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Agrarfinanzierung: Nachhaltigkeitskriterien werden wichtiger

Gerald Hein blickt auf sich ändernde Bedingungen

Nur ein gesunder Boden liefert nachhaltig ordentliche Erträge. Die Tiere sollen sich wohlfühlen, um dem Landwirtschaftsbetrieb hohe Naturalerträge zu bescheren. Kriterien, die ökologische und soziale Nachhaltigkeit nachweisen, gewinnen zunehmend an Bedeutung für die Kreditvergabe in der Landwirtschaft. Die rein auf Zahlen ausgerichtete Sichtweise wird künftig für die Kreditentscheidung nicht genügen.

Hierfür sorgen auf der einen Seite sich ändernde Konsumgewohnheiten der Verbraucher, auf der anderen höhere Anforderungen der Politik an Umwelt- und Tierschutz. Der Handel und die Ernährungswirtschaft passen sich dem bereits an. Auch die Landwirtschaftsbetriebe werden ihre Wirtschaftsweise und Ausrichtung der Betriebszweige unter dem Aspekt des Umwelt- und Tierschutzes überdenken. Banken schauen sich wiederum künftig die Zukunftsfähigkeit des Standortes und die Geschäftsausrichtung unter Nachhaltigkeitsaspekten genauer an. Sich an geänderte Rahmenbedingen und Anforderungen anzupassen und Geschäftsmodelle zu bewerten, ist für landwirtschaftliche Unternehmen und Banken im Grunde auch nichts Neues.

In Sachen Nachhaltigkeit nimmt nunmehr aber die Europäische Union direkten Einfluss auf die Finanzmarktteilnehmer. Auf Basis des Green Deals wurde hierzu eine umfangreiche EU-Regulierung erlassen, die sich in erster Linie an Finanzmarktakteure und somit auch an Banken richtet. Anstelle jeden einzelnen Sektor zum Beispiel in Richtung Klimaschutz zu regulieren, erfolgt dies in Zukunft über die Finanzströme.

Dabei werden im Wesentlichen zwei Stoßrichtungen verfolgt: Erstens die Definition und Messung von „grünen“ Krediten mittels der Grünen Taxonomie. Zweitens werden Banken verpflichtet, die Qualität von Einzelkrediten und des gesamten Portfolios stärker unter Nachhaltigkeits-Aspekten zu bewerten. Grundlage hierfür ist der EZB-Leitfaden zu Klima- und Umweltrisiken.

Im Rahmen der Grünen Taxonomie wird zum Beispiel geprüft, welchen CO2-Fußabdruck ein Investitionsvorhaben hinterlässt oder welchen Beitrag ein Unternehmen für den Schutz der Ökosysteme leistet. Der EZB-Leitfaden verpflichtet die Banken, Auswirkungen des Klimawandels oder von Gegenmaßnahmen, zum Beispiel durch CO2-Bepreisung, in die Bewertung des Kreditrisikos einzubeziehen.

Die Regelungswerke sind komplex und unterliegen zum Teil noch Änderungen. So war der Landwirtschaftssektor bereits Bestandteil der Grünen Taxonomie und wurde später wieder herausgenommen. Auch ist die originäre Landwirtschaft nach den aktuellen Ausführungen aufgrund der Unternehmensgrößen nicht direkt von der Grünen Taxonomie betroffen. Inwieweit dies indirekt durch Anforderungen der Ernährungswirtschaft und des Handels erfolgt, bleibt abzuwarten.

Die Auswirkungen der EU-Nachhaltigkeitsregulierungen sind aktuell noch nicht konkret abzuschätzen. Sicher ist, dass zunächst das Informationsbedürfnis der Banken in diesem Zusammenhang steigen wird. Banken könnten – auch in Abhängigkeit vom eigenem Ambitionsniveau – Ihre Kreditpolitik auf mehr Nachhaltigkeit ausrichten, sich zum Beispiel aus bestimmten Finanzierungen zurückziehen oder Kreditkonditionen differenzieren.

Landwirte sollten sich daher frühzeitig mit den Nachhaltigkeitsfragen auseinandersetzen. Das DLG-kompakt Sustainable Finance – Was kommt auf das Agrarbanking und die Landwirtschaft zu?

der DLG-Arbeitsgruppe Banken und Versicherungengibt zunächst Hintergrundinformationen. Es soll eine erste Orientierung geben, worauf sich Landwirte in der Zusammenarbeit mit ihrer Hausbank in Sachen Nachhaltigkeit einrichten können. Das DLG-kompakt wird an die weitere Entwicklung dieses Themenfeldes sukzessive angepasst.