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Spot-Spray-Systeme bieten große Einsparpotenziale

Prof. Verena Haberlah-Korr zur Zukunft des Pflanzenschutzes

Prof. Dr. Verena Haberlah-Korr (56) ist vor Kurzem einstimmig zur neuen Vorsitzenden des Ausschusses Pflanzenschutz der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) gewählt worden. Als Professorin für Pflanzliche Produktion und Pflanzenschutz an der Fachhochschule Südwestfalen in Soest setzt Prof. Haberlah-Korr auf eine enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Industrie und Landwirtschaft. Gerade im Pflanzenschutz dürfte es in den kommenden Jahren Veränderungen geben. Zu nennen ist hierbei vor allem die von der EU-Kommission geplante Reduktion von Pflanzenschutzmitteln bis 2030. Die Landwirtschaft ist umso mehr auf praxisnahe Lösungen angewiesen. Diesen Brückenschlag leistet Prof. Haberlah-Korr auch in ihrer Aufgabe als wissenschaftliche Leiterin des Versuchsguts Merklingsen der FH Südwestfalen. Schon jetzt lasse sich erkennen, dass künftig Fungizidstrategien individuell passend zur Sorte gewählt und auch teilflächenspezifische Behandlungen besser etabliert werden, verrät die international anerkannte Wissenschaftlerin, die gerne wandert und liest, im Interview für den DLG-Mitgliedernewsletter.

DLG: Inwiefern lässt sich Ihre Forschung an der Fachhochschule in Soest mit der Arbeit im DLG-AS Pflanzenschutz verbinden?

Prof. Dr. Verena Haberlah-Korr: Ich glaube, das passt sehr gut zusammen. Unsere Studierenden in Soest kommen zu einem großen Teil aus der Praxis, und meine Forschung, die ich als wissenschaftliche Leiterin unseres Versuchsguts in Merklingsen betreibe, ist mit vielen Klein– und Großparzellenversuchen sehr praxisnah. Themen, die wir aktuell dort bearbeiten, sind zum Beispiel mechanische Unkrautregulierung, Beisaaten in Raps zur Schadinsektenverwirrung und Unkrautunterdrückung, Untersuchungen zum notwendigen Maß des Pflanzenschutzmitteleinsatzes und auch die Integration von Blühstreifen zur Nützlingsförderung. Ganz allgemein interessiert mich die Umsetzung von Methoden des Integrierten Pflanzenschutzes (IPS) in der Praxis. Ich denke das passt sehr gut zur Arbeit im Ausschuss Pflanzenschutz.
DLG: Haben Sie schon Vorstellungen davon, wie Sie diese Erkenntnisse über den DLG-Ausschuss Pflanzenschutz in die landwirtschaftliche Praxis transferieren wollen?

Haberlah-Korr: Aktuell planen wir, ein sehr spannendes Thema aus der letzten Ausschusssitzung auf der kommenden Wintertagung als Vortrag einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Allgemein bietet die DLG über ihre zahlreichen Kanäle - vor allem die DLG-Mitteilungen - perfekte Kommunikationswege.

DLG: Was glauben Sie, welche Mittel und Systeme werden sich in den kommenden fünf Jahren im Pflanzenschutz durchsetzen, gerade im Hinblick auf die geplante EU-Richtlinie zur Reduktion von Pflanzenschutzmitteln?

Haberlah-Korr: Die mechanische Unkrautregulierung wird stärker in konventionelle Strategien integriert werden, die Fruchtfolgen werden breiter und enthalten mehr Leguminosen und Zwischenfrüchte, Fungizidstrategien werden individuell passend zur Sorte gewählt, und auch teilflächenspezifische Behandlungen, wie zum Beispiel Bandspritzungen, werden besser etabliert. Für all dies sind die technischen Lösungen weitestgehend schon da, und das hilft dann schon kurzfristig, den Verbrauch von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren. Längerfristig sehe ich vor allem in Spot-Spray-Systemen, bei denen je nach Einsatzgebiet gezielt nur die Kulturpflanze oder das Unkraut vom Pflanzenschutzmittel getroffen werden, sehr große Einsparpotenziale.

DLG: Wo sehen Sie bei der geplanten Reduktion von Pflanzenschutz-Wirkstoffen die größten Problemfelder?

Haberlah-Korr: Resistenzen nehmen durch den Wegfall von Wirkstoffen massiv zu. Das Resistenzmanagement über den Wechsel von Wirkstoffgruppen ist oft jetzt schon nicht mehr möglich, wie zum Beispiel bei den Rapsschädlingen.

DLG: Wie schätzen Sie die Erfolgschancen von Biostimulanzen und Agrar-Biologika ein?

Haberlah-Korr: Was in der Humanmedizin gilt, gilt auch für den Pflanzenschutz: Vorbeugen ist besser als heilen. Das ist ja auch ein Grundprinzip des IPS. Dafür können Biostimulanzien sinnvoll sein - so ähnlich wie Nahrungsergänzungsmittel, die dort helfen, wo etwas fehlt.

Ich sehe den aktuellen Boom eher etwas skeptisch. Mir sind da noch zu viele „Wundermittel“ unterwegs, die gefühlt gegen alles eine Wirkung versprechen, ohne wirklich wissenschaftliche Nachweise zu erbringen.

Interview: Daphne Huber, www.agrarticker.de 

DLG-Verlag