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Alternative Proteinquellen und Kreislaufwirtschaft

Einen Einblick über die Chancen der Schwarzen Soldatenfliege als Proteinquelle erhielten die Teilnehmenden des DLG-Ausschusses Technik und Tierhaltung vor Kurzem auf ihrer Exkursion in Sachsen. Über seine aktuell abgeschlossene Umstellung auf Bio-Milch und -Vermarktung informierte DLG-Vizepräsident René Döbelt auf dem Landgut Nemt.

Das Exkursionsprogramm führte die Gruppe am 5. Oktober 2022 zunächst nach Pegau in Sachsen. Dort konnten sich die die Teilnehmenden bei einem der größten Insektenzüchter Deutschlands über Insekten als hochwertige Proteinquellen für Haus- und Nutztiere informieren. Insekten wird im Ökosystem, aber auch aufgrund ihrer Bestäubungstätigkeit und der Unterstützung beim Humusaufbau, eine hohe Bedeutung zugesprochen.   

Wie alles 2017 in der Garage begann

Das junge und innovative Start-up madebymade hat 2017 in einer Garage mit der Zucht der Schwarzen Soldatenfliege begonnen. 2018 konnte bereits eine erste Pilotanlage errichtet werden, mit der mehr als zwei Jahre wertvolle Erfahrungen gesammelt wurden. 2020 begann das Unternehmen mit dem Neubau einer Industrieanlage in größerem Stil, die 2022 in Betrieb gehen konnte und täglich aktuell 1,5 Tonnen frische Larven produziert.

Das Generationsintervall der Schwarzen Soldatenfliege beträgt etwa sechs Wochen. Das Puppenstadium endet nach etwa zwölf Tagen mit dem Schlupf der Fliege, die nach zwei Tagen bereits Eier legt, aus denen nach zwei bis vier Tagen wiederum die Maden schlüpfen. Die anschließende Mast, die an einem anderen Standort abläuft, beträgt 15 Tage. Die Mast unterteilt sich dabei in eine Vormast und eine Endmast. 15 Prozent der Maden werden für die Reproduktion benötigt, der Rest geht in die Verarbeitung.  

Die Futtergrundlage der gefräßigen Larven besteht aus Weizenkleie und Weizenpülpe, wobei auch Altbrot sowie Obst- und Gemüseabfälle eingesetzt werden können. Für eine Verfütterung von Speiseabfällen, die im Sinne der Kreislaufwirtschaft anzustreben wäre, existiert in Deutschland aktuell noch keine Zulassung.

Tierfutter und Naturdünger

Das Besondere an den Larven ist, dass sie dabei helfen, organische Reststoffe zu hochwertigen Proteinen zu verarbeiten. Diese Proteine sind ideal für die Verwendung in Tiernahrung.  Ein weiteres, nachhaltiges Produkt ist der natürliche Dünger, der zu 100 Prozent aus dem verdauten Fraß der Insekten besteht.

Die Larven können sowohl als frische wie auch als getrocknete Larven verfüttert werden. Die Produktionskosten liegen aktuell noch über denen anderer Proteinquellen wie beispielsweise Sojabohnen. Daher werden die verarbeiteten Larven größtenteils in Form von Proteinmehl im Heimtierfutter für Hunde und Katzen eingesetzt. Es gibt aber bereits gute Kontakte zu Veredelungsbetrieben in Deutschland, die Insektenprotein als Alternative für heimisches Eiweißfutter einsetzen. Langfristig möchte die Geschäftsführung die Produktion ausbauen, daher wird die madebymade GmbH auch als Aussteller bei der EuroTier 2022 vertreten sein.

Kreislaufwirtschaft als Maxime

Als zweiter Exkursionsbetrieb öffnete das Landgut Nemt seine Tore für das DLG-Gremium. Der Milchviehbetrieb von DLG-Vizepräsident René Döbelt hat die Umstellung auf biologische Wirtschaftsweise abgeschlossen und bietet seine Milchprodukte in Bio-Qualität an. Hingegen läuft der Ackerbau des Betriebs seit jeher nach den Richtlinien des ökologischen Landbaus ab.

Das Langut Nemt erzeugt Bio-Molkereiprodukte und Bio-Gemüse aus dem Leipziger Land. Pro Jahr gehen etwa 800.000 Liter Milch über die eigene Hofmolkerei in die Direktvermarktung.

Futterversuche mit Luzerne

Mit dem Lehr- und Versuchsgut in Köllitsch werden aktuell Futterversuche mit Luzerne durchgeführt, da man den Einsatz von importiertem Eiweiß weiter reduzieren möchte. Über die hofeigene Biogasanlage werden Gülle und Futterreste für die Stromerzeugung verwertet, der erzeugte Strom wird vollständig in das Stromnetz eingespeist. Insgesamt produziert der Betrieb jährlich etwa 8.000.000 Kilowattstunden und deckt damit den Strombedarf von rund 2.300 Haushalten. 


Sven Häuser,
Fachzentrum Landwirtschaft, DLG
Bereichsleiter Tierhaltung und Innenwirtschaft