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Bedeutung digitaler Systeme für die Tiergesundheit

In schweinehaltenden Praxisbetrieben erfolgt die Überwachung der Tiergesundheit üblicherweise punktuell in visueller, personengestützter Form im Rahmen täglicher Kontrollgänge. Aufgrund verschiedener mensch- und tierbezogener Faktoren unterliegt das Ergebnis solcher Kontrollen mitunter erheblichen Schwankungen.

Zur standardisierten Unterstützung des betrieblichen Tiergesundheitsmonitorings wächst in der Schweinehaltung daher das Interesse an digitalen Assistenzsystemen. In diesen Systemen erfassen Sensoren kontinuierlich und überwiegend in Echtzeit tierbezogene Daten, die anschließend ergebnisorientiert automatisch ausgewertet werden. Zweck dieser Systeme ist die Früherkennung und Frühmeldung von Abweichungen im Gesundheitsstatus der Tiere zur Entscheidungsunterstützung des Tierhalters beim betrieblichen Gesundheitsmanagement.

Im Vergleich zur Milchviehhaltung sind marktreife digitale Assistenzsysteme zur Erfassung (einzel-)tierbezogener Daten in der Schweinhaltung noch stark unterrepräsentiert. Der Großteil der gegenwärtig in Schweineställen eingesetzten Sensoren dient der Erfassung von Stallklima- und Anlagendaten. Für die automatische Erfassung tierbezogener Daten stehen grundsätzlich vielfältige Sensorsysteme unterschiedlicher Messprinzipien beim Schwein zur Verfügung.

Davon sind allerdings viele Systeme bislang nur im Rahmen wissenschaftlicher Studien hinsichtlich ihres Einsatzpotenzials in der Schweinehaltung evaluiert worden (zum Beispiel Wärmebildkameras) und besitzen daher noch keine Marktreife. Es hat sich zudem gezeigt, dass weniger das Sensorsystem die Herausforderung bei der Etablierung eines digitalen Assistenzsystems darstellt, als vielmehr die Entwicklung einer validierten Software zur Datenanalyse.

Letztere dient dazu, aus der Fülle der Sensordaten (Big Data) die für die Tiergesundheit relevanten Schlüsse zu ziehen und damit die Managemententscheidungen des Tierhalters zielgerichtet und korrekt zu unterstützen. In den vergangenen Jahren hat die Zahl der Tiermonitoringsysteme für die Schweinehaltung am Markt leicht zugenommen. Diese stellen in der Regel Insellösungen für definierte Einzelanwendungen dar. Umfassendere Lösungen, die durch die Vernetzung unterschiedlicher Systeme realisiert werden könnten, sind wegen fehlender Kompatibilitäten in ihrer praktischen Umsetzung noch stark eingeschränkt.

Folglich besteht enormer Forschungsbedarf, dessen sich unter anderem das seit Februar 2020 vom BMEL geförderte Verbundprojekt „DigiSchwein“ annimmt. Ziel des Projektes ist die Cloud-basierte Verknüpfung und Anwendungsfall-bezogene Auswertung umfangreicher Tier-, Umwelt- und Anlagendaten, die von verschiedenen Sensorsystemen in einem Versuchsschweinestall kontinuierlich erfasst werden. Zu den Anwendungsfällen zählt auch der Bereich der Krankheitsfrüherkennung im Tierbestand.

Am Ende des Projektes soll ein exemplarisches System zur Frühwarnmeldung und Entscheidungsunterstützung stehen, das im Nachgang auf Praxisbetrieben validiert werden kann. Einige Sensorsysteme zur Erfassung tierbezogener Daten mit Bedeutung für die Tiergesundheit werden im Beitrag kurz vorgestellt.

Wie sich die weitere Verbreitung und zukünftige Nutzung digitaler Assistenzsysteme, vor allem solcher zur Erfassung gesundheitsbezogener Tierdaten, in der deutschen Schweinehaltung im Detail entwickeln wird, ist angesichts der ungewissen Zukunftsaussichten der Branche gegenwärtig nur schwer zu prognostizieren.

Es gilt hervorzuheben, dass auch die Digitalisierung in der Schweinehaltung kein Selbstläufer ist und eine umfassende interdisziplinäre Forschungs- und Entwicklungsarbeit erfordert, um valide Assistenzsysteme in die praktische Anwendung zu bringen. Die Digitalisierung in der Schweinehaltung birgt durch datenbasierte Früherkennung, Prognosemodelle und Entscheidungsunterstützung jedoch ein großes Potenzial zur positiven Beeinflussung der Gesundheit von Schweinebeständen.