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Vor der Ernte: Jetzt Getreidelager sorgfältig vorbereiten

Herr Jost, Sie haben die Grundsätze der Lagerhygiene so formuliert: Vorbeugen, überwachen, entscheiden. Was verbirgt sich dahinter?

Wolf Jost: Das Getreide wird bis zu neun Monate eingelagert. Um die Qualität über diesen langen Zeitraum zu sichern, ist ein sauberes Lager ebenso unverzichtbar wie die Überwachung des Ernteguts.

Vorbeugen heißt, durch fegen und saugen ein einwandfrei sauberes Lager zu haben, um Verunreinigungen zu vermeiden. Dazu ist ein leistungsfähiger Staubsauger unverzichtbar. Hier zu sparen heißt an der falschen Stelle zu sparen. Auch die Vorreinigung des Getreides ist wichtig, um Qualitätsverlusten vorzubeugen. Gute Ergebnisse der Vorreinigung sind mit einem  leistungsstarken Aspirateur erreichbar. Eine Trommel- und Subreinigung wäre auch gut, aber der Aspirateur ist am wichtigsten.  

Dann kommt das überwachen: Jeder einlagernde Landwirte muss stets Feuchte und Temperatur seines Ernteguts kennen. Ein komplettes Lager umfasst Messgeräte für die Temperatur- und Feuchtigkeitsmessung. Ganz wichtig: Die Geräte auch nutzen! Ich empfehle eine Feuchte von max. 13,5 Prozent, denn 14,5 Prozent sind für acht bis neun Monate Lagerung zu feucht. Zu bedenken ist auch: Wenn der Durchschnittswert 14,5 Prozent Feuchte beträgt gibt es Bereiche, die feuchter sind. Dann sind Qualitätsverluste bis hin zum Verderb der Ware die Folge.
 
Auch die Temperatur muss kontinuierlich überwacht werden. In der Ernte sind kühle Nächte für die Kühlung des Ernteguts zu nutzen – wenn die Außentemperatur 10°C niedriger als die Temperatur des Erntegutes ist, lüften! Bei kleineren Temperaturabständen helfen Temperaturtabellen richtig zu belüften um die Bildung von Kondenswasser zu vermeiden.
Besondere Sorgfalt in der Überwachung erfordern im Außenbereich stehende Silos, denn sie heizen sich auf der Sonnenseite auf. Bei der Abkühlung entsteht Kondenswasser. Das sorgt für Feuchte und ist ein Risiko für die Qualität des Ernteguts.

Im weiteren Verlauf der Lagersaison sind Temperatur und Feuchte stetig zu überprüfen. Das Getreide erst wieder bei der Auslagerung anzusehen, ist eindeutig zu wenig. Besser ist, die Partien während der Lagersaison in ein sauberes, neu gereinigtes Silo umzulagern. So reduziert umlagern bspw. die Kornkäferaktivität. Wird ein zu hoher Feuchtegehalt ermittelt, (beispielsweise 14 bis 14,5 Prozent) muss umlagert und nochmals getrocknet werden.   

Wenn die Ernte begonnen hat, kann es hektisch werden. Dann schleichen sich mitunter Lagerprobleme sich ein. Welche treten auf, und wie lassen sie sich vermeiden?  

Jost: In der Ernte werden große Mengen in kurzer Zeit angeliefert. Meist mit hoher Temperatur, zudem sind die Qualitäten unbekannt. Unter diesen Bedingungen ist es kaum möglich, das Erntegut nach Qualität zu separieren. Deshalb ist eine temporäre Zwischenlagerung für drei bis fünf Tage sinnvoll, um Qualität, Feuchte und Temperatur zu ermitteln und die Partien richtig zu behandeln – entweder direkt ins Silo, trocknen, nach Qualität trennen etc.

In jedem Falle muss jeder Wagen begutachtet werden – Feuchte messen, Probe ziehen etc. Es muss in jedem Fall vermieden werden, das nasse Partien mit trockenen zusammen eingelagert werden.
Die Probeziehung ist besonders wichtig für die Vermarktung: Ist der Landwirt rasch über seine Qualitäten informiert, kann er dem Landhandel beziehungsweise seinem Vermarktungspartner bereits kurz nach der Ernte gezielt Qualitäten anbieten. Damit punktet jeder Landwirt als professioneller Marktpartner. Die Qualitätsbeprobung lässt sich auch in der Ernte schaffen, wenn die Probetüten und Anschreiben an das Labor schon vor der Ernte vorbereitet sind und bereitliegen.  

Biogetreide kann mit Silikatstaub eingelagert werden, um dem Befall mit Kornkäfern vorzubeugen. Denn die Käfer können auf mit Silikatstaub behandeltem Getreide nicht laufen, die Aktivität der Käfer wird reduziert. Allerdings ist die Fließfähigkeit des Getreides deutlich geringer, das Getreide läuft deutlich langsamer durch die Fördertechnik. Deshalb müssen Sie die Behandlung mit Silikatstaub mit ihrem Abnehmer absprechen. Zudem ist Silikatstaub ein Kostenfaktor: 15 kg kosten um die 100 Euro, pro Tonne Erntegut werden 1 bis 2 kg benötigt.

Wenn trotz intensiver Vorbereitung Befall auftritt – was ist dann zu tun?

Jost: Bei auftretendem Befall müssen Nützlinge ausgebracht werden, die den Schädlingsbefall reduzieren. Wichtig ist, das der Nützlingseinsatz direkt zu Beginn des Befalls erfolgt. Ein Monitoring der Schädlinge, etwa durch Pheromonfallen, und direkte Beobachtung erleichtern die Befallsprognose. Zu berücksichtigen ist, das die betroffenen Partien nicht schädlingsfrei werden, sondern der Schädlingsbefall reduziert ist. Die Abnehmer deshalb immer über den Befall informieren! Zudem müssen betroffene Partien in saubere Lager umgelagert werden, um Schädlingsaktivitäten zu reduzieren.

Abschließende Frage: Was sind die drei häufigsten Fehler bei der Lagerhygiene, und wie können Landwirte sie vermeiden?

Jost: Landwirte sollten sich nah der Einlagerung nicht zu lange in Sicherheit wiegen, sondern das Lager kontinuierlich überwachen. Auch wenn zu guten Bedingungen eingelagert worden ist. Denn mit steigenden Temperaturen im Frühjahr kann Kondenswasser und damit Feuchtigkeit entstehen. Nur die kontinuierliche Überwachung hilft, Qualitätseinbußen zu vermeiden.

Die Feuchtigkeit muss jeder lagernde Landwirt während des gesamten Lagerzeitraums im Griff haben – entweder die Partien trocknen oder intensiver überwachen.  

Schließlich erfordern auch Restmengen Sorgfalt bei der Lagerung. Denn Lagerung auf dem  Wagen im offenen Schuppen genügt nicht den Ansprüchen. Die Ware ist sehr gefährdet für Verunreinigung, erwärmt sich, nimmt Luftfeuchtigkeit auf. Deshalb muss die Ware vor dem Winter verarbeitet sein! Das gilt auch für Partien im BigBag, denn es entsteht oft Kondenswasser. Das führt zu Verderb und damit zu Totalverlust. Deshalb gilt: Entweder für passende Lagermöglichkeit sorgen oder direkt verkaufen!