EU-Ratspräsidentschaft: Agrar-Agenda im Blick
Der Vorsitz der EU-Ratspräsidentschaft wechselt alle sechs Monate an einen anderen Mitgliedsstaat. Deutschland hatte diese Aufgabe zuletzt 2007 inne. Für den Ressortbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) präsentierte Ministerin Julia Klöckner diese Woche ihren Arbeitsplan mit folgenden Themen:
- Stärkung der Systemrelevanz der Land- und Ernährungswirtschaft: Die COVID-19-Pandemie unterstreicht die Bedeutung der Ernährungssicherheit und der regionalen Produktions- und Lieferketten. Das BMEL wird sich daher für die Stärkung dieser wichtigen Sektoren einsetzen.
- Verhandlungen zur Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU nach 2020: Das BMEL strebt im Rahmen der Verhandlungen über die drei Legislativvorschläge der Europäischen Kommission zur GAP nach 2020 eine „Allgemeine Ausrichtung“ des Rates an. Auf dieser Grundlage sollen dann die Informellen Triloggespräche mit dem Europäischen Parlament aufgenommen werden. Die künftige GAP soll vor allem zu einer Stärkung der Umwelt- und Klimawirkungen sowie der „Zielorientierung“ der Direktzahlungen beitragen. Zugleich sollen die Mitgliedstaaten innerhalb der GAP mehr Flexibilität bekommen. Dafür spielt die Verabschiedung des „Mehrjährigen Finanzrahmens“ für die Jahre 2021 bis 2027 eine wichtige Rolle.
- Die Strategie der Europäischen Kommission „Farm-to-Fork“ („Vom Hof auf den Tisch“-Strategie): Enge Bezüge zur GAP beinhaltet auch die von der Europäischen Kommission vorgelegt "Farm-to-Fork"-Strategie. In dieser Strategie sieht die Europäische Kommission zusätzliche Anforderungen an die Landwirtschaft im Rahmen des „Grünen Deals“ vor. Auch diese Strategie will das BMEL während der deutschen Ratspräsidentschaft intensiv diskutieren. Der Rat soll Forderungen und Hinweise für die Umsetzung der „Farm-to-Fork“-Strategie erarbeiten. Erste Beratungen unter kroatischer Ratspräsidentschaft zeigten, dass dabei das Thema der nachhaltigen Sicherung der Ernährung in der EU eine vorrangige Rolle spielen wird.
- Fragen des Tierwohls sowie zur Kennzeichnung von Lebensmitteln: Bundesministerin Klöckner strebt unter der deutschen Ratspräsidentschaft Ergebnisse zu Fragen des Tierwohls sowie der Kennzeichnung von Lebensmitteln an. Dabei geht es darum, die Grundlagen zur Einführung eines EU-weiten Tierwohlkennzeichen zu schaffen. Außerdem soll es einen Anstoß zur Entwicklung einer EU-weiten einheitlichen erweiterten Nährwertkennzeichnung geben.
- Fischereifragen: Im zweiten Halbjahr stehen traditionell Fischereifragen auf der Tagesordnung der Ratstagungen. Dazu zählt die Festlegung der Fangquoten für das folgende Jahr. Die Quoten für die verschiedenen Meeresregionen werden im Oktober und im Dezember verhandelt. Außerdem soll der Rat den Vorschlag für den Europäischen Meeres-, Aquakultur- und Fischereifonds nach 2020, der den Rahmen für die Förderung einer nachhaltigen Fischerei und Aquakultur in der EU setzt, fertigstellen.
Bei diesen Vorhaben übernehme die Ratspräsidentschaft, so das BMEL in einer Meldung von dieser Woche, eine neutrale und vermittelnde Rolle: Sie arbeite als „ehrlicher Makler“ auf Kompromisse und Lösungen unter den Mitgliedstaaten im Rat hin. Das heißt, die nationale Position tritt in den Hintergrund – zugunsten einer vermittelnden Rolle zwischen den Positionen der 27 EU-Mitgliedstaaten.
Neben den formellen Ratstagungen in Brüssel und Luxemburg ist der jeweilige Ratsvorsitz auch Gastgeber sogenannter Informeller Ministertreffen. Sie geben den Ministerinnen und Ministern Gelegenheit, über aktuelle EU-Angelegenheiten zu beraten aber auch die regionale Vielfalt von Deutschland zu präsentieren. Ursprünglich war geplant, dass diese Informellen Ministertagungen während der gesamten Dauer der Ratspräsidentschaft in verschiedenen Städten in Deutschland stattfinden. Wegen der Covid-19-Pandemie werden die Treffen mindestens im Juli nun aber verschoben oder in Form von Videokonferenzen durchgeführt. Das Informelle Treffen der EU-Agrarministerinnen und -minister soll vom 30. August bis 1. September in Koblenz stattfinden.