst hohe Nutzungseffizienz angestrebt werden.
  • Biomasse, die von Menschen nicht gegessen werden kann, sollte zuerst für die Nutztierfütterung erschlossen werden.
  • Tierhalter müssen durch konkrete Kenntnis der Ernte- und Futtermengen die Biomasseströme auf dem Betrieb steuern und dabei Futterverluste möglichst gering halten, um so auch den Flächenbedarf für den Anbau von Futterpflanzen zu senken.
  • Alternative Proteinquellen, wie Insekten oder Algen mit geringem Anspruch an landwirtschaftlicher Fläche, können darüber hinaus in Abhängigkeit von der Überlegung der direkten Verfütterung der nicht essbaren Biomasse an andere Tierarten wie Wiederkäuer, Schweine oder Geflügel ebenso für die Herstellung von Futtermitteln für diese Tierarten genutzt werden.

Nicht essbare Biomasse stärker verfüttern

Ein Weg, um die Nahrungskonkurrenz zu vermindern, kann darin bestehen, nicht vom Menschen direkt essbare Biomasse für die Fütterung von Nutztieren zu nutzen. Der überwiegende Anteil agrarischer Biomasse kann vom Menschen nicht gegessen werden, wie solche aus nicht ackerfähigem Dauergrünland oder aus dem Anbau von Zwischenfrüchten. Aber auch bei Nutzpflanzen eignet sich der Großteil der geernteten Biomasse nicht als Lebensmittel. Nur knapp 20 Prozent an pflanzlicher Nahrung aus Ernteprodukten können Menschen direkt essen. Durch die Verfütterung der nicht essbaren Biomasse an Nutztiere lässt sich aus derselben Ackerfläche noch einmal nahezu die gleiche Menge Lebensmittel durch Nutztiere erzeugen, ohne dass es zu einer Nahrungskonkurrenz mit den Menschen kommt.

Eine Sonderrolle nehmen in diesem Zusammenhang die Wiederkäuer ein, die mit ihrem über die Evolution entwickelten, einzigartigen Vormagensystem in der Lage sind, die für Menschen und auch monogastrische Nutztiere wie Schwein und Geflügel kaum verdauliche komplexe Kohlenhydratkomplexe aufzuspalten und in Lebensmittel tierischen Ursprungs zu veredeln. Hier kommt auch noch die Bedeutung der Grünlandnutzung zur Erhaltung unserer Kulturlandschaft hinzu.

Eine Herausforderung für die Zukunft besteht darin, die Futtereffizienz der nicht essbaren Biomasse zu optimieren, beispielsweise durch entsprechende Züchtungen. Stichwort: Low Input – High Output. Hier sind die Pflanzenzüchter, aber auch die Hersteller von Futtermitteln und Aufbereitungstechnik gefordert.

Verluste vom Feld bis zum Tier minimieren

Das ist vielfach leider noch Zukunftsmusik. Rinderhalter können jedoch heute schon konkret etwas tun und müssen dahingehend auch ihre Verpflichtung erkennen, Futterverluste auf ihren Betrieben weitestgehend zu verringern. Die Trockenmasseverluste vom Feld beziehungsweise Grünland bis zum Tier können bis zu 30 Prozent und in einzelnen Fällen sogar noch mehr betragen. Tierhalter sollten deshalb wissen, wie viel auf ihren Flächen aufwächst (Bruttoertrag) und wie viel davon in der Fütterung wirklich genutzt wird (Nettoertrag). Sprich, sie sollten ihre Aufwuchserträge und die verschiedenen Verlustquellen und -größen auf dem langen Weg vom Feld über das Silo in den Trog und letzten Endes ins Maul der Kuh kennen und konkret messen.

In vielen Futterbaubetrieben werden die Erntemengen und Futterverluste bislang durch das Fehlen mangels Wiegemöglichkeiten wie einer eigenen Fuhrwerkswaage oder aufgrund des hohen Zeitdrucks bei der Futterernte nicht erfasst. Insbesondere die Futterverluste werden meistens erheblich unterschätzt. Erst durch eine Ertragssteuerung kann eine hinreichend genaue Futterplanung erfolgen. Dabei gilt der Grundsatz: Nur wer misst, kann auch steuern. Werden die Ver­luste gesenkt, muss auch weniger Flä­che für den Anbau von Futterpflanzen bewirtschaftet werden oder es können mit dem Ertrag der gleichen Fläche mehr Tiere gefüttert werden. Hinzu kommt hier auch der erhebliche Einfluss auf die ökonomische als auch umweltökonomische Bewertung der Futterwirtschaft.

Alternative Proteinquellen als Lösung?

Bei der Diskussion um die Vermeidung von Nahrungsmittelkonkurrenz werden seit einigen Jahren auch mögliche alternative Protein-, Fett- und Kohlenhydratquellen für die Tiernahrung thematisiert. Ein Fokus liegt hier auf dem Einsatz von Insekten als Futtermittel. Als weitere Futteralternative wird pflanzliche Biomasse aus aquatischer Herkunft diskutiert, vor allem Algen, die keine landwirtschaftliche Nutzfläche beanspruchen. Die EuroTier 2024 spiegelt die Entwicklungen in diesem Bereich wider und präsentiert den State-of-the-Art bei den alternativen Proteinquellen als einen Schwerpunkt auf der „Inhouse Farming – Feed & Food Show“ für die Agrar- und Food-Systeme der Zukunft.

Insekten: Noch wichtige Fragen offen

Insekten und deren Larven sind nicht nur reich an Protein, auch ihr Fettgehalt kann beachtlich sein. Seit August 2021 ist Insektenprotein durch die Ergänzung (EU) Nr. 2021/1372 der EU-Verordnung 999/2011 für die Schweine- und Geflügelernährung zugelassen. Für Insekten, wie die Schwarze Soldatenfliege oder Mehlwürmer, als Futtermittel sprechen gute Argumente. Sie haben unter anderem ein beträchtliches Vermehrungspotenzial, benötigen wenig Platz für die Vermehrung und haben teilweise ein breites Nahrungsspektrum.

Noch müssen aber wichtige Fragen geklärt werden. Viele Insektenarten sind zum Beispiel direkte Nahrungsmittelkonkurrenten zum Menschen. Eine geeignete Lösung kann hier darin bestehen, solche Arten zu nutzen, die mit vom Menschen nicht essbarer Biomasse gefüttert werden können. Damit verbunden ist aber eine deutlich geringere Qualität des Futters und damit auch eine geringere Wirtschaftlichkeit. Doppelte Transformationsverluste (Futter für die Insekten und für die Nutztiere) erfordert außerdem eine hocheffiziente Produktion von Insektenprotein als Futtermittel. Last, but not least sind noch hygienische und sicherheitsrelevante Fragestellungen zu klären. So dürfen nach derzeit geltenden futtermittelrechtlichen Vorschriften Nutzinsekten nur mit zugelassenen Futtermitteln, nicht aber mit Abfällen gefüttert werden.

Algen: Für breiten Einsatz weniger geeignet

Bei den Algen wird zwischen Mikro- und Makroalgen unterschieden. Mikroalgen können vor allem für die Proteingewinnung interessant sein. Beispiele zeigen, dass sie als Sojaersatz im Tierfutter genutzt werden können. Dagegen sind Makroalgen, wie Braun-, Grün- und Rotalgen, hauptsächlich Lieferant von Kohlenhydraten. Die Kohlenhydrate der Makroalgen liegen jedoch in einer Form vor, die für Landnutztiere enzymatisch weitgehend unverdaulich sind. Dazu muss beachtet werden, inwieweit in den Algen die Akkumulation unerwünschter Inhaltsstoffe eine Rolle spielt. Ein Einsatz als Futtermittel in größerem Maßstab kommt für diesen wichtigen Bereich daher wohl (vorerst) nicht infrage.

EuroTier 2024: innovative Futtermittel auf der Weltleitmesse für professionelle Tierhaltung

Um Nahrungskonkurrenz infolge immer knapperer Ackerflächen zu vermeiden, darf Biomasse nicht verschwendet werden. Die landwirtschaftliche Produktion vom Teller bis zum Trog muss aus diesem Grund noch besser und nachhaltiger ausgerichtet werden. Ein Weg besteht darin, nicht essbare Biomasse noch stärker und zielgerichteter als bisher über Nutztiere zu verwerten. Ein weiterer Ansatzpunkt ist die betriebliche Futterwirtschaft. Hier können durch Senkung der Verluste vom Feld/Grünland bis zum Trog Flächen für die Lebensmittelerzeugung hinzugewonnen werden. Ein Versprechen für die Zukunft sind alternative Proteinquellen wie Insekten und Algen, bei denen aber für die breite Nutzung noch wichtige Fragen zu klären sind. Auf der EuroTier 2024 zeigen führende Unternehmen der nationalen und internationalen Futtermittelbranche und Start-ups, wie man über innovative Futtermittel und Verfahren den Ansprüchen an eine verantwortungsvolle Nutztierfütterung gerecht werden kann.

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