Der deutsche Weizenmarkt 2018/19
Bernd Chilla über Ernteerwartungen und Vermarktungschancen

AGRAVIS Raiffeisen AG,
Münster und Hannover. Foto: Privat
Die Ertragsaussichten in Deutschland für die diesjährige Weizenernte sind wie 2016 und 2017 wieder einmal durchwachsen. Schon im Herbst 2017 zeichnete sich ein schwieriger Start für die Weizenproduktion hierzulande ab. Nässe in den wichtigen Exportregionen Norddeutschlands führte dazu, dass die Anbaufläche von Winterweizen gegenüber den Vorjahren deutlich sank.
Der Rückgang konnte – vorwiegend witterungsbedingt – auch im Frühjahr 2018 nicht durch einen verstärkten Anbau von Sommerweizen ausgeglichen werden. Somit soll die Anbaufläche von Weizen nach Berichten des statistischen Bundesamtes zur diesjährigen Ernte die niedrigste seit 2012 sein und 4 Prozent unter der des Vorjahres liegen.
Um die Vorjahresproduktion zu übertreffen, sind nun Rekorderträge nötig. Während der Süden Deutschlands und auch Teile im Westen und Südosten bislang gute bis sehr gute Wachstumsbedingungen hatte und die Ertragsaussichten in diesen Regionen auch mehrheitlich gut sind, verschlechterte sich die Lage im Norden und auch dem Osten Deutschlands zunehmend.
Eine zuletzt viel zu trockene und warme Wetterlage senkte Stück für Stück die Ertragserwartungen. Derzeit wird die heimische Weizenproduktion vom Deutschen Raiffeisenverband mit 22,9 Mio. t rund 1,5 Mio. t unter der des Vorjahres eingeschätzt. Eine gute und überdurchschnittliche Weizenproduktion ist aber in Deutschland notwendig, um die Nachfrage hierzulande abdecken zu können – denn diese stieg im aktuellen Wirtschaftsjahr im Futtersektor signifikant an.
Auch in der Nachfrage zur Mehlherstellung wurde kein Einbruch verzeichnet – ganz im Gegenteil. Der Bedarf der deutschen Stärkeindustrie stieg in den vergangenen Jahren kontinuierlich an. Ein wichtiger Einflussfaktor für dieses Wachstum ist der zunehmende
Online-Handel, der deutlich mehr Verpackungsmaterial nachfragt. Weizenstärke ist dafür ein wichtiger Grundstoff.
Eine geringere deutsche Ernte sollte 2018/19 die Ausgangslage für den deutschen Markt verändern. Die Weizenimporte Deutschlands müssten im Vergleich zum Vorjahr stark ansteigen. Dieses könnte auch möglich werden, da vor allem in Tschechien oder der Slowakei die Ernteaussichten in diesem Jahr deutlich besser sind als noch vor einem Jahr. Dagegen dürfte aufgrund einer trockenen Wetterlage in Polen und auch im Baltikum die Weizenimportmenge 2018/19 gegenüber dem Vorjahr nicht steigen.
Ob am Ende des Tages die möglichen höheren Importe Deutschlands ausreichen, um das Angebotsdefizit auszugleichen, hängt dann wieder von dem Exportpotenzial ab. Wenn deutscher Weizen international gefragt sein sollte, dann sollte die Versorgungslage in Deutschland sich gegenüber den Vorjahren nicht verbessern. Aber das Exportpotential Deutschlands hängt ganz deutlich von zwei wichtigen Faktoren ab: einerseits vom Exportpotenzial der baltischen Staaten und Russlands – in beiden Fällen wird dieser aber gegenüber dem Vorjahr niedriger eingeschätzt – sowie andererseits von der diesjährigen Weizenqualität.
Vor allem im Wirtschaftsjahr 2017/18 war die Weizenqualität erheblich unter der der Vorjahre, sodass viel Weizen im Futtertrog landete. Bei einer verbesserten Weizenqualität in diesem Jahr wären wieder steigende Exporte möglich. Doch diese Exporte können nur signifikant ansteigen, wenn die deutschen Importe ein neues Rekordniveau erreichen, die deutsche Weizenernte dann doch viel höher wird als bislang eingeschätzt wird oder viel weniger Weizen im Futtersektor verbraucht wird als noch 2016/17 und 2017/18.
Deshalb wird erst einmal der wichtigste Einflussfaktor in den kommenden Wochen für die Versorgungslage des deutschen Marktes 2018/19 die Weizenproduktionshöhe werden. Und bei aller Statistik – am Ende ist entscheidend, was tatsächlich vom Acker kommt.