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DLG-Ausschuss Schwein: Zur ASP-Situation in Europa

Das Thema ASP (Afrikanische Schweinepest) ist ein Dauerbrenner im Ausschuss Schwein. Bereits zur Wintertagung 2015 in Berlin hat man sich mit dem Thema befasst, da das Heranrücken des Virus von Osten her seit 2007 beobachtet werden konnte. Als Referent war damals Algis Baravykas zu Gast. Er stammt aus Litauen und ist seit Jahren Vorsitzender des dortigen Schweinehalterverbands.

In Litauen ist die ASP 2014 über Weißrussland ins Land gekommen und hat dort zunächst nur Wildschweine und dann auch schnell Haustierbestände befallen.

Sechs Jahre später konnte Algis Baravykas, der auch Mitglied der European Pig Producers ist, im DLG-Ausschuss Schwein über seine vielfältigen Erfahrungen und Erkenntnisse bei der Bekämpfung berichten:

Zaunbau und Bejagung

Noch bevor das ASP-Virus erstmals in Litauen aufgetreten ist, hat der Schweinehalterverband in Litauen versucht, die Errichtung eines festen Zauns an der knapp 1.000 km langen weißrussischen Grenze zu realisieren. Allerdings fand man zu dieser Zeit weder national noch auf EU-Ebene Gehör und folglich auch keine finanziellen Mittel für einen Zaun.

Nachdem die ersten Wildschweine in Litauen infiziert waren, hat man den Kontakt zur Jägerschaft gesucht und Bekämpfungsstrategien ähnlich wie in Deutschland entwickelt. Eine intensive Bejagung, wie sie beispielsweise 2017/18 in Tschechien erfolgte, war allerdings nicht möglich, da die Jagd als Hobby angesehen wird und man ungern als „Auftragsjäger“ agiert. Dennoch hat man es geschafft, die Zahl der Wildschweine in Litauen signifikant zu reduzieren. In den ersten fünf Monaten 2021 wurden bislang 48 infizierte Kadaver gefunden.

Biosicherheit und Unterstützung durch den Staat

In 2015 gab es in Litauen noch über 23.000 Betriebe mit weniger als 100 Hausschweinen. Diese sogenannten „Hinterhofhaltungen“ hatten nahezu keine Biosicherheitsmaßnahmen, und so war es nur eine Frage der Zeit, bis die ersten Hausschweinebestände infiziert waren.

Über ein staatliches Ausstiegsprogramm und Aufklärungsarbeit hat man es geschafft, diese Kleinbetriebe auf heute etwa 7.000 Stück zu begrenzen und die Biosicherheit auf allen Betrieben zu erhöhen. Dazu wurde ein Biosicherheitsstandard entwickelt, der konsequent über das staatliche Veterinäramt auf allen Betrieben mindestens zweimal pro Jahr kontrolliert wird. 

Teil des Standards ist auch, dass Großbetriebe keine Ferkel mehr an Hinterhofhaltungen verkaufen dürfen, was vorher ein lukratives Geschäft war.

Für betroffene Großbetriebe in Litauen, die aufgrund eines ASP-Falls in einem Kleinstbetrieb in der Nähe plötzlich in einem Restriktionsgebiet liegen und nur noch eingeschränkt wirtschaften können, wurden seit 2019 staatliche Kompensationsmaßnahmen freigeschaltet, die den Betrieben zumindest die Differenzzahlungen auf Basis von Durchschnittspreisen gewähren. Diese Unterstützung laufe allerdings Ende diesen Jahres aus.
Staatliche Zahlungen gibt es auch für den Schaden, die den Betrieben indirekt durch Wildschweine entstehen, da die Wildschweine dem Staat gehören.

Übertragung durch Fliegen?

Bei der Auswertung der befallenen Haustierbestände über mehrere Jahre fiel auf, dass ein erhöhtes Auftreten im Zeitraum Juni bis August zu beobachten ist. Eine Studie, die daraufhin in Auftrag gegeben wurde, legt den Verdacht nahe, dass auch bestimmte Fliegenarten das ASP-Virus in sich tragen und als Überträger in Frage kommen können (https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/mve.12499).

Daraufhin wurde auch der Schutz vor und die Bekämpfung von Fliegen in den neuen Biosicherheitsstandard in Litauen aufgenommen, was sich zum Beispiel über Fliegengitter an allen Stallöffnungen (inklusive Lüfter) widerspiegelt.

Sicherlich ist nicht alles 1:1 auf Deutschland übertragbar. Aber das Verhaltensmuster ist doch ähnlich. Meist wird reagiert anstatt zu agieren. Häufig ist dann schon wertvolle Zeit vergangen, und bestimmte Maßnahmen sind nicht mehr möglich.

„Von außen betrachtet“, so Baravykas, „stehen in Deutschland aktuell Tierwohl- und Umweltthemen stärker im Fokus der Politik als die Bekämpfung der Schweinepest“. Auch in Litauen sei das der Fall, allerdings stehen hier gesellschaftspolitische Themen, wie Rente und die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, auf der Agenda der Regierung. Wenn man es als Staat mit der Bekämpfung der Schweinepest ernst nehme, dann bedarf es aber auch hier höchste Aufmerksamkeit und Entschlossenheit, so sein Fazit.

In der Abschlussdiskussion stellte man fest, dass man nun nach vorne blicken müsse, um den Zug der ASP nach Westen aufzuhalten. Wichtig sei der politische Wille, daher muss auf die Verantwortlichen auf Bundes und Landesebene weiter Druck ausgeübt werden. Der DLG-Ausschuss Schwein wird hierfür ein Positionspapier erarbeiten und sich auch mit weiteren Verbänden dazu austauschen.