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Neues Führungs-Duo der DLG

Die DLG hat im September 2022 mit Dr. Lothar Hövelmann und Freya v. Czettritz eine neue Doppelspitze bekommen. Sie folgten auf Dr. Reinhard Grandke. Dr. Hövelmann wurde neben seiner Funktion als Geschäftsführer des Fachzentrums Landwirtschaft zum Hauptgeschäftsführer des DLG e.V. berufen und verantwortet die Angelegenheiten des gemeinnützigen Vereins und der fachlichen Aktivitäten. Freya v. Czettritz ist neue CEO der DLG-Holding GmbH und verantwortet die wirtschaftlichen Aktivitäten der DLG. Im Mitglieder-Interview Anfang September stellten die beiden ihre Zukunftspläne vor.

 

Frau v. Czettritz, die Ausstellungen sind ein Herzstück der DLG. Was waren Ihre Gedanken, als Sie in diesem Jahr nach zwei Jahren Pause wegen der Corona-Pandemie wieder eine Messe besuchten?

Es war ein unglaublich gutes Gefühl. Eine Mischung aus Aufregung und Neugier. Menschen verlernen nicht so schnell, wie sie sich informieren, austauschen und netzwerken müssen. Das zu sehen, hat mich erleichtert. Auf der agra in Leipzig, den DLG-Feldtagen oder auch den Konferenzen und Events, die ich besucht habe, war ich beeindruckt, wie intensiv die Menschen in Gespräche miteinander verwickelt waren.

Sie sind Bereichsleiterin und Projektleiterin der Agritechnica gewesen. Im Lockdown ist viel orakelt worden, ob es überhaupt wieder Ausstellungen in den früheren Formaten geben wird. Welche Pläne verfolgen Sie, um Messen wie die EuroTier oder Agritechnica attraktiv für einen Besuch vor Ort zu machen?

Unseren Messen – von Agritechnica über EuroTier bis zu den vielen Veranstaltungen, die die DLG im Ausland betreibt – zeichnen sich durch ein Feuerwerk an Informationen und Innovationen aus. Das Ganze sehr komprimiert an wenigen Tagen. Dank neuer digitaler Tools, wie wir sie bereits entwickelt haben und weiter ausbauen werden, können wir die Messeinhalte im Vorfeld und im Nachgang vertiefen, durch neue Services ergänzen und so den Mehrwert für Besucher und User beträchtlich steigern. Ich bin sicher, dass wir so auch viele Interessierte erreichen können, die es aus terminlichen Gründen nicht schaffen, zu unseren Messen zu kommen.

Wie wir alle wissen, bietet die digitale Welt eine Vielzahl attraktiver Informations- und Vernetzungsmöglichkeiten. Wir haben in den letzten zwei Jahren aber auch gelernt, dass die Präsenz vor dem Bildschirm das persönliche Treffen nicht ersetzen kann. Ich persönlich finde vor allem im direkten Gespräch mit Menschen Inspirationen und Impulse, um etwas Neues zu gestalten. Das gilt für mich im Besonderen auch für Messen, vor allem im Hinblick auf die zahlreichen zufälligen Begegnungen, die sich auf den Ausstellungsgeländen und Messehallen ergeben. Deshalb bin ich felsenfest überzeugt: Live Events werden weiterhin Menschen und Innovationen zusammenbringen.

Gemeinsam mit den Ausstellern werden wir deshalb auch in Zukunft Marktplätze schaffen, die für die Herausforderungen der Land- und Lebensmittelwirtschaft Lösungen bieten, Diskussionen anregen und Innovationen ins Rampenlicht stellen. Messen sind – das bestätigen uns unsere Besucher immer wieder – die besten Schaufenster für Innovationen. Eben „Places to be“, wo man auch unverhofft auf neue technische Lösungen trifft, die einen unternehmerisch und auch persönlich weiterbringen. Das sind die Momente, die wir wollen, um Impulse für die wichtigen Themen in der Land- und Lebensmittelwirtschaft zu setzen.

Unsere Maxime für die Zukunft lautet: Wissen muss praxisnah, verständlich und passend für die jeweilige Zielgruppe vermittelt werden. Dass dies digital, smart und einfach zugänglich geschieht, ist eine spannende und gleichzeitig ambitionierte Aufgabe, der ich mich gerne stellen möchte.

In ihren beiden Testzentren für Landtechnik und Lebensmittel prüft und zertifiziert die DLG jährlich tausende von Produkten – von Landmaschinen und Traktoren über Betriebsmittel bis zu Lebensmitteln. Wo sehen Sie hier die Herausforderungen in der Zukunft?

Mit Qualitätsprogrammen entlang der gesamten Wertschöpfungskette fördert die DLG eine nachhaltige und zukunftsfähige Land- und Lebensmittelwirtschaft und deren gesellschaftliche Akzeptanz. Im Mittelpunkt stehen aktuelle Fokusthemen wie Nachhaltigkeit und Tierwohl, die gleichermaßen von technologischen Innovationen, neuen Verfahren und Methoden profitieren. In unserer Testarbeit widmen wir uns diesen Themen, um Mehrwerte für Landtechnikunternehmen, Lebensmittelproduzenten, den Handel sowie Landwirt:innen und Konsument:innen zu schaffen.

Herr Hövelmann, Sie sind Hauptgeschäftsführer der DLG und bleiben auch gleichzeitig als Geschäftsführer des Fachzentrums Landwirtschaft für die fachliche Arbeit der DLG zuständig. In welcher Stimmung haben Sie die Landwirte und Landwirtinnen auf den DLG-Feldtagen 2022 im Juni auf Gut Kirschgartshausen angetroffen?

Auf den DLG-Feldtagen trifft man grundsätzlich auf optimistische Landwirte, unabhängig von der aktuellen Lage. Der Austausch mit den Berufskolleginnen und -kollegen live am Pflanzenbestand motiviert. Konzepte werden verglichen und Erfahrungen aus unterschiedlichsten Kulturlandschaften geteilt. Die Lage wird geprägt durch Themen wie „Rote Gebiete“, Pflanzenschutz in Schutzgebieten sowie Energie- und Düngepreise. Einerseits werden die Inputpreise mit Sorge beobachtet, andererseits sind die Erzeugerpreise auf historischem Höchstniveau. Auch die Ackerbauer sehen, dass es ein zweischneidiges Schwert ist. Ihnen ist klar, dass die exorbitanten Futterpreise, die Tierhalter an die Kante bringen. Daher dominiert auch bei den Ackerbauern das Interesse an einer angemessenen Balance der Preise. Dafür gibt es produktionsseitig Voraussetzungen: Betriebsmittel und Technik, die gute und nachhaltige Erträge ermöglichen. Und hier liegen die Juckepunkte: die Frage, wie Politik, Regulation und Markt sich auf die Verfügbarkeit von Pflanzenschutz und Düngemitteln auswirken. Auch einige Tierhalter habe ich auf den Feldtagen getroffen. Sie brauchen dringend finanzierbares Futter. Das Thema schiebt sich derzeit heftig neben die Dauerbrenner: Stallbaugenehmigung, Umsetzung Borchert-Kommission und Preisbalance in der Wertschöpfungskette.

Nach den Plänen der EU-Kommission, soll der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln um 50 Prozent reduziert werden. Ist diese Entwicklung noch aufzuhalten und welchen Beitrag kann die DLG dazu leisten?

Solche starren Prozentzahlen wirken immer etwas hilflos und kreativarm. Viel besser wären gute Anreizsysteme, die das gewünschte Ziel unterstützen. Konzepte dafür gibt es jedenfalls genug. Die Politik hat sich nun aber entschieden. Jetzt kommt es für die Praxis darauf an, wie man mit knappem Mitteleinsatz die Bestände ausreichend schützen und die Ernten absichern kann. Die Landtechnikindustrie hat hier zusammen mit Forschung und Praxis  ganze Arbeit geleistet. Die Wirkungsgrade und die Applikationsgenauigkeit wurden beeindruckend verbessert und es ist in den nächsten zwei bis drei Jahren noch viel Gutes in der Pipeline. Die DLG ist Antreiber dieser Innovationsprozesse. Wir nehmen die Ansätze kritisch unter die Lupe und leisten mit dem enormen Erfahrungsschatz unserer Fachexperten, unseres Netzwerkes, wichtige Impulse für die Weiterentwicklung dieser Techniken und Verfahren. Und wir machen das auf unseren Fachveranstaltungen und Ausstellungen und mit unseren digitalen und analogen Informationen gut sichtbar. Wir sind also unmittelbar in die Optimierung und Verbreitung der Verfahrensverbesserungen eingebunden.

Die Arbeit in den DLG-Ausschüssen findet auf einem sehr hohen fachlichen Niveau der Mitglieder statt. Halten Sie angesichts der gesellschaftlichen Forderungen nach mehr Tierwohl und nachhaltigem Pflanzenbau ein verändertes Auftreten der DLG in Politik und Gesellschaft für notwendig?

Im Kern der DLG-Arbeit steht die Branche: Landwirtschaft, Agribusiness, Lebensmittel – die ganze Wertschöpfungskette. Hier tragen wir zum Fortschritt bei. Diese fachliche Breite, die in der DLG vertreten ist, sucht ihresgleichen und bietet beste Chancen, die Probleme, ganzheitlich und unter verschiedenen Perspektiven anzugehen. Dies bedeutet auch, dass wir über den fachlichen Branchenfokus hinaus Erkenntnisse gewinnen, die politische und gesellschaftliche Relevanz haben. Und damit halten wir nicht hinterm Berg. Vielfach betrachten Politik und Gesellschaft die Landwirtschaft noch vorurteilsbehaftet. Die riesigen Fortschritte bei Umweltschutz, Tierwohl und Nachhaltigkeit, die unsere Branche gemacht hat, die werden erst ganz allmählich wahrgenommen. Auch hier sehen wir wachsende Aufgaben für uns. Daher engagiert sich die DLG in der Zukunftskommission Landwirtschaft, in der Borchert-Kommission, im Rat für nachhaltige Entwicklung im Forum Moderne Landwirtschaft. Deswegen haben wir vor einigen Jahren mit unserem Berliner Büro die Kommunikation auch außerhalb unserer Branche verstärkt. Daher stehen wir in guter kritischer und partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit den wichtigsten Umwelt- und Tierschutzorganisationen. Die Landwirtschaft geht die Herausforderungen zu Nachhaltigkeit und Tierwohl mit großer Entschiedenheit an, und darüber informiert auch die DLG. Wir erzählen das nicht nur uns selbst, wir gehen auch über den Tellerrand unserer Branche hinaus.

2017 hat die DLG für großes Aufsehen in der Branche und Gesellschaft mit den zehn Thesen zur Weiterentwicklung der Landwirtschaft bis 2030 gesorgt. Grundlage war damals eine ehrliche Bestandsaufnahme und die Fähigkeit zur Selbstkritik. Was ist daraus geworden?

Das Papier war für die DLG ein starkes Entrée in den gesellschaftlichen und politischen Raum. Im Grunde genommen waren die Aussagen, die wir entwickelt haben, gar nicht so fundamental neu und spektakulär. Innerhalb der Landwirtschaft sind sie überwiegend wohlwollend zur Kenntnis genommen worden und natürlich gab es Kritik, aber das ist ja der Sinn von Veröffentlichungen, die Erkenntnisse werden zur Diskussion gestellt, um weitere Erkenntnisse zu gewinnen. So geht Diskurs. Große Aufmerksamkeit haben die Thesen im Berliner Umfeld entwickelt. Allein die selbstkritische Reflexion einer der zentralen Organisationen der Landwirtschaft war für die außerlandwirtschaftliche Wahrnehmung elektrisierend. Weitergeführt wurde die Arbeit dann in den oben erwähnten Kommissionen und sie hat auch die Arbeit in unseren fachlichen Netzwerken stark befruchtet. Effizienz, Produktivität, Nachhaltigkeit, Tierwohl, Produktionsalternativen, das sind keine Schlagworte, sondern Label unter denen die Praktiker, Berater und Wissenschaftler in unseren Ausschüssen konkrete und umsetzbare Innovationen entwickeln.