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Tierwohl am Markt etablieren – Österreich macht es vor

Die sich ändernden Erwartungen von Konsumenten hinsichtlich der  Schweinefleischproduktion in Deutschland und Österreich sind ähnlich: Neben der Forderung nach mehr Tierwohl und Klimaschutz wird auch mehr Transparenz vor allem in der konventionellen Schweinehaltung gefordert.

Christian Auinger berichtet von einem Lösungsansatz, der über mehrere Jahre in Österreich entwickelt wurde und sich zu etablieren scheint:

In Österreich haben sich LEH, ein Schlacht- und Verarbeitungsbetrieb, eine Stallbaufirma und Landwirte gefunden, um gemeinsam an einem Strang zu ziehen und ein Gesamtkonzept zu entwickeln, von dem jeder profitieren kann. Natürlich war anfangs die Skepsis der Betriebe groß, ob die neuen Stall- und Vermarktungssysteme auch mit entsprechend zumutbarem Arbeitsaufwand funktionieren. „Dazu braucht es einfach Pioniere“, so Christian Auinger, und die konnten glücklicherweise gefunden werden. Gestartet haben sieben Schweinehalter, aktuell nehmen mehr als 30 Betriebe am Programm teil, über das wöchentlich 700 Schweine vermarktet werden – und zwar „From Nose to Tail“.

Am Anfang der Kette stehen Landwirt und Stallsystem. Die Firma Schauer hat bereits seit 2013 einen Tierwohlstall nach schweizer Vorbild im Programm und diesen zu einem „emissionsarmen Tierwohlstall“ weiterentwickelt. Ziel des Systems ist es, Zielkonflikte zwischen Tier und Umweltschutz aufzulösen - bei gleichzeitiger Berücksichtigung von Investitionskosten, Arbeitswirtschaftlichkeit und Funktionssicherheit.  

Der Schlacht- und Verarbeitungsbetrieb Hütthaler entwickelte parallel ein ganzheitliches, regionales System im Bereich der Schweinefleischerzeugung und startete mit seinem Programm „Hofkultur“. Grundsätze auf Ebene der Betriebe sind verbesserte Haltungsbedingungen, wie zum Beispiel doppelt so viel Platz, Außenklimareize, Stroheinstreu, GVO-freie Fütterung, Ringelschwanz und Kastration unter Schmerzausschaltung durch den Tierarzt sowie kurze Transportwege (50 km Radius).

Die Haltung alleine war für Hütthaler allerdings noch zu wenig. Seit 2019 werden die Schweine in einem speziell entwickelten „gläsernen“ Tierwohlschlachthof geschlachtet, natürliche Materialen, Musik, Befeuchtungsanlagen, kurze Treibwege ohne Ecken und Kanten, ein würdevoller Umgang mit den Tieren und somit weniger Stress sind einige der Details dieses europaweit einzigartigen Konzepts. Einzigartig ist auch die Einbindung von NGOs bei der Erarbeitung des Haltungskonzepts und der Schlachthofplanung. Die Schweine werden nach den nationalen Richtlinien „Zukunft Tierwohl“ und dem Tierwohllabel von „Vier Pfoten“ (Silber) gehalten, zudem werden die Betriebe regelmäßig über die unabhängige Kontrollstelle „AGROVET“ überprüft.

Als Vermarkter konnte man mit dem Unternehmen Hofer (Aldi Süd-Tochter) einen überregionalen Partner gewinnen, der alle geschlachteten Tiere zu 100 Prozent über dessen FAIRHOF-Programm (zwischen konventionell und Bio) vermarktet. Aufgrund des guten Zuspruchs durch den Konsumenten wurde mittlerweile das Label FAIRHOF um Geflügel (Huhn und Pute), Rindfleisch und auch Milchprodukte erweitert. Mittlerweile werden die Produkte auch über andere Ketten, wie zum Beispiel IKEA, SPAR, M-Preis und Rewe in Österreich vertrieben.

Der Konsument hat über die durchgängig transparente Wertschöpfungskette jederzeit die Möglichkeit, den Weg vom Stall bis ins Regal zurückzuverfolgen. Sowohl bei Hütthaler, als auch bei Hofer und Rewe kann man auf der Fleischpackung sehen, von welchem Landwirt zum Beispiel das Schnitzelfleisch geliefert wird. Im Internet findet man zu den jeweiligen Lieferanten eine Betriebsbeschreibung, Bilder der Landwirtfamilie und auch aus dem Stall.

Um die Kosten für den Konsumenten im Rahmen zu halten, war es wichtig, das ganze Schwein zu verarbeiten (Nose to Tail). Somit kommt das Fleisch nur um rund 20 Prozent teurer als konventionelles Fleisch in die Regale. Aktuell gibt es ein Sortiment mit mehr als 60 verschiedenen Produkten.

Durch das durchgängige System lohnt sich auch der Aufwand für die Hofkultur Landwirte:

  • Abnahmegarantie für mindestens fünf Jahre
  • Preisaufschlag von rund 48,- Euro netto pro Schwein
  • Börsenpreisabsicherung von mindestens 1,4 Euro pro Kilo Fleisch
  • Weiterbildung durch Fachvorträge beim Hofkultur - Stammtisch

Dass das Programm auch bei den Schweinehaltern nachgefragt wird, zeigt die Zahl von 130 Landwirten im 50 km Umkreis, die bei Hütthaler auf der Warteliste stehen.