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„Immer mehr Landwirte merken Nutzen durch Digitalisierung“

Herr Selhorst, stellen Sie sich doch bitte kurz vor:

Dominik Selhorst: Ich bin auf einem Hof zusammen mit vier Brüdern groß geworden und hatte schon immer Spaß an der Landwirtschaft, an der Schweinehaltung und am Ackerbau, noch mehr aber an der Landtechnik. Nach dem Abitur habe ich dann bei Claas in Harsewinkel ein duales Ingenieurstudium mit Bachelor-Abschluss in der Vertiefungsrichtung Mechatronik absolviert. Das war sehr interessant, aber ich habe festgestellt, dass ich nicht unbedingt in einem technischen Beruf in der Industrie, sondern lieber in einem kommunikativeren, abwechslungsreicheren Job in Richtung Vertrieb arbeiten möchte. Die Kombination aus Landwirtschaft und Vertrieb reizte mich und so habe ich an der Universität in Göttingen noch meinen Master in Agribusiness gemacht und habe gemerkt, wie sehr mich auch die Betriebswirtschaftslehre interessiert.

Das klingt ja sehr vielseitig. Wie haben Sie dann gemerkt, wo Ihre Stärken liegen?

Selhorst: Als ich danach das DLG-Trainee-Programm durchlaufen habe. Mein älterer Bruder hatte zuvor schon an diesem Programm teilgenommen und es mir empfohlen. Es wird auch durch die Industrie stark unterstützt. Während dieser Zeit öffneten sich viele Türen in verschiedene Richtungen, wie Tier, praktische Verwalter-Tätigkeit sowie im Vertrieb. Als Trainee konnte ich verschiedene Dinge ausprobieren und sah, was mir mehr lag und was weniger. Ich habe mich dazu entschieden, vier verschiedene Landtechnik-Stationen auszuprobieren. Die 12 Seminarwochen habe ich in den Bereichen Betriebswirtschaft, Personalmanagement und Unternehmensführung absolviert. Für die Agritechnica 2015 durfte ich im John-Deere-Vertrieb am Marketing- und Eventmanagement-Konzept mitwirken. Danach war ich unter anderem im Tactical Marketing tätig und habe bei der Eventplanung und Neuheitenvorstellung für Vertriebspartner auf Messen sowie in der Durchführung eines Mähdreschertrainings für europäische Verkaufsberater in Ungarn mitgearbeitet. Das DLG-Trainee-Programm war also sehr vielseitig und hat mir einen großen Rundumblick ermöglicht.

Das Trainee-Programm war Ihre erste Bekanntschaft mit der DLG?

Selhorst: Nein, ich hatte die DLG schon während des Studiums in Form der Jungen DLG kennengelernt. Die Junge DLG bringt jungen Menschen umfangreiche Vorteile wie Messebesuche, die Wintertagung, Seminarangebote und vieles mehr. Wenn man an diesen Aktionen teilnimmt, lernt man viele neue Leute kennen. Dadurch habe ich in Göttingen schnell Anschluss gefunden. Ich habe die gute Mischung in der Jungen DLG sehr genossen: Tagsüber haben wir auf Veranstaltungen Dinge kritisch beleuchtet und abends als „Young Farmers“ ausgelassen zusammen gefeiert. Durch die Junge DLG habe ich immer wieder neue Begegnungen gemacht und Unterstützung in meinem gesamten Lebenslauf erfahren, der mit Ingenieur, Agribusiness, Marketing und Vertrieb sehr bunt war. Ich engagiere mich deshalb auch heute noch gerne in der Jungen DLG, weil ich das Programm und die inhaltlichen Angebote gut finde. So gestalten wir im Ausschuss der Jungen DLG unter anderem das Rahmenprogramm für die Wintertagung und organisieren Workshops oder Exkursionen. Die Junge DLG ist von den Mitgliedern her sehr vielfältig aufgestellt. Dadurch bekommen wir immer wieder interessante Impulse. Unser Programm auf den Tagungen genießt durch unsere Themenwahl immer eine besondere Aufmerksamkeit bei den Mitgliedern. Das bestätigt uns in unserer Arbeit natürlich sehr.

Was war denn Ihr Highlight in letzter Zeit bei der Jungen DLG?

Selhorst: Ganz klar unsere Exkursionen ins Ausland und hier besonders die Reise nach Israel vor ein paar Monaten. Dabei besichtigten wir unter anderem Netafim, ein führendes Unternehmen in der Tropfbewässerung, außerdem Milchvieh-, Ackerbau- und Sonderkulturbetriebe. Weiterhin haben wir eine Stadtführung in Jerusalem bekommen und einen kurzen Zwischenstopp am Toten Meer gemacht. Wenn man sich die Frage stellt, wie die Landwirtschaft der Zukunft aussieht, dann war es hochinteressant zu sehen, wie in Israel Landwirtschaft mit einem hohen Einsatz an Technologie, Digitalisierung und Vernetzung an Grenzstandorten betrieben wird. Das Ganze sollte natürlich aber auch kritisch hinterfragt werden und so haben wir beispielsweise über das Tierwohl oder die Energieeffizienz solcher Systeme stark diskutiert.

Und was machen Sie heute?

Selhorst: Inzwischen bin ich Vertriebsleiter bei der Firma Greving, einem großen Vertriebspartner von John Deere mit Erntetechnik, Mähdrescher, Feldhäcksler, Traktoren, aber auch klassischer Landtechnik wie Sämaschinen, Düngerstreuer, Ladewagen sowie Rad- und Teleskopladern. In meiner heutigen Position bin ich verantwortlich für den gesamten Vertriebsaußendienst und nehme die Schnittstelle zwischen dem Landtechnik-Hersteller, der Geschäftsführung und den Vertriebsmitarbeitern ein.

Wo sehen Sie in Zukunft die großen Herausforderungen für die Landtechnik?

Selhorst: Wenn ich mal den Begriff Digitalisierung nehme, das ist ein sehr großer Begriff und umfasst sehr vieles. Bei John Deere sind wir hier schon sehr weit und haben beispielsweise Traktoren mit „digitalem Nervensystem“ (Expert Alerts), die proaktiv agieren und dem Fahrer frühzeitig sagen können, wenn ein Bauteil ersetzt werden muss. Das geht dann so weit, dass der Filter schon an den Feldrand geliefert wird, bevor der Traktor steht. Auch in der Pflanzenproduktion können wir mehr und mehr den Kreislauf direkt abbilden. Es ging los mit Ertragskarten, jetzt haben wir schon Maschinen, die untereinander kommunizieren oder lassen Biomassekarten von Satelliten erstellen. Alles vernetzt sich und spricht miteinander. Allerdings sehe ich beim ganzen Fortschritt in der Technik die große Herausforderung, dass diese Technik auch für mittelständische Betriebe finanzierbar sein muss. Für große Betriebe im Osten ist ein Flottenmanagement wunderbar, der Münsterländer-Betrieb sieht hier oft noch keinen Mehrwert. Doch immer mehr Landwirte merken, dass sie einen Nutzen durch die Digitalisierung haben, wenn sie durch diese ganzen Hilfsmittel produktiver werden. Wir kamen vom Pferd zum Traktor, jetzt haben wir die Digitalisierung und Vernetzung, bei der wir einen weiteren Mehrertrag bekommen werden. Ich bin sicher, die Digitalisierung wird uns allen mittel- und langfristig nutzen!

Die Fragen stellte Angelika Sontheimer, freie Journalistin, Winsen (Aller).