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Ab 1886: Wilhelm Rimpau und die Saatgut-Abteilung

Die Saatgut-Abteilung der DLG wurde 1886 zeitgleich mit den anderen „klassischen“ Abteilungen gegründet und 1899 in Saatzuchtabteilung umbenannt. Die Initiative ging auf den Pflanzenzüchter Wilhelm Rimpau aus Schlanstedt zurück, einen Freund Max Eyths, der mit gleichgesinnten Vertretern der landwirtschaftlichen Praxis und der Wissenschaft zur Entwicklung der Pflanzenzüchtung und des Saatgutwesens in Deutschland beitragen wollte – ähnlich wie Schultz-Lupitz im Bereich der Düngung. Denn auf dem Gebiet herrschten wenige ertragreiche Landsorten vor, fortschrittliche Landwirte mussten ihren Bedarf im Ausland decken.

Vergleichende Sortenversuche seit 1888
Wilhelm Rimpau hatte als einer der ersten deutschen Saatzüchter mit systematischer Arbeit begonnen, mit Auslese, Kreuzung und Nachkommenschaftsprüfung. Bald stießen auch Ferdinand von Lochow, der erfolgreiche Roggenzüchter, und weitere Wissenschaftler hinzu, u.a. von Rümker, die sich zu gemeinsamer Arbeit in der DLG zusammenfanden. Diese begann 1888 mit vergleichenden Sortenversuchen in allen Teilen Deutschlands, zunächst bei Weizen und Roggen, 1889 folgte bereits der Hafer. Über 40 Bände der „Arbeiten" der alten DLG berichten über die Ergebnisse von Sortenversuchen mit alle Kulturpflanzen oder waren verlässliche Ratgeber zur Sortenwahl. Damit hatten die Landwirte erstmals gesicherte und von einer neutralen Stelle ermittelte Unterlagen für die richtige Sortenwahl zur Hand. Wer sie richtig nutzte, erntete mehr von seinen Flächen.
Die DLG schuf damit auf freiwilliger Basis eine Ordnung, die die Leistung förderte und damit Züchtern und Landwirten gleichermaßen diente.

Saatenanerkennung seit 1896
Zur Finanzierung der aufwendigen Versuche und der Anerkennungstätigkeit trug die DLG-Saatgutstelle bei. Der von ihr organisierte Saatgutverkauf umfasste in den Jahren 1889 bis 1909 durchschnittlich 2000 Tonnen Saatgetreide und Hülsenfrüchte, 400 Tonne Klee- und Grassamen, 1350 Tonnen Kartoffeln und 220 Tonnen weiterer Sämereien pro Jahr. Dies war zwar eine relativ geringe Menge, die Ware diente jedoch als Maßstab für Sortenechtheit, Reinheit und Keimfähigkeit des „echten" Saatgutes. Die 1902 von der DLG erlassenen Regeln für die Feldbesichtigung von Vermehrungsbeständen und anschließenden Laboruntersuchungen waren grundlegend für alle späteren Entwicklungen der amtlichen Saatenanerkennung.

Hochzuchtregister seit 1905
Ab 1888 organisierte die DLG auch Preisausschreiben für Saatzuchtwirtschaften und veröffentlichte von den Zuchtbetrieben genaue Beschreibungen, die zur Vertrauensbildung und damit zum Kauf von Qualitätssaatgut beitrugen. 1905 richtete sie das „DLG-Hochzucht-Register" ein – was letztlich auch zum Schutz der Pflanzenzüchter beitrug.

Zu den Merkmalen der Entwicklung in Deutschland gehört, dass die Pflanzenzüchtung auf private Initiativen zurückging und ihren privaten Charakter zum überwiegenden Teil aufrecht erhalten konnte. Sie ist wissenschaftliche Landwirtschaft geworden, zugleich aber auch praktische Landwirtschaft geblieben.

Wie die Anbaustatistik und die Ernteerträge der Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts zeigen, sind die Durchschnittserträge aller Kulturen gewaltig gestiegen. Dies ist nicht ausschließlich, aber doch zu einem guten Teil der inzwischen stark entwickelten planmäßigen Pflanzenzüchtung zuzuschreiben. Sie hat bei allen Kulturpflanzen Sorten geschaffen, deren Erbmasse unter entsprechenden Kulturmaßnahmen ganz erheblich höhere Erträge verbürgte, als es bei den unveredelten alten Landsorten jemals der Fall sein konnte. Kristallisationspunkt für diese Fortschritte in der Zeit der sich stürmisch entwickelnden Landwirtschaft war die DLG.

 (dö)

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