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Weniger düngen mit Bioeffektoren

An Strategien zu einer verbesserten Ausnutzung von Düngemitteln arbeiten verschiedene Forschungsprojekte, an denen das Team um apl. Prof. Dr. Günter Neumann vom Fachgebiet Ernährungsphysiologie der Kulturpflanzen an der Universität Hohenheim beteiligt ist.

Der gemeinsame Forschungsansatz: Bioeffektoren – das sind Mikroorganismen wie zum Beispiel Bakterien und Pilze, aber auch bioaktive Substanzen zum Beispiel aus Pflanzen-, Algen- oder Kompostextrakten –, die ohne wesentlichen zusätzlichen Nährstoffeintrag mit der Pflanze interagieren und die Aufnahme von Nährstoffen aus Boden und Dünger unterstützen.

Die Bewertungen solcher Bioeffektoren seien so vielfältig wie die ihnen zugeschriebenen Effekte und reichten von kompletter Wirkungslosigkeit bis hin zu Ertragssteigerungen im zweistelligen Prozentbereich, so Neumann. Das weise darauf hin, dass die Wirksamkeit stark von den jeweiligen Anwendungsbedingungen abhängt. „Wir arbeiten hier quasi als Partnervermittlung und suchen nach den Bioeffektor-Düngerkombinationen und den Anwendungsbedingungen mit den besten Erfolgsaussichten.“

Bioeffektoren stärken Pflanzen gegen Stress

Fünf Jahre lang beschäftigten sich die Hohenheimer Forscher dazu gemeinsam mit 21 europäischen Partner-Universitäten und -Instituten sowie Düngemittel-Produzenten im EU-Projekt BIOFECTOR mit dem Einsatz von Bioeffektoren in Kombination mit verschiedenen Düngern. Die Projektbeteiligten testeten verschiedene Klima- und Bodenbedingungen am Beispiel von Tomaten, Mais und Weizen. Insgesamt führten sie mehr als 150 Versuche in elf Ländern mit 38 verschiedenen Bioeffektor-Produkten durch – mit kommerziellen Produkten ebenso wie mit Neuentwicklungen.

Das Ergebnis: In etwa 30 Prozent der über 1.100 getesteten Versuchsvarianten konnte eine wachstumsstimulierende Wirkung der Bioeffektoren nachgewiesen werden – aber je nach Zusammensetzung, Boden, Klima und Pflanzenart gibt es erhebliche Unterschiede. Tomaten zum Beispiel hätten sehr gut auf die Mikroorganismen-Präparate reagiert, berichtet Neumann.

Bei Mais und Weizen seien die Effekte oft zu gering und zu variabel, um den wirtschaftlichen Aufwand zu entschädigen. Mit einigen Ausnahmen: „Unter Stressbedingungen wie Trockenheit, Kälte oder erhöhten Salzgehalten bei der Bewässerung konnten wir stärkende Effekte erkennen“, so Neumann, „und zwar besonders bei nichtmikrobiellen Bioeffektoren wie Pflanzen- und Algenextrakten, bei Siliziumpräparaten und bei Kombinationen mit Mikronährstoffen wie Zink und Mangan.“

Weniger Schäden durch Klimawandel – dank Bioeffektoren

So könnten Bioeffektoren zum Beispiel tropische Kulturpflanzen wie Mais, die in hiesigen Breiten oft unter kühlen Frühjahrstemperaturen leiden, aber auch Raps oder Wintergetreide gegen Kältestress stärken.

„Bioeffektoren können offensichtlich über Signalfunktionen natürliche Anpassungsreaktionen an Kälte- oder Trockenstress stimulieren.“ Das fand bereits in die Praxis Eingang: Der Rapszüchterverbund „Rapool-Ring“ setzt inzwischen standardmäßig Saatgutbeizungen zur Förderung des Wurzelwachstums und zur Erhöhung der Stresstoleranz ein.

Auf die richtige Kombination kommt es an

Bioeffektoren, so Neumann, könnten richtig angewendet sowohl der konventionellen als auch der ökologischen Landwirtschaft zugutekommen. Das gelte sowohl für organische als auch für Mineralstoffdünger. Wichtig sei jedoch die Höhe und die Art des Nährstoffangebotes.

Bei hoher Nährstoffverfügbarkeit sind bei optimalem Wachstum oft keine zusätzlichen Bioeffektor-Wirkungen zu erwarten, während bei zu niedrigem Nährstoffangebot die Wirtspflanzen häufig so stark gestresst sind, dass sie die Wurzelbesiedelung durch wachstumsfördernde Mikroorganismen nicht mehr ausreichend mit ihren Wurzelabscheidungen unterstützen können.

Auch die Art des Düngerangebotes spielt offenbar eine wichtige Rolle: Bei den organischen Düngern ist ein hoher pflanzenverfügbarer Stickstoffgehalt besonders förderlich für die Interaktion mit Bioeffektoren auf Mikroorganismen-Basis. Bei den Mineraldüngern zeigen sich günstige Wirkungen in Kombination mit Ammonium als Stickstoffquelle, besonders auch bei platzierter Anwendung nahe der Wurzel.

Einzelpräparate oder Wirkstoff-Cocktails im Vergleich

Auch die Frage, wie und in welcher Zusammensetzung die Präparate am besten an die Pflanzen gebracht werden sollten, steht im Fokus der Forschung. In Kooperation mit der Firma EuroChem Agro, die Mineraldünger herstellt, vergleicht die Universität Hohenheim die Wirksamkeit eines Cocktails aus verschiedenen Mikroorganismen und bioaktiven Substanzen mit Präparaten auf der Basis von einzelnen Organismenarten.

Erste Versuche zeigten, dass beide Varianten erfolgversprechend sein können: Einzel-Wirkstoffe und Cocktails führen beim Tomatenanbau unter geschützten Gewächshausbedingungen zu deutlichen Ertragssteigerungen bei organisch gedüngten Tomaten. Gleichzeitig erhöht sich auch die Qualität der Früchte.

Leicht erhöhter Aufwand, der sich ökonomisch lohnen kann

Neben der Wirksamkeit der Präparate stellt sich auch die Frage nach der Wirtschaftlichkeit. Ein Faktor ist die Frage, wie die Präparate den Pflanzen zugeführt werden können.

Bei den Tomaten geschieht dies bereits bei der Bewässerung in der Jungpflanzenanzucht in kleinen Töpfen, die unter geschützten Gewächshausbedingungen stattfindet. „Das sind ideale Bedingungen, um Mikroorganismen in ausreichend hoher Zahl in kleinem Dosierungsvolumen direkt mit der Wurzel in Kontakt zu bringen und unter optimalen Wachstumsbedingungen die Wurzelbesiedelung zu fördern“, so Neumann. „Das erklärt die besonders ausgeprägte Wirksamkeit vieler getesteter Mikroorganismen-Präparate im Tomatenanbau.“

Andere Kulturen, zum Beispiel Weizen, erfordern eine aufwändigere Behandlung unter ungeschützten Bedingungen im Freiland. Hier müssen deutlich größere Bodenbereiche beimpft werden. Außerdem erreichen diese Kulturen nicht den Marktpreis wie Gemüse, was die Anwendung mikrobieller Präparate ökonomisch unattraktiver und unzuverlässiger macht. „Hier haben die nichtmikrobiellen Präparate momentan noch klare Vorteile. Sie sind oft preislich günstiger und flexibler in der Anwendung, weil sie im Gegensatz zu den meisten Mikroorganismen zum Beispiel auch über Blattspritzungen wirken.“

Dies ist ein Auszug aus einer Mitteilung der Universität Hohenheim. Weitere Informationen unter Bioeffektoren unterstützen Pflanzen bei der Nährstoffaufnahme