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Branche steht vor Herausforderungen

Laura Pignol zum neuen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz

Das neue LkSG wird zu großen Teilen am 1. Januar 2023 in Kraft treten und zunächst für Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten gelten. Ab dem 1. Januar 2024 werden auch Unternehmen ab 1.000 Arbeitnehmern erfasst. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie landwirtschaftliche Betriebe fallen zunächst nicht in den Anwendungsbereich des Gesetzes.

Die genossenschaftlichen Unternehmen nehmen ihre menschenrechtliche Verantwortung bereits heute sehr ernst und haben hohe ökologische und soziale Standards etabliert. Dennoch wird das LkSG bei vielen Unternehmen in der Wertschöpfungskette zu erheblichem bürokratischem Aufwand führen. Unmittelbar betroffene Unternehmen müssen u.a. ein Risikomanagement etablieren, Risikoanalysen durchführen, Präventions- und Abhilfemaßnahmen unternehmen und einen jährlichen Bericht über die Erfüllung der Sorgfaltspflichten vorlegen. Bei Verletzung dieser Pflichten drohen empfindliche Buß- und Zwangsgelder.

Bei schwerwiegenden Verletzungen der Sorgfaltspflichten können Unternehmen zum Abbruch der Geschäftsbeziehungen verpflichtet sein. Das kann selbst große Unternehmen vor Herausforderungen stellen, da sie bei bestimmten Produkten und Rohstoffen von einer sehr kleinen Zahl potentieller Zulieferer abhängig sein können, welche nicht einfach ersetzt werden können. Zu nennen sind bspw. Futtermittelzusatzstoffe wie Vitamine, deren Hersteller überwiegend in China sitzen. Die Möglichkeit der Einflussnahme entlang der Lieferkette kann daher selbst für große Unternehmen sehr beschränkt sein. Ähnliche Herausforderungen wird es zum Beispiel in der Agrartechnik, bei Importen von Soja oder Kaffee geben. Natürlich müssen Abhilfemaßnahmen verhältnismäßig sein und der Abbruch der Geschäftsbeziehungen ist das letzte Mittel. Unternehmen müssen aber dokumentieren und nachweisen können, dass sie alles getan haben, um die Risiken in der Lieferkette zu verhindern bzw. die Verletzung der Sorgfaltspflichten zu beenden.

Auswirkungen des LkSG sind aber auch bei landwirtschaftlichen Erzeugern denkbar. Das LkSG verpflichtet Unternehmen zur Einhaltung der Sorgfaltspflichten in der gesamten Lieferkette, von der Rohstoffgewinnung bis zur Abgabe an den Endkunden. Es ist daher davon auszugehen, dass größere Unternehmen Erzeugern mittels vertraglicher Weitergabeklauseln die Einhaltung menschenrechtlicher und umweltbezogener Pflichten auferlegen müssen. Darüber hinaus können Erzeuger auch verpflichtet werden, die Einhaltung der Pflichten ihrerseits auch gegenüber ihren eigenen Zulieferern sicherzustellen. Ein weiterer Aspekt ist, dass Unternehmen ihre Zulieferer möglicherweise verpflichten werden, nur bestimmte Produkte oder Rohstoffe von zertifizierten Lieferanten oder aus bestimmten Regionen zu beziehen. Hinsichtlich der Bedeutung für die Landwirtschaft bleibt abzuwarten, wie sich die mittelbare Betroffenheit in der Praxis auswirkt.

Die genossenschaftlich orientierten Unternehmen haben ein großes Interesse daran, sowohl sich als auch den vorgelagerten Bereich nicht mit überbordenden bürokratischen Anforderungen zu belasten. Es ist davon auszugehen, dass bestehende Zertifizierungs- und Qualitätssysteme in der Agrar- und Landwirtschaft weiter ausgebaut und entwickelt werden. Unternehmen werden sich bereits jetzt sorgfältig und frühzeitig auf die Umsetzung des LkSG vorbereiten müssen. Dabei müssen zunächst die eigenen Lieferketten, die Bedingungen in den Herkunfts- und Produktionsländern und die Zulieferer analysiert sowie Risiken identifiziert werden.

Mit der angekündigten EU-Richtlinie für unternehmerische Sorgfaltspflichten steht eine mögliche Verschärfung des LkSG im Raum. Auch eine Erweiterung des Anwendungsbereichs auf weitere Unternehmen und gegebenenfalls landwirtschaftliche Erzeuger ist denkbar.