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Pflanzenschutz: Neue Methoden in der Pipeline

Unsere Kulturpflanzen stellen auch für Schädlinge ein gefundenes Fressen dar. Wie groß die Ernteverluste durch Schädlinge sind, lässt sich nur grob abschätzen: Beim Weizen beispielsweise gehen Wissenschaftler von 34 Prozent aus, beim Reis sogar von 51 Prozent.

Nebenwirkungen und Kollateralschäden

Trotz der Devise: „So viel wie nötig, so wenig wie möglich“ sind Pflanzenschutzmittel häufig mit Nebenwirkungen behaftet. So kann ihr Wirkspektrum über die Abwehr der Schadorganismen hinausreichen und auch Nützlinge dezimieren. Die chemischen Substanzen können zudem über den Regen ins Grundwasser gelangen und auf diesem Weg auch Wasserorganismen und letztendlich den Menschen schädigen.

Die großflächige und häufige Anwendung von Pflanzenschutzmitteln kann außerdem zu Resistenzen bei den Schädlingen führen, die die Mittel unwirksam machen. Deutsche und internationale Forschungsgruppen suchen daher nach Alternativen, die den Pflanzenschutz effektiver und umweltverträglicher machen.

Beispiel 1: Wirkweise bakterieller Toxine verstehen

“Du musst deinen Feind kennen, um ihn besiegen zu können”, wusste bereits 500 v. Christus der chinesische General, Militärstratege und Philosoph Sunzi. Für Bastian Bräuning von der Technischen Universität München stand daher zunächst der Wirkmechanismus bakterieller Toxine im Vordergrund, die bei infizierten Pflanzen zu erheblichen Schäden führen können.

Zu den gefürchtetsten bakteriellen Toxinen gehören die porenbildenden Toxine, die Löcher in der Zellmembran erzeugen und so die Zelle zerstören. Zahlreiche bakterielle Krankheitserreger befallen mit diesen Toxinen Pflanzen, Tiere und auch den Menschen. Wie genau die Toxine die Löcher in der Zellmembran erzeugen, war bisher nicht bekannt.

Zwei-Komponenten-Toxine

Eine Unterart dieser Toxine benötigt zwei Komponenten, um ihre tödliche Wirkung entfalten zu können. Wie genau das Zusammenspiel dieser beiden Teile funktioniert, konnten die Wissenschaftler nun durch eine Kombination von kristallografischen und kryoelektronenmikroskopischen Methoden aufklären: „Wir haben herausgefunden, dass nur die eine der beiden Komponenten an die Membran binden kann.

Erst in einem zweiten Schritt rekrutiert sie die zweite Komponente und die Fußdomänen beider Proteine zusammen bilden die Grundeinheit der Pore“, erklärt Bastian Bräuning. „Das ist eine neue Art von Mechanismus, aus dem wir viele nützliche Erkenntnisse gewinnen können.“ Auf Basis dieser Erkenntnisse lassen sich Substanzen entwickeln, die das Zusammenspiel beider Komponenten verhindern können und die Toxine so unwirksam machen. Derartige Schutzmoleküle könnten dann für den Pflanzenschutz besonders interessant sein.

Beispiel 2: Neue Wirkstoffe aus einem unbekannten Tropenpilz

Einen anderen Ansatz verfolgen die Wissenschaftler des Helmholtz Zentrums für Infektionsforschung. Sie suchen in Pilzen – bekanntermaßen natürliche Produzenten von antimikrobiellen Substanzen – neue Wirkstoffe für die Humanmedizin und den Pflanzenschutz. Pilze aus Ländern mit einer bisher nur wenig erschlossenen Flora bergen dabei besonders viel Potential für bisher unentdeckte antibiotische Wirkstoffe.

Abwehrstoffe gegen Bakterien und Nematoden

2015 sammelten die Forscher Pilzproben im thailändischen Regenwald. Im Labor isolierten sie die einzelnen Pilzstämme und sequenzierten ihre DNA, um alle bereits bekannten Gattungen auszusortieren. Die unbekannten Stämme charakterisierten die Forscher im Anschluss morphologisch und phylogenetisch und entdeckten auf diese Weise eine neue Pilzgattung, die Abwehrstoffe gegen Bakterien und Nematoden produzierte. Der neue Pilz erhielt den Namen Pseudobambusicola thailandica.

Sechs neue Stoffe entdeckt

Sechs von acht der antibiotischen und nematiziden Stoffe, die der Pilz produzierte, waren der Wissenschaft bisher nicht bekannt. „Für die Medikamentenentwicklung kommen die Stoffe nicht in Frage, da ihre biologische Aktivität dafür nicht stark genug ist“, schreiben die Forscher in ihrer Veröffentlichung. Allerdings untersuchen die Wissenschaftler derzeit, ob sich der neue Pilz zur biologischen Bekämpfung von pathogenen Nematoden und Pilzen in der Landwirtschaft eignen könnte. Umweltfreundliche und kostengünstige Pflanzenschutzmittel wären eine willkommene Alternative zu den chemischen Varianten.

Dieser Beitrag wurde erstmals auf der Plattform www.pflanzenforschung.de veröffentlicht.