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Der Elefant zieht seine eigenen Wege

Stefan Zwoll zur EU-Agrarpolitik ab 2023

Nach rekordverdächtigen drei Sonder-AMKs, drei Nächten und 33 Stunden Verhandlungen haben sich am 25. März die 16 deutschen Landesagrarminister auf zentrale Eckpunkte zur nationalen Umsetzung der europäischen Agrarpolitik ab 2023 geeinigt.

Im Superwahljahr 2021 verlief die Hauptkampflinie innerhalb der AMK zwischen grünen und schwarzen Agrarministerinnen und Agrarministern. Inhaltlich verbissen sich die Verhandlungspartner lange am Zeitplan für die nationale Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU sowie der Ausgestaltung der sogenannten grünen Architektur der GAP in Deutschland.

Nun werden zukünftig unter anderem 25 Prozent der Direktzahlungen an Öko-Regelungen gebunden, bis 2026 sollen 15 Prozent der Mittel von der 1. Säule in die 2. Säule umgeschichtet werden, der Schutz des Dauergrünlands wird weiter erhöht, die Förderung der Junglandwirte wird verdoppelt, und für die ersten 60 Hektare erhalten alle Landwirte einen gestaffelten Aufschlag von bis zu 60,- Euro pro Hektar. Hingegen wird es keine Kappung oder Degression der Basisprämie in Deutschland geben.

Ein guter Kompromiss sieht bekanntlich am Ende nur Sieger, und so lobten alle Beteiligten das Abschlussdokument:

Axel Vogel aus Brandenburg sprach davon, dass sich die Flächenprämie überlebt habe. Peter Hauk aus dem Ländle sprach „…von einer Abkehr der reinen Einkommensstützung durch Flächenprämien.“ Till Backhaus aus Mecklenburg-Vorpommern betonte hingegen, dass sich die AMK als handlungsfähig erwiesen habe. Die niedersächsische Agrarministerin Otte-Kinast verlautbarte, mit den AMK-Beschlüssen werde ein Signal an Brüssel gesandt.

Ob die Beschlüsse der Agrarministerinnen und Agrarminister in Brüssel zum jetzigen Zeitpunkt auf offene Ohren stoßen, bleibt derweil zu hoffen. Denn momentan laufen die nationalen und europäischen Verhandlungen zur GAP nicht parallel.

Bereits im Februar 2021 hatte der Vorsitzende der AMK, der grüne Landesagrarminister Wolfram Günther aus Sachsen, das Dilemma der Deutschen auf den Punkt gebracht: Einerseits stehe man unter Zeitdruck,andererseits…“käme man nicht umhin, die Ergebnisse der Trilog-Verhandlungen auf EU-Ebene abzuwarten." Er sagte: „Die AMK wolle die nationale Gesetzgebung parallel zu den laufenden Trilog-Verhandlungen vorbereiten.“

Der Kompromiss vom 26. März zeigt nun den deutschen Weg auf.

Derweil zieht der EU-Elefant seine eigenen Wege. Denn auf europäischer Ebene scheint bisher nur weniges klar zu sein. Am Freitag, den 26. März, fand ein „Super“-Trilog, die Verhandlungen zwischen EU-Kommission, EU-Parlament und den Vertretern der EU-Mitgliedsstaaten, statt.

Insbesondere ist zwischen dem EU-Parlament und dem Rat der Europäischen Union (dem die Vertreter der EU-Mitgliedsländer angehören) das neue Leistungsmodell der GAP hoch umstritten. Im Kern geht es im New Delivery Model (NDM), welches von Ex-EU-Kommissar Hogan formuliert wurde, darum, die Zahlungen der GAP-Gelder zukünftig stärker mit der „Performance“ der landwirtschaftlichen Betriebe zu verknüpfen. Als Grundlage definiert die EU-Kommission neun Ziele und einige gemeinsame „Output- und Ergebnisindikatoren“.

Die EU-Mitgliedstaaten sollen gleichzeitig mehr Flexibilität bei der Vergabe der EU-Gelder erhalten.

Mit dem „Super“-Trilog wollte die portugiesische EU-Präsidentschaft Schwung in die Verhandlungen bringen. Eine grundsätzliche Einigung konnte aber am 26. März nicht erreicht werden.

Portugals Agrarministerin, Maria do Céu Antunes, warnte, die noch zu erledigende Arbeit dürfe nicht unterschätzt werden. Norbert Lins, der Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses des Europäischen Parlaments, betonte, „…es seien zwar bedeutende Fortschritte erzielt worden, aber es gebe auch noch viel Arbeit zu tun.“ Und EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski sah entscheidende Schritte, die während des Super-Trilogs gemacht worden wären.

Unübersehbar ist jedoch, dass im Kern die grundsätzliche Verständigung zur Ausgestaltung der GAP ab 2023 bis jetzt fehlt.

Mittlerweile wird in Brüssel offen daran gezweifelt, ob eine Einigung zur GAP bis Ende Juni 2021 überhaupt möglich sein wird. Dann endet die EU-Präsidentschaft Portugals und die Slowenen müssen ran.

Auf europäischer Ebene bleibt es damit weiter spannend.