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Tierwohl ist auch ein Beschleuniger des Strukturwandels

In seiner Eröffnung der Tagung der DLG-Spitzenbetriebe Schwein kam Dr. Jörg Bauer, Berater beim LLH und Vorsitzender des DLG-Ausschuss Schwein, nicht umhin, sich in die Retrospektive zu begeben und an seine Eröffnung vor genau einem Jahr anzuknüpfen.

Damals führte unter anderem die ASP in Asien in Deutschland zu Schweinepreisen jenseits der 2,- Euro. Die Coronawelle nahm über die ersten Winterurlaubsrückkehrer ihren Anfang und führte dazu, dass die 19. Konferenz für viele Teilnehmer bis heute die letzte Großveranstaltung war. Auch heute sind ASP und Corona für das aktuelle Preisniveau verantwortlich, allerdings lag dies bis vor zwei Wochen noch bei 1,19 Euro. „Die ASP rockt also die Schweinepreise“ – und das in beide Richtungen, so lautete sein Fazit.

Als weitere Trends machten sowohl Dr. Bauer wie auch DLG-Vizepräsident Philipp Schulze Esking steigende Auflagen wie Tierwohl- und Umweltauflagen aus, die sich nun auch in anstehenden Gesetzen und Verordnungen niederschlagen werden. Tierwohl beschleunigt somit auch den Strukturwandel in der Schweinehaltung. Für Philipp Schulze Esking, der auch Mitglied der „Borchert-Kommission“ ist, wird deutlich, dass der bisherige Pfad der Kostenführerschaft unter diesen Rahmenbedingungen in eine Sackgasse führt. Für ihn gibt es künftig daher zwei Lösungsansätze:

  1. Produktmärkte (nachfrageorientiert, Preis und Qualität im Fokus)
  2. Markt für öffentliche Dienstleistungen (öffentliche Güter)

Für beide Ansätze gilt es nun, die Finanzierungsmöglichkeiten auszuloten. Denn vor allem die gesellschaftlichen Leistungen müssen klar beziffert und die langfristige Finanzierung sichergestellt werden. 

Dass Tierwohl und Nachhaltigkeit bei den Spitzenbetrieben auf der Zukunftsagenda stehen, wird auch in den Umfrageergebnissen 2020 deutlich, die von Sven Häuser vorgestellt wurden.

Die DLG-Spitzenbetriebe sehen die Themen Kupierverzicht, eine werterhöhende Vermarktung und die Verbesserung des Tierwohls in den Ställen als die drei wichtigsten Zukunftsprojekte in den nächsten fünf Jahren an. Beim Kupierverzicht wurde in einer Spontanumfrage während der Veranstaltung deutlich, dass es nach wie vor Optimierungsbedarf beim Zusammenspiel von Haltung, Klima, Fütterung und Genetik gibt. Stallumbauten und Neubauten sind also notwendig und müssen auch genehmigungsfähig sein, um hier weitere Verbesserungen erzielen zu können.

Denn das Durchschnittsalter der Ställe bei den Spitzenbetrieben liegt zum Großteil zwischen zehn und 20 Jahren, Modernisierungsmaßnahmen stehen also sowohl in der Ferkelerzeugung wie auch in der Schweinemast an.

Für die Betriebe sind neben den Tierwohlthemen auch emissionsmindernde Maßnahmen in der Haltung, Fütterung und Gülleausbringung von Bedeutung. Diese werden auch vor dem Hintergrund der Novellierung der TA-Luft wichtig. Allerdings sind diese Punkte nach Ansicht der befragten Betriebsleiter gesellschaftlich weniger von Bedeutung, hier fokussieren sich die Forderungen in erster Linie auf die Bewegungsfreiheit, das Raufutterangebot und die Schaffung von Außenklimareizen.

Am Ende der 2,5-stündigen Veranstaltung konnte Gedächtnistrainer Jürgen Petersen die Teilnehmer noch auf einen 15-minütigen „Motivationsquickie“ auf die Konferenz im kommenden Jahr einstimmen, die dann hoffentlich wieder als Präsenzveranstaltung und ohne Beeinflussung von Viren stattfinden kann.