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Schweinehaltern fehlt Planungssicherheit

Dr. Torsten Staack zur ISN-Umfrage zum Wirtschaftsklimaindex

Die deutschen Schweinehalter sind frustriert und blicken verhalten in die Zukunft. Ein Großteil will in den kommenden zwölf Monaten nicht in die Schweinehaltung investieren, obwohl die wirtschaftliche Lage aktuell gut ist. Das liegt hauptsächlich an der Unzufriedenheit mit der Politik, die kaum größer sein könnte. Das ist das Ergebnis einer aktuellen personalisierten Befragung der ISN von knapp 500 deutschen Sauenhaltern und Schweinemästern.

Während die aktuelle wirtschaftliche Situation eher positiv bewertet wird, schätzen die Schweinehalter die langfristigen Aussichten negativ ein. Die Unzufriedenheit mit der Politik, die von den Teilnehmern der Umfrage schlechteste Noten erhält, könnte kaum größer sein. Drei Viertel der Befragten will deshalb in den nächsten zwölf Monaten nicht in die Schweinehaltung investieren.

Es ist also nicht die aktuelle wirtschaftliche Lage, die zu Unzufriedenheit unter den Schweinehaltern führt. Vielmehr treibt die politische Situation die Bauern zur Verzweiflung. Die zermürbende Diskussion um den Umbau der Tierhaltung und die jüngsten Rechtsvorhaben der Bundesregierung lassen viele Schweinehalter für die Zukunft schwarzsehen. Noch sind viele Betriebe unentschlossen. Umso wichtiger ist es, dass die Politik nun endlich einen verlässlichen Rahmen schafft, auf den die Betriebe im wahrsten Sinne des Wortes bauen können.

Knapp 500 Schweinehalter haben im August und September 2023 an der Umfrage der ISN teilgenommen - davon 48 spezialisierte Sauenbetriebe, 247 spezialisierte Mastbetriebe, 194 Betriebe mit Sauenhaltung, Ferkelaufzucht und Schweinemast sowie drei reine Ferkelaufzuchtbetriebe. Im Mittel hielten die Sauenhalter 562 Sauen und die Mäster 2.377 Mastschweine. Damit waren die befragten Betriebe im Durchschnitt deutlich größer im Vergleich zum Mittel aller Betriebe in Deutschland (265 Sauen bzw. 991 Mastschweine).

Der Schwerpunkt der Teilnehmer lag im nordwestdeutschen Raum und hier insbesondere in den Ländern Niedersachsen (227 Betriebe) und Nordrhein-Westfalen (117 Betrieb). Aus Bayern nahmen immerhin 80 Betriebe an der Umfrage teil. Wichtig: Bei dieser Umfrage wurden Namen, Kontakt- und Betriebseckdaten erfasst. Die Antwortenden sind also bekannt, was die Zuverlässigkeit der Ergebnisse z.B. gegenüber anonymen Internetumfragen massiv steigert.

Schweinehalter sind frustriert

Die Umfrageergebnisse zeigen eines sehr deutlich: Die Schweinehalter sind frustriert und die Aussichten getrübt. Zwar fällt die Bewertung der aktuellen wirtschaftlichen Lage auf den Betrieben eher positiv aus. Die Erwartungen für die kommenden zwölf Monate sind jedoch schon deutlich verhaltener und langfristig schätzen viele Schweinehalter ihre Aussichten sehr schlecht ein.

Kaum Investitionen geplant

Warum das so ist, wird bei der Frage, welche Faktoren die Betriebsentwicklung derzeit am stärksten beeinflussen, klar. Fast alle Betriebe (97 %) nennen hier die politischen Regulierungen, gefolgt von der Bürokratie. Es überrascht also wenig, dass die kurzfristige Investitionsbereitschaft der Schweinehalter am Boden liegt.

Drei Viertel aller befragten Schweinehalter will in den kommenden zwölf Monaten nicht in die Schweinehaltung investieren, was maßgeblich an der fehlenden Planungssicherheit (82 %) und an den politischen Entscheidungen (76%) liegt.

Auch die bürokratischen Hürden und die wirtschaftliche Perspektive beeinflussen bei etwa der Hälfte aller Befragten die Investitionsentscheidung. Der sich verschärfende Investitionsstau ist der Einstieg zum Ausstieg. Das hat nicht nur Folgen für die Schweinehaltung, sondern wirkt sich dann auch auf den gesamten vor- und nachgelagerten Bereich und die Entwicklung des ländlichen Raumes aus.

Herausforderung Sauenhaltung

Die Sauenhalter stehen dabei vor einer besonders großen Herausforderung. Bereits zum Februar 2024 müssen sie ein Konzept für den Umbau des Deckzentrums bei ihrer zuständigen Behörde vorlegen. Laut Umfrage stecken bereits 58 % der Betriebe in der Planung und ca. 12 % haben die Vorgaben sogar schon umgesetzt. Inwieweit die noch planenden Betriebe am Ende zur Umsetzung kommen, bleibt abzuwarten. Nur 12 % der Betriebe geben an, dass mit der Umsetzungsfrist im Bereich des Deckzentrums die Sauenhaltung beendet wird. Möglicherweise haben deutlich mehr Betriebe diesen Ausstieg zur Umsetzung bereits vollzogen und sind nicht mehr Teilnehmer der Umfrage. Kritisch zu sehen ist auch noch die Gruppe derjenigen, bei denen die Umsetzung noch unklar ist. So kurz vor Toresschluss ist zu befürchten, dass viele von ihnen auch noch das Handtuch werfen.

Große Unsicherheit bei Sauenhaltern

Beim Umbau im Abferkelstall sind die Ergebnisse der Umfrage noch dramatischer. Hier geben bereits über ein Drittel der Betriebe an, dann auszusteigen. Und diejenigen, bei denen die Entscheidung noch unklar ist, machen sage und schreibe fast 41 % aus. Gerade diese Gruppe wird ganz genau auf die Politik schauen und in Abhängigkeit von Planungssicherheit und Perspektive über den weiteren Weg entscheiden. Die Zahl derjenigen Ferkelerzeuger, die den Umbau des Abferkelstalls schon planen oder gar vollzogen haben, ist eher gering.

Nur ein Drittel der Ferkelerzeuger will sicher weiter machen

Trotz der Ausstiegswelle der vergangenen Zeit beabsichtigt noch fast ein Drittel (31,8 %) der befragten Ferkelerzeuger, ganz konkret in den kommenden fünf bzw. zehn Jahren aus der Ferkelerzeugung auszusteigen. Hinzu kommt ein weiteres Drittel, bei dem der Verbleib in der Ferkelerzeugung noch unklar ist. Das heißt, lediglich ca. 35 % der Ferkelerzeuger sind sich sicher, nicht aussteigen zu wollen – dieser kleine Anteil ist dramatisch, weil davon auszugehen ist, dass in der Gruppe noch unklar ein hoher Anteil Betriebe mit Ausstiegsgedanken ist.

Auch die Mäster steigen aus

Auch in der Schweinemast sind die Zahlen deutlich. Hier sehen sich lediglich 44 % der Mäster weiterhin in der Schweinemast. Auch liegt der Anteil noch unklar mit fast einem Drittel sehr hoch. Konkrete Ausstiegsvorstellungen in den kommenden fünf bzw. zehn Jahren haben gut 23 % der Mäster.

Politik muss handeln

Sowohl die Abfrage in der Ferkelerzeugung als auch in der Schweinemast zeigt, dass die Politik dringend handeln und Perspektive für die Betriebe bringen muss, damit möglichst viele Schweinemäster, deren Weg noch unklar ist, in der Schweinehaltung bleiben. Denn ohnehin werden die Ausstiegsraten weiter enorm sein. Aber: Auch wenn die Vorzeichen deutlich sind, ist es noch nicht zu spät. Noch hat die Politik mit ihrem Handeln große Einflussmöglichkeiten, etwas zu drehen.

Schlechteste Noten für Politik

Aktuell könnte jedoch die Unzufriedenheit mit der Arbeit der Regierungskoalition unter den Schweinehaltern kaum größer sein. So ergibt sich für die Bundesregierung eine mittlere Bewertung von -4,46. Fast drei Viertel der Befragten geben der Bundesregierung die schlechteste Bewertung, die sie abgeben können. Nimmt man die drei schlechtesten Bewertungsmöglichkeiten zusammen, so haben diese ca. 94 % der Befragten gewählt.

Auch die Landesregierungen kommen bei der Bewertung Ihrer Arbeit für die Entwicklung der Schweinehaltung nicht gut weg. Insgesamt ergibt sich eine mittlere Bewertung von -3,1. Von den drei am häufigsten in der Befragung vertretenen Bundesländern bekommt Niedersachsen mit einer -3,6 im Mittel das schlechteste Ergebnis. Bayern kommt auf eine -2,8 und auch NRW kann mit einer -2,4 im Mittel sicherlich nicht zufrieden sein.

Ländlicher Raum gefährdet

Ebenfalls wird die Arbeit der Bundesregierung für den ländlichen Raum sehr schlecht bewertet, so ergibt sich ein Mittel von -3,5. Rund 78 % der befragten Schweinehalter gaben eine Note zwischen -3 und -5 ab. Das heißt, die Besorgnis um den Ländlichen Raum ist groß, und vor allem große Veredlungsregionen sind gefährdet.

Transformation wird behindert

Ernüchterung hat sich auch eingestellt, wenn es um die Aktivitäten der Bundesregierung zur Transformation der Schweinehaltung geht. Die Schweinehalter gaben hierfür sehr schlechte Bewertungen ab – im Mittel eine -4. 56 % gaben hier sogar die schlechteste Note -5. So gut wie keine Betriebe sahen die Aktivitäten als positiv an.

Als wichtigste Hürde, die die Transformation behindert, gaben die Betriebe zu 87,6 % die fehlende Planungssicherheit an. Aber auch die Hürden bei der Genehmigung und die Bürokratie wurden von über 70 % genannt. Auch sieht rund die Hälfte der Befragten eine mangelnde Abstimmung zwischen Bund und Ländern.

Aktivitäten des Bundes ein Flop

Durch die jüngsten politischen Rechtsvorgaben hat sich die Situation auf den Betrieben hinsichtlich Perspektive und Planungssicherheit deutlich verschlechtert. Das geben zumindest knapp drei Viertel der befragten Schweinehalter an. Überhaupt nur 3,7 % sehen eine Verbesserung. So ergibt sich eine mittlere Bewertung von -2,44.

Die Genehmigungshürden zum Umbau der Ställe in Richtung mehr Tierwohl sind durch die neuen Rechtsvorgaben (u.a. im Baurecht) nicht verbessert worden. Das sieht zumindest die weit überwiegende Mehrheit der Schweinehalter so. Lediglich 3,4 % der Befragten sieht, dass Hürden ausgeräumt wurden. 79 % gehen jedoch eher von keiner Verbesserung aus. So ergibt sich eine mittlere Bewertung von -3,0. Vom Ausräumen der Genehmigungshürden kann also nicht die Rede sein.

Die geplante Förderung geht am Ziel vorbei. Die meisten Schweinehalter sehen durch die in Aussicht gestellte Förderung keine Hilfe – im Mittel geben Sie eine sehr schlechte Bewertung von -3,8 ab. Fast 59 % der Befragten bewertet mit einer -5 und sieht keinerlei Hilfe. Nur knapp 5 % der Befragten sieht eher vorsichtig eine Unterstützung.