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Weiter denken mit Regenerativer Landwirtschaft

Dr. Achim Schaffner zu alternativen Möglichkeiten im Ackerbau

Der Ackerbau in Mitteleuropa ist zunehmend von Wetterextremen geprägt. Trockenheit reduziert pflanzenverfügbares Wasser im Boden, wirkt negativ auf das Bodenleben und steigert Ertragsrisiken. Nässephasen wie im Sommer 2023 erschweren die Ernte und steigern das Risiko von Strukturschäden. Neue Strategien im Ackerbau sind notwendig, um die Widerstandsfähigkeit des Ackerbaus gegenüber den zunehmenden Wetterextremen zu stärken.

Vor diesem Hintergrund wird Regenerative Landwirtschaft zunehmend als Problemlöser diskutiert. Regenerative Landwirtschaft will durch Maßnahmen wie eine ganzjährige Bodenbedeckung, minimale Eingriffe in den Boden, Zwischenfrucht- und Mehrkulturanbau die Bodengesundheit und -fruchtbarkeit stärken. Die Regenerative Landwirtschaft verspricht deshalb, ein wirksamer Ansatz für die Anpassung an den Klimawandel zu sein. Zudem stärkt sie die Umweltleistungen des Ackerbaus – bei weitgehender Erhaltung der Produktivität. Jedoch fehlt eine eindeutige Definition, vielmehr sind je nach Initiative verschiedene Definitionen im Umlauf. Doch die Prinzipien der Regenerativen Landwirtschaft verdeutlichen ihr Konzept als alternative Bewirtschaftungsform.

Widerstandsfähigkeit gegen Wetterextreme

Regenerative Landwirtschaft ist ein Systemansatz, der das Ziel verfolgt, die Bodengesundheit und -fruchtbarkeit zu stärken und aufzubauen. Die Stärkung der Bodenfunktionen wirkt sich positiv auf die Biodiversität und die Kohlenstoff- und Wasserkreisläufe aus. Erträge werden durch eine bessere Widerstandsfähigkeit gegen Wetterextreme stabilisiert. Dies soll mit den folgenden Prinzipien erreicht werden:

Minimale Eingriffe in den Boden, eine ganzjährige Bodenbedeckung, maximale Vielfalt in Fruchtfolge und Anbausystem, die weitgehende Reduktion fossiler Inputs und die Integration von Tieren zur Etablierung eines Nährstoffkreislaufes.

Vielfalt im Anbausystem

Die Vielfalt im Anbausystem erreicht Regenerative Landwirtschaft durch eine weite Fruchtfolge, Untersaaten und Mehrfruchtanbau. In der Nährstoffversorgung nehmen Kompost und der Leguminosenanbau eine wichtige Rolle ein. Diese agronomischen Prinzipien werden ergänzt um die Vitalisierung der Bestände mit Komposttees, wobei deren Wirksamkeit in der Wissenschaft umstritten ist. Weitere Elemente sind Agroforst und Keyline Design, das den Wasserhaushalt der Standorte verbessert. 

Die genannten Prinzipien sind teils aus der konservierenden Landwirtschaft bekannt, werden jedoch um Strategien der Nährstoffversorgung mit Kompost und Leguminosenanbau und einer weiten Fruchtfolge erweitert. Und selbst wenn einige der genannten Maßnahmen bereits in der Praxis etabliert sind: Nur die Summe der angewendeten Prinzipien führt zur Regenerativen Landwirtschaft. 

Anbauverfahren an Standort anpassen

Dieser breite Instrumentenmix ermöglicht es Landwirtinnen und Landwirten niederschwellig, ihre Anbauverfahren angepasst an die Standortbedingungen weiterzuentwickeln. Sei es durch den Einstieg in die Rund-um-das-Jahr-Bodenbedeckung, Untersaaten oder den Leguminosenanbau. Doch es bleibt das Risiko des Greenwashing: So bleiben die Effekte Regenerativer Landwirtschaft auf Böden und Artenvielfalt aufgrund der nicht fest definierten Kriterien unbestimmt, die Prüfung von Standards unterbleibt. Dies ist dann der Fall, wenn es bei Einzelmaßnahmen bleibt, ohne bestehende Verfahren in den Systemansatz zu überführen.

Interesse nimmt zu

Das Interesse an der Regenerativer Landwirtschaft steigt: Zahlreiche Netzwerke und Initiativen von Landwirtinnen und Landwirten und internationalen Organisationen sind aktiv, um Regenerative Landwirtschaft in der Praxis zu etablieren. International agierende Lebensmittelhersteller nutzen Regenerative Landwirtschaft, um im Rahmen von Pilotprojekten die Rohstoffbeschaffung weiterzuentwickeln und sich im Markt zu differenzieren. Und auch die Wissenschaft beschäftigt sich zunehmend mit der Regenerativen Landwirtschaft.

Böden, Arten und Klima schützen

Das ist Anlass genug, um den offenen Fragen auf den Grund zu gehen: Was sind die Prinzipien der Regenerativen Landwirtschaft, und wie wirksam sind sie in Bezug auf die angestrebten Ziele? Welche Rolle spielt der chemische Pflanzenschutz in der Regenerativen Landwirtschaft? Kann Regenerative Landwirtschaft das Versprechen einhalten, einerseits die Produktivität weitgehend zu erhalten und gleichzeitig Böden, Arten und Klima zu schützen? Und schließlich: Wie setzen Landwirtinnen und Landwirte Regenerative Landwirtschaft in der Praxis um, und wie kann der Einstieg aussehen?

Eine Reihe von Fragen, die die Expertinnen und Experten des DLG-Kolloquiums am 5. Dezember 2023 in Berlin beleuchten werden.

Seien Sie herzlich willkommen!


Dr. Achim Schaffner,
Projektleiter Ökolandbau, DLG-Fachzentrum Landwirtschaft, Frankfurt am Main