ASP: Auswirkungen eines Seuchenfalles
Seit etwa zehn Jahren breitet sich die Afrikanische Schweinepest (ASP) von Georgien kommend über die Russische Föderation und die baltischen Staaten nach Westen aus. Anfang 2014 erreichte sie das Baltikum und Polen, im Juni 2017 gab es einen Ausbruch in der Tschechischen Republik, in 2018 in Belgien nur wenige Kilometer von der deutschen Grenze entfernt. Daher ist es wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit, wann die anzeigenpflichtige Tierseuche ASP Deutschland erreicht.
Die ASP ist für Menschen ungefährlich. Die Tierseuche befällt ausschließlich Wild- und Hausschweine. Bei einem Ausbruch der ASP wird, wie bei der Klassischen Schweinepest (KSP), nicht nur mit hohen wirtschaftlichen Verlusten in schweinehaltenden Betrieben, sondern auch im gesamten Produktionssektor gerechnet.
Im Seuchenfall werden die direkt betroffenen Tiere getötet. Um den betroffenen Betrieb herum wird im Radius von mindestens 3 km ein Sperrgebiet und im Radius von mindestens 10 km ein Beobachtungsgebiet eingerichtet. Hier sind der Transport und die Schlachtung von Schweinen nur unter strengen Auflagen und nach Reinigung und Desinfektion des Seuchenbetriebes möglich.
Selbst wenn lediglich bei Wildschweinen das Virus nachgewiesen wird, greifen bereits Maßnahmen, die Landwirte in der freien Bewirtschaftung einschränken. So darf zum Beispiel Gras, Heu und Stroh, das in einem gefährdeten Gebiet gewonnen worden ist, nicht zur Verfütterung an oder als Einstreu oder Beschäftigungsmaterial für Schweine verwendet werden, sofern es nicht mindestens sechs Monate früher geerntet worden ist.
Zudem ist ein Transport beziehungsweise die Schlachtung der Schweine nur noch nach vorheriger Untersuchung auf ASP erlaubt. Hierdurch werden allerdings erhebliche Zusatzkosten für Labordiagnostik und Logistik entstehen.
Sollte sich in Deutschland die ASP ähnlich wie derzeit in der VR China zu einem Flächenbrand entwickeln, sind volkswirtschaftliche Schäden in einem hohen zweistelligen Milliardenbereich zu erwarten.
Auch wenn nur die Wildschweinpopulation betroffen ist, wäre der wirtschaftliche Schaden durch einen ASP-Ausbruch immens. Denn infolge bestehender Veterinärzertifikate würden für die deutsche Fleischwirtschaft bis auf die Märkte in Hongkong und Kanada sofort wesentliche Absatzmöglichkeiten außerhalb der EU wegbrechen.
Deutschland vermarktet jährlich in sogenannte Drittländer rund 1 Mio. t an Schweinefleisch und Nebenerzeugnisse im Wert von zirka 1,6 Mrd. Euro/Jahr. Bezogen auf jedes in Deutschland geschlachtete Schwein würde dies im Seuchenfall einen Wertschöpfungsverlust von etwa 27,- Euro je Tier oder 28 Cent je kg Schlachtgewicht ausmachen.
Um den wirtschaftlichen Schaden durch die ASP für den einzelnen Landwirt abzuwenden, werden unterschiedliche Strategien verfolgt. Neben der Verbesserung der Biosicherheit und des Produktionsmanagements muss der Abschluss von Risikoversicherungen geprüft werden. Es gibt allerdings keine geeignete Versicherung, die das allgemeine Marktrisiko, das heißt den zu erwartenden Marktpreisverfall für Schlachtschweine und Ferkel beim Ausbruch der ASP bei Wildschweinen, wirksam abdeckt.
Dennoch sollte sich jeder Schweinehalter über das bestehende Basisrisiko Gedanken machen. Die Ertragsausfallversicherung (EVT) ist besonders empfehlenswert für spezialisierte Schweinehalter, die Verluste durch Seuchen- oder Krankheitseinbrüche nicht durch alternative Einkommensquellen abdecken können sowie für investierende und wachstumswillige Betriebe, die sich aufgrund ihrer finanziellen Verpflichtungen keine Beeinträchtigung ihrer Zahlungsfähigkeit leisten können.
Dennoch ist aufgrund der aktuellen Seuchenlage auch die Politik gefordert, schnellstmöglich schadenbegrenzende Maßnahmen zu ergreifen. Dazu gehört zum Beispiel, die Handelsabkommen mit Drittländern an die ASP-Bedrohung anzupassen. Dringend muss bezüglich der Handelsrestriktionen eine Differenzierung beim Ausbruch der ASP bei Wild- und Hausschweinen erreicht werden.
Zudem sollten staatliche Interventionsmaßnahmen zur Erlangung von Schweinefleisch vorbereitet werden.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob der Staat ähnlich wie in anderen EU-Ländern Zuschüsse für Risikoversicherungen gewähren sollte. Österreich fördert seit dem 1. Januar 2019 im Rahmen einer Novelle des Hagelversicherungsförderungsgesetzes auch Versicherungen gegen Seuchenrisiken mit einer Höhe von 55 Prozent (verteilt auf 27,5 Prozent Bund und weitere 27,5 Prozent auf das jeweilige Bundesland).
Das Großherzogtum Luxemburg fördert Versicherungen mit 65 Prozent. Gefördert wird aber in Luxemburg im Unterschied zu Österreich nur die Grunddeckung für anzeigepflichtige Tierseuchen. Andere Krankheiten oder Unfall und so weiter werden nicht gefördert. Sowohl in Österreich als auch in Luxemburg ist es so, dass die Förderung direkt zwischen Staat und Versicherungsunternehmen erfolgt, das heißt der Landwirt zahlt nur „seinen“ Anteil.
Autor: Albert Hortmann-Scholten, LWK Niedersachsen