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Man muss teamfähig sein

Eckhard Kümmerer über die Entwicklungsmöglichkeiten von Milchviehbetrieben

Wenn man in Zukunft Milchviehhaltung betreiben will, braucht man Leidenschaft für die Tiere. Als Zweites braucht man einen Plan, wie der Betrieb sich entwickeln kann. Dabei muss man aber stets flexibel bleiben und schauen, welche Möglichkeiten sich bieten. Was ich ebenfalls für ganz entscheidend halte: Man muss teamfähig sein, denn man braucht die Zusammenarbeit mit anderen.

Für Milchviehbetriebe kann sich die Überlegung lohnen, mit anderen Kollegen zusammenzuarbeiten und Synergieeffekte zu nutzen. Man kann sich zum Beispiel mit einem Betrieb zusammentun, der keine Tierhaltung mehr hat und Gülle aufnehmen kann. Bei uns haben viele Betriebe die Schweinehaltung aufgegeben und bewirtschaften nebenher noch die Felder.

Betriebe, die wachsen wollen, müssen sich darum kümmern, wie sie an die zusätzlichen Arbeitskräfte kommen, wie man sie bezahlen kann und wie der Betrieb aufgestellt werden muss, damit alle effektiv eingesetzt sind. Wir melken dreimal am Tag. Das bringt acht bis zehn Prozent mehr Milch und dies zu einem geringen Mehraufwand und niedrigeren Kosten pro Liter Milch. Unter diesen Voraussetzungen sind Fremdarbeitskräfte gut eingesetzt.

Wir Milchbauern leben und sterben mit unseren Molkereien. Es ist deshalb entscheidend, dass wir rechtzeitig erkennen, ob die jeweilige Molkerei auf dem richtigen Weg ist oder nicht. Als Milchbauer muss man ständig schauen, wo man mitmachen kann und wo nicht.

Wichtig für künftige Entwicklungsmöglichkeiten ist auch die Frage, wie sich die Gesellschaft und Politik zur Milchviehhaltung stellt. In welcher Form wird sich die Milchviehhaltung weiterentwickeln, wenn beispielsweise nur noch Weidemilch in größerem Stil akzeptiert wird? Für Standorte mit einem hohen Anteil an ackerfähigen Böden würde die Milchviehhaltung dadurch an Boden verlieren. Die Akzeptanz der Bevölkerung ist ganz entscheidend. Akzeptiert sie größere Bestände oder ist die Blümchenwiese das zukünftige Ideal, wo nur noch Nischenbetriebe weiterhin eine gute Marge haben werden.

Gerne werden von der Politik und den Verbänden die Familienbetriebe herausgestellt. Familienbetriebe sind eine sehr gute Sache, aber für junge Familien mit Kindern sind kleine Betriebe oft ein Desaster, wenn sie alles alleine stemmen müssen. Betroffene Betriebe sollten sich überlegen, ob sie nicht mit anderen Betrieben zusammenarbeiten oder eine 450-Euro-Kraft beschäftigen, damit man auch mal rauskommt aus dem Betrieb. 

Ich selbst bin zwar eine Kooperation eingegangen, aber sehe das nicht als Allheilmittel. Kooperationen können ökonomisch und arbeitswirtschaftlich Vorteile haben, sind aber häufig auch ein äußerst sensibles Gebilde. Man muss sich mit den anderen Gesellschaftern auseinandersetzen, die das gleiche Mitspracherecht haben, aber vielleicht eine andere Meinung. Bei uns klappt die Kooperation gut, aber viele andere sind gescheitert.

Für mich war es wichtig, dass unsere Betriebsnachfolger – unsere älteste Tochter und ihr Mann – vor dem Einstieg hier auch auf anderen Milchviehbetrieben Erfahrung gesammelt haben. Wenn sie danach immer noch Leidenschaft für Kühe haben, ist das schon die halbe Miete. Sie haben darüber hinaus auch gelernt, mit Mitarbeitern umzugehen.

Ansonsten ist es wichtig, die Augen aufzuhalten: Gelingt es uns vielleicht, mit unserem Betrieb in eine Premiumstufe reinzukommen? Label, die nicht so hohe Anforderungen an die Weidefläche stellen, können für uns interessant sein. Eine Standweide und Ausläufe könnten wir arbeitswirtschaftlich und finanziell stemmen. Bereits heute erfüllen wir viele Kriterien eines Tierwohl-Labels. Alle unsere Kühe haben zum Beispiel Liegeboxen.

Ganz wichtig für mich ist die Öffentlichkeitsarbeit, vor allem in unserem näheren Umfeld. Die Leute sollen merken, dass wir unsere Arbeit mit den Kühen gut und gerne machen.

Lesen Sie dazu auch ein Interview mit Eckhard Kümmerer auf dem DLG-Wintertagungs-Blog. Kümmerer ist Teilnehmer an der Podiumsdiskussion im Rahmen der großen Plenumsveranstaltung auf der DLG-Wintertagung zum Thema "Landwirtschaft am Scheideweg" am Mittwoch, dem 20. Februar von 10.00 bis 12.00 Uhr.