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Erlöse höchst unterschiedlich verteilt!

Julia Klöckner zum Unmut in der Landwirtschaft

Sehr gerne werben unsere Supermärkte mit Slogans wie „Frisch vom Hof“. Denn offensichtlich lohnt es sich, das gute Image von Land, Dorf und Bauern zu nutzen, weil es ein Zeugnis ist für Frische, für Qualität, für Regionalität. Das geht in Ordnung – so lange man nicht Profit auf dem Rücken derer macht, die dieses Image Tag für Tag mit ihrer Arbeit schaffen. Sie kennen die Zahlen: Bei Eiern kommen nur 43 Prozent des Preises, den der Kunde zahlt, beim Erzeuger an. Bei der Milch sind es sogar nur 39 Prozent. Gleichzeitig profitiert der Lebensmitteleinzelhandel gerade von Rekordumsätzen. Zu Recht, denn hier ist während der Corona-Krise Außerordentliches geleistet worden. Das gilt aber auch für unsere Bäuerinnen und Bauern. Nur die Erlöse werden höchst unterschiedlich verteilt!

Wann, wenn nicht in einer solchen Phase des steigenden Bewusstseins für die fundamentale Bedeutung der Lebensmittelversorgung, kann es gelingen, dass die Arbeit der Landwirtschaft von allen Beteiligten stärker wertgeschätzt und honoriert wird? Ich jedenfalls kann den Unmut von Bäuerinnen und Bauern über das Machtungleichgewicht zwischen ihnen und dem Handel nachvollziehen. Denn die Preisentwicklung – auch bedingt durch offensive Werbemaßnahmen des Handels – kennt seit langem nur noch einen Weg: nach unten. Daran muss sich etwas ändern.

Deshalb will ich an drei Punkten nachjustieren.

1. Wir brauchen eine Änderung des Agrarmarktstrukturgesetzes – mit Vorgaben, die über die UTP-Richtlinie hinausgehen

Mit unserem Entwurf zur Änderung des Agrarmarktstrukturgesetzes soll in Deutschland die „Richtlinie über unlautere Handelspraktiken in den Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen in der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette“ – kurz: UTP-Richtlinie – umgesetzt werden. Sie sieht ein Verbot der schädlichsten unlauteren Handelspraktiken vor. Wir gehen mit unserem Entwurf über die Vorgaben aus Brüssel hinaus, um einer einseitigen Risikoverteilung zulasten der Erzeuger einen Riegel vorzuschieben.

2. Wir brauchen Regeln für ein faires Miteinander

Unser Lebensmitteleinzelhandel sollte sich an die Regeln halten, die zum Kern seines Selbstverständnisses gehören, Stichwort „Ehrbarer Kaufmann“. Ich habe deshalb Vorschläge für einen Verhaltenskodex gemacht - und erwarte, dass der Handel jetzt konkret wird und seine Vorschläge auf den Tisch legt. Handlungsbedarf sehe ich insbesondere bei den Themen gerechte Verteilung der Erlöse, Standardsetzung mit angemessener Honorierung, Stärkung regionaler Lieferketten und Würdigung nationaler Herkunft.

3. Wir brauchen einen anderen Umgang mit Fleisch

Ich finde es fatal, wenn gerade Fleisch als Ramschware über die Theke geht. Zum Thema Preiswerbeverbot für Fleisch sind wir deshalb innerhalb der Bundesregierung im Austausch, um zu erörtern, wie und wo man ein solches Preiswerbeverbot formulieren könnte. Zu der grundsätzlichen Frage der Honorierung von Tierwohl hat unsere „Borchert-Kommission“ Empfehlungen vorgelegt. Es geht dabei um nicht weniger als den wirtschaftlich tragfähigen Umbau der Tierhaltung. Wir haben eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, um Klarheit darüber zu haben, welche rechtlichen Möglichkeiten es gibt, diese gewaltige Aufgabe zu finanzieren. Das Ergebnis werden wir in einigen Wochen haben – und dann noch in dieser Legislatur Schritte zur Umsetzung einleiten.

Es wird also ein intensiver Jahresanfang, bei dem es vor allem um eines gehen wird: neue Wege zu finden, damit die Arbeit unserer Bäuerinnen und Bauern angemessen und anständig honoriert wird. So, wie es ihrem Image und ihrer Bedeutung für unsere Gesellschaft entspricht.