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Aquaponik – „Wenn Fische und Pflanzen gemeinsame Sache machen“

Die Verbindung von Pflanzen- und Fischzucht hat eine lange Tradition und wurde in Asien in Form von „Rice – Fish -Culture“ bereits vor 1.200 Jahren betrieben. Eine echte Symbiose, da die Fische in den Gräben der Reisfelder nicht nur Algen, Aufwuchs und Insekten aufnehmen, sondern auch für zusätzliche Nährstoffe für die Reispflanzen sorgen. Der Zugewinn an tierischem Protein dieser integrierten Farm Systeme in Form von Karpfen oder später Tilapia (Afrikanischen Buntbarschen) erhöht die Produktivität der Fläche und verbessert die Nahrungsmittelversorgung.

Das Grundprinzip ist einfach – Kreislaufwirtschaft: Die Kopplung von internen Strömen in Form von Nährstoffen, Wasser, Co2, Sauerstoff und Energie. In heutigen Aquaponik Systemen wachsen Fische oder Garnelen in sogenannten geschlossenen Kreislaufanlagen. Die Ausscheidungen im Produktionswasser werden über Filtereinrichtungen mechanisch und biologisch gereinigt. Die biologische „Arbeit“ übernehmen Bakterien, sogenannte Nitrifikanten, die das ausgeschiedene Ammonium in Nitrat umwandeln und zusammen mit anderen Nährstoffen (N, P etc.) von den Pflanzen (Tomaten, Kräuter, Zierpflanzen) aufgenommen werden können. Im Gegensatz zu Rice-Fish- Culture sind die heutigen Aquaponik Systeme erdlos, die Wurzeln der Nutzpflanzen wachsen in Nährlösungen.

Im Grunde versucht die Aquaponik Idee, die natürliche Selbstreinigungskraft und das biologische Gleichgewicht in natürlichen Gewässern zu simulieren und möglichst reibungs- und störungslos Biomasse und Protein zu erzeugen. Wenn es denn so einfach wäre! Die verschiedenen Ausscheidungsprodukte der Fische passen nie ganz genau in das spezifische Nährstoffmuster der Pflanzen, ungewollte Stoffe reichern sich an und essentielle Stoffe fehlen.

Das IGB, das Leibnitz Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei in Berlin, hat sich in den letzten 20 Jahren einen Namen gemacht, die Stoffströme des Prinzips „Aquaponik“ näher zu betrachten und zu definieren. Der „Tomatenfisch“ ist wohl der bekannteste „Held“ in der Aquaponik „Story“. In Containerbauweise entstand eine geschlossene Kreislaufanlage mit Tilapia, afrikanischen Buntbarschen, und versorgten Tomaten mit Nährstoffen. Anhand dieser Simulation konnten interne Stoffströme wissenschaftlich definiert, erforscht und erfasst werden und zu guter Letzt auch noch Fisch und Tomaten geerntet werden. (The aquaponic principle – it is all about coupling in „Reviews in Aquaculture“ https://doi.org/10.1111/raq.12596)

Wer sich die Zeit nimmt und „Aquaponik“ googelt oder besser noch YouTube bemüht, kommt aus der Vielzahl von Anwendungen nicht mehr heraus. Neben dem Tomatenfisch, findet sich das „Fisch – Glas – Haus“ der Uni Rostock. Die Berliner Newcomer von EFC Farmsystems und die StadtFarm präsentieren „Hauptstadtbasilikum“ gemeinsam mit afrikanischem Barsch und Wels. Auf dem Gelände einer ehemaligen Malzfabrik, mitten in Berlin-Schöneberg, produziert das Start-up ECF Farmsystems jährlich etwa 500.000 Kräutertöpfe, dazu kommen rund zehn Tonnen Fisch. Nach Gemüse und Fisch erntete EFC den 13. Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2021 in der Kategorie Gesellschaft & Fairness, der in Zusammenarbeit mit der Bundesregierung vergeben wird. 

Die Liste der verschiedenen Aquaponik Farmen und Projekte ist lang und gäbe es Raum, stünde an dieser Stelle ganz sicher auch eine Beschreibung und ein  Link zu einem der herrlichen YouTube Videos für eine Do-it- Yourself Aquaponik Farm für den Balkon.  

Zweifelsohne können Aquaponik Systeme im kleinen und im großen Stil die landwirtschaftliche Nahrungsmittelerzeugung nicht ersetzen.  Sie können aber hilfreich sein, Stoffkreisläufe der Natur, Zusammenhänge und Fakten der Lebensmittelerzeugung besser zu verstehen und sorgen vielleicht für ein wenig mehr gesunden Menschenverstand. Das gilt definitiv nicht nur für Schulklassen.

Es ist die Nähe zum Produkt, die Neugier, die Lust auf Innovation und der Wunsch nach einem nachhaltigen, anderen Weg des  „Essen-Machens“, der nicht nur die Berliner begeistert und  bewegt mehr auszugeben für einen Topf  „Hauptstadtbasilikum“ aus der Nachbarschaft, der „mit Fischen gemeinsame Sache macht“!