Artenrückgang: Fünf nach zwölf
Was sind die Gründe für den Schwund der Artenvielfalt? Hierauf gibt es keine einfache Antwort. Beim Thema Landnutzung spielen eine erhöhte Nutzung und Düngung von trockenem oder feuchtem Grünland eine Rolle. Aber auch die Zunahme von ertragreichen Ackerbaukulturen, wie Mais, Raps oder Weizen ist ein Problem. Hinzu kommt, dass der Mischfruchtanbau heute keine gängige Praxis mehr ist und die intensive Nutztierhaltung dominiert. Die vorbeugende, flächendeckende Ausbringung von Herbiziden, Fungiziden und Insektiziden trägt ebenfalls ihren Teil bei.
Rückzugsräume nehmen ab
Der Rückgang von Rückzugsmöglichkeiten für die Tiere lässt sich schon mit bloßem Auge erkennen. Die Vergrößerung der betrieblichen Einheiten zugunsten großflächiger Ackerbaukulturen lässt die Schutzräume schrumpfen. Gleichzeitig sind Baumreihen, Hecken, Feldgehölze oder Brachen größtenteils verschwunden. Unversiegelte Flächen werden immer seltener, Siedlungs- und Verkehrsflächen nehmen zu.
Biologische Vielfalt als öffentliches Gut
In der Stellungnahme wird deutlich, dass die Landwirte einen entscheidenden Beitrag zum Schutz der Biodiversität leisten können. Dabei wird aber betont, dass ein nachhaltiger Schutz der biologischen Vielfalt nur als gemeinsame Aufgabe von Landwirtschaft, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft gedacht werden könne.
Akuter Handlungsbedarf konstatiert
Die Ursachen und Folgen des Verlusts der biologischen Vielfalt berühren viele Entscheidungs- und Handlungsebenen. Einseitige Maßnahmen sind demnach kaum erfolgsversprechend. Die Autoren fokussieren deshalb zum einen auf eine Anpassung der Agrarpolitik auf deutscher und europäischer Ebene. Ziel ist es, dass sich eine biodiversitätsfreundliche Bewirtschaftung für Landwirte lohnt. Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) solle zur Finanzierung der entsprechenden Maßnahmen genutzt werden. Dabei solle die Förderung sich stärker am Erreichen von Zielen und weniger anhand von Maßnahmen bemessen lassen.
Weiteres Potenzial wird den Gemeinden zugeschrieben. Schließlich werden viele Entscheidungen über die Bewirtschaftung von Flächen in der Agrarlandschaft in den Kommunen getroffen. Durch entsprechende Verordnungen für Gärten, Grünanlagen, Parks und Gewerbegebiete könne eine biodiversitätsfreundliche Gestaltung von Grünflächen vorgegeben werden.
Vielfältige Akteure sind gefordert
Ein weiterer Vorschlag ist die Kennzeichnung von regionalen und biodiversitätsfreundlichen Produkten im Handel. Aber auch bereits Vorhandenes könne verbessert werden: Derzeit bestehende Schutzgebiete müssten vergrößert und biodiversitätsfreundlicher bewirtschaftet werden. Das bedeutet, dort auf den Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln zu verzichten und Pufferzonen um die Schutzgebiete einzurichten, um sie vor unerwünschtem Stoffeintrag abzuschirmen.
Das alles geht nicht ohne die Mithilfe der Zivilgesellschaft. Ohne deren geschärftes Bewusstsein für die Bedeutung der biologischen Vielfalt werden sich die gesellschaftlichen Prioritäten nicht ändern. Die Vermittlung von Wissen steht hier an erster Stelle.
Schlussendlich wird in der Stellungnahme ein umfänglicher Ausbau des langfristigen, bundesweiten und standardisierten Monitorings gefordert – nur so könne später die Wirksamkeit von Maßnahmen zum Erhalt der biologischen Vielfalt überprüft werden. Trotz der auch in Zukunft anstehenden Forschungsanstrengungen macht Prof. Dr. Böhning-Gaese (Senckenberg Forschungszentrum Biodiversität und Klima) deutlich: „Wir wissen genug, um jetzt sofort handeln zu können!“
Dies ist ein Auszug aus einem Beitrag auf der Plattform pflanzenforschung.de. Weitere Informationen unterStellungnahme zum Artenrückgang in der Agrarlandschaft.