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25 Jahre DLG-Mitgliedschaft: Interview mit Henrik Steenblock

Das Leben von jungen Menschen mitbegleiten

Über den Tellerrand schauen, auch über die Landwirtschaft hinaus, das ist Henrik Steenblock wichtig. Für den Landwirt aus dem niedersächsischen Bunde ist der persönliche Austausch mit Berufskollegen auf der EuroTier und im DLG-Arbeitskreis Spitzenbetriebe Milch genauso wichtig wie die Zusammenarbeit mit Vertretern von Naturschutzverbänden in der Nachbarschaft.

Herr Steenblock, Sie sind seit 25 Jahren in der DLG. Wie sind Sie dazu gekommen?

Ich habe 1996 während der Zeit meiner zweijährigen Fachschule an der Albrecht-Thaer-Schule in Celle ein Schulabo abgeschlossen und jetzt sind es tatsächlich schon 25 Jahre. Spaß gemacht hat mir immer die neutrale Betrachtung. Die Berichterstattung in den DLG-Mitteilungen ist fachlich fundiert und tiefgründig, beleuchtet auch mal ein anderes Thema und hat eine neue Sichtweise. Außerdem ist das Magazin global unterwegs, was den Horizont erweitert. Die DLG-Mittteilungen sind für mich daher eine gute Zeitschrift und passt zu meinem Motto „Betrachte immer das Große und Ganze“, denn jedes Blatt hat zwei Seiten.

Und was reizt Sie, auch nach 25 Jahren noch dabei zu bleiben?

Vieles. Unter anderem gehe ich gern zur EuroTier nach Hannover, um dort Menschen zu treffen. Das, was ich „nebenbei sehe“ und wen ich „nebenher treffe“, interessiert mich mindestens genauso wie die Innovationen oder die Kontaktpflege mit Geschäftspartnern. Ich verbinde den Besuch in Hannover zum Beispiel jedes Mal damit, einen ehemaligen Klassenkameraden aus der Albrecht-Thaer-Schule in Celle zu treffen. Bei Veranstaltungen der DLG treten immer interessante Referenten auf. Zum Beispiel hatten wir bei einer Tagung der „DLG Spitzenbetriebe Milch“ den bayerischen Landwirt und Unternehmer Stefan Dürr zu Gast. Er hat von seiner Tätigkeit in Russland berichtet und eine ganz andere Sichtweise aufgezeigt, als wir sie sonst in den Medien vermittelt bekommen. Es war interessant bei einem Kaffee zu sitzen und zu hören, was er zum aktuellen Geschehen in Russland sagt. Die Mitarbeit bei den „DLG-Spitzenbetrieben Milch“ bringt mir persönlich und für den Betrieb enorm viel. Durch die verschiedenen Vorträge und Arbeitskreise, die Vollkostenrechnung für unsere Betriebe und die Diskussion mit den Beratern, Kammermitarbeitern und Berufskollegen, bekomme ich enorm viel „Input“.

Das klingt vielseitig interessiert. Können Sie diese Vielfalt und Weitsicht auch im täglichen Alltag auf dem Betrieb verwirklichen?

Aber ja! Wir zeigen Gruppen aus Schulen und Interessierten gerne unseren Hof und stellen unsere Arbeit vor. Außerdem arbeiten wir viel mit anderen, auch nichtlandwirtschaftlichen, Organisationen zusammen. Zum Beispiel sind wir Mitglied im Landwirtschaftlichen Naturverein, LNV, zum Schutz der Wiesenweihe. Wir legen Ackerrandstreifen an, um ihre Nahrungsgrundlage zu sichern. Außerdem habe ich mich mit einem weiteren Landwirt und mit dem Nabu-Ortsverband zusammengeschlossen, um Maßnahmen für den Bruterfolg der Limikolen im Grünland durchzuführen. Wir stimmen unter anderem den Mähtermin so ab, dass die Jungvögel schon flügge sind. Meist ist es etwa der 15.-25. Juni. Zudem vernässen wir einen halben Hektar mit einer Solarpumpe. Wichtig ist, dass man miteinander ins Gespräch kommt!

Ihr Betrieb bildet junge Landwirte/Landwirtinnen aus. Was hat sich hier in den letzten 25 Jahren geändert?

Unser Betrieb hat sich von 30 Kühen auf 120 Kühe entwickelt. Die ersten zwölf Jahre haben wir viel mit Angestellten und Aushilfen gearbeitet, seit zehn Jahren bilden wir nun junge Landwirtinnen und Landwirte aus. Es ist schön, wenn man auch das spätere Leben dieser jungen Menschen mitbegleiten darf. Einige sind mittlerweile selbst Betriebsleiter, viele haben danach studiert und sind jetzt im direkten Umfeld der Landwirtschaft tätig. Gegenwärtig bewirtschafte ich den Betrieb mit einem Angestellten und einer Auszubildenden. Die Arbeitsaufteilung wird sozusagen „am Küchentisch gemacht“. Wir sind also ein echter erweiterter Familienbetrieb als große Familie. Die Mitarbeiter sind mittendrin.

Was sind Ihrer Meinung nach die drängenden Fragen und Herausforderungen für Milchviehbetriebe in der Gegenwart und Zukunft?

Die Crux in der Landwirtschaft ist halt, dass wir nicht dieselben Löhne zahlen können wie in der Industrie oder auch in der Molkerei. Das tut weh. Theoretisch wird ausgerechnet dass alle 50-60 Kühe eine AK notwendig ist und auch bezahlt werden kann. Aber es ist schwierig, gute Leute zu bekommen und diese auch dementsprechend zu entlohnen. Die allgemeine Situation der letzten drei Jahre war sehr anstrengend, was die Kostensteigerung und den Einnahmeneinbruch betrifft.

Ich sehe vor allem das Baurecht als dickes Damoklesschwert. Es wird über kurz oder lang alle familiär strukturierten Betriebe demontieren, weil nur noch der komplette Neubau auf der grünen Wiese in Frage kommt. Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter, die etwas „nur“ renovieren und auf den neuesten Stand bringen wollen, werden es oft sein lassen.

Und was mir auch noch auf den Nägeln brennt, ist, dass die Politik ihre vorausschauende Lenkung verloren hat. Es ist nicht gut, wenn nur noch blinder Aktionismus vorherrscht, wie es bei der Düngeverordnung oder beim Insektenschutzprogramm meiner Meinung nach der Fall ist. Wir reagieren jetzt mit Verboten, was wir vor 15 Jahren über Förderprogramme wie zum Beispiel Blühstreifen, eine 5-7-feldrige Fruchtfolge, die bodennahe Gülleausbringung oder sogar freiwillige Reduktion der Tierhaltung hätten im Guten regeln können. Aber damals war es nicht gewollt oder es wurden nicht ausreichende Mittel zur Verfügung gestellt.

Letzte Frage: was machen Sie, wenn Sie mal nicht im Kuhstall oder auf dem Acker sind?

Früher bin ich viel Fahrrad gefahren, das ist mit der Vergrößerung der Kuhzahl etwas weniger geworden. Außerdem fahre ich gerne Schlittschuh und versuche mich im Fotografieren, am liebsten Macro in schwarz-weiß. Schon immer habe ich viel Fachliteratur gelesen. Ich bin ein begeisterter Nachschläger. Gerade lese ich zwei Bücher über Regenerative Landwirtschaft und Humuswirtschaft. Wir dürfen die Ernährung von Pflanzen- und Tieren nicht nur als chemischen Prozess betrachten, sondern müssen sie auch als Lebewesen betrachten.

Herr Steenblock vielen Dank für Ihre Antworten und alles Gute weiterhin für Ihren Betrieb!

Die Fragen stellte Angelika Sontheimer, Agrarjournalistin, Winsen (Aller).

Zur Person

Henrik Steenblock bewirtschaftet gemeinsam mit seiner Frau Annegret einen Gemischtbetrieb in der ostfriesischen Marsch. Das Ehepaar hat zwei Söhne, den 15-jährigen Derk und den 13-jährigen Jelto. Der 48-jährige Landwirt hat den elterlichen Betrieb nach Abschluss der landwirtschaftlichen Fachschule an der Albrecht-Thaer-Schule in Celle stetig weiterentwickelt und hält heute 120 HF-Kühe mit Nachzucht. Zum Betrieb gehören 60 ha Dauergrünland und 95 ha Ackerland. Angebaut werden Winterweizen, Wintergerste und Winterraps, in Zukunft wird der Futtererbsenanbau dazukommen. Henrik Steenblock bildet regelmäßig Lehrlinge aus und ist außerdem ehrenamtlicher Meisterprüfer bei der Landwirtschaftskammer.