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Verhaltensweisen und -ansprüche

Das 21. „Forum angewandte Forschung in der Rinder- und Schweinefütterung“ fand unter dem Leitgedanken zu den Wechselwirkungen von „Tierwohl ⇔ Nutztier ⇔  Bioökonomie“ statt. In Fortführung des Plenarbeitrages zu den „Fütterungsassoziierten Verhaltensproblemen beim Nutztier“ gingen die Workshops in den Sektionen Rind und Schwein gezielt darauf ein, das Thema unter der Devise „Das Nutztier im Fokus“ weiter zu vertiefen.

Die kritische gesellschaftliche Diskussion um die Tiernutzung und damit verbunden die Haltung von Nutztieren verlangt, das Nutztier immer (stärker) in den Fokus zu rücken und alle Faktoren rund um Haltung und Fütterung bestmöglich auf die Bedürfnisse des Tieres auszurichten.

Die Fütterung betreffend heißt dies zum Beispiel, dass neben der Deckung des Energie-, Nähr- und Wirkstoffbedarfs als Grundlage für Gesundheit und Leistung auch die Möglichkeit zum Ausleben natürlicher Verhaltensweisen bei der Futteraufnahme (längere Beschäftigung mit der Futtersuche und -aufnahme sowie Futterwahl zwischen unterschiedlich konzentrierten Komponenten etc.) bestehen sollte, um so einem Fehlverhalten der Tiere weitestgehend entgegenwirken zu können und positive Verhaltensmuster zu unterstützen. Dies entspricht einem hohen Beitrag zu mehr Tierwohl.

Im Rahmen des Plenarvortrages wurden als Ursache für Fehlverhalten unter anderem eine fehlende Beschäftigung mit dem Futter an sich während der Futteraufnahme sowie eine mangelnde Sättigung in modernen Haltungsformen durch Vorlage nährstoffreicher und leicht verdaulicher Futtermischungen in einer reizarmen Umgebung herausgestellt.

Die Workshops vertieften dies für die Bereiche Rind und Schwein mit jeweils drei Beiträgen zu Verhalten, Haltungssystemen und Futter/Fütterung. Die Bewertung der Schwächen und möglicher Verbesserungen derzeit genutzter Haltungs- beziehungsweise Fütterungssysteme erfolgte auf Basis von natürlichen Verhaltensweisen wie Abliegen, Aufstehen, Futtersuche oder Nestbau. Im Einzelnen betrifft das zum Beispiel mögliche Anpassungen in der Wahl der Futterkomponenten und der Fütterungstechnik und insbesondere die Schaffung höherer Freiheitsgrade für die Tiere bei der Futterwahl.

In der praktischen Rinderfütterung wird bereits mit zusätzlichen Futtergaben wie bestimmten Kräutern gearbeitet. In diesem Zusammenhang wurde angeregt, zukünftig wieder über den Sinn einer grundsätzlichen Wahlfreiheit für die einzelnen Futter- beziehungsweise Rationskomponenten und das selektive Fressen (wie in der Natur zu sehen) nachzudenken und dies verstärkt unter dem Gesichtspunkt der Steigerung des Tierwohls zu betrachten.

Dazu müssen die Tiere die Situation stressarm, also den anatomischen Bedürfnissen entsprechend und frei von störenden Klimaeinflüssen, fressen können. Wichtige Einflüsse werden insbesondere der hygienischen Qualität des Futters ebenso wie der physikalischen Struktur des Futters beziehungsweise der Ration zugeschrieben, um damit vor allem den Ansprüchen wiederkäuergerechter physiologischer Abläufe in den Vormägen zu genügen.

Bei den Schweinen fokussierte die Diskussion vor allem auf die Umsetzung gesamtbetrieblicher Haltungskonzepte basierend auf dem Gradmesser Tierschutz. Hier liegen die Betrachtungen vor allem auf der Beeinflussung der Möglichkeiten zur (Fort)Bewegung, der Thermoregulation sowie des Sexualverhaltens in verschiedenen Haltungsvarianten wie in Bewegungsboxen oder in der Gruppenhaltung. Dazu wird ebenso intensiv auf die Beeinflussung des peripartalen Verhaltens wie des Nestbaus und während der Säugezeit sowie des Fress- und Saufverhaltens geachtet.

Die Fütterung im Detail betreffend besteht die größte Herausforderung in einer sinnvollen Verknüpfung der technischen Möglichkeiten von Fütterungsverfahren mit den Bedürfnissen zum Fressverhalten und zum Futteraufnahmevermögen der Tiere. Hier sind ebenso die ergänzenden Faktoren wie die Bedarfsdeckung an Nährstoffen und Energie, die hygienische Qualität von Futtermitteln, die Wasserversorgung und die Erfüllung tierwohlrelevanter Aspekte wie Sättigung und Beschäftigung zu beachten. So wurde intensiv diskutiert, zukünftig eine zweite Futterstrecke mit faserreichem „Beschäftigungsfutter“ in den Fokus der Betrachtung zu ziehen.

Das Forum angewandte Forschung in der Rinder- und Schweinefütterung ist die bundesweite Plattform für den Austausch von Versuchsergebnissen der praxisorientierten Forschung und zur Abstimmung methodischer Vorgehensweisen. Ausrichter ist der VLK in Zusammenarbeit mit der DLG unter Mitwirkung des FLI und des VDLUFA. Der Tagungsband kann zum Preis von 20,- Euro über die Geschäftsstelle VFT des Verbandes der Landwirtschaftskammern (Tel. 02945/9690540, Mail k-h.gruenewald@vlk-agrar.de) bezogen werden.