DLG-Ausschüsse unterwegs in Kaliningrad
Gemeinsame Fachexkursion der DLG-Ausschüsse für Grünland und Futterbau und für Milchproduktion und Rinderhaltung vom 9. bis 11. Juli 2018 nach Kaliningrad, Russische Föderation.
9. Juli 2018
Aufgrund der Nähe zum Kurischen Haff und der Kurischen Nehrung begann der fachliche Teil im Poldergebiet.
Die landwirtschaftlichen Nutzflächen liegen fast auf Meeresniveau oder nur wenig darüber. Das aus preußischer Zeit stammende System aus Gräben, Vorflutern und Schöpfwerken funktioniert nicht mehr. Die Entwässerung erfolgt nur noch über die Abflüsse zum Bodden. Die Durchlassfähigkeit der Gräben ist entscheidend, um den Abfluss zu sichern. Erschwerend kommt hinzu, dass die Vorfluter in staatlicher Verantwortung weniger gut gewartet werden und zahlreiche Gräben durch Wälder führen, in denen jahrzehntelang keine Bewirtschaftung erfolgte.
Mit einem kurzen Abstecher zum UNESCO-Weltnaturerbe „Kurische Nehrung“ endete der Exkursionstag. Diese schmale Landzunge, die mit 46 km zu Russland und mit 52 km zu Litauen gehört, wurde im Jahr 2000 mit ihrer einzigartigen Vegetation und Tierwelt als Nationalpark anerkannt und in die Liste des UNESCO-Welterbes eingeschrieben. Im „Wald der tanzenden Bäume“ und der „Epha-Höhe“ überzeugten sich die Teilnehmer von der Einmaligkeit der Natur.
Am Abend informierte der Generalkonsul, Dr. Michael Banzhaff, über das Gebiet Kaliningrad. Als Exklave des Staatsgebietes hat die Region besondere strategische Bedeutung. Das gilt einerseits für den militärischen, in größerem Maßstab jedoch für den wirtschaftlichen Bereich. Als „Tor zum Westen“ ist die Sonderwirtschaftszone attraktiv für Investoren. Zudem wird der zollfreie Import von Waren für den Endverbrauch erlaubt. Russische Investoren im Oblast erhalten Steuererleichterungen.
BMW hat hier ein Montagewerk für den russischen Markt, eine große Ölmühle verarbeitet im Hafen der Stadt über eine Million Tonnen Sojabohnen, und in der Landwirtschaft sind mehrere große Unternehmen entstanden, eines davon der Firmenverbund „Salesskoje Moloko“.
10. Juli 2018
Im Gebiet um Saranskoje, in dem gegenwärtig brach liegende Flächen erschlossen werden, führte Konstantin Jost, Leiter einer Abteilung des Futterbaubetriebes Salesskie Korma, die Gruppe auf Umbruchflächen, die für die erstmalige Aussaat von Raps im August vorbereitet werden. Neben der Entfernung von Buschwerk und Räumung der Gräben gilt es, die etablierte Vegetation aus Rohrschwingel, Quecke und anderen Kräutern wirksam zu beseitigen. Die Futterbauflächen werden rings um die Milchviehanlagen erschlossen. Die Transportentfernung beträgt zurzeit bis zu 5 km.
Die Fahrt führt dann in ein Gebiet, in dem die Felder im dritten Kulturjahr stehen. Hier haben sich Feldgras, Luzerne, Mais und Weizen gut entwickelt, wenngleich sie unter der gegenwärtigen Trockenheit leiden.
Nach dem Mittagessen ging es nach Vysokoje. Hier ist die Ernte- und Transporttechnik für Futter sowie die Ausbringung der organischen Dünger zusammengefasst. Die Werkstätten bieten ausreichend Platz für die Diagnose, Wartung und Reparatur aller Maschinen und PKW. Fehlende Verschleiß- und Ersatzteile können in einer Dreherei auch selbst hergestellt werden.
Auf einem Feldgrasschlag (viertes Nutzungsjahr) wird Gülle im Schlitzverfahren ausgebracht. Die Ausbringmenge nach jedem Schnitt schwankt zwischen 12 und 15 m³/ha und differiert in Abhängigkeit von der Schlaglänge.
Bei der Betrachtung der Grasnarbe kam es zur Diskussion über geeignete Maßnahmen und Verfahren der Grünlanderneuerung. Die Anbauverfahren für Silo- und Körnermais wurden diskutiert. Beeindruckend ist der hohe Nährstoffeinsatz (60 m³ Gülle und 150 kg N/ha als HD) für diese Kultur. Die besichtigten Bestände versprechen in diesem Jahr trotz der Trockenheit einen guten Ertrag.
In der Jungviehanlage „Plemennoje Chosjaistwo Vysokoje“ begrüßte Ludmilla Bober die Gruppe. Hier werden alle gesunden Kälber aus den Milchviehanlagen im Alter von zwei bis drei Wochen aufgenommen. Die Tiere werden aus der Anlage als tragende Färsen im achten Trächtigkeitsmonat in die MVA zurückgegeben, aus der sie stammen.
Nach Ende der Milchphase wird auf Milchaustauscher umgestellt. Gleichzeitig werden Heu und Kälbermüsli zur Gewöhnung an festes Futter in freier Aufnahme angeboten. Beeindruckend ist die Sauberkeit und Organisation in der Gruppenhaltung. Eine AK betreut 150 Tiere. Im Anschluss wurde das Milchlabor besucht. Hier erfolgt die Analyse der Milchlieferungen an die Molkerei und des monatlichen Kontrollmelkens aller Tiere in den Anlagen. Für die Mastitiskontrolle steht noch keine Möglichkeit zur Verfügung. Diese Proben werden in Deutschland analysiert.
Den Abschluss des Tages bildete der Besuch der MVA Dalneje. Dies ist die älteste Anlage, in der 2006 die Milchproduktion ihren Anfang nahm. Aus dieser Zeit stammen auch noch Gebäude, die nach ihrer Sanierung heute als Ställe für Trockensteher dienen. Alle melkenden Kühe (zur Zeit 1.200) stehen in neu gebauten Ställen.
Der Melkstand (2x20) ist voll ausgelastet und arbeitet praktisch ohne Unterbrechung. Die gegenwärtige Milchleistung beträgt durchschnittlich 30,6 Liter je melkende Kuh. Die Milch wird täglich von Fahrzeugen der Molkerei abgeholt.
Auffallend ist die gute Klauengesundheit aller Tiere in der Anlage, um die sich zwei Klauenpfleger regelmäßig kümmern. Auch das Krankenabteil ist nur schwach belegt.
Gegenwärtig wird Grassilage aus dem ersten Schnitt des Jahres verfüttert. In der Anlage befinden sich Silagen aus Mais, Feldgras und Luzerne.
11. Juli 2018
Nach dem Frühstück ging es nach Salesje zum Technikstützpunkt. Hier befinden sich das Zentrum und die Technik des Ackerbaubetriebes. In der Fruchtfolge werden neben Wintergerste und Winterweizen Winterraps, Silo- und Körnermais, Sojabohnen, Buchweizen und Sorghum angebaut. Die technische Ausstattung ist den Bedingungen angepasst und auf hohe Schlagkraft ausgerichtet, da besonders die Monate August und September im langjährigen Mittel sehr niederschlagsreich sind.
Die Ernte wird in einem eigenen Lager mit Reinigung und Trocknung bis zum Verkauf gelagert. Es besteht aus fünf Silos mit je 2.000 t Kapazität und drei Silos á 7.000 t. Zwei Annahmelinien können unabhängig voneinander das angelieferte Erntegut aufnehmen, reinigen und trocknen. Bei 19 Prozent Ausgangsfeuchte beträgt die Kapazität 90 t je Stunde.
Gegenwärtig wird die Trocknung von Diesel auf Flüssiggas als Energieträger umgebaut. Neben dem günstigeren Preis hat das auch den Vorteil der geruchsneutralen Trocknungsluft.
Im Unternehmen wird auch Weizensaatgut für den Eigenbedarf und den Weiterverkauf erzeugt. Dazu steht auf dem Gelände eine eigene Linie mit Annahme, Reinigung, Trocknung, Lagerung und Beizung. Alle Transportfahrzeuge werden bei der Ein- und Ausfahrt gewogen und Proben entnommen, die im Labor in der oberen Etage des Wiegehauses analysiert werden. Das Kraftfutter für die MVA wird in einer eigenen Abteilung hergestellt.
Der Nachmittag wurde noch für einen kurzen Besuch der Gebietshauptstadt Kaliningrad genutzt. Nach einem kurzen Rundgang durch die Innenstadt endete die Exkursion mit einem Orgelkonzert im Königsberger Dom.
Danach galt es, Abschied zu nehmen. Besonderer Dank gebührt unserer Begleiterin Anna Bader, die uns die ganze Zeit als Dolmetscherin und Organisatorin zur Seite stand. Auch dem Busfahrer und den Kollegen, die uns bereitwillig alles gezeigt und erklärt haben, sei hiermit noch einmal gedankt.