Gemeinsam für mehr Wertschöpfung und Wertschätzung
Julia Klöckner zur neuen Gemeinsamen Agrarpolitik
Am 1. Juli hat Deutschland für ein halbes Jahr die Europäische Ratspräsidentschaft übernommen. In dieser Zeit wollen wir die gemeinsame europäische Agrarpolitik weiterentwickeln. Seit dem 21. Juli haben wir dafür eine der Grundvoraussetzungen: die politische Einigung auf den Mehrjährigen Finanzrahmen und damit auf das Budget der GAP.
Auch wenn die Einigung noch der Zustimmung des Europäischen Parlaments bedarf, macht das Ergebnis deutlich, dass Europa verstanden hat, was unsere Landwirtschaft wert ist.
Für die GAP für die Jahre 2021 bis 2027 werden rund 387 Mrd. Euro zur Verfügung stehen. Unter dem Strich bedeutet das ein Plus von 1 Prozent oder 4,3 Mrd. Euro. Für Deutschland stehen 43,8 Mrd. Euro zur Verfügung. Damit bleiben die Mittel mit einem leichten Rückgang von voraussichtlich 0,8 Prozent fast auf dem bisherigen Niveau.
In den kommenden Wochen wollen wir nun Planungssicherheit schaffen. Deshalb wollen wir eine schnelle Einigung für die Übergangszeit bis zum praktischen Inkrafttreten der neuen GAP. Mit der wir klare Ziele verbinden. Wir wollen EU-weit einheitliche Leitplanken für ein höheres Ambitionsniveau in Umwelt-, Klima- und Tierschutz schaffen. Dazu brauchen wir eine stärkere Verknüpfung von Direktzahlungen mit Umwelt- und Klimamaßnahmen. So fördern wir die Nachhaltigkeit und Akzeptanz der landwirtschaftlichen Produktion.
Wir brauchen planbare, einkommenswirksame Direktzahlungen, genauso wie weniger Bürokratie. Der Abbau wettbewerbsverzerrender Maßnahmen muss konsequent vorangebracht werden. Mein Ziel ist es, noch unter deutscher Präsidentschaft eine konkrete Position der Mitgliedstaaten als „Allgemeine Ausrichtung des Rates“, wie es im Fachjargon heißt, zu beschließen.
Über die GAP hinaus habe ich die Einführung eines europäischen Tierwohlkennzeichens auf die Agenda gesetzt. Die Digitalisierung ist als ein entscheidender Faktor auf dem Weg zu einer nachhaltigen und ökonomisch tragfähigen Landwirtschaft weiter zu entwickeln. Aber auch den ernährungspolitischen Themen werden wir uns in den kommenden sechs Monaten widmen. Sei es bei der erweiterten Nährwertkennzeichnung und den Maßnahmen zur Verringerung der Lebensmittelverschwendung.
Die Europäische Kommission hat mehrere Strategiepapiere vorgelegt, die Kernelemente der Landwirtschaft berühren: den Green Deal, die Farm-To-Fork-Strategie, die Biodiversitätsstrategie. Dort werden Anforderungen an die Landwirtschaft unter anderen in den Bereichen Düngung und Pflanzenschutz beschrieben, die in ihrer Umsetzung aber leistbar sein müssen. Unsere Bäuerinnen und Bauern müssen wissen, was konkret vor Ort auf sie zukommt. Wir brauchen eine belastbare Folgenabschätzung! Daher müssen wir darlegen, wie die formulierten Ziele umgesetzt werden können und welche Kosten damit verbunden sind. Wenn wir unserer Landwirtschaft mehr zumuten, müssen wir gleichzeitig unsere Unterstützung verbessern. Das habe ich bei meinen ersten Terminen im Juli, unter anderem in einem Gespräch mit Kommissionsvizepräsident Timmermans, deutlich gemacht.
Die Erwartungen an Deutschland sind jetzt hoch. Für mich ist aber eines klar. Wir brauchen tragfähige Konzepte für die kommenden Jahre. Dafür werde ich mich in der Präsidentschaft einsetzen. Weil die Landwirtschaft ihre primäre Aufgabe weiter erfüllen muss: die Erzeugung von Lebensmitteln zu angemessenen Preisen für die 450 Mio. Verbraucher in Europa. Weil nur sie uns die Sicherheit geben kann, dass wir gut versorgt sind – auch in der Krise.