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Druschfruchternte: Trends zur Verfahrenstechnik

Hersteller von Techniken zur Druschfruchternte fokussieren unter anderem den Automatisierungs- und IT-Anwendungsbereich. Um Mähdrescher an der wirtschaftlichen und/oder technischen Leistungsgrenze einzusetzen, sind weitere technische Lösungen zur Kalibrierung der Verlustsensorik wirkungsvoll. Mähdrescherbaureihen, die noch konsequenter nach dem Baukastenprinzip gefertigt werden, ermöglichen ein breites Angebotsportfolio. Eine völlig neue Mähdrescherkonstruktion eröffnet neue Leistungsdimensionen.

Anhaltender Trend zu Bandschneidwerken und Detaillösungen

Aktuelle Rahmenbedingungen zwingen Landwirte, Pflanzen aus südlicheren Regionen in vielfältigeren Fruchtfolgen anzubauen. Die Konstrukteure der Spezialfirmen für Erntevorsätze und der Mähdrescherhersteller reagieren darauf mit angepassten Konstruktionen. Bandschneidwerke erlangen immer höhere Marktanteile, weil sie zum einen mit Flex-Messerbalken ausgerüstet sind und sich zum anderen zusätzlich bei segmentiertem Rahmen quer zur Fahrtrichtung an Bodenunebenheiten anpassen. Dies reduziert insbesondere bei großen Arbeitsbreiten, aber auch in kupiertem Gelände die Aufnahmeverluste. Um diesen Vorteil intensiver zu nutzen, dienen zusätzliche Tasträder der Bodenanpassung in Fahrtrichtung. Die Neigung des Bandschneidwerkes wird somit während der Erntearbeit automatisch an die Einsatzbedingungen angepasst.

Es werden zwar immer weniger großwüchsige Linienrapssorten angebaut, doch die Beschaffenheit von Raps ist jahreswitterungsbedingt sehr unterschiedlich, sodass nach wie vor Aufnahmeverluste entstehen können, denen die Konstrukteure mit Detaillösungen wie Leit- und Komprimierschnecken sowie profilierten Querförderbändern und Bandführungen in dichten Leitschienen begegnen.

Detailverbesserungen am Schnittsystem sind erforderlich, wenn nahe der Bodenoberfläche gemäht wird. Ähnlich der Gleitfläche eines Ährenhebers über dem Boden werden auch Mähfinger an der Unterseite abgeschrägt, um bei angepasster Schneidwerkneigung in Fahrtrichtung möglichst verstopfungsarm und bei höheren Erntegeschwindigkeiten zu mähen. Spezielle Mähfinger sind sogar ohne Spitze zweiteilig gegen die Mähmesser einstellbar, um den Scherenschnitt zu maximieren.

Trends beim Dreschen und Abscheiden

Eine weitere Steigerung der Druschleistung in den obersten Leistungsklassen erfordert sehr hohen konstruktiven Aufwand, weil das Bauvolumen das Größenwachstum begrenzt. Denn es nimmt die Maschinenmasse zu, weil eine höhere Leistung der Dresch- und Trenntechniken natürlich mehr Motorleistung und somit robustere Antriebsstränge erfordert. Top-Modelle mit nahezu 800 PS Motorleistung erreichen ohne Erntevorsatz Leergewichte von mehr als 20 Tonnen. Bodenschonende Breit- oder Doppelräder sowie Halbraupen sind daher für diese Maschinen ein „Muss“. Der Trend zu größeren Dreschtrommel- und Axialrotor-Durchmessern setzt sich fort. Für mehr Schluckvermögen wird zunehmend auf kleine Dreschtrommeln mit weniger als 60 cm Durchmesser verzichtet. Auch in Mähdreschern mit Doppel-Axialrotoren beträgt deren Durchmesser 60 cm und mehr. Zur Erzielung hoher Druschleistungen werden Axial-Dresch- und Abscheiderotoren zusätzlich verlängert.

Eine Neuentwicklung ist ein Axialrotor-Mähdrescher mit einem gegenläufigen Axial-Dresch- und Abscheiderotor. Der Erntegutstrom wird dem Rotor tangential zugeführt, der ihn zu beiden Seiten teilt. Das spart Antriebsleistung, weil das Erntegut nicht wie bei üblichen Axialrotor-Mähdreschern aufwendig durch den schneckenförmigen Einzugsbereich und entsprechend geformte Gehäuse in den axialen Gutfluss umgelenkt werden muss. Die Konstruktion erlaubt eine Zunahme der technischen Druschleistung über bekannte Dimensionen hinaus. Dieser Mähdrescher ist extrem kurz und quer in ein Trägerfahrzeug eingebaut, das beim Transport längs fährt. Das Trägerfahrzeug ist konsequent für Controlled Traffic Farming mit einem Beetmaß von 12 Metern konstruiert. Es ist ebenso konsequent auf alternative Antriebstechniken und vollautomatisches Arbeiten ausgelegt. Somit ist das Gesamtkonzept als ressourcenschonend zu bewerten.

Trends bei Informations- und Regeltechniken

Die Informations- und Regeltechniken für die Druschfruchternte werden zunehmend komplexer. So wird zum Beispiel die maschinengestützte Intelligenz in Form von Regeltechniken weiterentwickelt. Dazu zählen erstmalig ein Schneidwerkautomat sowie ein Häckselgut-Verteilautomat. Beim Schneidwerkautomaten werden die richtige Haspelposition sowie Schneidtischlänge eingestellt, um einen möglichst gleichmäßigen Erntegutfluss bereits im Schneidwerk zu erzeugen, der sich dann positiv auf die Druschleistung auswirkt. Ein Scanner erfasst die Geometrie des Druschfruchtbestandes, um die Haspel passend zu positionieren. Der Schichtdickensensor für den Vorfahrtregler erfasst Ungleichmäßigkeiten im Gutfluss. Wenn die Schichtdicke des Erntegutstromes am gleichmäßigsten ist, passt die Schneidtischlänge.

Die Querverteilung des Häckselgutes über der gesamten Arbeitsbreite wird jetzt auch direkt per Lasersensoren gemessen. Entspricht die Häckselgutverteilung nicht dem Sollwert, so wird die Wurfgeschwindigkeit der Verteilrotoren an beiden Seiten unabhängig voneinander angepasst, bis das Häckselgut wieder gleichmäßig verteilt ist.

Lobenswert sind die vielen Ansätze zur Messung von Kornverlusten. Vor allem bei Groß-Mähdreschern ist eine Kalibrierung der Verlustsensoren immer mehr erforderlich, damit die Einstellautomaten konstruktionsgemäß arbeiten. Darüber hinaus ist bei diesen Mähdreschern die Ernte an der agronomisch festgelegten oder technisch beziehungsweise. wirtschaftlich gegebenen Leistungsgrenze besonders wichtig, weil die tatsächlichen Kornverluste von Mähdreschern mit großen Arbeitsbreiten meist überschätzt werden. Dies reduziert die Wirtschaftlichkeit des Mähdrusches.

Für die einfache Kornverlustbestimmung wurden neben den üblichen Schalensystemen auch Bildverarbeitungstechniken entwickelt. Die auf dem Boden liegenden Verlustkörner werden fotografiert, die Bildverarbeitungstechnik erkennt die Anzahl der Körner pro Flächeneinheit, und die dazugehörige App berechnet nach Eingabe der technischen Daten des Mähdreschers sowie des Ertrages die Höhe der Kornverluste. Diese Technik verspricht auf jeden Fall eine höhere Genauigkeit als das übliche Freiblasen und Schätzen der Kornverluste. Ob sich diese digitalen Verfahren zur Kornverlustbestimmung im Markt durchsetzen werden, hängt von deren Messgenauigkeit vor allem im Häckslerbetrieb ab. Die für eine präzise Messung zu kleine gescannte Fläche kann durch Mehrfachscannung kompensiert werden. Digitale Verfahren zur Bestimmung der Kornverluste beim Mähdrusch sind ähnlich bedienerfreundlich wie zur Bestimmung der Querverteilung beim Düngerstreuen und mit geringstem Aufwand verbunden – ihre Umsetzungschancen sind also gut.

Das veränderte Informationsbeschaffungsverhalten macht sich auch Smartphone-basierte Systeme zunutze. Treten Probleme bei der Mähdrescherbedienung oder -einstellung auf, so können die dazugehörigen Informationen per Scannen des QR-Codes vom Bildschirm des Bedienterminals geladen werden. Diese prinzipiell nicht neue, aber bedienerfreundliche Methode dient der raschen Beschaffung von Hilfestellungen seitens des Herstellers zur sachgerechten Nutzung des Mähdreschers.

Trends beim Stroh-Spreu-Management

Der Einsatz von Groß-Mähdreschern mit Arbeitsbreiten von mehr als zehn Metern ist oft mit konstruktiven Herausforderungen beim Bau von Häcksel- und Verteiltechniken verbunden. Hier haben sich die sogenannten Radialverteiler etabliert, jedoch nicht weltweit, weil die Anforderungen an das Häckseln und Verteilen je nach Anbauverfahren und Druschfrucht sehr unterschiedlich sind.

In Trockenregionen mit einem hohen Maß an herbizidresistenten Beikräutern werden Schrotmühlen an Mähdrescher gebaut, um die Reinigungsabgänge und somit die Beikrautsamen zu zerstören. Derartige Seed-Destructoren sind prinzipiell Hammermühlen mit einem hohen Antriebsleistungsbedarf, Neue Konstruktionsansätze fokussieren vor allem auf einen reduzierten Leistungsbedarf und eine kompakte Bauweise, die den Erhalt aller Mähdrescherfunktionen wie auch das Koppeln eines Schneidwerkwagens ermöglichen. In Übersee können mit diesen Techniken etwa 80 Prozent der Unkrautsamen zerstört werden.

Unter mitteleuropäischen Erntebedingungen sind zum Erntezeitpunkt der Druschfrucht jedoch meistens rund 80 Prozent der Ungrassamen (Ackerfuchsschwanz, Windhalm) bereits ausgefallen. Darüber hinaus werden höhere Strohmassen bei höheren Wassergehalten geerntet, so dass Beikrautsamen auch noch im Stroh verweilen. Die natürlichen Voraussetzungen für eine Technik zur mechanischen Beikrautsamenzerstörung sind daher vollkommen anders als in Übersee. Der Wirkungsgrad einer solchen Anlage mit einem Antriebsleistungsbedarf von etwa 70 bis 130 kW ist daher zu gering.

Trends rund um den Mähdrescher

Mit zunehmenden Leistungen der Mähdrescher spielt die Einstelloptimierung und Justierung der Sensorik eine bedeutendere Rolle, weil Fehleinstellungen bei Großmaschinen relativ höhere wirtschaftliche Schäden verursachen als bei Kleinmaschinen. Deshalb entwickeln die Hersteller ihre Einstell- und sonstigen Regeltechniken weiter. Neben der Druschleistung spielt hierbei die Arbeitsqualität eine zunehmende Rolle. So stand in den Trockenjahren von 2018 bis 2020 der Kornbruch im Fokus. Axialrotor-Mähdrescher mit einem systembedingt geringeren Kornbruchrisiko werden von den Marketingabteilungen der Hersteller als besonders vorzüglich gegenüber Mähdreschern mit Tangentialdreschwerken propagiert.

Bei der Beurteilung von Arbeitsqualitäten sind jedoch nicht nur die Abzugslisten der Agrarhändler sowie deren Probenanalysetechniken zu berücksichtigen. Auch sind die Gutströme innerhalb eines Mähdreschers objektiv zu bewerten. Oft wird der in den Kornverlusten enthaltene Anteil an gebrochenem Korn völlig überbewertet. Nicht jede App spiegelt exakt die Vorgänge in und um den Mähdrescher wider. Hier werden zukünftig weitere wissenschaftliche Erkenntnisse Berücksichtigung finden. Fakt ist und bleibt: Jedes Dresch- und Abscheidesystem ist mit spezifischen Vor- und Nachteilen behaftet, und jeder Hersteller bietet für die verschiedenen Märkte passende Ausrüstungsoptionen und intelligente Regeltechniken an. Andernfalls wären nicht alle Mähdrescher weltweit einsetz- und folglich vermarktbar.

Mehr Auswahl für Landwirte und Lohnunternehmer

Der weltweite Trend zu Bandschneidwerken und Techniken zur Adaption von Erntevorsätzen an die verschiedensten Bedingungen setzt sich fort. Die Bandschneidwerke der international vermarktenden Hersteller werden zunehmend europäisiert. Somit nimmt die Auswahl für die Landwirte und Lohnunternehmer zu.

Dies gilt auch für Mähdrescherbaureihen, die immer konsequenter nach dem Baukastenprinzip gefertigt werden und somit sehr viele Ausrüstungsoptionen ermöglichen, also ein breites Angebotsportfolio bieten. Trotz der Beschränkung der Bauvolumina nehmen die Druschleistungen zu. Regeltechniken – jetzt auch an Erntevorsätzen – erhöhen die Gleichmäßigkeit des Gutflusses und steigern somit die Ernteleistung. Die exakte Querverteilung von gehäckseltem Stroh wird als wichtiger Baustein im Pflanzenbauverfahren direkt gemessen und an die äußeren Bedingungen angepasst.

Ein neu konzipierter Mähdrescher in einem Trägerfahrzeug erschließt einen weiteren Schritt zu höherer Druschleistung bei gleichzeitig gesteigerter Energieeffizienz. Dieses auf zukünftige Verfahrenstechniken und alternative Energien ausgelegte Gesamtkonzept, das sowohl manuell bedient als auch autonom arbeiten kann, bedeutet einen Paradigmenwechsel in der gesamten landwirtschaftlichen Verfahrenstechnik.

Prof. Dr. agr. Thomas Rademacher, Life Sciences and Engineering, Technische Hochschule Bingen