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KI hält Einzug in den Schweinestall

Die Schweinehaltung in Deutschland hat in den vergangenen zwei Jahren den größten Stresstest der vergangenen zwei Jahrzehnte durchlebt. Lag der Rückgang an Betrieben in den ersten zehn Jahren des 20. Jahrhunderts noch bei einem Prozent, so hat er sich nun innerhalb eines Jahres auf zehn Prozent verzehnfacht. Was bedeutet das für die Lehr- und Versuchsanstalten in Deutschland?

Beim diesjährigen Treffen des Arbeitskreises Haltungs- und Fütterungstechnik Schwein in Futterkamp konnten sich die Mitglieder wieder über aktuelle Versuchsergebnisse und Vorhaben aus den Lehr- und Versuchsanstalten in Deutschland austauschen. Im Fokus standen Erfahrungen mit

  • alternativen Stallsystemen,
  • der Gestaltung von Abferkelbuchten sowie
  • Umwelt- und Tierwohlmaßnahmen im Betrieb.

Ställe der Zukunft

Nahezu alle Versuchszentren für Schweinehaltung in Deutschland planen derzeit neue „Ställe der Zukunft“. Einige Bauvorhaben befinden sich bereits in der Umsetzung, andere stecken noch mitten in der Genehmigung. Die unterschiedlichen Ansätze eint das Wohlbefinden der Tiere und der im Stall arbeitenden Menschen, bei gleichzeitigem Fokus auf den Umweltschutz und die Wirtschaftlichkeit. Erfahrungen aus neuen Stallsystemen sind wichtig, damit sie auch den Weg in die Praxis finden. Betriebe brauchen Orientierung. Daher wäre es wichtig, dass die Ställe der Zukunft möglichst schnell Realität werden.

Richtige Gestaltung der Abferkelbucht

Die Gestaltung und das Design der Abferkelbucht haben einen hohen Einfluss auf die Nutzung der Funktionsbereiche durch die Sauen und die Ferkel.

Je größer der Abstand zwischen Sau und Ferkelnest ist, desto weniger motiviert sind die Ferkel, die Sau und ihre Wurfgeschwister nach einem Säugevorgang zu verlassen, um sich in das Ferkelnest zu begeben. Die Folge des Verbleibens der Ferkel an der Sau können höhere Ferkelverluste sein.

Aus den zahlreichen Untersuchungen an den Lehr- und Versuchsanstalten resultieren Empfehlungen für Mindestmaße und die Gestaltung von Buchten, die von der Industrie bereits umgesetzt werden. Wichtig wäre aber auch, dass diese Erfahrungen bei der Überarbeitung von Ausführungshinweisen Berücksichtigung finden.

Vieles dreht sich um den Ringelschwanz

Zwar konnte in Projekten wie KoVeSch (Konsortialprojekt zum Verzicht auf Schwanzkupieren beim Schwein) bundesweit Erfahrungen mit dem Umgang von unkupierten Tieren gesammelt werden. Allerdings reichen diese immer noch nicht aus, um flächendeckend auf das Kupieren verzichten zu können. Viele Betriebe haben trotz Anpassungen in Haltung, Fütterung, Stallklima oder Management Probleme mit Schwanzbeißen, so dass sie nach Rücksprache mit dem Tierarzt in der Ferkelaufzucht Schwänze kupieren müssen.

Dennoch werden in den Projekten wie auch auf den Betrieben wichtige Erkenntnisse gesammelt: Einer der wichtigsten Frühindikatoren ist die Schwanzhaltung. Wenn bei vielen Ferkeln ein hängender Schwanz beobachtet wird, dann tritt mit hoher Wahrscheinlichkeit spätestens nach drei Tagen Schwanzbeißen auf.

Schnelle Wege in die Praxis

In aktuellen Projekten geht es darum, eine automatische Früherkennung mittels selektierter Variablen zu etablieren, die den Betriebsleiter bei der Tierbeobachtung unterstützt und prophylaktisch eingreifen lassen kann. Künstliche Intelligenz (KI) hält also Einzug in den Schweinestall.

Die praktischen Erfahrungen in den Lehr- und Versuchsanstalten sind essenziell für die Entwicklung schweinehaltender Betriebe in Deutschland. Die DLG fördert den Austausch der Einrichtungen untereinander, damit viel versprechende Systeme schnell den Weg in die Praxis finden.


Sven Häuser,
DLG-Fachzentrum Landwirtschaft,
Bereichsleiter Tierhaltung und Innenwirtschaft,
s.haeuser@dlg.org