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Mechanische Texturanalyse bei Lebensmitteln

DLG-Expertenwissen 03/2015

Instrumentelle Sensorik in der Ernährungswirtschaft Teil 2

Autoren:

- Ralf-André Winopal, WINOPAL Forschungsbedarf GmbH, Elze
- Lisa Drobny, WINOPAL Forschungsbedarf GmbH, Elze
- Bianca Schneider-Häder, Fachzentrum Lebensmittelwirtschaft, DLG e.V., Frankfurt/M., Sensorik@DLG.org


Neben Aussehen, Geruch und Geschmack spielt die Textur, allen voran die Knusprigkeit und Knackigkeit eine wesentliche Rolle für die Verbraucherakzeptanz von Lebensmitteln. Die Lebensmittelindustrie ist bestrebt, Produkte mit einer definierten, gleichmäßig hohen Qualität am Markt anzubieten. Neben sensorischen Prüfungen der Produkte durch geschulte Prüferpanel werden vorbereitend oder flankierend instrumentelle Messmethoden eingesetzt, deren Ergebnisse in einem hohen Grad mit der sensorischen Beurteilung eines Lebensmittels korrelieren und, die häufig einen geringeren zeitlichen und personellen Aufwand erfordern. Dieses Expertenwissen Sensorik ist der 2. Teil in der Reihe zur „Instrumentellen Sensorik“. Es gibt einen Überblick über den Stand der Technik im Bereich der „Mechanischen Texturanalyse bei Lebensmitteln“.

1. Historie

Die mechanisch-technologische Prüfung ist die älteste Disziplin im Bereich der Materialprüfung. So stellten bereits im 15. und 16. Jahrhundert Leonardo da Vinci und Galileo Galilei Überlegungen bezüglich der Biegebeanspruchung und des elastischen Verhaltens von Materialien an. Weitere Erkenntnisse kamen im Laufe der Zeit hinzu. Im 18. Jahrhundert entstanden dann schließlich in Frankreich die ersten Prüfmaschinen. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts befassten sich sukzessive auch in Deutschland verschiedene Unternehmen mit der Entwicklung bzw. dem Bau von Geräten, Maschinen und Systemen für die mechanisch-technologische Werkstoffprüfung. So entstand über die Jahre ein umfassendes Programm vom manuell bedienten Härteprüfgerät bis zum komplexen Prüfsystem für die prozessbegleitende Anwendung.

2. Begriffe zur mechanischen Texturanalyse

2.1  Textur

Die Texturprüfung ist ein Teilgebiet der „Rheologie“, d. h. der Wissenschaft, die sich mit dem Fließ- und  Verformungsverhalten fester und fluider Körper unter dem Einfluss mechanischer Kräfte befasst. Sie ist eine physikalische Disziplin. Die Textur ist nach ISO (Internationale Organisation für Normung) definiert als die Gesamtheit aller rheologischen und strukturellen (geometrische und Oberflächen bezogene) Eigenschaften eines Lebensmittels, welche durch mechanische, taktile (fühlen), visuelle (sehen) und auditive (hören) Rezeptoren messbar sind.

Damit  sind an der Erfassung der Textur sowohl die Hände und Finger als auch Lippen, Gaumen und Zunge sowie die Ohren (Gehör) beteiligt. Neben dieser taktilen Sinneswahrnehmung (Oberflächensensibilität), z. B. mit den Fingerspitzen wahrgenommene Tasteindrücke, zählt die kinästhetische Wahrnehmung (Bewegungsempfinden), z.B. beim Kauvorgang, Zerbrechen/Brechen des Produktes wahrgenommene Empfindung zu den Elementen der Textur.  Die Textur bezeichnet damit als ein multi-dimensionaler Qualitätsparameter die komplexe Struktur eines Lebensmittels. Beispiele für Textureigenschaften sind die Knackigkeit von Würstchen, die Cremigkeit von Desserts oder die Knusprigkeit von Waffeln. Auch die Brüchigkeit, Festigkeit/Härte, Bindung (innerer Produktzusammenhalt), Balligkeit/Spannkraft, Klebrigkeit und Elastizität sowie Gummiartigkeit und Kaufähigkeit zählen neben einer Vielzahl weiterer Textureigenschaften dazu. Dabei haben auch die Größe, die Form und die Zellstrukturen des Lebensmittels entscheidenden Einfluss auf die Textureigenschaften.

2.2 Viskosität

Mit dem Begriff „Viskosität“ (Zähflüssigkeit), ebenfalls eine Textureigenschaft, wird das Fließverhalten flüssiger Produkte bezeichnet. Sofern man zwei Flüssigkeits-Schichten gegeneinander verschiebt, entsteht ein Widerstand (Zähigkeit, innere Reibung), den man als Fließwiderstand bezeichnet. Ist der Fließwiderstand niedrig, ist das Lebensmittel dünnflüssig. Mit ansteigendem Fließwiderstand geht die zunehmende Zähflüssigkeit eines Lebensmittels einher. Die Viskosität ist temperaturabhängig. Viskositätsmessungen werden beispielsweise durchgeführt, um einen pastösen Stoff hinsichtlich seiner Konsistenz zu optimieren oder um ihn für die Produktionslinie optimal einzustellen (z. B. Pumpfähigkeit, Filtrierfähigkeit). In der Nahrungsmittelindustrie sind Joghurt (mit & ohne Fruchtstücke), Saucen, Senf, Tomatenmark und Öle häufig geprüfte Produkte.

2.3 Mundgefühl

Das Mundgefühl beschreibt, wie sich ein Lebensmittel im Mund verhält. Es umfasst einerseits Textureigenschaften, die durch taktile Wahrnehmungen infolge von Druck und Berührung im Mundraum (z. B. cremig, fettig, ölig, flüssig, zähflüssig/viskos, klebrig, pudrig, sandig, körnig) wahrgenommen werden. Andererseits zählen auch kinästhetische Wahrnehmungen während des Zubeißens (z. B. knackig, bissfest, spröde), des Zerkauens (z. B. knusprig, ballend, krümelig) und beim Schlucken dazu. Weiterhin sind auch durch Abtasten mit der Zunge und dem Gaumen erfahrbare geometrische Eigenschaften des Lebensmittels (z. B. Größe, Form, Bruchstücke) und Eigenschaften, die mit dem Wassergehalt eines Lebensmittels zusammenhängen (saftig, trocken), Bestandteile des Mundgefühls. Eigenschaften, die auf Temperaturwahrnehmungen basieren (heiß, kühlend) und solche, die auf irritierenden/schmerzhaften Wahrnehmungen basieren, die durch Reizung freier Nervenendigungen im Mundraum zustande kommen (z. B. scharf, prickelnd, brennend), zählen ebenfalls dazu. Daneben gehören zum Mundgefühl streng genommen auch der Geschmack und der retronasale Geruch (Aromawahrnehmung).

2.4 Haptik

Die Haptik beschreibt im engeren Sinne sämtliche durch Berührung wahrnehmbaren Produkteigenschaften wie Größe, Form und Konsistenz. Erfassen lassen sich diese Parameter sowohl durch Befühlen mit den Fingern und Händen als auch über die Lippen, Zunge und Rachenraum, wobei sich Überschneidungen mit dem Begriff „Mundgefühl“ ergeben.

Im umfassenderen Sinne gehören zur haptischen Wahrnehmung beim Menschen, die ...

  • taktile Wahrnehmung (Bestandteil der Oberflächensensibilität)
  • Propriozeption (Tiefensensibilität)
  • Temperaturwahrnehmung (Thermorezeption) und
  • Schmerzwahrnehmung (Nozizeption).

2.5 Akustik

Die Akustik ist die Lehre vom Schall und seiner Ausbreitung. Sie umfasst sämtliche damit zusammenhängende Gesichtspunkte, ausgehend von der Entstehung und Erzeugung, der Ausbreitung, Beeinflussung und Analyse von Schall. Darüber hinaus werden seine Wahrnehmung durch das Gehör und die Wirkung auf die Umwelt untersucht.

Schall entsteht, wenn eine Schallquelle die Gasmoleküle in der Luft zum Schwingen anregt, so dass diese sich in sinusförmigen Wellen ausbreiten und infolge von Druckschwankungen das Trommelfell im menschlichen Ohr zum Vibrieren bringen. Im Mittelohr werden diese Bewegungen verstärkt und an Sinneszellen abgegeben, die sie in bioelektrische Impulse umwandeln. Über den Hörnerv gelangen die Informationen an das Gehirn. Ein gesundes Ohr kann einen Schalldruck ab 2·10-5 Pa wahrnehmen (Hörschwelle). Bei manchen Lebensmitteln spielen akustische Wahrnehmungen, die mit der speziellen Textur dieser Lebensmittel zusammenhängen, für den Verbraucher eine wichtige Rolle. Beispielhaft zu nennen wären, das knuspernde Geräusch beim Verzehr von Kartoffelchips oder Löffelbiskuits oder das Knacken von Butterkeksen, Würstchen oder (v.a. dunkler) Schokolade beim Abbeißen. Manche Unternehmen betreiben einen beträchtlichen Aufwand, um Texturen zu kreieren, die den perfekten „Sound“ liefern.

3. Instrumentelle Texturanalyse – Möglichkeiten und Chancen

3.1  Humansensorische Texturprüfung

Eine Möglichkeit, die Textur von Lebensmitteln zu analysieren, stellt die humansensorische Texturprüfung im Rahmen von Produktverkostungen dar. Hierbei werden die Textureigenschaften nach Begriffen des Mundgefühls bzw. Fingergefühls beschrieben und je nach sensorischer Methode zudem in ihrer Intensität analysiert, mit anderen Produkteigenschaften verglichen oder gegenüber einem Standard bewertet. Die Textur fokussierende sensorische Deskriptoren sind beispielhaft in der Abbildung 1 zusammengefasst. Je nach hergestelltem Nahrungsmittel variiert die Ausdrucksweise: Eigenschaften einer Konfitüre werden anders ausgedrückt als Eigenschaften von Cornflakes. Genormte und damit vereinheitlichte Eigenschaftsbezeichnungen sind selten, so dass die Sprachentwicklung bzw. Festlegung der beschreibenden Begriffe den jeweiligen Panels selbst obliegt.

Abb. 1: Beispiele sensorischer Deskriptoren zur Beschreibung der Textur

TextureigenschaftSensorische Bezeichnung
Härteweich, fest, hart
Zusammenhalt, Kohäsionkrümelig, knackig, spröde
Deformationsverhaltenplastisch, elastisch
Klebrigkeithaftend, klebrig, zähklebrig
Viskositätdünnflüssig, dickflüssig

3.2 Instrumentelle Texturanalyse – Geräte und Verfahren zur mechanischen Texturmessung

Ergänzend zu humansensorischen Texturprüfungen finden zunehmend u.a. bedingt durch die damit verbundene Zeitersparnis, schnell und einfach auszuführende instrumentelle Messmethoden Anwendung in der Ernährungswirtschaft. Instrumentelle Prüfungen in Form von mechanischen Texturanalysen, bilden sensorische Tests bei Lebensmitteln nach. Hierbei werden verschiedene physiologische Prozesse, wie z. B. das Zubeißen und Kauen durch mechanische Vorgänge imitiert bzw. das Fließverhalten von Lebensmitteln im Mund nachgeahmt. In verschiedenen Versuchen und unter Einsatz unterschiedlicher Instrumente werden u.a. Kräfte, Wege und Energiewerte erfasst, verknüpft und sensorischen Eigenschaften zugeordnet.

Die instrumentelle Texturanalyse schließt – bei standardisiertem Versuchsaufbau – subjektive Einflüsse auf die Prüfung aus. Dazu werden Messmethoden angewandt, die international eingeführt, jedoch nur in seltenen Fällen genormt sind. Die Herausforderung bei der Texturanalyse ist generell, dass Lebensmittel hinsichtlich ihrer Textureigenschaften sehr breit streuen. Um reproduzierbare Prüfergebnisse zu erhalten, ist eine sorgfältige Probenaufbereitung und Prüfungsvorbereitung maßgebend. Dann erreicht man zum Teil erstaunlich hohe Korrelationen zu humansensorischen Tests. Geringe Schwankungen in der Produktqualität können mit der instrumentellen Texturanalyse häufig deutlicher herausgearbeitet werden.

3.2.1 Prüfungsvorbereitung

Infolge der Inhomogenität der Produkte, die mit die Hauptschwierigkeit bei der instrumentellen Texturanalyse darstellt, ist – vergleichbar mit Vorgaben für humansensorische Analysen –  eine sachgerechte Prüfungsvorbereitung maßgebend für den Erfolg. Einheitliche Proben liefern eine Grundlage und die sachgerechte Zusammenstellung der mechanischen Messgeräte, d. h. das Zusammenspiel von Prüfwerkzeug und Probe eine andere. Hinsichtlich der Probengröße ist darauf zu achten, dass diese ausreichend ist und die zu untersuchenden Strukturen abbildet. Häufig kann es sein, dass sich anstelle von kleinen Prüfproben eher das gesamte Produkt eignet.

Der Entnahmeort bzw. die -richtung sowie der Probenschnitt und die Form sollten jeweils identisch sein. Bezüglich der relevanten Prüfwerkzeuge ist maßgebend, dass bei Druckprüfungen  gleichmäßige Probenbelastungen erfolgen, damit Scherkräfte das Ergebnis nicht verfälschen (vgl. Abbildung 2). Bei Penetrationsversuchen, z. B. in einen Joghurtbecher, sollte stets darauf geachtet werden, dass die Versuche immer in den gleichen Behältnissen durchgeführt werden. Unterschiedliche Geometrien der Behälter führen zu unterschiedlichen Messergebnissen. Darüber hinaus sind die jeweils Geräte bzw. Methoden spezifischen Vorbereitungen und Voreinstellungen (Kalibrierung etc.) zu berücksichtigen.

3.2.2 Technische Geräte und Analysemethoden

3.2.2.1  Texture Analyser

Texture Analyser sind elektronisch gesteuerte Universalprüfmaschinen, die mit Hilfe eines Kraftaufnehmers die Kraft aufzeichnen, die erforderlich ist, um in einer vorgegebenen Zeit, mit einer vorgegebenen Geschwindigkeit einen definierten Weg zurückzulegen oder mit einer definierten Kraft in eine Probe einzudringen. Texture Analyser oder Penetrometer dienen zur Untersuchung von physikalischen Eigenschaften verschiedener Lebensmittel, indem sie über einen in die Probe eingedrückten Messkörper die erforderlichen Kräfte messen. Je nach Zusammensetzung und Struktur der Moleküle in den Produkten ergeben sich spezifische Texturen, die unterschiedliche physikalische Eigenschaften bedingen. Texturen bestimmen die Zerbrechlichkeit, Härte, Elastizität, Haftfähigkeit, Dehnbarkeit oder Kaufähigkeit von Lebensmitteln.

Für die Untersuchung dieser physikalischen Größen können die „Multifunktionsgeräte“ der Texture Analyser mit einer Vielzahl von technischen Vorrichtungen und Messsonden ausgestattet werden, die prinzipiell den Biss in ein Produkt oder den Kauvorgang im Mund imitiieren. So gibt es z.B. Eindringstempel unterschiedlichster Geometrie, Biege-, Zug- oder Schneidvorrichtungen oder auch verschiedene Messer. Festgehalten wird bei einer vorgegebenen Eindruckzeit sowie Eindrucktiefe, die entstandene Kraft beim Deformieren und Brechen des zu testenden Produktes. Das Ergebnis wird in Kilogramm (kg), Newton (N), Pfund (Lb) oder US-Unzen (oz) gemessen. In Verbindung mit der Fläche der verwendeten Eindringspitze (Dorn) ergibt sich ein Wert für den Druck in kg je cm², bei dem die geprüfte Fläche beziehungsweise Schicht nachgibt. Datenschnittstellen verbinden die Texture Analyser mit Computern und sorgen über den Datentransfer und die Einbindung in verschiedene Softwareprogramme sowohl für die standardisierte Festlegung versuchsspezifischer Parameter im Vorfeld als auch für die Ergebnisermittlung und graphische Aufbereitung.

Bissverhalten und Bissfestigkeitstests

Geräte, die den Biss an Lebensmitteln simulieren, und damit Aufschluss über das Bissverhalten sowie Knusprigkeit und Festigkeit geben, sind u. a. die Kramer Scherzelle, die Warner-Bratzler Scherzelle und die OTMS-Zelle (Ottawa Texture Measuring System). Während die Kramer Scherzelle und die Warner-Bratzler Schervorrichtung eine oder mehrere Schneiden einsetzen, die mit konstanter Geschwindigkeit durch das Probenmaterial fahren, es dabei komprimieren, scheren und extrudieren, nutzt die OTMS-Zelle zur Festigkeitsprüfung die Kompression und Extrusion. Durch die Messung des Scherverhaltens, auch unter Einsatz verschiedener Messerformen können Aussagen bzgl. der Zartheit/Zähigkeit von Fleisch- und Fischprodukten, der Knackigkeit von Würstchen oder des Bissverhaltens von Backwaren getroffen werden. So z. B. werden einfache Messerschneiden zur Prüfung der Bissfestigkeit von Wurstscheiben eingesetzt oder stumpfe zur Simulation der Bisse mit den Backenzähnen. Die OTMS-Zelle eignet sich vorrangig für Produkte mit guter Extrudierfähigkeit, wie Gemüse, Frischkäse und Fleischpasteten oder für Extrudate und Cerealien. Auch hier sorgen unterschiedliche Extrusionsteller und spezifische ergänzende Vorrichtungen für eine optimale technische Anpassung des Gerätes an die zu untersuchenden Produkte. (Vgl. Abbildung 3)
Vergleichbar damit sind Druckversuche mit unterschiedlichen Druckstempeln. Diese finden Einsatz zur Erfassung der Bruchneigung, Frische und Festigkeit bei Bonbons, Kaffeebohnen oder Obst. Über eine Versuchsabwandlung lässt sich das Verfahren auch für Messungen bei elastischen Produkten anwenden, wie Kuchen, Käse, Fisch und Marshmallows. Das Kompressions- und Entlastungsverhalten zeigt die Festigkeit, Klebrigkeit, den Reifegrad und visco-elastische Eigenschaften.

Auch der Butterschneider wird zur Bestimmung der Festigkeit eingesetzt. Nach den Vorgaben der ISO 16305 durchtrennt ein Edelstahldraht ein definiertes Butterstück, Käse, Eier, Gemüse oder Obst und misst die entsprechend auftretenden Kräfte. Zur Überprüfung des Reifegrades von Früchten und Gemüsen wird mittels eines Penetrometers ein Eindringtest mit einer Einstichnadel durchgeführt, um die Schale und Konsistenz des Fruchtfleisches zu ermitteln.

Abb. 4: Kaufähigkeit bei Backwaren

Dehnbarkeits- und Biegefähigkeits-Messung (Elastizität)

Mit einer speziellen Teigzug-Vorrichtung entwickelt von Dr. Rolf Kieffer lassen sich die Verarbeitungseigenschaften, Dehnbarkeit, Elastizität und Klebrigkeit von Teigen und Gluten sowie von Kaugummi erfassen. So können unterschiedliche Rezepturen und Verarbeitungstechnologien im Backwarenbereich miteinander verglichen und bezüglich des gewünschten Produktergebnisses aufeinander abgestimmt werden. Auch eine 3-Punkt Biegevorrichtung, bei der die Probe auf Biegeaufleger gelegt und zentrisch belastet wird, fällt in diese Kategorie und eignet sich insbesondere zur Untersuchung der Rezeptur bedingten Variationen der Biege- und Bruchfestigkeit, Bruchneigung und Sprödigkeit u.?a. bei Nudeln, Waffeln, Keksen und Schokoriegeln. Eine spezielle Käse-Dehnbarkeits-Messeinrichtung dient der Untersuchung der Dehnbarkeit von heißem Pizzakäse (Mozzarella).

Härte- und Festigkeitsmessungen

Die Multiple Puncture Probe oder auch verschiedene Eindringstempel werden für Härtemessungen eingesetzt. Fettstrukturen bei Butter oder Margarine werden über verschiedene zyklisch verlaufende Prozesse, unter Einsatz von Extrusionsscheiben aufgebrochen. Die Resthärte gibt dann Aufschluss über das Ergebnis. Eine ähnliche Vorgehensweise wird bei Eiscreme, Frischkäse und gekochter Pasta eingesetzt. Vergleichbar damit sind die verschiedenen Eindringstempel, die für Härteprüfungen genutzt werden. Neben zylindrischen Stempeln, die über ihre Fläche Druckspannung und über die Kanten Scherspannung erzeugen, wirken kugelige Stempel über Vertikal- und Horizontalkräfte. Für Fisch, Fleisch und Brühwurst werden häufig Kompressionsstempel mit einer großen Fläche verwendet. Zur Untersuchung der Festigkeit von Joghurt, Puddings und Desserts werden für Penetrationsversuche meistens zylindrische Messstempel eingesetzt.

Spezial-Stempel für Normprüfungen gibt es für die Festigkeitsmessung von Brot (AACC, Gelfestigkeit/Bloom-Härte). Bei dem AACC Test wird ein zylindrischer Stempel mit konstanter Geschwindigkeit auf definierte Brotscheiben gebracht und komprimiert diese bis zu einer Stauchung von 40 %.

Kauprozess und Balligkeit

Die Textur Profile Analyse (TPA) wird zur Simulation des Kauprozesses eingesetzt. In der Regel wird eine Probe zyklisch zwei Mal mit dem für das Produkt bzw. den Test spezifischen, am Texture Analyser befestigten Kompressionsstempel belastet. Die Kaufähigkeit lässt sich dann messtechnisch als Kraft-Zeit Diagramm aufnehmen, und die Parameter Festigkeit, Elastizität und Kaufähigkeit über die Verhältnisse der Flächen zueinander können berechnet werden. (Vgl. Abbildung 4)

Bröckeligkeit und Reibefähigkeit

Auch die Reibefähigkeit von Käse lässt sich unter modifizierten Testbedingungen mit dem Texture Analyser durchführen. Hierbei wird das Gerät in einer horizontalen Position eingesetzt, damit eine gleichmäßige Kraft auf die Probe ausgeübt werden kann.

Generell unterstützen Temperier- und Klimakammern die Temperierung der Produkte, auch in Abhängigkeit von der Luftfeuchtigkeit und sorgen so für die Einhaltung von Bedingungen zur Prüfung gekühlter Produkte, wie Pizzakäse oder tiefgefrorener Produkte, wie Eiscreme.

3.2.2.2 Viskosimeter

Ein Viskosimeter ist ein Messgerät, welches zur Bestimmung von Viskositäten bzw. der „Zähigkeit” von Flüssigkeiten eingesetzt wird. Für die verschiedenen Viskositätsbereiche gibt es jeweils unterschiedliche Arten von Viskosimetern.

Beim Kapilarviskosimeter ist das zugrundeliegende Messprinzip der Fluss der zu messenden Flüssigkeit durch ein dünnes Rohr. Ein festgelegtes Flüssigkeitsvolumen läuft bei gleich bleibendem Druck durch eine in Länge und Radius definierte Röhre; die dazu benötigte Zeit wird gemessen.

Beim Rotationsviskosimeter jedoch wird durch einen Motor ein Körper in einer Flüssigkeit gedreht. Das Drehmoment und die Geometrie des Drehkörpers und des Gefäßes sowie die Drehgeschwindigkeit bestimmen die Viskosität. Im Gegensatz zu Rheometern können Viskosimeter ausschließlich Newtonsche Flüssigkeiten (Mineralwasser, Getränke, Öl und Flüssigkeiten, die auch bei Druck die Stärke ihrer Viskosität beibehalten) korrekt messen.

3.2.2.3 Rheometer

Viele Substanzen vereinigen in sich Eigenschaften eines Festkörpers (Elastizität) und einer Flüssigkeit (Viskosität). Je nach äußeren Bedingungen verändern sie so ihre Viskosität. Solche „Flüssigkeiten“ nennt man nicht-newtonsche Flüssigkeiten. Rheometer, also Messgeräte, die gerade diese Viskositäten messen, finden u.a. als Farino-, Extenso- oder Amylographen bzw. Mixolab und Alveograph zur Überwachung der Getreide- und Mehlqualität ihren Einsatz. Dabei wird der Widerstand eines Teiges gegen eine konstante mechanische Belastung gemessen und aufgezeichnet. Dies können Knet-, Dehn- oder Verkleisterungsprüfungen (bei steigender Temperatur) sein.

4. Einsatzmöglichkeiten instrumenteller Texturanalysen

Die Einsatzmöglichkeiten instrumenteller Texturanalysen sind vielfältig. So kann z.B. bereits bei der Produktentwicklung geprüft werden, welchen Einfluss Verfahrensparameter oder Rezepturen auf die Texturqualität ausüben. Das zu entwickelnde Produkt kann in Bezug auf die gewünschten Textureigenschaften, z.?B. Härte, Elastizität, Klebrigkeit mittels messbaren Parametern definiert und produziert werden. Nach dem Inverkehrbringen sind die zuvor genannten Kriterien die kritischen Qualitätsparameter, die es permanent zu überwachen gilt. Durch standardisierte analytische Texturmessungen können auch kleinste Abweichungen erfasst und in Zahlen ausgedrückt werden und sind so auch in verschiedenen Produktionsstätten transparent. Mechanische Eigenschaften von Lebensmitteln werden im Produktionsprozess generiert. Dabei spielen auch Zwischenprodukte insbesondere dort eine Rolle, wo sie die Textureigenschaften des Endproduktes beeinflussen und steuern. Darüber hinaus können über fehlerhafte Produkte auch abweichende Prozessbedingungen erfasst und die prozessrelevanten Eigenschaften, wie Maschinengängigkeit oder Formstabilität, optimiert werden.

Weitere Anwendungsbeispiele sind …

Produktentwicklung, u.a.

  • Bewertung der Qualitäts- und Verarbeitungseigenschaften von Lebensmittelrohstoffen
  • Erzeugung von Lebensmitteln mit einer geforderten Textur durch kontinuierliches Prüfen unterschiedlicher Rezepturen im Produktionsprozess
  • Benchmarking zur Produktoptimierung oder bei Einsatz alternativer Inhaltsstoffe und Zutaten

Qualitätsprüfung, u.a.

  • Wareneingangskontrolle: Überprüfung definierter Toleranzwerte bei Zulieferprodukten
  • Produktionsprozess: Ermittlung struktureller Änderungen des Produktes in Abhängigkeit der  Prozessparameter, z.B. Temperatur, Feuchtigkeit und Koch-/Backzeit.
  • Transport/Lagerung: Ermittlung von Stapelbarkeit, Festigkeit, Shelf Life und Haltbarkeit

Fallbeispiel: Backwaren

Methoden der mechanischen Texturmessung ermöglichen hier die Untersuchung der rheologischen Eigenschaften der Brotkrume in Bezug auf die Frischhaltung. Es können Aussagen über die Festigkeit, Weichheit, Elastizität, Klebrigkeit, Balligkeit und Kaufähigkeit der Brotkrume getroffen werden. Auch die Texturqualität von Biskuits, die neben dem Wassergehalt wesentlich von den Herstellungsbedingungen abhängt, kann durch regelmäßige Tests an der Produktionslinie gemessen werden, so dass die Einhaltung der optimalen Produktionsbedingungen gewahrt bleibt.

Fallbeispiel: Molkereibranche

Im Rahmen eines Dehnbarkeitstests von Pizzakäse (Mozzarella) wird in eine Schale mit geschmolzenem Käse eine Prüfgabel gestellt, die mittels Texture Analyser herausgezogen wird. Das Kraftprofil gibt Aufschluss über die Dehnbarkeit des Käses bei einer definierten Temperatur. (Vgl. Abbildung 5)

Fallbeispiel: Obst-/Gemüseverarbeitung

Früchte, die einem industriellen Verarbeitungsprozess unterzogen werden, müssen hohen mechanischen Anforderungen genügen. Die Haut agiert als natürliche Verpackung und schützt die Frucht vor dem Zerfall. Die Widerstandskraft der Fruchthaut ist somit ein wichtiger Parameter, der auch die Qualität von daraus hergestellten Endprodukten beeinflusst. Die mechanische Eigenschaft der Fruchthaut kann über den benötigten Kraftaufwand der Penetration mit einer Nadelsonde beurteilt werden. So lässt sich ihre Zähigkeit und Widerstandskraft erfassen. Dringt die Nadel ins Fruchtfleisch ein, gibt die erforderliche Kraft Auskunft über den Reifegrad der Frucht. (Vgl. Abbildung 6)

5. Überblick über Technik-Anbieter (Auswahl)

In der nachfolgenden Tabelle 1 sind verschiedene derzeit am Markt agierende Anbieter von Instrumenten und Dienstleistungen zur mechanischen Texturanalyse zusammengestellt.

Tabelle 1: Übersicht über Technikanbieter (Auswahl)

UnternehmenProdukte/ Anwendungsbereiche
WINOPAL
Forschungsbedarf GmbH
www.winopal.com>
•Texture Analyser/Materialprüfung:
• Pulver Eigenschaften
• VolScan Profiler (Laserbasierte Volumenbestimmung)
• Teig Rheologie
 

- TA.XTplus
- TA.HDplus
- TA.XTExpress
- Alle gängigen Werkzeuge zur Texturuntersuchung
Zwick Roell
www.zwick.de
• zwicki-Line
• Platzsparende, einsäulige Prüfmaschine für Prüfkräfte bis 0,5 / 1 / 2,5 / 5 kN
• Alle gängigen Werkzeuge zur Texturuntersuchung
 
AMETEK Test & Calibration Instruments
Lloyd Materials Testing
tectra.hu/pdf-docs/Lloyd-PSG-TA.pdf
• Texture Analysis Instruments:
• Food Firmness Instruments:
- TA1 – Texture Analyser
- LTCM-100 Series Motorised Firmness Tester
- DFS II 025 Manual Digital Force Gauge
Stable Micro Systems
www.stablemicrosystems.com
• Powder Flow Analyser
• D/R Dough Inflation System
• Automated Linear Indexing System
• Temperatures Control
• Material Tester
• Volscan Profiler
• Probes and Fixtures
 
Texture Technologies
www.texturetechnologies.com/food-texture-analysis.php
• Texture Analyzer:- TA.XTPlus
- TA.HDPlus
- TA.XTExpress
FTC Food Technology Corporation
www.foodtechcorp.com
• TMS-PRO - Texture Analyzer
• TMS-Touch - Texture Analyzer
• TU-12 - Texture Analyzer
• TMS-2000 - Texture Analyzer
• TM-2 - Texture Analyzer
• TU - Texture Analyzer
 • u.v.a. Systeme für Tests bzgl. Brechen, Biegen, Scheren, Zerteilen, Penetration, Punktion, Kompression, Extrusion, Bulk-Analyse und Spannung.
Anton Paar Germany GmbH
www.anton-paar.com
• Polarimeter
• Viscosimeter
• CO²-Sensoren
• Geräte zur Messung der Oberflächenspannung
• u.v.a.
AMETEK Brookfield
www.brookfieldengineering.de 
 
  • Texture Analyzer
  • Viskositätsmessung 
    o    Viskosimeter
    o    Rotationsrheometer
    o    Oszillationsrheometer
  • Pulverflusstester
  • Feuchtigkeitsanalyse (Karl Fischer Methode -  chemikalienfrei)
 

6. Zusammenfassung und Ausblick

Bei Nahrungsmitteln versteht man unter Textur diejenigen Eigenschaften, die sich aus der Makro- und Mikro­struktur des Lebensmittels ergeben. Wir betasten Lebensmittel mit den Händen, befühlen und komprimieren sie zwischen Lippen, Gaumen und Zunge, und zermahlen sie mit unseren Zähnen. Die menschlichen Sinne beurteilen dabei aber nicht nur die mechanischen Eigenschaften von Lebensmitteln, sondern zugleich auch chemische, geometrische und strukturelle. Bei manchen Lebensmitteln treten beim Kauen sogar Geräusche auf. Wir nehmen die Texturqualität beim Verzehr ganzheitlich wahr und entscheiden dabei über Gefallen und Missfallen.

Wenngleich allein der Mensch, bedingt durch die Interaktion seiner Sinne und die Verknüpfung der sensorischen Wahrnehmungen im Gehirn, in der Lage ist, Lebensmittel in ihrer Komplexität sensorisch zu erfassen, bietet die instrumentelle Sensorik in Teilbereichen wertvolle Unterstützung. Ergänzend zu humansensorischen Methoden haben Texture Analyser in den verschiedenen Bereichen Eingang gefunden und bieten hervorragende Möglichkeiten zur Analyse der Textur und zur Absicherung der humansensorischen Ergebnisse. So ermöglichen die mechanischen Instrumente im Bereich der Texturanalyse die Imitation von Beiß- und Kauprozessen oder des Biegeverhaltens und erlauben Rückschlüsse auf das Bissverhalten, die Elastizität und Festigkeit sowie die Viskosität von Lebensmitteln.

Zukünftig wird es eine spannende Herausforderung sein, weitere maßgeschneiderte technische Lösungen zu finden, die es ermöglichen, die neu entstehenden Texturen verlässlich zu untersuchen und die zudem die Messung und Berücksichtigung der beim Kauen und Beißen auftretenden akustischen Geräusche als Merkmale für Knusprigkeit oder Knackigkeit ermöglichen.

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