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Pflanzenschutz

Klaus Erdle mahnt: Keine Nachlässigkeiten bei der Feldrandhygiene!

Auch das Jahr 2020 zeigt wiederholt, dass trotz modernster Methoden in Züchtung, Wirkstoffentwicklung und Landtechnik der Schutz unserer Kulturpflanzen vor Schaderregern und Beikräutern eine der großen Herausforderungen der Landwirtschaft ist und bleibt.

Das Verbot der neonikotinoiden Beize hat bei den Zuckerrüben voll durchgeschlagen und neben der Trockenheit zusätzlich für schlechte Aufgangs- beziehungsweise Entwicklungsraten gesorgt. Verbote von herbiziden Wirkstoffen weiten sich aus und schränken die Bekämpfung von Beikräutern ein, deren Resistenzvermögen über die vergangenen Jahre ohnehin zugenommen hat. Da kann dem ein oder anderen der Feldrain, die vermeintliche Brutstätte für so manches Übel, schon ein Dorn im Auge sein. Hier gilt es noch viel mehr ein angepasstes Management zu fahren, um das Etablieren und Einwandern von Schadorganismen aus dem Feldrand zu vermeiden.

Dem Landwirt wird dabei empfohlen, auf die Grundsätze des Integrierten Pflanzenschutzes zurückzugreifen. Gleichzeitig können akute Probleme mit den meisten der dort angedachten Lösungswege kaum angegangen werden. In diesen Situationen wird klar, warum auch die chemisch-synthetischen Bekämpfungsmethoden dem Integrierten Pflanzenschutz zugehörig sind. Die Wirkstoffe müssen dann funktionieren, wenn alle vorhergehenden pflanzenbaulichen Maßnahmen ausgehebelt wurden. Aber nicht mehr alle funktionieren zuverlässig oder sind gar noch erhältlich.

Zugegeben, in den vergangenen Jahrzehnten hat sich der chemische Pflanzenschutz von der traditionellen Spitze der Pyramide des Integrierten Pflanzenschutzes zu einer parallelen Säule in der Systematik weiterentwickelt. Die Vielzahl und Effizienz der Wirkstoffe ermöglichte es, die klassischen pflanzenbaulichen Methoden zu ergänzen. So wurde zum Beispiel die Bodenbearbeitung zur Kombination von direkter mechanischer Bearbeitung und chemischer (Vor-)Behandlung der Vegetation – Totalherbizid plus flacher Grubberstrich. Der Pflug half vorher zuverlässig, das Einwandern von Beikräutern aus den Feldrändern zu verhindern.   

Aktuell arbeiten viele Partner in der Agrarbranche daran, bestehende Wirkstoffe im Pflanzenschutz zu sichern und die Zulassung neuer Mittel zu beschleunigen. Hand in Hand mit Beratern, Wissenschaftlern und Fachinstitutionen ist das Ziel, weiterhin einen ausreichend großen Strauß an Wirkstoffen zu erhalten, um unsere Kulturen vor Schaderregern und Konkurrenz zu schützen. Um die knappe Anbaufläche effizient zu nutzen, sind bewährte Mittel und an die Entwicklung aktueller und neuer Schaderreger angepasste Wirkstoffe unbedingt notwendig.

Hier zählt es, allen diesen Personen und Institutionen den Rücken zu stärken, um mit guten fachlichen Argumenten für den Erhalt einer breiten Wirkstoffpalette einzustehen. Ihnen dabei Stolpersteine in den Weg zu legen, ist ausgeschlossen. Selbstverständlich. Oder?

Und trotzdem, regelmäßig im Frühjahr, um die Aussaattermine der Sommerkulturen, erreichen uns Bilder aus ganz Deutschland, die eine andere Sprache sprechen: abgespritzte Feldraine und Böschungen, Ränder von Landschaftselementen mit toter Vegetation etc. Weithin sichtbar für jedermann und für Kritiker des chemischen Pflanzenschutzes wie auf dem Silbertablett präsentiert. So mancher Betrachter aus der Praxis kommentiert dies mit: „Da hat es einer mit der Feldrandhygiene wohl etwas übertrieben.“

Mit dem Argument der Feldrandhygiene sind solche Fehler aber nicht schönzureden. Feldrandhygiene bedeutet nicht das völlige Ausschalten derselbigen durch Pflanzenschutz oder Bodenbearbeitung – abgesehen davon, dass durch Abtöten und Aufreißen der Vegetationsdecke so manchem Unkraut erst recht der Weg in den Schlag geebnet wird. Berater werden nicht müde, dies ihren Landwirten zu erklären. Besser sollten Feldraine gezielt gepflegt werden.

Wir argumentieren mit RTK-gestützter Technik zur hochgenauen Applikation für den Erhalt von Wirkstoffen. Mit Randdüsen und abdriftmindernder Technologie versprechen wir den Schutz von Nichtzielflächen. Gleichzeitig finden wir aber alljährlich noch zu oft die besagten Phänomene der gelben Streifen am Feldrand. Können wir nicht oder wollen wir nicht?

Selbstverständlich: Pflanzenschutz ist Terminsache. Wenn die Witterung passt und die Unkräuter sich im richtigen Stadium befinden, muss jede Minute genutzt werden. Wo Zeitdruck herrscht, müssen Prioritäten gesetzt werden und Fehler können passieren – technisch und menschlich. Wind und Witterung sind nicht steuerbar. In teils abgestorbenen Zwischenfruchtbeständen sind die richtigen Fahrgassenabstände nur schwer auszumachen.

Gleichzeitig finden sich weit seltener als die abgespritzten Feldraine auf gleicher Fläche – aber an der anderen Schlaggrenze – Spritzschäden in den benachbarten Ackerkulturen. Für den Außenstehenden könnte der Eindruck entstehen, es würde mit zweierlei Maß gemessen. Und das bei den teils hochkochenden Diskussionen um Biodiversität und Landschaftsstrukturen.



Jeder, der mit Pflanzenschutzmitteln arbeitet, weiß deren Vorzüge zu schätzen. Warum dies also aufs Spiel setzen? Zeigen wir, was wir können und wie verantwortungsvoll wir mit den gegebenen Methoden umgehen! Jeden Tag, auf Ihrem Schlag!