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Prof. Dr. Nils Borchard: 

BioMonitor4CAP schafft Grundlagen für eine ergebnisorientierte Landwirtschaft

Der Erhalt der Biodiversität und der Klimaschutz stellen langfristig die landwirtschaftliche Produktion sicher: Hierzu herrscht in der zukunftsgerichteten, unternehmerischen Landwirtschaft sowie in Politik und Gesellschaft breiter Konsens. Im EU-Projekt BioMonitor4CAP wird daran gearbeitet, Fortschritte in den Bereichen auf Betriebsebene messbar zu machen sowie zielführende Maßnahmen in der landwirtschaftlichen Praxis zum Einsatz zu bringen. Die DLG (Deutsche Landwirtschafts Gesellschaft e.V.) ist Teil des europäischen Verbundprojektes. Prof. Dr. Nils Borchard, Leiter Forschung und Innovation im DLG-Fachzentrum Landwirtschaft, spricht im Interview über Ziele und Meilensteine des Projekts.

DLG-Newsroom: Was ist Ziel des Projektes BioMonitor4CAP?

Prof. Dr. Nils Borchard: Im Projekt BioMonitor4CAP entwickelt ein Team bestehend aus verschiedenen Experten aus Forschung und Praxis Monitoringsysteme auf Basis modernster Technologien, um Zustand und Entwicklung der Biodiversität in der EU-Landwirtschaft zu bestimmen. Hauptziel ist, fortschrittliche Systeme zur Überwachung von Biodiversität für eine ergebnisorientierte Agrarpolitik und die nachhaltige Weiterentwicklung der Landwirtschaft zu etablieren. Dazu werden klassische Methoden mit neuen technologischen Ansätzen kombiniert, die auf akustischen, optischen und molekularen Verfahren basieren. So werden Geräte zur akustischen und optischen Erfassung von Insekten und Vögeln zum Einsatz kommen. Das Projekt wird von der EU gefördert.

Was ist die Rolle der DLG in dem Projekt?

Die DLG stellt ihre Expertise in der Koordination und Implementation der Feldversuche und Demonstrationsfelder bereit, leistet fachliche Unterstützung und leitet die Projektkommunikation. Dafür nutzt die DLG ihr breites und internationales Netzwerk in der Landwirtschaft und verwandten Bereichen, um das Projekt in der Öffentlichkeit bekannt zu machen.

Können Sie konkrete Beispiele für die Arbeit der DLG an BioMonitor4CAP nennen?

Im ersten Jahr ging es vor allem darum, die Geräte und den Versuchsaufbau zu testen und kalibrieren. Dafür reisten wir in fünf Länder, um dort gemeinsam mit unseren lokalen Projektpartnern systematische, und auf die jeweiligen Standortbedingungen angepasste Feldversuche aufzubauen. Nachdem im ersten Projektjahr durch systematische Literaturrecherche eine umfassende Liste von Biodiversitätsindikatoren für Böden, Insekten, Vögel und Fernerkundungsdaten zusammengestellt wurde, besteht der nächste Schritt darin, Technologien zu etablieren und Indikatoren zu identifizieren, die in der landwirtschaftlichen Praxis anwendbar und sinnvoll sind.

BioMonitor4CAP läuft seit rund eineinhalb Jahren: Was hat das Team bisher erreicht?

Die Feldversuche werden erst im Verlauf des Jahres 2025 zu vorzeigbaren Ergebnissen führen. Wir werden diese Ergebnisse, sobald sie verfügbar sind, auf DLG Veranstaltungen oder auf der Projekt-Website der Öffentlichkeit zugänglich machen. Zudem wird die DLG das Internationale DLG-Pflanzenbauzentrum in Bernburg-Strenzfeld und den dort laufenden Versuch zur Integration von Ackerwildkräutern in den Ackerbau als Demonstrationsversuch in BioMonitor4CAP einbringen. Bis die ersten Ergebnisse kommuniziert werden können, ist es wesentliche Aufgabe der DLG, das Projekt in der Agrarbranche bekannt zu machen und den Fokus auf das Thema Biodiversität in der Landwirtschaft zu stärken.

Was sind insgesamt betrachtet erste Meilensteine des Projektes und konkrete, nächste Schritte in der Umsetzung der Ziele?

Kürzlich fand die Jahrestagung des Projektes in Lissabon statt; Gastgeber des dreitägigen Treffens war der portugiesische Projektpartner Food4Sustainability CoLAB. Dieses Treffen war insofern ein wichtiger Meilenstein, als das Projektteam gemeinsam Bilanz über das erste Projektjahr ziehen konnte. Außerdem wurden die letzten Vorbereitungen und Abstimmungen für das im zweiten Jahr erweiterte Biodiversitäts-Monitoring in den BioMonitor4CAP-Studiengebieten in Portugal, Finnland, Bulgarien, Österreich, Deutschland, den Niederlanden, dem Vereinigten Königreich, Polen und Peru getroffen.

Inwiefern entwickelt sich das Monitoring weiter?

Im laufenden Jahr wird eine wesentlich größere Anzahl von Forschungsstandorten beprobt. Im Vergleich zum ersten Jahr, wo wir auf 20 Versuchsflächen in fünf Ländern tätig waren, werden es dieses Jahr bereits über 40 Versuchsflächen in neun Ländern sein. Außerdem werden zusätzliche Überwachungssysteme eingesetzt. Neben konventionellen Methoden wie zum Beispiel der Vogelzählung im Feld sowie akustischen und optischen Geräten, werden erstmals neue Geräte eingesetzt und verglichen, die sowohl akustische wie auch optische Aufnahmen kombinieren und damit gleich mehrere Zielarten in einem überwachen können. Zudem werden dieses Jahr auch Drohnenaufnahmen durchgeführt um die landschaftliche Konfiguration zu bestimmen. Ziel ist, umfangreiche Daten zur Vogel- und Insektenvielfalt sowie zum Bodenmikrobiom zu sammeln. Diese Daten werden in die Geodatenbank Web-GIS-Plattform BioMonitor4CAP einfließen, wo künftig räumliche Informationen über Lebensräume, Arten und Bodenkohlenstoff an den Untersuchungsstandorten öffentlich zugänglich sein werden.

Wie stellen die Projektpartner sicher, dass die Monitoringsysteme auch tatsächlich in der Landwirtschaft eingesetzt werden können?

Um die Praxistauglichkeit sicherzustellen, haben wir von Beginn an Landwirtinnen und Landwirte sowie landwirtschaftliche Berater einbezogen. In so genannten Fokusgruppeninterviews werden sie zum Thema Biodiversität in der Landwirtschaft und zum Einsatz der neuen Technologien zur Überwachung der Biodiversität befragt und in die Entwicklung der Systeme zum Monitoring von Biodiversität einbezogen.

Wie ist das bisherige Feedback aus der Praxis und wo sehen die Projektpartner noch Optimierungsbedarf?

Eine erste Befragungsrunde in Finnland hat ein allgemeines Interesse der Landwirtschaft an Maßnahmen zur Überwachung der biologischen Vielfalt gezeigt. Was die Befragung aber auch gezeigt hat: Ein wichtiger Beitrag des BioMonitor4CAP-Projekts zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft wird darin bestehen, die Landwirte von den Vorteilen des Biodiversitätserhalts und dessen -Monitoring und damit von der Umsetzung der Maßnahmen zu überzeugen.

Welche Vorbehalte gibt es konkret in Praxis?

Da die Fokusgruppeninterviews noch nicht in allen Ländern abgeschlossen sind und die Auswertung derzeit noch läuft, können wir hierzu noch keine endgültigen Aussagen treffen. Die erste Befragungsrunde in Finnland hat jedoch gezeigt, dass Landwirte keine grundsätzlich ablehnende Haltung gegenüber dem Biodiversitäts-Monitoring haben.

Dennoch steht die Frage der Nutzbarkeit der Daten im Raum. Für die Landwirte ist es weiterhin schwer einzuschätzen, welche Daten wie zu interpretieren sind und wofür sie diese Daten bei betrieblichen Entscheidungen nutzen können. Hier müssen wir also noch Aufklärungsarbeit leisten.

Weiterhin ist die aufzuwendende Arbeitszeit ein wichtiges Thema. Die Arbeitsabläufe im Betrieb sind eng aufeinander abgestimmt. Zusätzliche Aufgaben im begrenzten Zeitfenster für die Feldarbeit sind nicht gern gesehen. Bei der Entwicklung der neuen Geräte gilt es daher, die Anwendung möglichst einfach zu gestalten, um einen geringen Zeitaufwand bei der Bedienung zu haben. So kann auch den Bedenken von Landwirten entgegengewirkt werden, welche weiteren bürokratischen Aufwand mit dem Monitoring von Biodiversität erwarten.

Was sind konkret für die DLG die wichtigsten nächsten Schritte im Projekt BioMonitor4CAP?

Wichtigster Schritt für das Projekt BioMonitor4CAP ist die weitere Integration der Beratung und der praktischen Landwirtschaft in die Prozesse. So soll eine bestmögliche Umsetzbarkeit des Monitoring in der landwirtschaftlichen Praxis gewährleistet werden. Weiterhin soll für die Einbindung von Biodiversitätsmaßnahmen in die kommende Gemeinsame EU-Agrarpolitik, also in die GAP, die Sichtweise aus Beratung und landwirtschaftlicher Praxis Berücksichtigung finden, um die Umsetzung der Biodiversitätsförderung in den Betrieben möglichst effizient zu gestalten.


Interview: Stefanie Pionke / DLG-Newsroom

Zur Person: Prof. Dr. Nils Borchard

Prof. Dr. Nils Borchard ist seit Oktober 2021 Leiter Forschung und Innovation am DLG-Fachzentrum Landwirtschaft und Gastprofessor an der Universität Lissabon. In seiner Funktion als Leiter Forschung und Innovation am DLG-Fachzentrum Landwirtschaft ist er für die Etablierung und das Management geförderter Forschungs- und Entwicklungsprojekte für die gesamte Wertschöpfungskette Lebensmittel verantwortlich. Dr. Nils Borchard hat an der Humboldt Universität zu Berlin Geographie studiert und wurde im Anschluss an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn am Bodenkundlichen Institut der landwirtschaftlichen Fakultät promoviert. In seiner bisherigen beruflichen Laufbahn war er unter anderem Laborleiter und Bodenexperte am CGIAR Center for International Forestry Research in Indonesien, wissenschaftlicher Koordinator an der Ruhr Universität Bochum sowie Forschungskoordinator und Projektmanager am Natural Resources Center Finland.

Über das Projekt BioMonitor4CAP

Das europäische Verbundprojekt BioMonitor4CAP hat sich zum Ziel gesetzt, Monitoringsysteme für die Biodiversität in der Landwirtschaft zu etablieren, die auf dem neuesten Stand der Technik sind und gleichzeitig niedrigschwellig in der Praxis eingesetzt werden können. Damit sollen Landwirten und der interessierten Öffentlichkeit Wissen, Methoden und Werkzeuge zur Verfügung gestellt werden, um die nachhaltige Entwicklung der Landwirtschaft voranzutreiben. An dem Projekt sind 23 Partner aus Wissenschaft, Wirtschaft und Institutionen aus zehn europäischen Ländern sowie Peru beteiligt. BioMonitor4CAP wird von der Europäischen Union gefördert und ist zunächst auf vier Jahre bis Dezember 2026 angelegt.

Die DLG bringt in das Projekt ihre Expertise beim Aufbau von landwirtschaftlichen Versuchen und Demonstrationsflächen sowie fachliche Unterstützung ein. Projekteile der DLG werden von Martina Clausen (Projektleitung) und Stephanie Timm (Kommunikation) operative umgesetzt. Darüber hinaus nutzt das Team um Prof. Dr. Nils Borchard, Stephanie Timm  und Martina Clausen das internationale Netzwerk der DLG, um die Arbeit an BioMonitor4CAP einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen.

Mehr Informationen zu BioMonitor4CAP gibt es auf der Projekt-Website und im Projekt-Newsletter.