Zahlungsfähigkeit aufrechterhalten
Dr. Hermann Spils ad Wilken zum Thema Liquidität in der Corona-Krise
Landwirtschaftliche Unternehmer stehen vor großen Herausforderungen. Klimawandel, Düngeverordnung, Restriktionen in der Genehmigungspraxis, eingeschränkte Auswahl bei Pflanzenschutzmitteln, schwankende Produktpreise – im wirtschaftlichen Umfeld steigen die Risiken für die Betriebe. Gleichzeitig beobachten wir seit Jahren, dass Unternehmen wachsen und komplexer werden. Und die Corona-Krise zeigt – was gestern selbstverständlich war, ist heute nicht mehr möglich. Der Fremdenverkehr ist zum Erliegen gekommen, ob Arbeitnehmer im Gemüseanbau zur Verfügung stehen, ist fraglich, Abnehmer in der Gastronomie mussten schließen, die Schweinepreise sind mangels Absatz im Sinkflug. Jetzt ist die Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit die wichtigste Aufgabe der Unternehmen.
Gerade in der Krise muss der Fokus auf die Liquidität gerichtet sein. Voraussetzung dafür ist, dass Landwirte ihren zukünftigen Liquiditätsbedarf ermitteln. Für die Liquiditätsplanung kommt es auf die Einzahlungen und Auszahlungen an, also auf den Zufluss bzw. den Abfluss an liquiden Mitteln. Grundlage der Liquiditätsplanung sollte eine Offene-Posten-Buchhaltung sein, bei der in einer Kontokorrentbuchhaltung – wie beim Landhändler - die Forderungen und Verbindlichkeiten unmittelbar nach Entstehung gebucht werden und nicht erst, wenn auf dem Bankkonto ein Zahlungsvorgang resultiert. Über eine Kapitalflussrechnung, die sich aus jedem Buchhaltungsprogramm ableiten lässt, ergibt sich die Liquiditätsveränderung und der Zahlungsmittelbestand der abgelaufenen Perioden. Werden mit der Steuerberatung Belege digital ausgetauscht, können die Informationen sehr zeitnah bereitgestellt werden.
Wichtiger als die Vergangenheit ist die Projektion in die Zukunft. Kurzfristig können dafür Excel-Auswertungen verwendet werden, die sich von verschiedenen Beratungsanbietern auch im Internet abrufen lassen. Ist die Liquidität sehr angespannt, ist eine wochenweise Planung der Zahlungsströme erforderlich. Sinnvoller wäre es aber, ggf. in Zusammenarbeit mit der Unternehmens- oder Steuerberatung, eine integrierte Ertrags-, Liquiditäts- und Vermögensplanung zu erstellen und daraus nicht nur den kurzfristigen, sondern auch den mittel- und langfristigen Liquiditätsbedarf und die Auswirkungen auf die Bilanz abzuleiten. In der Regel wird dazu zunächst eine Ertragsplanung durchgeführt, mit der Naturalerträge und Erlöse für die einzelnen Unternehmensbereiche monatsweise vorausgeschätzt werden. Gleiches gilt für die Aufwandsarten. Ergänzt um Tilgungsverpflichtungen, Entnahmen, Investitionen und Kreditaufnahmen ergibt sich der Liquiditätsüberschuss bzw. –bedarf der einzelnen Monate und die Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Kreditlinien.
Mit dieser Vorgehensweise behalten Unternehmer jederzeit einen umfassenden Blick über die Zahlungsfähigkeit. Gerade in Zeiten der Unsicherheit ein nicht zu unterschätzender Vorteil, um wirtschaftliche Stabilität zu sichern und rechtzeitig Maßnahmen ergreifen zu können. Zeigt sich eine Unterdeckung, sollte rechtzeitig der Kontakt mit der Hausbank aufgenommen werden. Ein Kredit der Hausbank ist in der Regel kostengünstiger als eine Lieferantenfinanzierung, die nur das Mittel der zweiten Wahl sein sollte. Aktuell können von Corona Betroffene zusätzliche Hilfen in Anspruch nehmen.
Zwar geht grundsätzlich Liquidität vor Rentabilität, mittel- und langfristig lässt sich die Liquidität aber nur durch ausreichende Gewinne und Eigenkapitalbildung sicherstellen. Ergibt die Planung, dass das nicht gewährleistet werden kann, muss über einschneidende Maßnahmen wie Veräußerung von Vermögensgegenständen oder gar Ausstieg aus der Landwirtschaft im Sinne einer Vermögenssicherung nachgedacht werden.
Das Wichtigste aber ist: Bleiben Sie gesund!