Zum Hauptinhalt springen

Die Preise haben aktuell kaum Luft nach oben

Christian Bickert zum Weizenmarkt

In der ersten Märzwoche hat das US-Agrarministerium seine monatliche Schätzung veröffentlicht. Darin ist zu lesen, dass die globalen Weizenvorräte auf den niedrigsten Wert seit 2015/16 fallen sollen – die Weltbevölkerung ist in diesen zehn Jahren aber stark angewachsen. Legen diese Zahlen daher den Keim für einen neuen Anstieg der Weizenpreise? Ich denke nein.

Denn man muss schon hinsehen, wo die Vorräte abgebaut werden. Das sind vor allem Indien und China, die auch unverhältnismäßig volle Silos hatten. In den Exportländern EU, Russland, Ukraine hingegen bleiben die Vorräte gegenüber früheren Jahren auf sehr hohem Niveau. Und unverändert sitzt uns Russland vor der Nase, dessen Exporte im laufenden Wirtschaftsjahr auf 51 Mio. t steigen sollen – vor zwei Jahren waren das erst 33 Mio. t.

Aus der Ukraine kommt nicht nur weiterhin viel Getreide per LKW über die polnische und rumänische Grenze, sondern auch per Schiff nach Spanien und Italien. Die am 19. März von der EU-Kommission vorgeschlagenen Importzölle (das EU-Parlament muss dem noch zustimmen) auch auf Mais greifen nicht, denn der Importzoll wird auf Basis der Kurse in Chicago berechnet. Die müssten erst einmal auf 3,5 US-$/Scheffel fallen, bevor ein Zoll überhaupt erhoben wird.

Nachlassende Nachfrage aus der Stärkeindustrie

Sowohl wichtige Abnehmer innerhalb der EU als auch auf dem Weltmarkt können also weiter auf sehr billiges Getreide zurückgreifen. Das lässt unseren Preisen wenig Luft nach oben. Bei uns lagern noch größere unverkaufte Mengen, ebenso in Frankreich. Das alles ist bei einer nachlassenden Nachfrage (vor allem aus der Stärkeindustrie) und einem überreichlichen Angebot an Mais aus hiesiger wie aus importierter Ware kein Umfeld für steigende Preise. Überhaupt scheint der Mais der Schlüssel zu sein. War eine Missernte in der EU und in den USA 2022 der Grund für anhaltend feste Weizen- und Gerstenpreise im vergangenen Wirtschaftsjahr, so lasten Spitzenernten in beiden Ländern sowie in Brasilien und in Argentinien jetzt auf unseren Weizen- und Gerstenpreisen.

Sollte man also jetzt noch Weizen und Gerste aus Lagerware oder der kommenden Ernte verkaufen? Ich denke nein. Bei allem Überdruck aus dem Maismarkt: Es kann immer zu einer Dürre oder Flut kommen. Erinnern Sie sich an den „Dust Bowl“ in den USA vor gut zehn Jahren. Dürre im Frühjahr ließ damals die Getreidepreise durch die Decke schießen. Niemand kann sagen, ob so etwas wieder geschieht. Aber das Risiko fallender Preise ist auf dem heutigen Preisniveau sehr viel kleiner als die Chancen steigender Preise im Sommer. Wenn Ihr Konto oder der Hygienezustand Ihres Lagers Sie also nicht dazu zwingt, sollten Sie meiner Meinung nach Ihr Getreide (Weizen und Gerste) überlagern beziehungsweise mit dem Verkauf der neuen Ernte warten. Das kann Sie durchaus 20 €/t kosten, es kann Ihnen aber auch 50 €/t bringen.

Weitere Marktmeldungen finden Sie auf dlg-mitteilungen.de