Start in die Ackerbausaison
Mortimer von Rümker fragt: Alles wie immer oder doch nicht?
Nach wochenlangen ergiebigen Niederschlägen und fast keiner Nacht mit Frost hat jetzt in Thüringen – wie in anderen Gegenden auch – mit Macht das Frühjahr begonnen. Die Vegetation hat keine wirkliche Winterpause eingelegt. Die Bestände, aber auch Unkräuter und Schädlinge konnten fast ohne Unterbrechung weiter wachsen und gedeihen. Und doch gehen die Feldarbeiten wegen der bisher nicht gegebenen Befahrbarkeit jetzt erst richtig los. Und bei der Vorbereitung der Frühjahrsbestellung heißt es auch dieses Jahr wieder genau hinschauen, ob die Flächen wirklich weit genug abgetrocknet sind, damit man durch Fahrspuren nicht dauerhaften Schaden in den Sommerungen anlegt.
Die Bestände kommen gut entwickelt aus dem Winter. Sogar der vereinzelt sehr kleine Raps hat ordentlich nachgeholt. Da lassen sich auf dem ein oder anderen Getreideschlag bei der ersten Düngergabe vielleicht doch ein paar Kilo Stickstoff einsparen, muss doch die Bestockung nicht ganz so angeschoben werden wie in manchem anderen Frühjahr.
Auch in diesem Jahr steht als erste Maßnahme wieder die Käferbekämpfung im Raps an, immerhin gut drei Wochen später als im letzten Jahr. Damit könnte bis zur Blüte vielleicht eine Insektizid-Spritzung weniger notwendig werden als im Vorjahr.
Die ersten Feldarbeiten finden zum Glück noch ohne jegliche Einschränkungen durch die von Tag zu Tag zunehmenden Quarantäne-Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus statt. Diese im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen sehr komfortable Situation sollten wir aber nicht als Selbstverständlichkeit ansehen. Die ersten Händler weisen darauf hin, dass es zu Lieferengpässen, gerade bei Pflanzenschutzmitteln, kommen kann. Wenn man rekapituliert, wie in den letzten Tagen die Einschränkungen des öffentlichen Lebens von Tag zu Tag viel stärker zugenommen haben, als man es erwartet hatte, dann sollte man vielleicht auch von einer deutlichen Verschlechterung der Verfügbarkeit von Betriebsmitteln, insbesondere Pflanzenschutzmitteln ausgehen.
Auch für akute Bekämpfungsmaßnahmen sollte man wohl einen Tag mehr Lieferzeit der Mittel einplanen, als man es bisher gewohnt war. Und bei Schlepperreparaturen, die man in der Regel nicht vorhersehen kann, ist mitunter Geduld gefragt, wenn der Händler krankheitsbedingt nur noch seine halbe Mannschaft zur Verfügung hat.
Bei allem möglichen Ärger darüber sollten wir als Landwirte, und besonders als Ackerbauern, bedenken, wie gut wir im Vergleich zu vielen anderen Bereichen der Wirtschaft, insbesondere der Dienstleistungs- und Einzelhandelsbranche, dran sind. Wer jetzt nicht kurzfristig noch Getreide aus der alten Ernte verkaufen muss, dürfte bisher durch die neue Situation noch keine wirtschaftlichen Einbußen verspüren. Das gilt bestimmt nicht für die Gesamtheit der Ackerbaubetriebe. Alle, die demnächst auf Erntehelfer aus dem Ausland angewiesen sind, wie zum Beispiel Spargelanbauer, sehen den nächsten Wochen sicher mit großer Sorge entgegen.
Dass sich unsere in der Regel recht vollen Kalender von Tag zu Tag leeren, kann man durchaus auch positiv sehen. Anstatt wie so oft ein Getriebener seines Zeitplans zu sein, steht auf einmal mehr Zeit für die Begehung der Bestände zur Verfügung oder für andere Dinge, die sonst oft nicht erledigt oder wahrgenommen werden konnten.
So sehe ich im Moment recht gelassen einem guten und in ackerbaulicher Sicht vielversprechenden Frühjahr entgegen. Die letzten drei Monate haben ordentliche Niederschläge mitgebracht, auch wenn im Unterboden sicher noch Nachholbedarf besteht, was den Wasservorrat anbetrifft. Die Frühjahrsbestellung bewegt sich zeitlich noch im guten Rahmen, sodass die Sommerungen hoffentlich nicht zu früh von der Vorsommertrockenheit erwischt werden, wenn diese Ende Mai oder hoffentlich erst im Juni wieder eintritt.
Ein paar Vorkontrakte für die kommende Ernte sind zum Glück bereits abgeschlossen. Mit der weiteren Vermarktung der Ernte sollte man im Moment wohl eher abwarten, wenn Getreide oder Raps nicht direkt vom Mähdrescher weg verkauft werden müssen. Und selbst dann besteht bei dem ein oder anderen Händler die Möglichkeit, die Ware aus der Ernte zu liefern, eventuell ein Lagergeld auszuhandeln und den Verkauf erst später zu tätigen, wenn die Getreidemärkte sich bis dahin hoffentlich wieder erholt haben.
Das müsste eigentlich für die Intensität im Ackerbau bedeuten, dass man nicht jetzt schon auf Maßnahmen verzichtet, sondern eine normale bis gute Ernte im Blick hat und die Bestände gesund und gut versorgt dort hinführt.
In diesem Sinne wünsche ich ein gutes Frühjahr und gute Gesundheit, um alle Arbeiten ohne personelle Einbußen durch Quarantänebedingte Ausfälle erledigen zu können.